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Veröffentlicht am 27.09.2019

Wahr oder nicht wahr? Das hier ist die Gruber!

Vater unser
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Angela Lehners Roman Vater unser ist ein Buch, das es tatsächlich in sich hat. Es geht um eine traumatisierte, junge Frau, die alles erdenkliche tut, um ihren Bruder zu retten, zu schützen und sich selbst ...

Angela Lehners Roman Vater unser ist ein Buch, das es tatsächlich in sich hat. Es geht um eine traumatisierte, junge Frau, die alles erdenkliche tut, um ihren Bruder zu retten, zu schützen und sich selbst irgendwie immer weiter in einer Scheinwelt aus Lügen und verschrobenen Erinnerungen verrennt. Sie und ihr Bruder Bernhard befinden sich in der psychiatrischen Abteilung eines Wiener Spitals und schon zu Beginn wird klar, dass es sich um etwas mehr als eine kleine Macke drehen wird. Eva Gruber wird von der Polizei mitgenommen bzw. zurück ins Spital gebracht. Scheinbar hat sie einen Fluchtversuch gewagt, aber so genau weiß man es dann auch wieder nicht. Auch generell gleicht die Sache eher einem Detektivspiel. Durch einen Dialog mit ihrem Therapeuten Korb erfährt man, dass sie vorgegeben hat eine Kindergartengruppe erschossen zu haben. Rein fiktive, rein subjektive, sehr manipulative Gespräche und Begegnungen folgen. Sie will wieder Kontakt zu ihrem magersüchtigen Bruder aufbauen, doch dieser will zunächst gar nichts von ihr wissen. Sie schüchtert Mitpatienten ein, auch andere Therapeuten oder führt Ärzte auf Irrwege. Die Beziehung zu ihrer Mutter ist auch sehr gespalten und irgendwie läuft einfach überhaupt nichts rund und nur Eva scheint in dem Wahn ihrer Vorstellungen aufzugehen und will einfach nur weg. Fliehen und das diesmal nicht alleine.

Dieses Buch innerhalb weniger Zeilen klug und auf den Punkt genau zusammenzufassen, stellt sich als äußerst schwierig da. Angela Lehner hat es geschafft, ein sehr komplexes Weltbild zu erschaffen, das sich nicht chronologisch aufbaut, sondern wie ein vertüddeltes Knäuel nur langsam Einblick in das Leben der Protagonistin gibt. Dies gestaltet sich dann ähnlich spannend wie einen Krimi, allerdings etwas ruhiger und sehr auf der psychisch, verworrenen Ebene. Eva Gruber war mir zu beginn noch wahnsinnig sympathisch, etwas draufgängerisch und so etwas wie ein Freidenkerin, die in einen Käfig gezwängt wird. Doch nach und nach böckelt der Putz und ihr Trauma wird sichtbar. Lehner wechselt dabei zwischen erfundenen Aussagen, verschwommenen Erinnerungen und realen Handlungen und lässt den Leser recht lange im Dunkeln tappen. Vieles scheint möglich und doch ist es bereits von Anfang an wichtig hinter die Fassade der Protagonistin zu gucken. Das macht es fordernd, lebendig, sarkastisch, schadenfroh traurig. Und so kann man das Buch auch einfach nicht weglegen ohne den Ursprung der gesamten Handlung verstanden zu haben. Wobei… ob ich es am Ende nun wirklich durchblicken konnte? Wer weiß das schon.

Eva Gruber ist ein sehr besonderer Mensch in vielerlei Hinsicht. Ihre verschrobene, traumatische Wahrnehmung in dieser Form, hat mich tatsächlich sehr bewegt und auch rückblickend muss ich sagen, dass ich bei diesem Charakter zwischen großer Euphorie, Wut und Aggression schwanke. Lehner stellt in ihrem Buch das ganze psychiatrische System infrage und irgendwie fesselt sie einen damit. Ohne nun tiefgründig auf meine Erkenntnisse eingehen zu wollen… dieses Buch ist bis zum Ende ein sehr gut durchdachtes, teilweise gar durchtriebenes Miststück, dass ich total lieb gewonnen und genauso angenervt und fragend beendet habe. Und dafür ist es dann einfach genial!

Veröffentlicht am 26.09.2019

Das Verbrechen einer ganzen Generation

Die Vergessenen
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Inge Löhnigs bzw. in diesem Fall Ellen Sandbergs Roman "Die Vergessenen" wurde bereits vor einiger Zeit sehr plattformübergreifend gelobt und fand zahlreiche begeisterte Leser. Mit dem Erscheinen des Taschenbuchs ...

Inge Löhnigs bzw. in diesem Fall Ellen Sandbergs Roman "Die Vergessenen" wurde bereits vor einiger Zeit sehr plattformübergreifend gelobt und fand zahlreiche begeisterte Leser. Mit dem Erscheinen des Taschenbuchs habe ich mich nun auch an diesen kleinen 'Hype'Roman gewagt und was soll ich sagen? Ich wurde großartig unterhalten. Doch worum geht's?

Manolis Lefteris, bekommt 2013 einen ganz besonderen Auftrag, der ihn unwissentlich an seine Grenzen bringen wird. Er, der Mann für besondere Aufträge und Problemlösungen, soll Chris Wiesinger beschatten und ihm ein Dossier abnehmen. Allerdings stellt sich die Suche nach diesem als nicht ganz so einfach dar, wie erwartet, denn Wiesinger hat Pokerschulden, versucht sich bei seiner Familie Geld zu schnorren und gerät selbst dabei immer weiter in Bedrängnis bis er dann auf ein Geheimnis stößt, das ihn dank Erpressung reich belohnen könnte...

Trotz ständiger Observierung verschwindet Wiesinger plötzlich von der Bildfläche. Anscheinend wollte ihn jemand noch vor Manolis loswerden. Dieser sucht nun innerhalb der Familie nach weiteren Indizien und dem so dringend benötigten Dossier ... Etwas später mischt sich dann auch noch die Journalistin Vera Mändler ein. Sie möchte dem Ganzen auf den Grund gehen und stößt dabei zufällig auf ein altes Foto, dass ihre Tante Kathrin und Adele vor der Heil- und Plegeanstalt Winkelberg zeigt. Dass sich ausgerechnet dahinter grauenhafte Machenschaften des Krieges verstecken, ahnt bis dato noch niemand.

Kathrin war zu Zeiten des Dritten Reichs Krankenschwester in Winkelberg und sollte dort den Kranken und Behinderten helfen. Doch Winkelberg ist Spielort eines furchtbaren Euthanasie-Programms, von dem auch Kathrin etwas wissen musste, wenn sie nicht sogar selbst Teil davon war... Es beginnt die aufregende Suche nach Dokumenten. Akten, die Informationen über damalige Pfleglinge beinhalten, die so brisant und belastet sind, dass auch Vera bald in das Visier eines eiskalten Mörders gerät und um ihr Leben fürchten muss.

Es ist nun keine große Kunst oder vielleicht kann man es doch so sehen, denn in dem kleinen, gegebenen Rahmen hat Ellen Sandberg alias Inge Löhning eine sehr interessante Geschichte ersponnen. Was zunächst eher schleppend, springend und etwas anstrengend beginnt, weckt dann recht zügig das Interesse und öffnet mögliche Lösungsoptionen. Leider sind gerade diese häufig sehr offensichtlich oder einzelne Schritte werden von mehreren Seiten beleuchtet, sodass am Ende tatsächlich etwas die Überraschung fehlt. Und dennoch macht sie es ganz gut, denn selbst wenn man zwischenzeitlich etwas abgelenkt ist oder nicht alles hunderprozentig mitbekommt, wird man stets durch eine andere Perspektive bzw. Erzählung wieder aufgefangen und ins aktuelle Geschehen katapultiert. Auch charakterlich beinhaltet dieser Roman eine recht schöne Zusammenstellung verschiedenster Figuren und Überzeugungen, die den Anschein erwecken, dass diese fiktive Geschichte sich tatsächlich so in der Heil- und Pflegeanstalt Winkelberg abgespielt haben könnte.
Winkelberg gibt es natürlich nicht, allerdings wurde in der Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar zu Zeiten des Dritten Reichs genau dieses Euthanasie-Programm inklusive dem erwähnten Hungertod angewendet. Und sicherlich wurden auch hier so einige Geschehnisse nachträglich vertuscht und Westen rein gewaschen. Die NS-Zeit war für viele Bevölkerungsgruppen eine harte Bewährungsprobe und so vielschichtig, dass es beinahe mehr als erschreckend ist, dass viele NS-Ärzte unbestraft davon kamen. Ellen Sandberg greift genau diese Urteile der Gerichte auf und es geht in diesem Fall auch um so viel mehr - die Gerechtigkeit, die Liebe, den Zusammenhalt. Genau damit hat sie mich dann auch gepackt. Der Wechsel zwischen den zwei Zeitebenen , aber auch der Wechsel zwischen den einzelnen Charakteren macht diesen Roman packend, sodass man teilweise alles andere vergisst und einfach nur noch weiterlesen möchte. "Die Vergessenen" ist für mich ein sehr unterhaltsamer und flüssiger Spannungsroman.
Auch wenn ich es nicht gedacht hätte (da ich bei sehr viel Lobhudelei meistens eher abgeschreckt bin) bin ich in diesem Fall wirklich begeistert.

Veröffentlicht am 26.09.2019

leichter Thriller mit Happyend?

Krokodilwächter
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Ein Kopenhagenthriller wie er wortwörtlich im Manuskript steht. "Krokodilwächter" von Katrine Engberg aus dem Diogenes Verlag ist der Auftaktroman einer neuen Serie und lässt wirklich alle Türen offen, ...

Ein Kopenhagenthriller wie er wortwörtlich im Manuskript steht. "Krokodilwächter" von Katrine Engberg aus dem Diogenes Verlag ist der Auftaktroman einer neuen Serie und lässt wirklich alle Türen offen, aber dazu später mehr. Worum geht's?

Julie ist Anfang 20 und vor einiger Zeit in die Kopenhagener Innenstadt gezogen. Gemeinsam mit ihrer Mitbewohnerin lebt sie hier in einem recht ruhigen Apartmenthaus. Die Eigentümerin Ester de Laurenti wohnt selbst dort, ist bereits Rentnerin und bekommt gelegentlich Hilfe von dem jungen Gesangslehrer Kristoffer. Alles klingt total harmonisch. Jedoch stolpert der alte Gregers eines Tages über die Leiche der jungen Frau aus der ersten Etage. Das Besondere: sie wurde nicht nur brutal erstochen, sondern auch ihr makelloses Gesicht wurde kleinlich genau mit einigen gezielten Schnitten versehen. Ein mörderisches Kunstwerk, könnte man meinen.

Polizeiassistent Jeppe Korner und seine Kollegin Anette Werner sind die beiden Ermittler in diesem Fall. Ihre anfänglichen Verdächtigungen führen allerdings recht schnell ins Leere, denn auch ihr Hauptverdächtiger wird bereits nach kürzester Zeit tot aufgefunden und bringt das ganze Spiel aus kuriosen Zusammenhängen ins Rollen. Auch die schwächliche Ester de Laurenti ist an dem Schauspiel nicht ganz unschuldig. Denn ausgerechnet ihre Idee eines Kriminalromans ist real geworden und soll auch ihr selbst bald zum Verhängnis werden.

"Krokodilwächter" gehört für mich eher in die Ecke der leichten Thriller und müsste ich dieses Buch in einem Wort beschreiben ... Nett. Es ist kein packender, spannungsgeladener Thriller, wie man es bei dem Wort "Thriller" vielleicht erwarten würde. Katrine Engberg nimmt uns mit in eine Art Verfilmung eines Manuskripts. Die einzelnen Charaktere finde ich in diesem Fall so wunderbar verschroben und recht eigen, sympathisch. Bereits die beiden Ermittler könnten unterschiedlicher nicht sein. Jeppe ist eher der ruhigere, bedächtige Typ, der so einen kleinen Spleen mit Keimen und Bakterien hat und sich selbst oftmals etwas zu viel zumutet. Anette hingegen ist eher aufbrausend, hat gerne die Zügel in der Hand und legt sich gefühlt recht schnell fest. Auch Ester und der alte Gregers sind beide total aufmüpfig, eigen, vielleicht auch etwas seltsam und doch total niedlich in ihrem Wesen.
Und gerade diese Darstellung der Protagonisten, ihre Gedanken und Bedenken, macht dieses Buch aus. Die eigentliche Ermittlung wird in einzelne Tage aufgespalten. Hin und wieder werden die Kapitel von anderen textlichen Ausschnitten und Gefühlen des Täters/ des ursprünglichen Manuskripts begleitet. Der eigentliche Thriller ist in der Theorie gut durchdacht und interessant, spannend aufgebaut, aber es gibt keine großartig, spektakuläre Szenarien. Selbst das Ende gleicht eher einem Drama mit Happy End. So lässt mich dieses Buch dann auch mit recht gemischten Gefühlen zurück. Das mag vielleicht daran liegen, dass es sich hierbei um den Auftakt einer neuen Reihe handelt und diese nicht immer gleich hochgeladen, explosiv sind oder vielleicht ist es aber auch einfach die eher ruhigere Art mit Fokus auf die Charaktere die Katrine Engbergs Markenzeichen darstellen. Auf den zweiten Teil freue ich mich jedenfalls schon jetzt.

Veröffentlicht am 26.09.2019

Wenn Liebe versagt, Hass gezüchtet und Alkohol als Sieger hervorgeht...

Ich wollte Liebe und lernte hassen!
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Was würde passieren, wenn du eine furchtbare Kindheit hättest? Du warst Ewigkeiten krank und an dein Bett gefesselt. Was, wenn dich täglich Gedanken plagen, du könntest wieder etwas falsch gemacht haben? ...

Was würde passieren, wenn du eine furchtbare Kindheit hättest? Du warst Ewigkeiten krank und an dein Bett gefesselt. Was, wenn dich täglich Gedanken plagen, du könntest wieder etwas falsch gemacht haben? Ein falsches Wort und deine Eltern streiten sich wieder und du warst die Petze! Und was, wenn du statt Liebe nur Schläge und oft sogar Hass zu spüren bekommst? Die Arbeit bleibt nämlich an dir und deinen Geschwistern hängen. Und du wirst mit der Peitsche bestraft, wenn etwas nicht zufriedenstellend ist ...

Fritz Mertens erzählt in seinem Buch "Ich wollte Liebe und lernte hassen!" von genau diesen Ereignissen. Doch es ist nicht nur ein einfaches Buch, es ist ein Lebensbericht mit einem dramatischen Hintergrund. Denn der Mann, der sich hinter dem Pseudonym Fritz Mertens verbirgt, hat zwei Menschen auf dem Gewissen. Zweifacher Mord um genau zu sein. Zu diesem Zeitpunkt war er gerade einmal 20 Jahre alt. Der Auslöser? Er wurde wurde mit seiner Geliebten im Bett erwischt, von deren Freund. Fritz greift zum Messer, ersticht beide und zündet sie an.

Wie ein Mensch zu so etwas fähig ist, soll unter anderem der Gerichtspsychiater und gerichtliche Sachverständige Reinhart Lempp 1983 herausfinden. Er bittet den Angeklagten seine Geschichte zu notieren. Das Ergebnis: ein durch und durch aufwühlender Bericht über eine katastrophale Kindheit, fernab sozialer Bemühungen und Halt. Zwischen Krankheit und Misshandlung, Unverständnis und Peitschenschlägen. Man kann zur Geschichte selbst eigentlich gar nicht so viel sagen, außer:



"Ich wollte Liebe und lernte hassen!" ist ein dramatisches Beispiel, wie so ein junges Leben komplett aus der Bahn geraten und psychisch, wie physisch alle Beteiligten mit reinreißen kann. Wenn der Vater Alkoholiker ist, die Mutter jegliches Selbstbild verliert und mit sich und der Welt nicht klar kommt. Und das Schlimme ist: solche Eltern gibt es wirklich. Gänzlich überfordert und nur auf sich selbst bedacht, ohne Rücksicht auf ihre eigenen Kinder. Und alle Beobachter schweigen. Fritz Mertens erzählt so eindrucksvoll von seiner Kindheit und Schulzeit, dass es mir oftmals einfach komplett die Sprache verschlägt. Zu oft geht es mir sehr nah und wühlt mich auf. Man möchte diesem Jungen und seinen drei Geschwistern helfen. Ihn vor seinem Vater und seiner Mutter losreißen, schützen und ihn zeigen, dass alles viel besser sein könnte. Man könnte sich über das gesamte Verhältnis aufregen, man will ihn wachrütteln und zum Abhauen raten. Sich fragen, warum er dies mit sich machen lässt. Man möchte schreien, er möge doch bitte zurückschlagen, ihnen genauso gewaltig antworten und dann fällt einem wieder ein: er ist noch minderjährig, 15, in den wie ich finde schlimmsten Phasen, wobei man hier kaum zwischen schlimm und schlimmer unterscheiden kann. Und es sind seine Eltern, die ihn eigentlich schützen, lieben und erziehen sollen, ihm den Weg ebnen, für ein besseres Leben.

Fritz Mertens reißt einen hinein, in sein Leben, teilt Gefühle, Gedanken und Erlebnisse. Auch wenn es vielleicht nicht die hochliterarischte Form eines Buches ist, ist es vor allem eins: so verstörend und erschütternd nahbar.

Veröffentlicht am 22.09.2019

1 Vermisste, 6 Freunde, 1 Mörder und 1 spannendes Verwirrspiel

Bis ihr sie findet
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"Bis ihr sie findet" von Gytha Lodge war ein Bestseller in Großbritannien und ist nun auch auf Deutsch erschienen. Die Geschichte beginnt mit dem Fund der Überreste eines seit 30 Jahren vermissten Mädchens. ...

"Bis ihr sie findet" von Gytha Lodge war ein Bestseller in Großbritannien und ist nun auch auf Deutsch erschienen. Die Geschichte beginnt mit dem Fund der Überreste eines seit 30 Jahren vermissten Mädchens. 1983 ging das Kind mit seiner Schwester und ihren 5 Schulfreunden zelten. Dieser Ausflug war für die Außenseiterin Aurora Jackson zunächst noch etwas ganz besonderes, denn hier durfte sie zur eingeschworenen Clique gehören. Es war eine sehr aufregende Nacht für alle Beteiligten. Neben einigen erhitzten Gesprächen am Lagerfeuer gab es mehrere Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe, Alkohol floss und auch Drogen waren im Spiel und dann? Am nächsten Morgen war Aurora spurlos verschwunden. Es folgten zahlreiche Suchaktionen, Untersuchungen und Verhöre, doch die Polizei konnte diesen Fall nie lösen. Die Befragungen der Freunde ergab keinerlei Hinweise über ihren Verbleib und bis auf einige Vermutungen, gab es auch nie einen konkreten Tatverdächtigen. Doch nun soll der Fund ihrer Leiche einige hundert Meter neben dem Zeltplatz alles ändern. Detective Chief Jonah Sheens, der das Mädchen selbst noch aus seiner Schulzeit kennt, und sein Team rollen diesen Fall erneut auf. Die Schulfreunde sind auch heute noch eine eingeschweißte Clique und alle beteuern ihre Unschuld, doch Ungereimtheiten tauchen auf. Wieso hat man Aurora damals nicht gefunden? Was ist wirklich geschehen? Welcher der sechs spielt ein falsches Spiel? Ist es ihre Schwester Topaz, die damals nicht die ganze Wahrheit erzählte? Oder doch deren damalige Freundin Coralie, die betrunken voller Eifersucht einen Fehler beging? Vielleicht haben auch Jojo, Daniel, Brett oder Connor der Polizei damals ein Lügenmärchen aufgetischt? Und wenn ja, wieso decken ihn die anderen? Haben sie wirklich nichts bemerkt? Gab es nur einen Mörder oder war bereits alles ein abgekartetes Spiel?

"Was ist es, womit er so viel Macht über dich hat? [...] Warum hat sich in jener Nacht alles geändert? Ist irgendetwas passiert, nachdem wir schlafen gegangen sind?""Leck mich [...] Wie kannst du es verdammt noch mal wagen? Du ... Nein, weißt du was? Ich bin fertig."

Natürlich ist das Setting und die Idee dieses Krimis nicht neu und doch habe ich "Bis ihr sie findet" unheimlich gern gelesen. Gytha Lodge ist es nämlich gelungen, einen Krimi zu schreiben, der ohne blutige Zerstückelungen auskommt, trotzdem spannend ist und bei dem man nicht bereits nach den ersten Seiten eine Vermutung hat, was geschehen ist und vor allem wer der Mörder sein könnte. Es gibt zahlreiche Wendungen, Verdächtige, Rückblicke und persönliche Probleme zwischen den Freunden und Ermittlern, was es für mich in vielerlei Hinsicht sehr lebendig gemacht hat. Und so habe ich das verwirrende Schauspiel, das nach und nach zu bröckeln droht, förmlich verschlungen. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle auch erwähnen, dass ich ein heimlicher "Navy CIS"-Serienfan bin, denn genau daran erinnert mich diese Geschichte und die damit verbundenen Untersuchungen. Hier geht es nämlich hauptsächlich um die Analyse und das Neuaufrollen des Falls von vor dreißig Jahren. Das Opfer hat schon lange das Zeitliche gesegnet und es gibt zahlreiche Verhöre und Untersuchungen, Ermittlungsstrategien und spannende Schlussfolgerungen.
Neben den drei Hauptermittlern, lernen wir die sechs Freunde und Aurora kennen, sympathisieren oder werden skeptisch, sind genervt oder begeistert. Jojo war neben dem Inspector Jonah Sheens mein Liebling in diesem Krimi und ich hoffe tatsächlich, dass es hier auch noch eine Fortsetzung geben wird. Ansonsten kann ich ohne die Spannung zu lüften nur noch einmal betonen, dass mir dieser Krimi sehr gefallen hat. Ich mag die Zeitsprünge zwischen den einzelnen Kapiteln, die sich nach und nach der Lösung nähern. Auch das Erlebte Auroras, sowie die persönlichen Verstrickungen machen den Fall auf unspektakuläre Weise sehr spannend. Und auch generell ist es ein sehr angenehm zu lesendes Buch. Gytha Lodge würde ich beinahe mit Katrine Engberg auf eine Stufe stellen und finde diesen Krimi im Vergleich zu anderen Spannungsromanen aus den UK recht stark. Jeder Hardcore-Thriller-Fan wäre wahrscheinlich von der Geschichte sehr enttäuscht, aber es ist ein wirklich guter Krimi für jeden, der hin und wieder mal zu etwas Spannendem greift, gerne auf Blutrünstigkeit verzichtet und vielleicht so wie ich amerikanische Polizei-/Ermittlerserien mag.