Eine Therapiegruppe ermittelt
Will Klien wird in einer psychosomatischen Klinik auf der Vogelsburg behandelt. Er will dort seine Zwangsstörung in Griff bekommen. Aber hinter den Klinikfassaden brodelt es. Sein Therapeut, Dr. Brunner ...
Will Klien wird in einer psychosomatischen Klinik auf der Vogelsburg behandelt. Er will dort seine Zwangsstörung in Griff bekommen. Aber hinter den Klinikfassaden brodelt es. Sein Therapeut, Dr. Brunner wird tot im Main gefunden und Holger, sein Mitpatient in der Gruppe der „Zwängler“ wird erpresst und bekommt Morddrohungen und es scheinen Medikamente aus dem Giftschrank zu verschwinden. Deshalb schließt sich die Therapiegruppe zusammen um hinter die Vorgänge zu kommen. Auf die Polizei scheint nicht allzu viel Verlass zu sein, denn bald wird noch eine ermordete Patientin in der Klinik entdeckt, ausgerechnet aus ihrer Therapiegruppe. Hat „Mäuschen“ etwas gesehen?
Was für eine grandiose Ausgangsidee! Unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichsten Zwangsstörungen raufen sich zusammen. Dabei geraten sie einen Strudel von Ereignissen, sogar Will vergisst darüber manchmal die ständige Desinfektion seiner Hände. Sie bekommen schon bald eine Ahnung von den Vorkommnissen der Klinik, aber die Beweisführung verlangt ihnen alles ab.
Anja Mäderer ist mir von einigen Frankenkrimis schon bekannt. In diesem Krimi verzichtet sie ganz auf das übliche Ermittlerteam. Der Leser ermittelt quasi hautnah mit der Therapiegruppe und kommt den einzelnen Menschen dabei sehr nah. Bewundernswert fand ich die Beschreibungen der einzelnen Störungen der Patienten, die man durchaus auch als Macken begreifen kann, die Außenstehende amüsieren, bevor man die Nöte der Betroffenen dahinter erkennt. Das hat die Autorin toll gelöst, ich darf mich amüsieren, wenn Hypochonder Holger seine Umwelt auf Krankheitsgefahren scannt, spüre aber auch seine Ängste. So geht es mir auch mit den anderen Patienten: Anne, die ihre Online-Bestellsucht nur durch ständiges Stricken im Griff behält, weil sie beim Stricken nicht gleichzeitig ihr Smartphone bedienen kann, Irmela, die ganz hinter ihrer Harmoniesucht verschwindet und keine Konflikt aushält oder Marie, in deren Leben alles immer korrekt in rechten Winkeln ausgerichtet ist.
Hauptfigur und treibende Kraft bei all den Undercover Aktivitäten ist Will und es ist spannend zu lesen, wie er mit seinen „Zwänglern“ (ich liebe diese Ausdruck) den Umtrieben auf die Spur kommt und so, ganz ohne es richtig zu bemerken, die erste Schritte in ein freieres Leben macht.
Dieser Krimi ist bevölkert mit schrägen Typen und punktet bei mir mit grandiosen und wirklich komischen Dialogen und Einfällen. Aber der Humor geht dabei nie auf Kosten der Patienten, das gefiel mir besonders.
Ein ganz besonderer Krimi, dessen Umschlaggestaltung einen zweiten Blick wert ist. Hier ist Inhalt und Gestaltung eine Symbiose eingegangen.