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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.09.2019

Ein alter Fall wird aktuell

Der Verein der Linkshänder
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Der Ruheständler und ehemalige Kommissar Van Veeteren steht kurz vor seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag, als ihn ein Kollege besucht und von einem alten Fall berichtet. Vier Mitglieder des „Verein der ...

Der Ruheständler und ehemalige Kommissar Van Veeteren steht kurz vor seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag, als ihn ein Kollege besucht und von einem alten Fall berichtet. Vier Mitglieder des „Verein der Linkshänder“ wurden ermordet vom fünften Mitglied des Vereins. Der Täter wurde aber nie gefunden. Doch nun ist seine Leiche aufgetaucht und offensichtlich wurde er zur gleichen Zeit ermordet wie die anderen. Da ist der Polizei und somit Van Veeteren damals ein Fehler unterlaufen. Als es ein weiterer Toter auftaucht, führt Inspektor Barbarotti die Ermittlungen.
Ich habe von Håkan Nesser zuvor nur „Am Abend des Mordes“ gelesen, kannte somit Van Veeteren nicht. Aber ich mag Skandinavien-Krimis und die meist etwas düstere Atmosphäre.
Der anspruchsvolle Schreibstil von Håkan Nesser gefällt mir sehr gut, er weiß seine Leser zu packen.
Es ist eine interessante Konstellation, dass Barbarotti und Van Veeteren hier in einem Fall ermitteln, bei dem es zu verschiedenen Zeiten Tote gibt. Die unterschiedlichen Zeitstränge wechseln sich ab und so erfährt man ausführlich, was damals geschehen ist und wieso es zu diesem Irrtum kam.
Die Charaktere sind gut und authentisch gezeichnet. Van Veeteren und auch Barbarotti sind menschlich dargestellt und haben auch ihre Schwächen.
Dieser Krimi ist spannend, aber zwischendurch lässt die Spannung auch schon mal nach. Es gibt einige Verdächtige. Bei den Ermittlungen gibt es immer wieder Wendungen, die dafür sorgen, dass man nicht zu schnell auf den Täter kommt. Trotzdem hatte ich recht schnell den Eindruck, als wäre ich den beiden Ermittlern einen Schritt voraus. Dennoch hat mir dieser Krimi sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 27.09.2019

Ein immer noch aktuelles Thema

Ein anderer Takt
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Der junge schwarze Farmer Tucker Caliban macht eines Tages im Jahr 1957 etwas Unerhörtes. Er streut Salz auf seine Felder, tötet sein Vieh und brennt sein Haus nieder. Dann verlässt er mit Frau und Kind ...

Der junge schwarze Farmer Tucker Caliban macht eines Tages im Jahr 1957 etwas Unerhörtes. Er streut Salz auf seine Felder, tötet sein Vieh und brennt sein Haus nieder. Dann verlässt er mit Frau und Kind den kleinen Ort Sutton und macht sich auf den Weg in Richtung Norden. Im folgen die anderen Schwarzen des Ortes, dann die der umliegenden Orte. Fassungslos beobachten die weißen Bewohner von Sutton das Geschehen. Während sich manche freuen, sind andere erschüttert, denn wer soll nun die Arbeiten erledigen.
Der Autor William Melvin Kelley erzählt diese Geschichte fast ausschließlich aus der Perspektive der weißen Bewohner. Seit eh und je hatte die weiße Bevölkerung Sklaven, die sie als ihren Besitz betrachteten. Sie als Menschen zu sehen, kam ihnen nicht in den Sinn, und schon gar nicht als Menschen mir Rechten. Warum dieser Exodus so plötzlich stattfand, bleibt unklar.
Der Schreibstil ist glar und gut zu lesen. Allerdings erfordert das Lesen des Romans auch die volle Aufmerksamkeit. Auch die Charaktere sind gut und authentisch dargestellt.
Der Rückblick am Anfang des Buches ist schon sehr erschütternd.
Was aber hat die Schwarzen nun dazu bewogen, alles hinter sich zu lassen? Die Weißen spekulieren über die Gründe. Auch wenn sie glauben, dass sie verstanden haben, so wollen sie doch nicht begreifen, dass ihr Verhalten und ihre Sicht daran schuld sind. Sie benötigen die Schwarzen, damit ihre Felder bestellt werden können. Ihre Hilflosigkeit verwandelt sich in Wut.
Die Sklaverei wurde zwar bereits 1865 in den Vereinigten Staaten durch einen Zusatzartikel zur Verfassung abgeschafft, aber erst 1868 erhielten sie die Bürgerrechte. Das war die eine Seite, doch die Realität war anders. Aber auch in den Staaten, wo man die Schwarzen nicht auf Plantagen benötigt wurden, wurden sie diskriminiert. Seither hat sich einiges geändert und dennoch hat sich viel zu wenig geändert. Man muss nur einmal die Berichte in den Medien verfolgen.
Dieses Buch ist ein beeindruckendes Plädoyer gegen Rassismus und Diskriminierung.

Veröffentlicht am 25.09.2019

Ausgegrenzt

Miroloi
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Miroloi bedeutet „Rede über das Schicksal“ und ist ein von Frauen gedichtetes Totenlied. Es ist also nicht der Name unserer Protagonistin, die nun eine junge Frau ist. Sie wurde als Baby in einem Karton ...

Miroloi bedeutet „Rede über das Schicksal“ und ist ein von Frauen gedichtetes Totenlied. Es ist also nicht der Name unserer Protagonistin, die nun eine junge Frau ist. Sie wurde als Baby in einem Karton voller Zeitungspapier vor dem Bethaus ausgesetzt. Es war Winter, kalt und nass. Sie kann nur von drüben kommen, wo das Schlechte ist. In dem Dorf mit dem Namen „Schönes Dorf“ bestimmen der Ältestenrat, natürlich alles Männer. Es gibt strenge Regeln. Als Findelkind hat sie keine Rechte und darf auch keinen Namen tragen. Sie wächst beim Bethaus-Vater oberhalb des Dorfes auf. Im Dorf ist sie ständigen Schikanen ausgesetzt.
Doch das Findelkind begeht auf, lernt lesen und schreiben und macht sich ihre Gedanken. Es konnte auf Dauer nicht gutgehen.
Das Buch wird aus der Perspektiver der Protagonistin erzählt. Sie singt sich ihr Miroloi und jedes Kapitel ist eine Strophe ihres Totenliedes. Es gibt 128 Strophen.
Die Geschichte und der Schreibstil sind etwas, auf das man sich einlassen muss. Ich wurde von Anfang an gepackt und wollte die Geschichte dieses rebellischen Mädchens kennenlernen.
Es gibt Traditionen in dem Dorf, an die niemand rütteln will. Die Männer bestimmen und die Unterdrückung der Frauen wird stetig schlimmer. Ich habe mit dem Mädchen gefühlt, das unter diesen schrecklichen Umständen aufwächst. Dabei wurde ich immer wütender wegen der vielen Ungerechtigkeiten. Ausgrenzung kann Menschen kaputt machen oder einige wenige erst recht stark. Mich hat die stärke der Protagonistin sehr beeindruckt.
Das Buch macht nachdenklich, lässt einen mit vielen offenen Fragen zurück und ist doch sehr beeindruckend.
Eine tiefgründige, traurige und berührende Geschichte. Mir hat sie sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 24.09.2019

Eine tolle Geschichte für Fußballbegeisterte

Storm und die Fußballgötter
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Wer weiß schon, wer das Fußballspiel erfunden hat? Ich wusste es bis zu diesem Buch jedenfalls nicht. Doch nun bin ich schlauer.
Obwohl ich den Vorgängerband nicht kannte, ist es kein Problem, sich in ...

Wer weiß schon, wer das Fußballspiel erfunden hat? Ich wusste es bis zu diesem Buch jedenfalls nicht. Doch nun bin ich schlauer.
Obwohl ich den Vorgängerband nicht kannte, ist es kein Problem, sich in die Geschichte hineinzufinden.
Storm, der noch Sklave ist, möchte unbedingt ein echter Wikinger werden. Dafür aber muss er sich einer schwierigen Prüfung unterziehen. Daher erhofft sich Storm, dass ihn die Götter unterstützen. Als dann Aber die Tochter des Häuptlings Holgar des Haarigen entführt wird, kann Storm wieder einmal beweisen, was in ihm steckt.
„Storm und die Fußballgötter“ ist ein richtig spannendes und unterhaltsames Kinderbuch. Die passenden Illustrationen sind witzig und einfach toll.
Storm muss man einfach mögen. Er ist zwar nicht groß, aber er hat Mut und Beharrlichkeit und dazu noch eine große Portion Kreativität. So stürzt er sich wild entschlossen in seine Aufgaben und entsprechend turbulent geht es dann zu. Dabei gibt es dann einiges zu lachen. Auch Kraftausdrücke kommen schon mal vor, was den Kindern natürlich besonderes Vergnügen bereitet.
Ein actionreiches und sehr unterhaltsames Kinderbuch, das sehr viel Spaß bereitet.

Veröffentlicht am 23.09.2019

Silvie übernimmt Verantwortung

Die Schwestern vom Ku'damm: Wunderbare Zeiten
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Ich hatte mich schon sehr auf den zweiten Teil von „Die Schwestern vom Ku'damm“ gefreut und wurde nicht enttäuscht. In diesem Band wird Silvie Thalheim in den Fokus gestellt. Nach den Schrecken des Krieges ...

Ich hatte mich schon sehr auf den zweiten Teil von „Die Schwestern vom Ku'damm“ gefreut und wurde nicht enttäuscht. In diesem Band wird Silvie Thalheim in den Fokus gestellt. Nach den Schrecken des Krieges möchte sie nur noch ihr Leben genießen. Rieke hat das Kaufhaus vorangebracht und es läuft sehr gut. Daher erfüllt sich Silvie einen Traum und wird Rundfunkredakteurin beim RIAS. Oskar ist aus dem Krieg heimgekehrt und soll die Leitung des Unternehmens übernehmen, er aber feiert lieber nächtelang. Dann macht ihnen auch noch ein Konkurrent das Leben sehr schwer. Silvie macht sich bewusst, dass sie Verantwortung übernehmen muss – für das Kaufhaus und für die Familie.
Wieder einmal bin ich begeistert von dem fesselnden und authentisch Schreibstil der Autorin Brigitte Riebe.
Die Personen sind alle authentisch und sehr lebendig ausgearbeitet. Während die Frauen in den Kriegsjahren und danach ihren „Mann“ gestanden haben, versuchen die Männer nun, wieder das Heft in die Hand zu bekommen. Friedrich will natürlich, dass sein Sohn Verantwortung übernimmt, dass die Geschäftsführung in Männerhände gehört. Doch Oskar ist schwer traumatisiert und versucht nachzuholen, was ihm durch den Krieg versagt wurde. Rike hat natürlich damit zu kämpfen, dass sie in die zweite Reihe abgeschoben wird. Die jüngste Schwester Florentine sorgt auch für manchen Ärger. Es ist schön zu sehen, dass die lebenslustige Silvie sich weiterentwickelt. Sie ist sich ihrer Verantwortung bewusst und bringt Schwung und Ideen mit.
Die Familie Thalheim muss mal wieder einiges wegstecken. Aber egal was geschieht, sie halten zusammen und sorgen dafür, dass der Laden läuft.
Es gelingt Brigitte Riebe immer wieder, mich zu fesseln mit ihren Geschichten, die einen zurück in eine andere Zeit bringen. Es ist auch schon, wie sie reale Personen in diese Geschichte einbaut.
Mir hat dieses Buch wieder sehr gut gefallen und ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Band. Sehr zu empfehlen!