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Veröffentlicht am 11.10.2019

Gefangen im Keller

Sterbekammer
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Eine Nachbarin bitte Frida um Unterstützung, der Hund des Eigenbrötlers Hader bellt wie verrückt. Als die beiden Frauen zur Deichmühle kommen, finden sie den alten Mann tot am Fuß der steilen Treppe. Ein ...

Eine Nachbarin bitte Frida um Unterstützung, der Hund des Eigenbrötlers Hader bellt wie verrückt. Als die beiden Frauen zur Deichmühle kommen, finden sie den alten Mann tot am Fuß der steilen Treppe. Ein Unfall, so wie es scheint. Doch bei der Besichtigung der alten Mühle fällt eine Bodenklappe auf, die in einen schallisolierten Kellerraum führt. Ein Gefängnis und noch nicht lange leer.
Frida Paulsen erster Arbeitstag unter dem neuen Chef Nick Wahler fängt nicht gut an. Eine staubedingte Verspätung von 5 Minuten zur ersten Teambesprechung reicht für einen Rüffel vor dem versammelten Team und einer anschließenden Standpauke im Personalgespräch. Ausgerechnet jetzt ist Fridas Mentor und Kollege Bjarne Haverkorn noch offiziell krankgeschrieben. Aber erinnert sich an einen alten, nie aufgeklärten Fall. Vor 10 Jahren verschwand eine junge Frau spurlos, alle Ermittlungen und Suchen liefen ins Leere – war der Kellerraum ihr Gefängnis?
Romy Fölck hat mit „Sterbekammer“ ihre Reihe um die junge und unangepasste Kriminalistin Frida Paulsen fortgeschrieben. Wie viele Leser habe auch ich schon auf das neue Buch gewartet und wurde nicht enttäuscht. Es entwickelt sich ein vielschichtiger Kriminalfall, der alle Beteiligten an ihre Grenze führt.
Die Sprache und der Erzählstil haben mich wieder überzeugt. Die Autorin schreibt einfach fesselnd und ihr gelingt es starke Bilder im Kopf zu erzeugen.
Ganz besondere Dynamik und Spannung ergibt sich durch Einschübe, die die Gedanken einer Frau schildern, die in einem dunklen Keller gefangen ist. Ihre Verzweiflung angesichts ihrer Hilflosigkeit, die Ausweglosigkeit ihrer Situation macht sie anfangs klein, doch immer stärker wird ihr Überlebensinstinkt. Diese Kapitel sind mir wirklich sehr nahe gegangen und haben mich tief berührt, weil sie natürlich auch die Erinnerung an reale Fälle geweckt haben.
Während Frida allmählich zu hoffen beginnt, das Opfer aus dem Keller könnte noch leben, nimmt das Tempo der Ermittlungen dramatisch zu. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt und Frida steht gleich vor mehreren Zerreißproben. Denn so ganz kann sie ihr Privatleben nicht ausschalten. Der Apfelhof der Eltern steht nach zwei schwierigen Jahren vor der Pleite und einen Verkauf des Hofes, der seit Generationen im Besitz der Familie ist, kann sie sich nicht vorstellen. Aber sie versteht ihren immer älter werdenden Vater, der die Arbeit nicht mehr allein schafft. Wird sie da eine Lösung finden, ohne auf ihren Beruf zu verzichten?
Die Mischung zwischen spannend und realistisch erzählter Polizeiarbeit und Privatleben stimmt. Die Figuren bekommen dadurch noch mehr Tiefe und werden zu Menschen, in die man sich einfach gut einfühlen kann. Wobei mir Frida und auch Bjarne Haverkorn schon seit dem ersten Buch ans Herz gewachsen sind.
Sehr viel zur Atmosphäre trägt auch die Landschaft bei, die Elbmarschen im Herbst sind ein idealer Hintergrund für diesen Roman, der aber alles andere als ein Regionalkrimi ist.
Ein richtig guter Kriminalroman, fesselnd wie ein Thriller, mit einer furiosen und absolut schlüssigen Auflösung, den ich nur wärmstens empfehlen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Figuren
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 08.10.2019

Abrechnung in der Berghütte

Hüttenkatz
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Kommissar Steinböck ist ärgerlich, dass er sich zum Klassentreffen überreden ließ. Wenn es doch nur ein gemütlicher Abend im Hofbräuhaus gewesen wäre, aber nein, es musste gleich ein Wochenende auf einer ...

Kommissar Steinböck ist ärgerlich, dass er sich zum Klassentreffen überreden ließ. Wenn es doch nur ein gemütlicher Abend im Hofbräuhaus gewesen wäre, aber nein, es musste gleich ein Wochenende auf einer Berghütte sein. Dass die ehemalige Mitschülerin Hanni die Hüttenwirtin ist, macht es auch nicht besser. Aber die größte Überraschung kommt noch: Elias, der vor 30 Jahren beim Surfen in einem Sturm geriet und verschwand, den alle für tot hielten, steht in der Tür. Ein munteres Erzählen der Lebensgeschichten beginnt, einige unangenehme Wahrheiten kommen ans Licht und am nächsten Morgen sind zwei Klassenkameraden tot.
Jetzt zeigt sich, dass es nicht schlecht war, dass sich Frau Merkel kurz vor der Abfahrt noch ins Auto schmuggelte, denn Steinböck ist auf Hilfe angewiesen. Dichter Nebel hat sich gebildet, an einen Abstieg ins Tal ist nicht zu denken und ein kräftiger Herbststurm hat der Telefonverbindung den Garaus gemacht. Die klassische Situation also.
Aber Steinböck wäre nicht Steinböck, wenn es ihm nicht trotz aller Widrigkeiten gelänge, sein unvergleichliches Team zu mobilisieren.
Kommissar Steinböck und Frau Merkel, die schwarze Katze mit dem untrüglichen kriminalistischen Blick sind auch in diesem Band wieder in Höchstform. Wo Steinböck nach Fakten recherchiert, kombiniert die Merkel mit Spürnase und ist gern bereit, ihre Erkenntnisse ihrem Dosenöffner süffisant bis bosartig zu präsentieren. Zwar kann Frau Merkel auch schnurren, aber die Krallen ausfahren ist eher ihr Ding.
Ich liebe es, wenn Kaspar Panizza seiner tierischen Hauptperson wunderbare Sätze in die Schnauze legt. Das ist wirklich jedes Mal treffend und immer für einen Lacher gut. Aber auch die Charaktere der ehemaligen Schüler sind amüsant und treffend ausgedacht. Wobei klar wird, dass bei allen der Lebensweg nicht immer ganz gradlinig verlief und eigentlich alle etwas zu verbergen und damit auch ein Motiv hätten.
Das Verwirrspiel hat sich der Autor elegant und amüsant ausgedacht. Die Wendungen, die der Plot nimmt, sichert die Spannung bis zum Finale. Ich mag auch die Sprache, witzig und bissig, dabei wunderbar flüssig zu lesen. Es ist genau der Humor, den ich mag.
Die Krimis um Steinböck und Frau Merkel sind gut einzeln zu lesen, die Reihenfolge ist zum Verständnis nicht nötig. Aber ich bin sicher, kennt man einen, will man die anderen Bücher auch noch haben.

Veröffentlicht am 01.10.2019

Eine Therapiegruppe ermittelt

Einer flog über die Vogelsburg
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Will Klien wird in einer psychosomatischen Klinik auf der Vogelsburg behandelt. Er will dort seine Zwangsstörung in Griff bekommen. Aber hinter den Klinikfassaden brodelt es. Sein Therapeut, Dr. Brunner ...

Will Klien wird in einer psychosomatischen Klinik auf der Vogelsburg behandelt. Er will dort seine Zwangsstörung in Griff bekommen. Aber hinter den Klinikfassaden brodelt es. Sein Therapeut, Dr. Brunner wird tot im Main gefunden und Holger, sein Mitpatient in der Gruppe der „Zwängler“ wird erpresst und bekommt Morddrohungen und es scheinen Medikamente aus dem Giftschrank zu verschwinden. Deshalb schließt sich die Therapiegruppe zusammen um hinter die Vorgänge zu kommen. Auf die Polizei scheint nicht allzu viel Verlass zu sein, denn bald wird noch eine ermordete Patientin in der Klinik entdeckt, ausgerechnet aus ihrer Therapiegruppe. Hat „Mäuschen“ etwas gesehen?

Was für eine grandiose Ausgangsidee! Unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichsten Zwangsstörungen raufen sich zusammen. Dabei geraten sie einen Strudel von Ereignissen, sogar Will vergisst darüber manchmal die ständige Desinfektion seiner Hände. Sie bekommen schon bald eine Ahnung von den Vorkommnissen der Klinik, aber die Beweisführung verlangt ihnen alles ab.

Anja Mäderer ist mir von einigen Frankenkrimis schon bekannt. In diesem Krimi verzichtet sie ganz auf das übliche Ermittlerteam. Der Leser ermittelt quasi hautnah mit der Therapiegruppe und kommt den einzelnen Menschen dabei sehr nah. Bewundernswert fand ich die Beschreibungen der einzelnen Störungen der Patienten, die man durchaus auch als Macken begreifen kann, die Außenstehende amüsieren, bevor man die Nöte der Betroffenen dahinter erkennt. Das hat die Autorin toll gelöst, ich darf mich amüsieren, wenn Hypochonder Holger seine Umwelt auf Krankheitsgefahren scannt, spüre aber auch seine Ängste. So geht es mir auch mit den anderen Patienten: Anne, die ihre Online-Bestellsucht nur durch ständiges Stricken im Griff behält, weil sie beim Stricken nicht gleichzeitig ihr Smartphone bedienen kann, Irmela, die ganz hinter ihrer Harmoniesucht verschwindet und keine Konflikt aushält oder Marie, in deren Leben alles immer korrekt in rechten Winkeln ausgerichtet ist.

Hauptfigur und treibende Kraft bei all den Undercover Aktivitäten ist Will und es ist spannend zu lesen, wie er mit seinen „Zwänglern“ (ich liebe diese Ausdruck) den Umtrieben auf die Spur kommt und so, ganz ohne es richtig zu bemerken, die erste Schritte in ein freieres Leben macht.

Dieser Krimi ist bevölkert mit schrägen Typen und punktet bei mir mit grandiosen und wirklich komischen Dialogen und Einfällen. Aber der Humor geht dabei nie auf Kosten der Patienten, das gefiel mir besonders.

Ein ganz besonderer Krimi, dessen Umschlaggestaltung einen zweiten Blick wert ist. Hier ist Inhalt und Gestaltung eine Symbiose eingegangen.

Veröffentlicht am 28.09.2019

Tödliche Stille

Still - Chronik eines Mörders
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Thomas Raab, Schriftsteller, Mathematiker, Musiker ist einem großen Lesepublikum durch seine Kriminalromane um den Wiener Möbelrestaurator Willibald Metzger bekannt. Jedes seiner Bücher hatte Bestsellerstatus.

Nun ...

Thomas Raab, Schriftsteller, Mathematiker, Musiker ist einem großen Lesepublikum durch seine Kriminalromane um den Wiener Möbelrestaurator Willibald Metzger bekannt. Jedes seiner Bücher hatte Bestsellerstatus.

Nun überrascht Raab mit einem Roman, der seine ganze Kunst offenbart.
Mit diesem Buch hat er sich an die vorderste Linie der österreichischen Literatur geschrieben. Ich möchte „Still“ in eine Linie mit „Schlafes Bruder“ stellen, so sehr war ich von den Personen und vor allem vom Schicksal des Außenseiters Karl beeindruckt. Karl wird in die engstirnige, düstere österreichische Provinz geboren. Seine Eltern, Charlotte und Johannes, durch Äußerlichkeiten zu Außenseitern gestempelt, finden zueinander und aneinander Halt. Karl, das Baby, ist ein ersehntes Wunschkind. Doch Karl wehrt sich gegen die Welt, er schreit seit der ersten Lebensstunde, nur unterbrochen vom Erschöpfungsschlaf. Charlotte zerbricht an ihrem Anspruch dieses Kind zu lieben. Ruhe findet Karl nur in absoluter Stille. Sein Gehör ist überaus empfindsam, Stimmen und Geräusche peinigen ihn. Sein Vater baut ihm eine schallisolierte Zuflucht im Kellergeschoss. Doch die Familie findet nicht mehr zueinander. Karl wächst zu einem übergewichtigen, genial intelligentem, aber auch monströsem Menschenkind heran, das immer auf der Suche nach der erlösenden, allumfassenden Stille ist. Diese Stille findet er endlich im Augenblick des Todes.
Thomas Raab hat seinen Roman in drei Teile gegliedert, die er mit Glauben – Liebe – Hoffnung überschreibt. Die Hoffnung auf Erlösung bleibt Karl, bis sich der Kreis seines Lebens schließt.
Beeindruckend ist die Sprache mit der das Buch erzählt ist, es wirkt kühl, distanziert, doch man kann sich diesem Roman nicht entziehen. Er bleibt im Kopf, auch nach der Lektüre ist man mit diesem Buch noch lange nicht fertig.
Gut gefallen hat mir auch die Ausstattung, das Titelbild ist gelungen. Schon allein im Schriftzug ist mit der Gestaltung des Buchstabens „T“ , die endgültige Stille angedeutet.

Veröffentlicht am 24.09.2019

Loretta kann's nicht lassen

Darf`s ein bisschen Mord sein?
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Für die Krimis von Lotte Minck gibt es verdientermaßen ein eigenes Genre: die Ruhrpott-Krimödie.

Loretta Luchs ist ein Kind des Ruhrpotts: das Herz auf dem rechten Fleck, gradlinig und direkt. Als Gitti ...

Für die Krimis von Lotte Minck gibt es verdientermaßen ein eigenes Genre: die Ruhrpott-Krimödie.

Loretta Luchs ist ein Kind des Ruhrpotts: das Herz auf dem rechten Fleck, gradlinig und direkt. Als Gitti Scheffer, die Inhaberin des kleinen Tante-Emma-Ladens in Lorettas Viertel sich das Schlüsselbein gebrochen hat, ist klar, dass Loretta ihre Hilfe anbietet. Zwei Wochen Urlaub im Call-Center sind schnell mit Chef Dennis abgesprochen, denn er kann Loretta keinen Wunsch abschlagen. So steht nun Loretta hinter der Theke und verkauft „Rosenköhler“ und Leberwurst. Aber was sind das für zwei zwielichtige Männer, die immer um das Haus schleichen und als Manni vom Großmarkt grade eine Lieferung ablädt und Loretta in kurz darauf tot vor der Eingangstür findet, ist klar: Loretta hat wieder eine Leiche an der Backe.

Ich bin ein Loretta Fan fast der ersten Stunde. Die Figur ist mir richtig ans Herz gewachsen. Mir machen diese umwerfend komischen Krimis auch richtig Spaß. Zwar weiß der Leser ziemlich bald, wie der Hase läuft, aber das tut weder der Spannung, noch der Unterhaltung einen Abbruch.

Lotte Minck hat mit den Figuren, die fast immer wiederkehren, oder zumindest einen Kurzauftritt haben dürfen, einen eigenen Kosmos geschaffen. Man freut sich bei jedem Roman immer auf ein „Wiederlesen“. Ob mit Dennis, dem 70iger Jahre Fan, mit Frank uns seiner Klümpkesbude oder der patenten Doris, Lorettas Kollegin. Vertrauten Lesern muss man ja nicht mehr verraten, welch spezielle Wünsche dieses Call-Center erfüllt.

Aber nicht nur mit den Figuren, auch mit den schlagfertigen Dialogen und witzig-geerdeten Schreibstil erfreuen mich die Krimödien jedes Mal auf’s Neue.

Ganz besonders möchte ich noch die Umschlagbilder von Ommo Wille erwähnen. Liebevoll gezeichnete Wimmelbilder, die die Bände unverwechselbar machen.

Loretta-Luchs-Krimis haben nur einen Nachteil – man hat sie immer viel zu schnell ausgelesen.