Profilbild von PMelittaM

PMelittaM

Lesejury Star
offline

PMelittaM ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit PMelittaM über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.01.2017

Spannend!

Und morgen du (Ein Fabian-Risk-Krimi 1)
0


Fabian Risk ist nach Helsingborg, seiner Heimatstadt, zurückgekehrt. Er hofft dort mehr Zeit mit seiner Familie verbringen zu können. Doch dann wird einer seiner ehemaligen Klassenkameraden grausam getötet ...


Fabian Risk ist nach Helsingborg, seiner Heimatstadt, zurückgekehrt. Er hofft dort mehr Zeit mit seiner Familie verbringen zu können. Doch dann wird einer seiner ehemaligen Klassenkameraden grausam getötet und ein Klassenfoto bei dessen Leiche gefunden. Sind womöglich noch mehr Ehemalige in Gefahr? Fabian Risk und das Team um seine neue Vorgesetzte Astrid Tuvesson ermitteln und für Fabian wird der Fall schnell sehr persönlich.

„Herzsammler“, der zeitlich vor diesem Roman spielt, hatte ich bereits gelesen und war sehr gespannt, wie es mit Fabian weitergehen wird. Der Roman hat mich wieder sehr schnell gepackt, ich mag es, wenn Ermittler auch ein Privatleben haben und diesem Platz im Geschehen eingeräumt wird. Der Autor spielt zudem sehr geschickt mit den Informationen, die er dem Leser vermittelt. Besonders gut gefällt mir die Sache mit dem Tagebuch, das den Leser zum Mitleiden bringt, aber auch zum Nachdenken, und das schließlich eine Überraschung birgt.

Fabian Risk ist ein Charakter, der nicht immer sympathisch wirkt, der sich aber gut als Protagonist eignet, er ist jemand, der sich in einen Fall hineinkniet, der gute Ideen hat, der aber nicht immer darüber nachdenkt, wie sich sein Handeln auf Andere auswirken könnte. Er ist wichtig für die Aufklärung des Falls, schießt aber auch schon einmal einen kapitalen Bock. Vor allem seine Rolle in der Klasse machte ihn mir sehr unsympathisch.

Die Kollegen aus seinem neuen Team gefallen mir gut und bergen Potential für die weiteren Romane, besonders gut hat mir Ingvar Molander gefallen, der Tatortermittler, aber auch Astrid Tuvesson, die als Vorgesetzte einen guten Job macht.

Auch Dunja Hougaard, die dänische Kriminalbeamtin, ist wieder mit von der Partie und muss sich über allerlei länderübergreifenden Animositäten hinwegsetzen. Ihr Vorgesetzter ist ein Kontrapunkt zu Tuvesson und nimmt, fast noch mehr als der Täter, die Rolle eines Antagonisten ein.

Der Fall selbst ist sehr spannend, vor allem durch mehrere sehr überraschende Wendungen. Als Leser kann man dennoch miträtseln und hat manche Ahnungen oder Erkenntnisse womöglich schneller als die Ermittler. Die Morde werden nicht nur sehr raffiniert, sondern auch sehr brutal begangen, nicht jedem werden die recht ausführlichen Beschreibungen behagen.

Mir hat der Kriminalroman wieder sehr gut gefallen, er ist spannend, gut erzählt, raffiniert aufgebaut und mit einer nachvollziehbaren Auflösung ausgestattet. Ich freue mich auf weitere Romane mit dem Team um Risk und Tuvesson (der nächste Band ist gerade, im Januar 2017, erschienen). Von mir gibt es 5 Sterne und eine Leseempfehlung für Krimifans, die auch explizitere Schilderungen ertragen können und für die ein Ermittler mit Privatleben wichtig ist.

Veröffentlicht am 30.12.2016

Macht mir Appetit auf mehr!

Gefährliche Empfehlungen
0

Bei der Eröffnung des Firmenmuseums des berühmten Gastroführers Guide Gabin wird ein seltener Band, der zuletzt vor dem 2. Weltkrieg veröffentlichte, gestohlen, wenig später gibt es einen Toten. Xavier ...

Bei der Eröffnung des Firmenmuseums des berühmten Gastroführers Guide Gabin wird ein seltener Band, der zuletzt vor dem 2. Weltkrieg veröffentlichte, gestohlen, wenig später gibt es einen Toten. Xavier Kieffer wird in die Geschichte verwickelt ...

Natürlich hatte ich bereits von der Reihe kulinarischer Kriminalromane gehört, in der ein Luxemburger Koch ermittelt, aber dieser fünfte Band ist der erste, den ich gelesen habe – und ich bin begeistert.

Der Kriminalfall – kann man ihn überhaupt so nennen? – ist sehr verwickelt, doch der Autor verliert nie den roten Faden. Schnell wird dem Leser klar, dass zum Ende des Krieges der Guide eine wichtige Rolle gespielt haben muss, welche, enthüllt der Autor jedoch erst am Ende des Romans. Die Auflösung und auch das spannende Finale gefallen mir gut und es erscheint mir auch nicht weit hergeholt, dass ausgerechnet Kieffer ermittelt, denn er hat u. a. ein privates Interesse. Die Geschichte insgesamt ist interessant und ausgefeilt komponiert. Der Epilog schließt alle Erzählstränge ab und lässt den Leser zufrieden den Roman zuklappen.

Sehr gut gefällt mir auch, wie Tom Hillebrand erzählt, sehr bildhaft und ausführlich, er nimmt mich mit auf eine Reise, nach Luxemburg (und andere Städte), in die Kochkunst und sogar in den 2. Weltkrieg selbst, denn immer wieder unterbrechen Rückblenden das aktuelle Geschehen. Wir laufen mit Kieffer durch die Städte, gehen mit ihm essen und rätseln mit ihm, was vorgeht und warum.

Kieffer selbst mochte ich sofort, auch wenn er, was mir privat doch etwas unangenehm wäre, ein starker Raucher ist. Man ist kaum noch gewohnt, dass in Büchern viel geraucht wird, da bricht der Autor ein bisschen die Konventionen. Und überhaupt: Ein Koch, der raucht? Ruiniert der nicht seine Geschmacksknospen? Mir ist das zwar immer wieder aufgefallen, letztlich hat es meine Meinung über den Protagonisten nicht wesentlich bestimmt.

Die anderen Charaktere gefallen mir größtenteils auch sehr gut, Kieffer hat einige etwas skurrile Bekannte, auf der Gegenseite gibt es eher die Klischeetypen, die dort aber ganz gut hin passen, sogar der französiche Präsident spielt eine Rolle – nur Xaviers Lebensgefährtin, Valerie Gabin, bleibt recht blass. Eine Hauptrolle spielen auch die Städte und natürlich das Essen und Trinken, der Begriff „kulinarisch“ steht zu Recht auf dem Cover. Im Anhang gibt es ein sehr nützliches Glossar, das die Vielzahl der erwähnten französischen und luxemburgischen Gerichte erklärt.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen, kein typischer Kriminalroman zwar, weil auch kein typischer Kriminalfall, es gibt zwar ein Rätsel zu lösen und auch ein paar Täter zu ermitteln, aber das Ganze erweist sich eher als eine Art Puzzle. Bis dieses komplett ist, passieren spannende Dinge, Menschen geraten in Gefahr, andere werden verdächtigt, Kieffer gerät in Situationen, aus denen er zum Teil mit Glück, zum Teil mit Köpfchen entkommt und der Leser wird gut unterhalten. Ich vergebe 4, 5 Sterne, die ich aufrunde und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 26.12.2016

Sehr guter historischer (Kriminal)Roman mit einem gelungenen Protagonisten

Der Anwalt des Königs
0

1541: Im Norden des Landes ist man immer noch unzufrieden mit Heinrich VIII, nicht nur, aber auch wegen seiner Religionspolitik. Der König macht sich daher mit einem riesigen Tross auf die Reise, um sich ...

1541: Im Norden des Landes ist man immer noch unzufrieden mit Heinrich VIII, nicht nur, aber auch wegen seiner Religionspolitik. Der König macht sich daher mit einem riesigen Tross auf die Reise, um sich bei seinen nördlichen Untertanen persönlich blicken zu lassen und deren Unterwerfungsbekundungen entgegen zu nehmen.

Auch Matthew Shardlake ist mit einbezogen, er soll in York, zusammen mit einem örtlichen Anwalt, die Petitionen sichten und sortieren. Erzbischof Cranmer erteilt ihm einen zusätzlichen Auftrag, er soll dafür sorgen, dass ein wichtiger Gefangener sicher im Londoner Tower ankommt. Vor Ort gerät Shardlake in einen Todesfall. Da immer mehr offenbar wird, dass der Tod fremdverschuldet sein könnte, das aber am Vorabend der Ankunft des Königs gar nicht gut ausschaut, soll möglichst unauffällig ermittelt werden. Auch Shardlake wird in die Ermittlungen miteinbezogen und steckt bald ziemlich in der Klemme.

Matthew Shardlakes dritter Fall ist mein erster, das macht aber gar nichts, denn auch ohne Vorkenntnisse kann man der Geschichte gut folgen, wobei es aber sicher von Vorteil ist, wenn man wenigstens ein paar geschichtliche Hintergrundkenntnisse hat.

Der Protagonist war mir vom Fleck weg sehr sympathisch, er ist einer der Buchcharaktere, die ich gerne einmal persönlich kennen lernen würde. Der Autor lässt ihn selbst in Ich-Form erzählen, so dass man nicht nur der Handlung folgt, sondern auch Shardlakes Gedankengänge und Gefühle hautnah miterlebt. Er ist ein schlauer Kopf mit einiger Empathie für seine Mitmenschen, was nicht immer gut für ihn ist. Sein körperlicher Makel, er hat einen Buckel, wird zwar erwähnt, bestimmt aber nicht sein Leben, auch wenn er immer wieder einmal deswegen gedemütigt wird. Freundschaft und Loyalität sind ihm wichtig, ebenso Gerechtigkeit, dafür setzt er sich ein, auch wenn davon jemand profitieren sollte, der ihm nicht so gut gesonnen ist.

Heinrichs Reise in den Norden nimmt eine wichtige Rolle im Roman ein, ist nicht nur Auslöser der Ereignisse, sondern ist auch nicht unwesentlich in das Geschehen integriert. Durch die bildhafte Beschreibung des Autors, nicht nur der (historischen) Charaktere, sondern auch der (historischen) Ereignisse, wird das Geschehen vor dem inneren Auge des Lesers regelrecht lebendig, man meint nicht nur zuschauen zu können, sondern auch Geräusche und Gerüche wahrzunehmen – man fühlt sich regelrecht mittendrin. Auch sprachlich gefällt mir der Roman sehr gut, die Sprache wirkt der Zeit und den Menschen angepasst. Sehr gut kommt heraus, welch ein logistischer Aufwand die Reise gewesen sein muss. Ein großer Teil der Handlung spielt in York, aber auch die Rückreise nach London und weitere Ereignisse dort werden berichtet.

Der König kommt bei C. J. Sansom nicht gut weg, es sind schon seine späteren Jahre, er leidet an seiner Beinverletzung, die nicht heilen will, kann kaum noch laufen, ist mehr als griesgrämig und handelt immer willkürlicher. Auch die aktuelle Königin, Catherine Howard, ist handelnder Charakter, ihr Stern ist bereits am Untergehen.

Dem Autor ist ein spannender und interessanter Roman gelungen, mit Charakteren wie aus dem wahren Leben, allesamt lebendig gezeichnet. Der gewählte historische Abschnitt harmoniert gut mit der Romanhandlung und macht Lust, sich weiter mit den geschichtlichen Hintergründen zu beschäftigen. Der Kriminalfall fügt sich ebenfalls gut in die Handlung ein, die Auflösung ist logisch, und hat mehr als eine Überraschung zu bieten, vor allem eine Szene hat mich regelrecht umgehauen. In den geschichtlichen Anmerkungen des Autors im Anhang erfährt man noch ein bisschen mehr über den historischen Hintergrund.

Ich fühlt mich mehr als nur unterhalten, fühlt mich, als sei ich mit dabei gewesen und habe eine große Zuneigung zum Protagonisten entwickelt. Ich freue mich auf weitere Romane mit ihm und vergebe sehr gerne volle Punktzahl. Wer historische (Kriminal)Romane mag, sollte bei dieser Buchreihe zugreifen.

Veröffentlicht am 16.12.2016

Lesehighlight!

Gottes Werk und Teufels Beitrag
0

St. Cloud's ist ein Waisenhaus, in dem Dr. Wilbur Larch bereits seit Jahren wirkt. Larch ist nicht nur für die Kinder da, sondern auch für schwangere Frauen, als Gynäkologe entbindet er sie nicht nur und ...

St. Cloud's ist ein Waisenhaus, in dem Dr. Wilbur Larch bereits seit Jahren wirkt. Larch ist nicht nur für die Kinder da, sondern auch für schwangere Frauen, als Gynäkologe entbindet er sie nicht nur und nimmt die Kinder, die in der Regel unerwünscht sind, direkt nach der Geburt in das Waisenhaus auf, sondern er hilft ihnen auch dabei, unerwünschte Kinder gar nicht erst auf die Welt zu bringen.

Homer Wells ist eines der Kinder, die in St. Cloud's aufwachsen. Während viele der anderen Waisen im Laufe der Zeit adoptiert werden, klappt das bei Homer nicht. Eines Tages jedoch erhält auch Homer die Chance, St. Cloud's zu verlassen und er nutzt sie. Dennoch ist St. Cloud's seine Heimat, und so ganz wird er es nicht los.

John Irving hat auch hier einen epischen Roman geschaffen, der seine Geschichte über Jahrzehnte hinweg erzählt. Der Leser begleitet nicht nur Homers Leben, sondern auch das Dr. Larchs, beginnend noch im 19. Jahrhundert. Besonders Larch ist ein interessanter Charakter, der nicht nur positive Züge trägt, der dem Leser aber dennoch ans Herz wächst. Letztlich erzählt der Roman aber vor allem Homers Leben, das durch Larch stark geprägt wird, der sich aber auch von diesem unabhängig machen kann. Wie bei Irving üblich, verlaufen beider Leben (und nicht nur ihre) tragikomisch.

Überhaupt die Charaktere, sie wecken beim Leser allerhand Gefühle, auch, weil John Irving sie brillant charakterisiert, er lässt sie gleichsam lebendig werden, man sieht sie vor sich, man blickt in ihr Inneres und man kommt gar nicht umhin, sie zu mögen, oder auch nicht, und hin und wieder auch einmal seine Meinung über sie zu ändern. Mir persönlich hat neben Homer und Larch Melony (deren Name ein Schreibfehler ist, eigentlich sollte sie Melody heißen) gefallen, Melony, die ähnlich wie Homer im Waisenhaus übrig geblieben ist, die aber anders als er eine Wut auf die Welt in sich trägt. Für mich ist sie eine der verkanntesten Personen des Romans, ich kann sie ganz gut verstehen und bin der Meinung, dass sie ein gutes Herz hat, auch wenn das kaum einer sieht.

Der Autor hat eine ganze Reihe unvergesslicher Typen entwickelt, die oftmals sehr skurril sind, teilweise aber auch ganz „normale“ Menschen. Alle bekommen eine Hintergrundgeschichte mit, was mich besonders anspricht.

Nicht nur die Menschen, auch viele der Ereignisse sind recht skurril und haben immer wieder einen tragikomischen Touch. Das macht den Roman, auch wenn er hin und wieder kleine Längen hat, lebendig und interessant zu lesen. Auch mit der Thematik hat sich der Autor gut auseinandergesetzt, im Nachwort geht er auf bestimmte Textstellen ein und erklärt, woher er die Ideen hat oder auch, wie der historische Hintergrund dazu aussieht. Eine sehr gelungene Ergänzung, wie ich finde.

Irving beherrscht es perfekt, Tragik und Humor miteinander zu verbinden und hat außerdem ein unglaubliches Erzähltalent, die Beschreibungen der Orte, der Personen und der Ereignisse sind detailliert, aber größtenteils auf den Punkt gebracht. Der Roman packt von Anfang an und lässt einen kaum noch los. Ich persönlich hatte zwar ein bisschen Probleme mit den letzten beiden Kapiteln, aber auch das kenne ich bei Irvings Romanen, er lässt Entwicklungen zu, die mir nicht behagen und die ich schwer akzeptieren kann, doch so ist das Leben und das macht den Roman ja nicht schlechter, im Gegenteil, es bringt einen zum Nachdenken und zum Noch-mehr-Mitempfinden.

Neben den Lebensgeschichten fließt auch ein guter Teil Sozialkriitik mit ein, alleine durch die Frauen, die mit den ungewollten Kindern alleine gelassen wurden und sich manchmal nicht anders zu helfen wussten, als zu Quacksalbern zu gehen und ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Man muss nicht pro Abtreibung sein, um diese Frauen oder auch Wilbur Larch zu verstehen.

John Irving gehört für mich zu den Autoren, die jeder einmal gelesen haben sollte. Und wer eines seiner Bücher liest, wird wahrscheinlich auch Lust auf die anderen bekommen. Von mir erhält der Roman verdiente volle Punktzahl und natürlich eine uneingeschränkte Leseempfehlung. Für mich ist er eines meiner Jahreslesehighlights,

Veröffentlicht am 18.11.2016

Ein Blick in Oliver von Bodensteins Vergangenheit

Im Wald
0

Ihr achter Fall führt die Kommissare Oliver von Bodenstein und Pia Sander (ehemals Kirchhoff) nach Ruppertshain, einem kleinen Ort, in dem von Bodenstein seine Kindheit verbracht hat, er kennt die meisten ...

Ihr achter Fall führt die Kommissare Oliver von Bodenstein und Pia Sander (ehemals Kirchhoff) nach Ruppertshain, einem kleinen Ort, in dem von Bodenstein seine Kindheit verbracht hat, er kennt die meisten Einwohner und verbindet gute und schlechte Erinnerungen an die damalige Zeit.
Zunächst ein möglichener Fall von Brandstiftung, entwickelt sich der Fall schnell zu einer Serie von Mordfällen. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, wodurch könnte der Mord an genau diesen Menschen motiviert sein? Hat es etwa etwas mit dem Geschehen zu tun, dass sich vor über 40 Jahren in dem Örtchen abspielte und an das sich von Bodenstein nur sehr widerwillig erinnert? Doch warum sollte das, was damals geschah, heute noch relevant sein? Nicht nur von Bodenstein muss sich seiner Vergangenheit stellen und sich erinnern.

Ich bin ein großer Fan der Krimireihe, auch wenn ich noch nicht alle Romane gelesen habe, zwischendrin fehlen mir noch drei. Mir ist vor allem Oliver von Bodenstein sehr sympathisch und ich las mit Schrecken, dass es sich hier womöglich um seinen letzten Fall handeln könnte. Oliver ist ausgebrannt und möchte sich mehr seinem eigenen Leben widmen, zumal seine jüngste Tochter fast nur noch bei ihm lebt und die Beziehung zu seiner Freundin auch Zeit benötigt. Zunächst nimmt er sich ein Sabbatjahr, ob er danach zurück kommen wird, ist allerdings fraglich. Ich hoffe für seine Fans sehr, dass er das tut, zumindest aber weiter eine Rolle spielt. Vergleicht man ihn mit Pia, hat er das eindeutig interessantere Privatleben. Dass sein letzter Fall ausgerechnet so persönlich ist, trägt aber möglicherweise dazu bei, dass er endgültig aussteigt. Ich bin nun sehr gespannt darauf, wie es im nächsten Band, der hoffentlich kommt, weitergehen wird.

Es sind meiner Meinung nach die Charaktere, die Nele Neuhaus' Romane auszeichnen, denn sie sind immer gut und tiefgründig gezeichnet. Das Romangeschehen erleben wir auch dieses Mal nicht nur aus den Perspektiven der Ermittler, sondern auch aus der anderer Charaktere, mitgefühlt habe ich vor allem mit dem 19jährigen Elias Lessing, der sein Leben wieder in den Griff bekommen möchte, nicht immer schlau handelt und in Verdacht gerät, mit den Mordfällen in Zusammenhang zu stehen. Sehr gut gefällt mir auch der neue Kollege Pias und Olivers, Tariq Omari, auf seine weitere Entwicklung bin ich gespannt.

Apropos Charaktere, der Roman wird mit einem Personenregister eingeleitet, das sicher sehr nützlich ist für diejenigen, die sich schnell durch viele handelnde Personen erschlagen fühlen oder die sich in Erinnerung rufen möchten, in welchem Zusammenhang die Charaktere untereinander stehen. Auch die beiden Karten sind nützlich, um die Wege der Charaktere nachvollziehen zu können.

Den Fall finde ich sehr interessant, zumal er einen auch zum Nachdenken über eigene Kindheitserinnerungen bringt. Er lässt den Leser gut miträtseln und hält Überraschungen bereit. Am Ende wird er zufriedenstellend aufgelöst. Manch einem mag die ausführliche Erzählung vielleicht zu viel sein, ich mag so etwas, kann mich damit noch besser in das Geschehen und die Menschen hineinversetzen. Sehr gut ist der Autorin auch gelungen, die besondere Atmosphäre darzustellen, die in solch kleinen Orten herrscht, wo jeder jeden kennt und alle irgendwie verwandt und verschwägert sind. Die Perspektivewechsel gehen in der Regel mit Cliffhangern einher, wodurch Spannung erzeugt wird, wobei der Roman nicht nervenzerfetzend spannend ist, man will aber unbedingt wissen, was genau hinter allem steckt

Natürlich gibt es auch etwas, das mich gestört hat, aber nicht so, dass es zu einer Abwertung führen würde. Liebe Frau Neuhaus, lieber Ullstein Verlag, es gibt immer noch den Genitiv, der aber in diesem Roman nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt, sehr schade! Gerade in Büchern finde ich es wichtig, dass etwas mehr Wert auf die deutsche Sprache gelegt wird.

Nele Neuhaus ist es wieder gelungen, einen Roman zu schreiben, der mich mitgenommen hat in die Geschichte, den ich interessant fand, der mich gut unterhalten, mich emotional berührt und mir von Anfang bis Ende gut gefallen hat. Dazu noch das wirklich sowohl farblich als auch motivisch wunderbare Cover, das auch sehr gut zum Inhalt passt. Volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.