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Veröffentlicht am 24.10.2019

Und wenn sie nicht gestorben sind

Todesmärchen
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„Ich bilde mir sicher nicht zu viel ein, wenn ich behaupte, mich in jedes noch so kranke Gehirn hineinversetzen zu können. Mit der Methode, die ich entwickelt habe, war ich bisher jedem noch so genialen ...

„Ich bilde mir sicher nicht zu viel ein, wenn ich behaupte, mich in jedes noch so kranke Gehirn hineinversetzen zu können. Mit der Methode, die ich entwickelt habe, war ich bisher jedem noch so genialen Mörder überlegen. Bis auf einen.“

Inhalt

Maarten S. Sneijder wird von seinem alten Bekannten und Kollegen Rudolf Horowitz angeheuert, weil dieser zu einem Tatort gerufen wird, der ihn viel zu sehr an eine fünf Jahre vergangene Mordserie erinnert, bei dem er selbst so schwer verletzt wurde, dass er seitdem im Rollstuhl sitzt. Damals haben Horowitz und Sneijder den Serienmörder Piet van Loon zur Strecke gebracht, der nun in einer psychologischen Sicherungshaftanstalt einsitzt und rein logisch betrachtet, nicht wieder der Täter sein kann. Aber wer auch immer, die Mordserie nachahmt, scheint ähnlich genial wie Piet zu agieren oder gar in dessen Auftrag unterwegs zu sein. Doch den Mörder von damals und Maarten S. Sneijder verbindet noch viel mehr als ein Katz-und-Maus-Spiel in der Vergangenheit. Deshalb will der grantige Profiler, die neue Mordserie schnellstmöglich aufklären, zumal die Opfer ihm allesamt persönlich bekannt sind und es sich dabei um Menschen handelt, mit denen er auf Kriegsfuß steht. An seiner Seite ermittelt die junge BKA Angestellte Nemez, die einst Sneijders Studentin war und eine herausragende Größe ihres Jahrgangs. Schon bald entdeckt Sabine Nemez Ungereimtheiten und ahnt, das Sneijder weder die ganze Wahrheit sagt, noch den wahren Hintergrund beleuchtet, in dem er selbst keine unwesentliche Rolle spielt …

Meinung

Der österreichische Bestsellerautor Andreas Gruber thematisiert in seinem 3. Band der Sneijder/ Nemez Reihe die Märchen von Hans Christian Andersen, denn alle Ermordeten fallen einer regelrechten Inszenierung zum Opfer, bei der sich der Bezug zum jeweiligen Märchen problemlos herstellen lässt. Nachdem das Ermittlerduo diesen Knackpunkt gefunden hat, können sie sich bestmöglich auf Mörderjagd begeben, weil sie wissen, nach was sie Ausschau halten müssen. Die grundlegende Idee zu diesem Thriller gefällt mir sehr gut, die Umsetzung jedoch finde ich weniger gelungen. Mein Hauptkritikpunkt an dieser Stelle ist der Gesamtaufbau des Thrillers, denn ich hatte das Gefühl zu Vieles ist nur konstruiert, zu unrelevant sind die einzelnen Verbindungslinien und auch das Spannungsniveau steigt erst nach gut der Hälfte des Buches etwas an, während sich die Ereignisse am Ende regelrecht überschlagen und nicht minder gewollt erscheinen.

Es missfällt mir zum Beispiel, dass die Vergangenheitsgeschichte immer wieder eingeflochten wird, ohne dass man die direkte Verbindung erkennt. Ebenso fragwürdig empfand ich die inhaltlichen Ausflüge in den Hochsicherheitstrakt der psychiatrischen Einrichtung für Schwerverbrecher, denn nur ein Bruchteil der Ereignisse dort spielen für die Geschichte eine wichtige Rolle.

Und auch das Ermittlerduo Sneijder/ Nemez erfüllt nicht wirklich meine Ansprüche, denn die Hauptprotagonisten sind nicht nur eigenwillige Charaktere, die man nur schwer mögen kann, ihre Zusammenarbeit ist auch aufgezwungen und nicht frei von Lügen und Halbwahrheiten. Doch das Geflecht insgesamt hat mich stellenweise ziemlich gelangweilt und es ist müßig, nicht nur die Delikte zu hinterfragen, sondern auch noch die Menschen, die eine zentrale Rolle spielen.

Fazit

Ich vergebe gut gemeinte 3 Lesesterne, die inhaltlich eher abzurunden sind, während mir der Schreibstil doch ganz gut gefällt. Da ich dieses Jahr bereits einige Bücher aus der Feder des Autors gelesen habe, möchte ich behaupten, dies ist eines seiner schlechteren Werke, denn es fehlt mir der Bezug zum Hauptgeschehen. Trotz der Tatsache, dass es sich hier um einen äußerst persönlichen Fall handelt, der noch dazu extreme Konsequenzen nach sich zieht, bin ich am überlegen, ob ich diese Reihe weiterverfolge oder eher nicht. Für einen Spannungsroman bleibt er definitiv hinter meinen Erwartungen zurück, ein Pluspunkt ist vielleicht noch die psychologische Komponente im Mittelteil, bei dem der Leser einige Einblicke in den Kopf eines Serienmörders bekommt. Für echte Fans sicherlich lesenswert, andernfalls kann man darauf verzichten.

Veröffentlicht am 03.10.2019

Eine Serie eiskalter Morde

Rachewinter
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„Nach dieser Nacht werden wir uns vermutlich nie wieder sehen. Aber Sie hatten ihr Abenteuer, das Sie noch lange in Erinnerung behalten werden. Und ich verspreche Ihnen, auch ich werde es genießen.“

Inhalt

Während ...

„Nach dieser Nacht werden wir uns vermutlich nie wieder sehen. Aber Sie hatten ihr Abenteuer, das Sie noch lange in Erinnerung behalten werden. Und ich verspreche Ihnen, auch ich werde es genießen.“

Inhalt

Während Walter Pulaski in Leipzig ein aktuelles Verbrechen aufklären muss, bei dem der Vater einer Mitschülerin seiner Tochter ums Leben kam, sieht sich die Anwältin Evelyn Meyers in Wien mit einem Mandanten konfrontiert, der kurzzeitig behauptet hat, nicht für den Mord an seinem Geliebten verantwortlich zu sein, wenig später aber ein Geständnis ablegt. Beide Ermittler ahnen lange nichts davon, dass sie an zwei verschiedenen Strängen ein und desselben Verbrechens ziehen und das es eigentlich weit mehr als nur einen Toten gibt. Evelyn kommt der Sache zwar schneller auf die Spur, weil ihr Mandant der Sohn eines wohlhabenden Casinobetreibers ist, dem es am Herzen liegt, das wahre Motiv zu verschleiern, damit sein Familienimperium, bestehend aus Schönheitsfarm, psychiatrischen Privatkliniken und den Läden der Glücksspielbranche nicht in Verruf gerät. Doch leider verschleiert Michael von Kotten, der des Mordes Beschuldigte, seine wahre Identität und die Ungereimtheiten, muss Evelyn alle selbst aufdecken. Walter Pulaski hingegen entdeckt den gemeinsamen Nenner in diesem Fall: eine mysteriöse junge Frau im roten Kleid, attraktiv und brünett tritt immer kurz vor dem gewaltsamen Tod der Männer in deren Leben und bleibt doch ein Schatten …

Meinung

Aus der Reihe um das Ermittlerduo Pulaski/ Meyers aus der Feder des österreichischen Autors Andreas Gruber habe ich bereits den ersten Band „Rachesommer“ gelesen, der mich auf ganzer Linie überzeugen konnte und deshalb habe ich mir auch vom dritten Band sehr viel versprochen. Leider konnte mich dieser Thriller aber so gar nicht überzeugen, einmal abgesehen von einem eingängigen Schreibstil und wenigen ansprechenden Spannungsmomenten, plätschert die Handlung hier vor sich hin und der zündende Funke konnte einfach nicht überspringen.

Prinzipiell habe ich zwei große Kritikpunkte, die mir die Lesefreude etwas verdorben haben: Zum ersten ist es die irgendwie konstruierte Handlung, in der es mal um Transgender geht, dann wieder um das große Geld, die geheimen Machenschaften einer Familiendynastie, Bestechung und Betrug und das Ineinandergreifen so vieler, so unrealistischer Dinge, das ich nur den Kopf schütteln konnte. Zum zweiten sind es die Rahmenbedingungen, die mich haben zweifeln lassen: Der Rechtsanwaltsgehilfe, der Privatdetektiv werden will, die Schülerin, die plötzlich zur Ermittlerin avanciert, der Kriminalbeamte, der sich eigenmächtig auf dünnes Eis begibt und dann auch noch andere gefährdet, die Anwältin, die verbissen nach der wahren Identität ihres Mandanten sucht, obwohl der Fall ohnehin verloren ist … all das ist für mich nicht schlüssig und leider auch nicht annähernd so interessant zu lesen.

Tatsächlich haben mir die Episoden aus Sicht von Christine, der Frau im roten Kleid noch am besten gefallen, doch sind sie extrem kurz und enden immer tödlich für einen der Beteiligten …

Fazit

Ich vergebe leicht enttäuschte 3 Lesesterne für diesen Thriller, dem es an einer wirklich spannenden Grundhandlung fehlt, denn auch weit nach der Hälfte des Buches, war ich noch immer nicht in das Geschehen involviert. Zu früh erfährt der Leser zu viel des Hintergrundes, während manches so dermaßen überflüssig erscheint, dass es nur als Lückenfüller zu Tage tritt. Möglicherweise hätte man diesen Fall auf die Hälfte seiner gut 500 Seiten reduzieren können und dadurch mehr Intension erreicht. Lobenswert ist jedoch der Schreibstil, der flüssig und ansprechend gestaltet ist und der mich auch dazu tendieren lässt, ein weiteres Buch des Autors zu lesen. Vielleicht war es hier nur die Geschichte an sich, der ich so wenig abgewinnen konnte.

Veröffentlicht am 05.09.2019

Der dunkle Fleck im Leben

Drei
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„Es war während einer Reise. Ich saß in einem Flugzeug und plötzlich hatte ich diese Idee im Kopf … Als wir gelandet sind, wusste ich bereits, wie das Buch aussehen und dass es mein nächster ...

„Es war während einer Reise. Ich saß in einem Flugzeug und plötzlich hatte ich diese Idee im Kopf … Als wir gelandet sind, wusste ich bereits, wie das Buch aussehen und dass es mein nächster Roman sein würde. Am Anfang stand also die Struktur des Romans.“


Inhalt

Orna erlebt eine Findungsphase in ihrem Leben, nachdem ihre Ehe zerbrochen ist und sie mit dem kleinen Sohn allein dasitzt. Durch Zufall begegnet sie Gil, einem Rechtsanwalt, der ebenso wie sie in der Mitte seines Lebens nach etwas sucht, was er noch nicht gefunden hat.

Und auch für Emilia, die zweite Frau in dieser Runde gestaltet sich das Leben schwierig, nachdem der Mann, den sie die letzten Jahre voller Aufopferung gepflegt hat, verstirbt. Auf der Suche nach einem neuen Job und damit einer Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, wendet sie sich an Gil, der ihr die gesetzlichen Möglichkeiten erklärt, die ihr als Lettin in Israel zur Verfügung stehen.

Für Ella hingegen, die dritte im Bunde, spielt das alles keine Rolle. Als verheiratete Mutter mit drei kleinen Kindern, hat sie nur wenig Zeit für sich selbst. In einem Café raucht sie täglich eine Zigarette und schöpft daraus Kraft für ihr Vorhaben. Bis sie eines Tages Gil begegnet, der sich neben sie zum Rauchen gesellt und aus seinem Leben plaudert …


Meinung

Dror Mishani, der aus Tel-Aviv stammende Autor dieses Romans landete in Israel mit diesem Buch einen Bestseller, für den sogar schon eine TV-Serie in Vorbereitung ist. Er erkundet ein eher ungewöhnliches Feld der Literatur angesiedelt zwischen einem Frauen- und einem Kriminalroman, obwohl „Drei“ weder das eine noch das andere Genre direkt bedient. Vielmehr ist es eine Erzählung, die sich mit diversen Lebenswegen beschäftigt und mit der gesellschaftlichen Einbindung der Protagonisten in ein soziales Umfeld.

Nach der Leseprobe war ich mir recht unschlüssig, ob dieser Roman in mein Beuteschema fallen könnte, sie war zwar gut zu lesen aber nicht sehr aussagekräftig. Dennoch hat mich der Klappentext extrem neugierig gemacht, auf diese Geschichte von drei Frauen und einem Mann. Möglicherweise eine Dreiecksbeziehung? Oder ein mysteriöser Familienroman? Auf jeden Fall wollte ich mehr wissen und habe mich mit entsprechenden Erwartungen an die Lektüre gewagt.

Das Buch gliedert sich in drei Teile, die jeweils aus Sicht der beteiligten Frau erzählt wird und schon nach dem ersten Teil hatte ich mit zwei Dingen zu kämpfen: sehr unsympathische Protagonisten, deren gesunden Menschenverstand ich wirklich bezweifeln muss und einer nur mäßig spannenden Handlung, die dann allerdings jäh in eine komplett andere Richtung geht als vermutet. Zwischen beginnender Dramatik und unscheinbaren Aussagen gleitet der Text in den zweiten Abschnitt.

Von da an hält sich das Spannungsniveau und man möchte einfach wissen, wie es weitergeht, ohne jedoch irgendeinen konkreten Anhaltspunkt zu bekommen, worin der Sinn des Ganzen besteht. An dieser Stelle war ich dann wirklich etwas enttäuscht, dass es dem Autor einfach nicht gelingt, mich für die Geschichte einzunehmen, zumal sich die meisten Leser bis dato sehr positiv über den Text äußern. Mag sein, dass sich Dror Mishani bereits vor dem Schreiben ganz sicher war, wohin die Reise gehen soll, für mich fehlte einfach die Basis, das generelle Verständnis für die Handlungen und die wahren Hintergründe.

Ich mag Bücher nicht sonderlich, in denen ich keine konkrete Aussage finde, selbst wenn sie für mich unverständlich ist, dann kann ich zumindest meine Zweifel äußern, doch hier herrscht meines Erachtens mehr die Willkür oder der Zufall über den Plot. Vielleicht möchte der Autor wachrütteln und seinen Lesern zeigen, in welche Richtung sich eine nette Begegnung entwickeln kann. Plädiert er dafür genau zu prüfen, wem man sein Vertrauen schenkt? Oder zeigt er wie leicht und endgültig ein feines Netz aus Lügen und Unterlassungen ein vollkommen anderes Menschenbild entwerfen? Für einen gesellschaftskritischen Roman blieb es mir zu allgemein, denn wie und warum das soziale Umfeld so spärlich besiedelt ist und so unkompliziert zerfallen kann, ist mir ebenso rätselhaft wie die Gedankengänge der Beteiligten.


Fazit

Für diesen Roman möchte ich wirklich nur 3 Lesesterne vergeben (es hätten auch 2 sein können), es war definitiv nicht meine Geschichte. Außerdem wäre das ein Roman für eine Leserunde gewesen, bei dem vielleicht der Austausch mit anderen meine Eindrücke hätte relativieren können, nur weiß man das vorher eben nicht.

Die sprachliche Umsetzung und die hintergründige Idee bewerte ich eher positiv, ebenso die Wendungen und Entwicklungen der Handlung, aber ein nennenswertes Resümee kann ich persönlich nicht finden und deshalb lässt mich „Drei“ eher unzufrieden zurück, vor allem weil es keine meiner Erwartungen erfüllen konnte. Ich glaube, für dieses Buch bin ich entweder zu ehrlich oder zu sachlich oder zu praktisch veranlagt und auf der emotionalen Ebene konnte es mich leider nicht erreichen. Sehr schade.


Veröffentlicht am 02.09.2019

Verschlüsselte Blumengrüße

Vanitas - Schwarz wie Erde
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„Einen Teil dessen, was Freda Trussek herausgefunden hat, habe ich nun ebenfalls kapiert, ich bin fast sicher. Ich verstehe die Hintergründe, aber nicht, warum sie diese Lawine an Gewalt auslösen. Oder ...

„Einen Teil dessen, was Freda Trussek herausgefunden hat, habe ich nun ebenfalls kapiert, ich bin fast sicher. Ich verstehe die Hintergründe, aber nicht, warum sie diese Lawine an Gewalt auslösen. Oder doch – aber warum ausgerechnet jetzt?“


Inhalt

Carolin Springer, die weder den richtigen Vor-noch Nachnamen trägt, wird von ihrem Beschützer Robert beim LKA auf eine heiße Spur angesetzt. Nur wenn sie sich in München in das Leben der Bauunternehmertochter Tamara Lambert schleicht und diese bezüglich der Pläne ihrer Familie aushorcht, wird er für ihren weiteren Personenschutz sorgen, der sie vor den Fängen der russischen Mafia bewahrt.

Carolin ist eine Getriebene, ständig auf der Flucht, gut ausgebildet durch ihre Zeit beim organisierten Verbrechen, eine gewiefte aber doch verängstigte Privatermittlerin, die zwar ein gutes Gespür für zwischenmenschliche Fallstricke beweist, sich aber immer wieder ihrer eigenen Probleme bewusst wird. Denn egal, welche Leichen im Keller der Familie Lambert ruhen, ihre größte Sorge gilt dem Schutz ihrer eigenen falschen Identität. Doch die Neugier und der Auftrag lassen sie nicht los und als sich die Todesfälle häufen, nachdem sie sich als wohlhabende Nachbarin Tamaras ausgegeben hat, möchte Carolin doch zu gern hinter das wahre Geheimnis der vorbildlichen Unternehmerfamilie kommen …


Meinung

Prinzipiell muss ich sagen, dass Ursula Poznanski zu meinen Lieblingsautorinnen zählt, deren Schreibstil gerade in ihren Thrillern immer ein hohes Tempo und viel Spannung erzeugt. Doch mit „Vanitas – Schwarz wie Erde“ unterbricht sie diese Sogwirkung, die ein richtig guter Thriller entwickeln kann, eindeutig.

In weiten Teilen des Buches habe ich entweder den Sinn des Textes für den Verlauf der Handlung nicht erkannt, oder es war dermaßen kryptisch, dass es in die Kategorie „uninteressant“ fällt. Das große Problem dieses Thrillers, der sich auf den Sachverhalt konzentriert, dass echter Frieden nur einkehrt, wenn alle Rechnungen bezahlt sind, ist seine vielschichtige, doch unbekannte Vergangenheitsgeschichte.

Gerade der Verfolgungswahn der Hauptprotagonistin erklärt sich nur dadurch, dass sie selbst Todesangst hat, doch ihre Kontakte zum organisierten Verbrechen werden nur stümperhaft und viel zu spät im Buch thematisiert. Als Leser kann man sich dadurch nicht auf das Hauptgeschehen einlassen, zumal dieses gähnend langweilig erscheint: Eine wohlhabende Bauunternehmerfamilie mit zwielichtigen Machenschaften, die nach außen ihren guten Ruf pflegt und sich eine blütenreine Weste zugelegt hat.


Fazit

Sicherlich ein paar spannende Highlights auf dem Weg zum Erfolg hält auch dieses Buch bereit, nur leider konzentrieren sie sich ausschließlich auf ein wirklich gutes, dramatisches und meines Erachtens schlüssiges Finale. Die letzten 50 Seiten konnten mich mit den restlichen eher mäßig lesenswerten Seiten versöhnen, so dass ich meine Gesamtwertung auf 3 Sterne aufrunden möchte.

Ich mag den Schreibstil der Autorin und ihre kurzweilige Erzählweise, die sie hier mit der mysteriösen Sprache der Blumen aufwertet, aber wenn der Inhalt nicht stimmt, dann wirkt auch das Gesamtpaket nicht überzeugend. Als Fan kann man gerne auch zu diesem Buch greifen, doch wer Ursula Poznanski wirklich erleben möchte, sollte sich ein anderes Werk schnappen. Allerdings könnte ich mir gerade bei diesem Inhalt eine Verfilmung sehr gut vorstellen, dort kämen dann auch all die Rückblenden wesentlich besser zur Geltung als in der Buchfassung.

Veröffentlicht am 19.08.2019

Er findet sein Thema nicht

Die Leben der Elena Silber
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„Sie vermisste eine Heimat, von der sie – bis sie sie verlassen hatten – nicht einmal wusste, dass es sie überhaupt gab. Sie hätte auch jetzt nicht beschreiben können, wie sie aussah, ihre Heimat. ...

„Sie vermisste eine Heimat, von der sie – bis sie sie verlassen hatten – nicht einmal wusste, dass es sie überhaupt gab. Sie hätte auch jetzt nicht beschreiben können, wie sie aussah, ihre Heimat. Sie spürte nur die Sehnsucht.“


Inhalt


Konstantin Stein führt den Leser durch die Geschichte seiner Ahnen, die er selbst erst mit Ende 40 für sich entdeckt, nachdem ihm seine Mutter Maria auf die Idee gebracht hat, sich doch der Chronik der Elena Silber anzunehmen, seiner verstorbenen Großmutter, die eine Tochter des ermordeten russischen Revolutionärs Viktor Krasnow war. In zwei groß angelegten Erzählsträngen taucht der Leser nun zum einen in den Alltag von Konstantin ein und seine realen Erinnerungen an die Großmutter, seine Tanten und Onkel. Und im zweiten kommt Elena selbst zu Wort, die aus verschiedenen Zeiten ihres Lebens Bericht erstattet über ihren Mann, die fünf Töchter und die Suche nach einer echten Heimat zwischen der Kindheit in Russland und dem Erwachsenenleben in Deutschland an der Seite ihres Mannes Robert Silber…


Meinung


Der mehrfach ausgezeichnete deutsche Autor Alexander Osang lässt sich in diesem komplexen zeitgenössischen Roman von seiner eigenen Familiengeschichte inspirieren und entwirft das Bild eines Jahrhunderts, geprägt von diversen politischen Ereignissen, die verschiedene Menschen zu ganz unterschiedlichen Meinungen bringt und sich im Kern dem Leben innerhalb der direkten Verwandtschaft widmet.

Ursprünglich hatte ich eine klare Vorstellung an die Verarbeitung des Themas, angesiedelt zwischen Familien – und Geschichtsroman mit Einblicken in historische Ereignisse, die sich möglicherweise im Verlauf des individuellen Lebens von Elena anders anfühlten als in ihrem tatsächlichen Ausmaß. Doch eigentlich trifft die Geschichte diesen Kern überhaupt nicht, sie tangiert ihn eher peripher.

Im Zentrum steht hier eine Frau, der zeitlebens nichts geschenkt wurde, die ihre Stärke und Entschlossenheit entwickelt hat, weil die Möglichkeiten ihr keine freie Wahl ließen und die doch so distanziert und ernst wirkt, dass mir für eine Familiengeschichte einfach die Warmherzigkeit und Liebe zwischen den Angehörigen fehlt.

Während mir ihr Enkel Konstantin zunächst sehr nah und empathisch vorkam, verliert sich sein Potential mit dem Verlauf der Geschichte. Als Sohn kämpft er mit dem Verlust seines Vaters, der in einem Pflegeheim mit der Diagnose Altersdemenz festsitzt und eine dominante Mutter, die ihm vorwirft, noch immer nicht sein Thema gefunden zu haben. Nebenbei erzieht er einen jugendlichen Sohn, der bei seiner Mutter lebt, von der sich Konstantin allerdings schon geraume Zeit getrennt hat.

Im Grunde genommen lesen sich beide Erzählstränge nicht schlecht, aber sie fördern auch keine bahnbrechenden Wahrheiten zu Tage. Spätestens ab der Hälfte des Romans plätschert die Geschichte so vor sich hin, so dass ich auch hier die reichlich 600 Seiten Text als übertrieben empfinde. Eine Kürzung und Straffung des Geschehens wäre wünschenswert gewesen.

Besonders gestört hat mich im Verlauf der Geschichte die wirklich unnötige Wiederholung ein und desselben Sachverhalts mit fast gleichem Wortlaut (Konstantin findet sein Thema nicht) und darüber hinaus die irrelevanten Nebeninformationen, die anscheinend als Füllmaterial dienen, jedoch keinerlei Nutzen für den Leser darstellen. Hin und wieder blitzt dann aber wieder ein toller Satz auf, der mich zum Nachdenken anregen konnte: „Es ging immer weiter. Dafür liebte er seinen Sohn. Er würde ein anderer Mann werden, als er es war, so wie er ein anderer Mann geworden war als sein Vater. Aber etwas blieb erhalten. Nichts war umsonst. Die Saat war ausgebracht. Vielleicht ein Segen, vielleicht ein Fluch.“


Fazit


Ich vergebe 3,5 Lesesterne für diesen komplexen, ausführlichen Familienroman, die ich jedoch eher auf 3 reduzieren möchte. Das größte Problem der Geschichte ist ihre nichtsagende Wirkung ohne konkrete Aussage, ohne einen roten Faden. Zu oft regiert die Willkür des Lebens, das einfache, unauslöschliche Geschehen des Alltags und das unaufhaltbare Voranschreiten der Zeit, die Erinnerungen trübt, Menschen verblassen lässt und Ungerechtigkeiten belanglos erscheinen lässt.

Dem Autor gelingt es leider nicht Vergangenheit lebendig werden zu lassen und auch nicht, einprägsame Charaktere zu schaffen. Und so bleibt dieser Roman gewissermaßen in seinen Kinderschuhen stecken und hinterlässt nur vage Eindrücke, die bald wieder verblassen werden. Sehr schade, denn der Stoff der Geschichte birgt großes Potential und möglicherweise hätte mir schon ein Wechsel der Erzählperspektive in die erste Person Singular weitergeholfen, um mich den Leben der Elena Silber näher zu fühlen.