Band 2: Vertiefung bekannter Problemlagen, langatmig, melodramatisch
Zeit der Sehnsucht auf Morgan's HallMan sollte Band 1 gelesen haben und sich auf mindestens vier Bände mit jeweils offenem Ende einlassen wollen (vergleichbar Clifton-Saga von Jeffrey Archer). Es erhärtet sich die Zuordnung zu den Genres ...
Man sollte Band 1 gelesen haben und sich auf mindestens vier Bände mit jeweils offenem Ende einlassen wollen (vergleichbar Clifton-Saga von Jeffrey Archer). Es erhärtet sich die Zuordnung zu den Genres Belletristik für Frauen, (komplizierte) Liebe, Heimatroman (Kleinstadt / landschaftliche Idylle / Apfelplantage in den USA). Spirituelles und Erotik ohne explizite Szenen sind enthalten. Band 1 ließ Ansätze eines historischen Romans erkennen (NS-Regime), das trifft auf Band 2 nicht mehr zu. Wirtschaft, Gesellschaft, Politik in den beschriebenen Dekaden spielen eine untergeordnete Rolle, was ich schade finde. Bloß am antiquierten Frauenbild und beiläufig an Mode und Technik lässt sich die zeitliche Verortung erahnen.
Band 1 betrachtete 20 Jahre. Band 2 umfasst September 1956 bis August 1959 rund um John, Ehefrau Isabelle, Schwester Violett sowie die nächste Generation: Tochter Elizabeth, Ziehsohn James und Neffe Tristan. Schauplatz ist überwiegend das landschaftlich geprägte Anwesen Morgan’s Hall und die unmittelbare Umgebung. Ein Abschnitt in New York bildet einen starken Gegenpart, der mir gut gefiel.
Die Erwartungen waren hoch, da mich der Auftaktband auf eine tolle Gefühlsachterbahn mitnahm. Leider tritt die Handlung hier oft auf der Stelle, bietet wenig Neues. Gedankenkarussell, innere Kämpfe nehmen einen großen Teil ein. Dabei empfand ich die Sprache oft als gestelzt (z. B. Herz bleibt ständig stehen). Das erschwerte mir das Mitfiebern. Viele Gedankengänge wirken oberflächlich: Die Schönheit diverser Frauen wird gepriesen, immerzu werden Haarfarbe, intensive blaue und grüne Augen hervorgehoben. Eine rationale Abwägung von Argumenten für mögliche Lebensentwürfe hätte die Intelligenz der Figuren unterstreichen können. Dass lebensverändernde Entscheidungen aus der Laune heraus getroffen werden, entfaltet einen faden Beigeschmack. Trotz in Summe mehr glücklicher Momente hinterlässt das Ende ein negatives Gefühl.
Trotz aller Kritik: Drei Sterne mit Tendenz zu vier. Man profitiert davon, wenn man wie ich einige Charaktere bereits in Band 1 liebgewonnen hat. Auch wenn das Vokabular nicht so meins war, ich gern Politik und Gesellschaft mehr beleuchtet sehen würde und ein höheres Erzähltempo bevorzugt hätte, konnte ich streckenweise emotional mitgehen und hoffen. Atmosphäre und Spiritualität sind etwas Besonderes. Es erfüllt mich mit Spannung, wie es - insbesondere rund um James und Elizabeth - in Band 3 und 4 in 2020 weitergeht.