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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.10.2019

Staatsanwältin Riley einmal anders

Hotel Cartagena
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In einer schicken Bar in St. Pauli treffen sich Staatsanwältin Chastity Riley und fünf weitere Kriminalbeamte, um den 65. Geburtstag von Faller, dem Chef der Mordkommission, zu feiern. Doch die lustig ...

In einer schicken Bar in St. Pauli treffen sich Staatsanwältin Chastity Riley und fünf weitere Kriminalbeamte, um den 65. Geburtstag von Faller, dem Chef der Mordkommission, zu feiern. Doch die lustig lockere, alkoholgeschwängerte Feier endet plötzlich: Ein Dutzend schwer bewaffneter Männer dringt in die Bar ein und nimmt alle Barbesucher als Geiseln. Die Geiselnehmer ahnen nicht, dass sie es mit einem zusammengeschweißten Team von Kriminalbeamten und der Staatsanwältin zu tun haben, die sich auch nur mit Blicken bestens untereinander verständigen können. Zuvor mussten alle Geiseln ihre Mobiltelefone abgeben. Nur gut, dass KHK Calabretta neben einem Messer ein Zweittelefon in seinen Cowboystiefeln trägt und Hilfe rufen kann.

In vielen Rückblenden bis ins Jahre 1984 wird langsam klar, dass es sich hier um Rache an einem Hamburger Schnösel handelt, der die Familie des nunmehrige Anführers der Geiselnehmer auf dem Gewissen hat. Etwaige aktuelle Opfer sind Kollateralschäden. Doch welche der Geiseln ist er?

Meine Meinung:

Dieser nunmehr 9. Krimi rund um die unkonventionelle Staatsanwältin Chas Riley ist ein wenig anders als die bisherigen. Nicht Riley und ihr eher ausschweifendes Privatleben und der erhöhte Alkoholgenuss stehen im Mittelpunkt, sondern Henning Garbarek, der vor Jahren aus Hamburg fortging, um in Cartagena, Kolumbien, sein Glück zu machen. In diesem zweiten Handlungsstrang und gekonnt erzählten Rückblicken erfährt der Leser, wie es Henning in Cartagena ergangen ist. Wer bei „Kolumbien“ sofort an Drogen denkt, liegt nicht so ganz falsch.

Wer Simone Buchholz‘ Schreibstil nicht kennt, wird ein wenig irritiert sein. Ihre kurzen, knappen Sätze und die manchmal derbe Ausdrucksweise stoßen manche Leser vor den Kopf. Aber, das macht genau den Reiz dieser Krimi-Reihe aus. Die Wirklichkeit im Hamburger Kiez ist rau, derb, brutal und voll mit Drogen aller Art - das färbt auch auf die Ermittler ab.

Diesmal kommt sogar etwas wie Humor auf, denn die Autorin gibt ihren Kapiteln seltsam anmutende Überschriften wie „Ein Mann eine Wurst“ oder „Kopf in der Kreissäge“. Auch die kurzen Passagen, die in einer Art Lyrik dargeboten sind, wirken abgefahren.

Skurril auch, dass Chas mit fast jedem der anwesenden Polizisten ein Techtelmechtel hatte, aber der aktuelle Lover (noch) nicht dabei ist. Der wird einen waghalsigen Befreiungsversuch starten. Gleichzeitig taxiert sie die Geiselnehmer, ob die auf von ihr angebotenen Sex anspringen würden. Besonders den Anführer hat sie diesbezüglich im Visier.

Ein kleiner Kritikpunkt ist das Aufsehen, dass um Chas‘ lädierten linken Daumen gemacht wird. Wo hat sie sich diese Verletzung, die sich im Laufe der Zeit zu einer veritablen Blutvergiftung auswächst, überhaupt zugezogen?

Fazit:

Wie gewohnt, ein Krimi abseits des Mainstreams, anspruchsvoll und mit überraschenden Wendungen gespickt. Hochspannung für die Fans von Chas Riley und 5 Sterne für das Buch.

Veröffentlicht am 05.10.2019

Die Geister, die ich rief ...

Die Hinrichtung des Martin P.
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Martin P. ist ein Durchschnittsbürger. Er ist seit längerem arbeitslos. Wieder einmal fährt er zu einem Vorstellungsgespräch, das sich zunächst Erfolg versprechend aussieht, um wenig später, wieder im ...

Martin P. ist ein Durchschnittsbürger. Er ist seit längerem arbeitslos. Wieder einmal fährt er zu einem Vorstellungsgespräch, das sich zunächst Erfolg versprechend aussieht, um wenig später, wieder im Nichts zu verschwinden. Freundin hat er auch keine, nur Rosi, eine ehemalige Arbeitskollegin, trifft er ab und zu.
Frustriert über die abermalige Ablehnung postet er betrunken, in den Sozialen Medien, das was sich viele denken: Den Mörder eines kleinen Mädchens eigenhändig zu töten.
Als er dann von höchster Stelle, ein Jobangebot erhält, ist dies diesem Posting geschuldet. Doch an diesen Arbeitsvertrag ist eine Bedingung geknüpft...

Meine Meinung:

Schon der Titel macht neugierig. Martin P. wird hingerichtet? Wieso?Weshalb?Warum? Auch die drei Kapitelüberschriften „Tat“, „Urteil“ und „Strafe“ verkünden Unheil.

Was ist die Tat? Der Mord an dem kleinen Mädchen? Oder das Hassposting? (Wieder einmal eine b’soffene G’schicht, die aus dem Ruder gelaufen ist?)

Das Urteil? Die (fiktive) Todesstrafe für Tim? Oder die Anordnung der Ausführung für Martin?

Die Strafe? Das Weiterleben von Martin P. mit einem Schuldenberg, den er niemals abzahlen kann und einem schlechten Gewissen?

In diesem Thriller sieht man, wohin betrunken oder gedankenlos Ausgesprochenes bzw. in den Sozialen Medien Gepostetes führen kann. Auch wenn diese Geschichte fiktiv ist, so kann jede unbedachte Äußerung ungeahnte Ausmaße annehmen und sich verselbständigen. Außerdem ist klar erkennbar, dass jeder seinen Preis hat.

Das Cover ist in seiner Schlichtheit genial.
Der Schreibstil ist dem Genre angepasst. Kurze, knappe Sätze. Die direkte Red statt mit Anführungszeichen mit Bindestrichen zu kennzeichnen, ist anfangs gewöhnungsbedürftig, scheint aber das Zeichen der Zeit zu sein.

Fazit:

Ein Thriller, der nachdenklich macht. Gerne gebe ich hier 5 STerne.

Veröffentlicht am 29.09.2019

ein interessantes Stück Zeit-, Familien- und Musikgeschichte

Lebensklänge
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Milan Turković ist ein bekannter Dirigent und begnadeter Solist an einem eher ungewöhnlichen Instrument, dem Fagott.

In dieser Biografie beschreibt er seine Herkunft und aus dem Leben seiner Mutter, die ...

Milan Turković ist ein bekannter Dirigent und begnadeter Solist an einem eher ungewöhnlichen Instrument, dem Fagott.

In dieser Biografie beschreibt er seine Herkunft und aus dem Leben seiner Mutter, die mehrmals der Kollaboration bezichtigt wurde und aus dem damaligen Jugoslawien flüchtete.

In vielen Anekdoten erfahren wir, was ihn geprägt hat und wie er das Fagott kennen und lieben gelernt hat.
Einen großen Teil nimmt seine Arbeit bei den Wiener Symphonikern (nicht zu verwechseln mit den Wiener Philharmonikern), die Zusammenarbeit mit Musikgrößen wie Nikolaus Harnoncourt ein. “

Wir erfahren, dass sein Leben nicht nur eine Sonnen- sondern auch eine Schattenseite hat.

Dieses Buch habe ich gerne gelesen, da es einen dezenten Einblick in das Leben anderer Menschen gibt, der niemals voyeuristisch ist. Milan Turković ist ein stiller, genauer Beobachter. Seine Ausdrucksweise ist gepflegt und gebildet.

Eine Vielzahl von auch höchst privaten Bildern bereichern diese gediegen ausgestattete Buch, das als Geschenk für Musikfreunde bestens geeignet ist.

Fazit:

Dieses Buch ist ein schönes Stück Zeit-, Familien- und Musikgeschichte, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 29.09.2019

Fesselnd bis zur letzten Seite

Stille Havel
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Als der Kunstexperte Helmut Lothroh erschlagen unter Bauschutt im Park von Sanssouci aufgefunden wird, ahnen die Ermittler noch nicht, in welche Abgründe sie dieses Mordopfer führen wird.

Der Tote hat ...

Als der Kunstexperte Helmut Lothroh erschlagen unter Bauschutt im Park von Sanssouci aufgefunden wird, ahnen die Ermittler noch nicht, in welche Abgründe sie dieses Mordopfer führen wird.

Der Tote hat sich auffallend für ein Gemälde im Museum Barberini interessiert, das eine Witwe mit verschleiertem Antlitz zeigt. Niemand weiß, wer diese Frau ist. Die Ermittlungen gestalten sich ein wenig mühsam, da die Zeugen oder Verdächtigen alles samt wenig kooperieren. Und Verdächtige gibt es viele. Sei es ein Antiquitätenhändler, dessen Kundschaft auffällig an Nazi-Devotionalien interessiert sind oder eine Museumsdirektorin die in Internet-Foren ihren jüdischen Mädchennamen und im gesellschaftlichen Leben Berlins einen anderen führt. Und dann ist da noch Marie Hellström, die einer herrschaftlichen Villa an der Havel wohnt, die das Mordopfer mehrmals fotografiert hat. Was hat sie mit Helmut Lothroh zu tun?

Richtig Schwung kommt in die Ermittlungen, als Marie auf dem Foto des Bildes mit der geheimnisvollen, verschleierten Frau ihre Großmutter erkennt. Und welche Rolle spielt die seltene Goldmünze?

Meine Meinung:

Wie wir es von Tim Pieper gewöhnt sind, sind einfache Charaktere oder Handlungsstränge seine Sache nicht. Der Krimi spielt auf zwei Zeitebenen.

Diesmal tauchen wir tief in die Zeit der Nazis ein, in der Propagandaminister Joseph Goebbels das Filmstudio UFA in Babelsberg fest in seiner diktatorischen Hand hält: Kein Filmstoff, kein Drehbuch, kein Regisseur oder Schauspieler kann ohne sein Placet auskommen. Er missbraucht seine Macht und zwingt Schauspielerinnen ihm zu Willen zu sein. Wer ihm nicht gehorcht, hat keine Chance am Set und wird verfolgt. Dass die „Besetzungscouch“ auch heute noch nicht ausgedient hat, beweisen Anklagen und Berichte diesseits und jenseits des Atlantiks.

Gekonnt verknüpft der Autor geschichtliche Fakten und Personen mit Fiktion. Dabei werden die historischen Details völlig unaufgeregt in die Handlung eingebettet, so dass bei den Leser niemals der Gedanke aufkommt, gerade eben Geschichtsunterricht zu erhalten. Da mag ich an Tim Piepers Art zu schreiben, besonders.

Auch die Charaktere sind alles ander als einfach. Da haben wir einmal KHK Toni Sanftleben selbst: ein trockengelegter Alkoholiker, der immer auf der Hut sein muss, nicht wieder dem Dämon Alkohol zu erliegen. Sein Privatleben ist ein Trümmerhaufen, seit ihn seine Frau verlassen und der gemeinsame Sohn in Amerika lebt. Ein Lichtblick in seinem Leben ist Staatsanwältin Caren Winter, zu der er sich hingezogen fühlt. Diesmal taucht mit Marie Hellström eine neue Frau auf, die ihm interessant erscheint. Wie wird er sich entscheiden? MArie oder Caren heißt das Match.

Sein Mitarbeiter Phong, ein EDV-Freak ist ebenfalls ein schwieriger Charakter. In den Vorgängerbänden hat er sich mit Junkfood und Süßem vollgestopft. Jetzt hat er zwar abgespeckt, aber die Kost aus teilweise blutigem Fleisch, hat sein Wesen nachhaltig verändert. Er ist anmaßend, präpotent und gebärdet sich wirklich unmöglich.

Auch die Täter, Opfer und/oder Verdächtigen sind gut gezeichnet. Die Mitglieder der Familie Hellström zum Beispiel oder die Direktorin des Museums. Manche Figuren sin sehr zwiespältig angelegt und polarisieren bei den Lesern. Einige, wie Lydia, muss man im Kontext der Zeit und der Lebensumstände betrachten. Hier muss man aufpassen, diese Personen nicht mit dem Wissen von heute über die Nazi-Zeit zu beurteilen.

Die Leser werden durch unterschiedliche Hypothesen auf so manche falsche Fährte gelockt. Doch eines ist bald klar: Es geht um viel Geld.

Fazit:

Ein Krimi, der bis zur letzten Seite fesselt und durch aufwändige Recherche besticht. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 29.09.2019

Wer hat dem Opfer den Schierlingsbecher gereicht? Und warum?

Blut. Rausch. Gift.
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Dieser Krimi von Liv Morus ist der vierte aus der „Elysium-Reihe“.

Diesmal kommt die Liebesgeschichte zwischen Henri Wieland und Elisa Gerlach zur Unzeit ans Tageslicht. Denn Henri ist mit zwei Mordfällen ...

Dieser Krimi von Liv Morus ist der vierte aus der „Elysium-Reihe“.

Diesmal kommt die Liebesgeschichte zwischen Henri Wieland und Elisa Gerlach zur Unzeit ans Tageslicht. Denn Henri ist mit zwei Mordfällen ordentlich beschäftigt. Der eine, ein Doppelmord in einer Tischlerei und der andere ein Giftmord mitten auf dem Münchner Oktoberfest.

Vor allem der „Wiesn-Mord“ hält die Polizei auf Trab. Wem hat der Schierlingsbecher gegolten? Dem Mordopfer oder doch dessen Ehefrau? Ein Einzelfall oder müssen sich die Besucher des Oktoberfest vor vergifteten Bierkrügen fürchten?

Elisas Chef, der seine Mitarbeiterin schon seit längerem als seine Beute sieht, ist recht ungehalten, dass Elisa mit Henri zusammen ist, aber trotzdem keine Polizei-Interna ausplaudert. Solche Skrupel kennt Kollegin Jette nicht, die sich eines Maulwurfs im Polizeipräsidium bedient, um an Informationen zu kommen.

Letzten Endes können beide Verbrechen durch akribische Polizeiarbeit aufgeklärt werden. Und nicht nur das, sondern die Recherchen von Elisa zum Thema „Schierlingsbecher“ fördern noch die Lösung in einem bislang unaufgeklärten, länger zurück liegenden Mordfall zu Tage.

Meine Meinung:

Ich kenne ja alle drei Vorgänger und deshalb erzeugt dieser Krimi ein Gefühl des „Nach Hause Kommens“. Jetzt, wo alle, auch Henris Mutter wissen, dass die beiden ein Paar sind, kann sich die Beziehung stabilisieren und entwickeln. Im Gegensatz zu mancher Polizisten-Ehe, die an den unregelmäßigen Arbeitszeiten der Ermittler scheitert, kann es hier gut gehen, da auch Journalisten eher im „stand by“-Modus leben.

Der flüssige und lockere Schreibstil hat mich manchmal schmunzeln lassen. Die Bemühungen von Henri und Elisa, ihre Beziehung vor Henris Mutter geheim zu halten, ist schon stellenweise witzig gewesen, zumal die beiden ja im selben Haus wohnen.

De Mischung aus Privatleben und Ermittlung ist gut gelungen. Das Berufsleben beider wird gut dargestellt.

Der Krimi selbst enthält einige überraschende Wendungen.

Fazit:

Eine gut gelungene Fortsetzung dieser Krimi-Reihe, der ich gerne 5 Sterne gebe.