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Veröffentlicht am 18.12.2019

Wichtiges Zeitdokument

Wann wird diese Hölle enden?
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Die Aufzeichnungen von Mary Berg, die das Warschauer Ghetto als Teenagerin erlebte, sind ein wichtiges Zeitdokument, das nun endlich in deutscher Übersetzung vorliegt. Mary Bergs Tagebuch stammt direkt ...

Die Aufzeichnungen von Mary Berg, die das Warschauer Ghetto als Teenagerin erlebte, sind ein wichtiges Zeitdokument, das nun endlich in deutscher Übersetzung vorliegt. Mary Bergs Tagebuch stammt direkt aus der Zeit und vermittelt die Sicht einer jungen Frau (als "Mädchen", wie der Verlag es tut, will ich sie eigentlich nicht bezeichnen) auf das Leben im Ghetto.

Der Vergleich mit dem Tagebuch von Anne Frank drängt sich auf. Beide jungen Frauen kamen aus behüteten, eher wohlhabenden Verhältnissen, erleben den Holocaust aber sehr unterschiedlich - Mary im Warschauer Ghetto, Anne im Versteck in Amsterdam. Beide wollten (ab einem bestimmten Zeitpunkt) ihre Tagebücher veröffentlichen - was zu eigenen nachträglichen Bearbeitungen geführt hat. Allerdings konnte nur Mary Berg ihr Tagebuch nach der Ausreise in die USA selbst veröffentlichen - zudem ist das noch während des Krieges geschehen. Das erklärt vielleicht manches. Ich fand den Stil nämlich meist sehr nüchtern. Emotionen gibt es kaum, nur selten und kurz bricht es aus ihr heraus. Ob das Mary Bergs genereller Stil ist oder ob sie diese fast schon reporterhafte Sprache bewusst gewählt hat, etwa um Neutralität zu verdeutlichen, bleibt Spekulation. Auch einzelne Schicksale kommen kaum vor und werden dann jeweils nur sehr kurz abgehandelt. Auch das Leben der Familie der Verfasserin wird nur knapp beschrieben. Das lässt sich wohl mit Persönlichkeitsschutz erklären - nicht nur der fremden Personen, sondern auch der eigenen Person. Durchaus verständlich, wenn man die Umstände betrachtet.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.10.2019

Vielschichtige Geschichte

Melmoth
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"Melmoth" von Sarah Perry ist ein vielschichtiger Roman. Die Geschichte wird mit unterschiedlichen Erzählweisen und auf verschiedenen Zeitebenen erzählt. So gibt es Briefe, Tagebücher und Berichte aus ...

"Melmoth" von Sarah Perry ist ein vielschichtiger Roman. Die Geschichte wird mit unterschiedlichen Erzählweisen und auf verschiedenen Zeitebenen erzählt. So gibt es Briefe, Tagebücher und Berichte aus der Zeit vom 17. bis ins 21. Jahrhundert. Anders als der Klappentext vermuten lässt, steht Helen nicht im Mittelpunkt der Geschichte, sondern dient eher als verbindendes Element zwischen den anderen Personen. Trotz des komplexen Aufbaus gelingt es der Autorin das Ganze übersichtlich zu gestalten – ich hatte nie das Gefühl, den Überblick über Personen und Zeit zu verlieren.
Ich fürchte fast alles, was ich hier zum konkreten Inhalt sagen könnte, würde man mir als Spoiler auslegen, deshalb nur so viel: die Geschichte um die fiktive biblische Figur Melmoth entwickelt auch durch die Sprünge zwischen Zeiten, Personen, Erzählweisen einen subtil-spannenden Sog, dem ich mich kaum entziehen konnte. Auch wenn einige wenige Exkurse etwas gewollt erschienen, habe ich mich gut und intelligent unterhalten und zum Nachdenken angeregt gefühlt.

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Veröffentlicht am 08.10.2019

Wahre Geschichte

Im Meer schwimmen Krokodile
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Die wahre Geschichte von Enaiatollah Akbari und seiner Migration hat Fabio Geda schon vor der 'Flüchtlingskrise' und der aktuellen Debatte geschrieben und veröffentlicht. Man kann die Erlebnisse von Enaiatollah ...

Die wahre Geschichte von Enaiatollah Akbari und seiner Migration hat Fabio Geda schon vor der 'Flüchtlingskrise' und der aktuellen Debatte geschrieben und veröffentlicht. Man kann die Erlebnisse von Enaiatollah auch nicht wirklich mit den aktuellen Ereignissen in Verbindung setzen – dafür ist seine Geschichte, die er auch nie Flucht nennt, wohl zu speziell. Was man aber aus der Geschichte auch für unsere Gegenwart lernen kann: jede Flucht, jede Migration ist einzigartig. Dahinter steckt immer ein persönliches Schicksal und Verallgemeinerungen über 'die Migranten' sind immer unangebracht.
Die Geschichte von Enaiatollah, der mit 10 Jahren alleine seine afghanische Heimat verlassen muss und der nach mehreren Stationen jetzt in Italien lebt, ist eigentlich erschütternd. Trotzdem strahlt dieses Büchlein eher Hoffnung und Lebenslust aus als Traurigkeit.

Veröffentlicht am 23.09.2019

Gelungene Doppelstunde Geschichte

Alles nur aus Zuckersand
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Ein Hörbuch für Kinder ab 10 Jahren.

In "Alles nur aus Zuckersand" wird die DDR, die das Zielpublikum ja nie erlebt hat, wieder lebendig. Der Hörer erfährt nach und nach, wie das Leben in der DDR war: ...

Ein Hörbuch für Kinder ab 10 Jahren.

In "Alles nur aus Zuckersand" wird die DDR, die das Zielpublikum ja nie erlebt hat, wieder lebendig. Der Hörer erfährt nach und nach, wie das Leben in der DDR war: von der Partei stark geprägt, ohne Reisefreiheit, mit politischen Häftlingen und mit der ständig (unter-)bewussten Mauer zum Westen. Das ganze wird behutsam und aus Kindersicht kindgerecht dargestellt. Es gibt aber auch immer wieder witzige Momente. Den Rahmen zur Geschichte setzt die Jungsfreundschaft zwischen Ich-Erzähler Fred und Jonas – beide 10 Jahre alt und in Brandenburg in der Nähe der Berliner Mauer lebend.
Für mich eine gelungene Doppelstunde deutsche Geschichte.

Die Vortragsweise von Charly Hübner gefällt mir auch. Er liest das Buch unaufgeregt, manchmal an der Grenze zu etwas schnodderig vor. Als gebürtiger Brandenburger trifft er wohl auch den richtigen lokalen Ton.

Falls die Geschichte bekannt vorkommen sollte: "Alles nur aus Zuckersand" basiert auf dem Film "Zuckersand", bei dem der Autor Dirk Kummer das Drehbuch geschrieben und Regie geführt hat.

Veröffentlicht am 19.09.2019

Spannend und krass

Und es schmilzt
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Lize Spits viel gepriesenes Debüt "Und es schmilzt" war sehr viel schonungsloser, krasser, als ich gedacht hätte bzw. als es Klappentext und Cover (das niederländische Original-Cover wirkt da schon sehr ...

Lize Spits viel gepriesenes Debüt "Und es schmilzt" war sehr viel schonungsloser, krasser, als ich gedacht hätte bzw. als es Klappentext und Cover (das niederländische Original-Cover wirkt da schon sehr viel unheilvoller) vermuten lassen. Wie erbarmungslos die Menschen (Erwachsene, Jugendliche) hier miteinander umgehen, hat mich sehr getroffen. Dadurch dass hier fast jeder der Protagonisten irgendwie Schuld auf sich lädt, ist es umso düsterer und hoffnungsloser.
Die Schilderung in mehreren, sich abwechselnden Zeitebenen (wobei in der Gegenwart das Geschehen auf einen Tag komprimiert ist) baut eine Spannung auf, die bis zum Schluss aufrecht gehalten wurde, auch wenn das Ende irgendwann absehbar war.


Kein Lesevergnügen, aber dennoch definitiv lesenswert – mit einer Ich-Erzählerin, die mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.