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Veröffentlicht am 04.08.2019

Vielfältiger Überblick über Geschichte, Literatur, Physiologie und Psychologie

Vagina
0

Naomi Wolf ist eine amerikanische Journalistin. Manchem ist vielleicht bereits ihr Buch "The Beauty Myth/Mythos Schönheit" bekannt.

Zu Beginn erläutert die Autorin die großen Unterschiede im Körperbau ...

Naomi Wolf ist eine amerikanische Journalistin. Manchem ist vielleicht bereits ihr Buch "The Beauty Myth/Mythos Schönheit" bekannt.

Zu Beginn erläutert die Autorin die großen Unterschiede im Körperbau von Frauen:
«Jede Frau ist anders innerviert. Bei einigen Frauen verzweigen sich die Nerven mehr in die Vagina, bei anderen mehr in die Klitoris. Bei manchen wird hauptsächlich der Damm versorgt oder der Muttermund, also der Eingang des Gebärmutterhalses. Das ist der Grund für die großen Unterschiede in der weiblichen Erregbarkeit.»

Daher könnten Männer sich nicht darauf verlassen, was bei der letzten Partnerin im Bett "funktioniert" habe, vielmehr müssten sie sich ganz neu einlassen und die Reaktionen der jetzigen Freundin entdecken. Oft sei es nicht die "Schuld" der Frau, dass sie keinen vaginalen Orgasmus bekomme, sondern es liege am Körperbau.

Sie misst dem Stresspegel der Frau eine große Bedeutung für die Qualität des Orgasmus zu:
"Um den transzendentalen Zustand zu erreichen, der das weibliche Gehirn in den Orgasmus katapultiert, muss frau sich absolut sicher fühlen – sicher vor schlechtem Stress, und zwar durch das Wissen, dass sie in besagten Trancezustand in Gegenwart eines anderen Menschen eintritt, der sie beschützen wird, wenn das nötig sein sollte, und sie nicht in Gefahr bringt oder in eine Situation, die sich ihrer Kontrolle entzieht."

Im zweiten Abschnitt schreibt Wolf über die soziale Kontrolle der weiblichen Sexualität. Über verbale Herabwürdigung, Vergewaltigung und Trauma zu lesen, fand ich emotional sehr anstrengend.
Sie schlägt einen Bogen von den uralten Göttinnenreligionen mit heiliger Hochzeit und Tempelprostitution über Scham und Hexenverbrennung im Mittelalter zur letzten Jahrhundertwende, als viele Künstlerinnen über sexuelle Befreiung schrieben oder malten. Sehr interessant war auch die Darstellung der Vagina in der Bluesmusik.
Als positives Beispiel nennt sie ebenfalls verschiedene östliche Epochen, in denen die Vagina als allerheiligster Ort im Universum galt, und als Himmelstor oder Blütenteich bezeichnet worden sei.

Im dritten Abschnitt berichtet die Autorin über die heutige Zeit und wie Pornografie, die Verküpfung von Sex und Gewalt sowie die Nutzung eines Vibrators zu Desensibilisierung und Abstumpfung führe.
Während in pornografischen Schriften der vikorianischen Zeit noch sehr liebevoll und zärtlich über die Vagina geschrieben worden sei, gleiche die Vagina heute Junkfood:
"Dieser Slang legt nahe, dass westlich geprägte junge Männer von heute Vaginas nicht wie früher mit dunkler Magie und auch nicht mit ihren eher boshaft beleidigenden Assoziationen gleichsetzen; stattdessen evozieren die meisten Begriffe minderwertige Junkfood-Massenware und sind nicht gerade von emotionaler Wucht."

Im letzten Abschnitt widmet sich die Autorin der Frage, wie man "die Göttin zurückholen" könne. So bezeichnet sie die Aktivierung der Entspannungsreaktion der Frau. Sie besucht einen Tantra-Workshop und einen Therapeuten für Vaginalmassage.
Ihre Vorschläge für Männer klingen allzu simpel, aber es ist genau das, was ich mir von einem Partner wünschen würde:
"Schau ihr in die Augen."
"Streichle sie."
"Höre ihr zu und rede mit ihr."
"Schenke ihr Schutz, Zeit und Zärtlichkeit."

Fazit: Das Buch bietet einen guten Überblick über das Thema, ist aber noch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Ich fühle mich in dem bestätigt, was ich intuitiv gefühlt habe - dass Zeitdruck und emotionaler Stress destruktiv sind und dass Überstimulierung durch einen Vibrator oder Pornografie desensibilisiert.
Störend fand ich, dass die Autorin bei einem Interview Suggestivfragen gestellt hat. Die Schilderung der Göttinenkultur und der heiligen Hochzeit war nicht korrekt eingeordnet. Die Vermählung eines Herrschers mit der Göttin in Gestalt der Priesterin ist schon der erste Schritt hin zur patriarchalen monotheistischen Religion gewesen. Die Interpretation der Schlangen in der Hand der minoischen Göttin als Penisse ist falsch. Schlangen symbolisieren üblicherweise Tod und Wiederauferstehung.
Sie schreibt mehrfach von der Aktivierung des ANS (des autonomen Nervensystems), was missverständlich ist. Sie meinte sicher die Aktivierung des Parasympatikus für die Entspannungsreaktion.

Mich als Single ließ das Buch aber auch etwas ratlos zurück, weil die Autorin von Transzendenz und gesteigerter Kreativität nach dem Orgasmus schwärmt. Gerade weil ich keinen Partner habe, habe ich genug Zeit und Energie, kreativ zu sein. Und Transzendenz lässt sich auch über andere Wege erreichen.
Darüberhinaus hat Naomi Wolf im Buch Marnia Robinson und ihre Texte über Dopamin erwähnt, nicht jedoch, dass diese explizit empfiehlt auf Orgasmen zu verzichten. Das Dopamin-High und der abschließende Absturz würde die Gefühle durcheinanderbringen und eher zu Unruhe und Unzufriedenheit in der Beziehung führen. Die Karezza-Technik dagegen schaffe mehr Verbundenheit und langfristig stabile Partnerschaften (ganz interessant dazu sind z.B. als Einstieg die Artikel der Autorin Marnia Robinson auf Huffington Post).

Veröffentlicht am 04.08.2019

Vielfältiger Überblick über Geschichte, Literatur, Physiologie und Psychologie

Vagina
0

Naomi Wolf ist eine amerikanische Journalistin. Manchem ist vielleicht bereits ihr Buch "The Beauty Myth/Mythos Schönheit" bekannt.

Zu Beginn erläutert die Autorin die großen Unterschiede im Körperbau ...

Naomi Wolf ist eine amerikanische Journalistin. Manchem ist vielleicht bereits ihr Buch "The Beauty Myth/Mythos Schönheit" bekannt.

Zu Beginn erläutert die Autorin die großen Unterschiede im Körperbau von Frauen:
«Jede Frau ist anders innerviert. Bei einigen Frauen verzweigen sich die Nerven mehr in die Vagina, bei anderen mehr in die Klitoris. Bei manchen wird hauptsächlich der Damm versorgt oder der Muttermund, also der Eingang des Gebärmutterhalses. Das ist der Grund für die großen Unterschiede in der weiblichen Erregbarkeit.»

Daher könnten Männer sich nicht darauf verlassen, was bei der letzten Partnerin im Bett "funktioniert" habe, vielmehr müssten sie sich ganz neu einlassen und die Reaktionen der jetzigen Freundin entdecken. Oft sei es nicht die "Schuld" der Frau, dass sie keinen vaginalen Orgasmus bekomme, sondern es liege am Körperbau.

Sie misst dem Stresspegel der Frau eine große Bedeutung für die Qualität des Orgasmus zu:
"Um den transzendentalen Zustand zu erreichen, der das weibliche Gehirn in den Orgasmus katapultiert, muss frau sich absolut sicher fühlen – sicher vor schlechtem Stress, und zwar durch das Wissen, dass sie in besagten Trancezustand in Gegenwart eines anderen Menschen eintritt, der sie beschützen wird, wenn das nötig sein sollte, und sie nicht in Gefahr bringt oder in eine Situation, die sich ihrer Kontrolle entzieht."

Im zweiten Abschnitt schreibt Wolf über die soziale Kontrolle der weiblichen Sexualität. Über verbale Herabwürdigung, Vergewaltigung und Trauma zu lesen, fand ich emotional sehr anstrengend.
Sie schlägt einen Bogen von den uralten Göttinnenreligionen mit heiliger Hochzeit und Tempelprostitution über Scham und Hexenverbrennung im Mittelalter zur letzten Jahrhundertwende, als viele Künstlerinnen über sexuelle Befreiung schrieben oder malten. Sehr interessant war auch die Darstellung der Vagina in der Bluesmusik.
Als positives Beispiel nennt sie ebenfalls verschiedene östliche Epochen, in denen die Vagina als allerheiligster Ort im Universum galt, und als Himmelstor oder Blütenteich bezeichnet worden sei.

Im dritten Abschnitt berichtet die Autorin über die heutige Zeit und wie Pornografie, die Verküpfung von Sex und Gewalt sowie die Nutzung eines Vibrators zu Desensibilisierung und Abstumpfung führe.
Während in pornografischen Schriften der vikorianischen Zeit noch sehr liebevoll und zärtlich über die Vagina geschrieben worden sei, gleiche die Vagina heute Junkfood:
"Dieser Slang legt nahe, dass westlich geprägte junge Männer von heute Vaginas nicht wie früher mit dunkler Magie und auch nicht mit ihren eher boshaft beleidigenden Assoziationen gleichsetzen; stattdessen evozieren die meisten Begriffe minderwertige Junkfood-Massenware und sind nicht gerade von emotionaler Wucht."

Im letzten Abschnitt widmet sich die Autorin der Frage, wie man "die Göttin zurückholen" könne. So bezeichnet sie die Aktivierung der Entspannungsreaktion der Frau. Sie besucht einen Tantra-Workshop und einen Therapeuten für Vaginalmassage.
Ihre Vorschläge für Männer klingen allzu simpel, aber es ist genau das, was ich mir von einem Partner wünschen würde:
"Schau ihr in die Augen."
"Streichle sie."
"Höre ihr zu und rede mit ihr."
"Schenke ihr Schutz, Zeit und Zärtlichkeit."

Fazit: Das Buch bietet einen guten Überblick über das Thema, ist aber noch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Ich fühle mich in dem bestätigt, was ich intuitiv gefühlt habe - dass Zeitdruck und emotionaler Stress destruktiv sind und dass Überstimulierung durch einen Vibrator oder Pornografie desensibilisiert.
Störend fand ich, dass die Autorin bei einem Interview Suggestivfragen gestellt hat. Die Schilderung der Göttinenkultur und der heiligen Hochzeit war nicht korrekt eingeordnet. Die Vermählung eines Herrschers mit der Göttin in Gestalt der Priesterin ist schon der erste Schritt hin zur patriarchalen monotheistischen Religion gewesen. Die Interpretation der Schlangen in der Hand der minoischen Göttin als Penisse ist falsch. Schlangen symbolisieren üblicherweise Tod und Wiederauferstehung.
Sie schreibt mehrfach von der Aktivierung des ANS (des autonomen Nervensystems), was missverständlich ist. Sie meinte sicher die Aktivierung des Parasympatikus für die Entspannungsreaktion.

Mich als Single ließ das Buch aber auch etwas ratlos zurück, weil die Autorin von Transzendenz und gesteigerter Kreativität nach dem Orgasmus schwärmt. Gerade weil ich keinen Partner habe, habe ich genug Zeit und Energie, kreativ zu sein. Und Transzendenz lässt sich auch über andere Wege erreichen.
Darüberhinaus hat Naomi Wolf im Buch Marnia Robinson und ihre Texte über Dopamin erwähnt, nicht jedoch, dass diese explizit empfiehlt auf Orgasmen zu verzichten. Das Dopamin-High und der abschließende Absturz würde die Gefühle durcheinanderbringen und eher zu Unruhe und Unzufriedenheit in der Beziehung führen. Die Karezza-Technik dagegen schaffe mehr Verbundenheit und langfristig stabile Partnerschaften (ganz interessant dazu sind z.B. als Einstieg die Artikel der Autorin Marnia Robinson auf Huffington Post).

Veröffentlicht am 04.08.2019

Vielfältiger Überblick über Geschichte, Literatur, Physiologie und Psychologie

Vagina
0

Naomi Wolf ist eine amerikanische Journalistin. Manchem ist vielleicht bereits ihr Buch "The Beauty Myth/Mythos Schönheit" bekannt.

Zu Beginn erläutert die Autorin die großen Unterschiede im Körperbau ...

Naomi Wolf ist eine amerikanische Journalistin. Manchem ist vielleicht bereits ihr Buch "The Beauty Myth/Mythos Schönheit" bekannt.

Zu Beginn erläutert die Autorin die großen Unterschiede im Körperbau von Frauen:
«Jede Frau ist anders innerviert. Bei einigen Frauen verzweigen sich die Nerven mehr in die Vagina, bei anderen mehr in die Klitoris. Bei manchen wird hauptsächlich der Damm versorgt oder der Muttermund, also der Eingang des Gebärmutterhalses. Das ist der Grund für die großen Unterschiede in der weiblichen Erregbarkeit.»

Daher könnten Männer sich nicht darauf verlassen, was bei der letzten Partnerin im Bett "funktioniert" habe, vielmehr müssten sie sich ganz neu einlassen und die Reaktionen der jetzigen Freundin entdecken. Oft sei es nicht die "Schuld" der Frau, dass sie keinen vaginalen Orgasmus bekomme, sondern es liege am Körperbau.

Sie misst dem Stresspegel der Frau eine große Bedeutung für die Qualität des Orgasmus zu:
"Um den transzendentalen Zustand zu erreichen, der das weibliche Gehirn in den Orgasmus katapultiert, muss frau sich absolut sicher fühlen – sicher vor schlechtem Stress, und zwar durch das Wissen, dass sie in besagten Trancezustand in Gegenwart eines anderen Menschen eintritt, der sie beschützen wird, wenn das nötig sein sollte, und sie nicht in Gefahr bringt oder in eine Situation, die sich ihrer Kontrolle entzieht."

Im zweiten Abschnitt schreibt Wolf über die soziale Kontrolle der weiblichen Sexualität. Über verbale Herabwürdigung, Vergewaltigung und Trauma zu lesen, fand ich emotional sehr anstrengend.
Sie schlägt einen Bogen von den uralten Göttinnenreligionen mit heiliger Hochzeit und Tempelprostitution über Scham und Hexenverbrennung im Mittelalter zur letzten Jahrhundertwende, als viele Künstlerinnen über sexuelle Befreiung schrieben oder malten. Sehr interessant war auch die Darstellung der Vagina in der Bluesmusik.
Als positives Beispiel nennt sie ebenfalls verschiedene östliche Epochen, in denen die Vagina als allerheiligster Ort im Universum galt, und als Himmelstor oder Blütenteich bezeichnet worden sei.

Im dritten Abschnitt berichtet die Autorin über die heutige Zeit und wie Pornografie, die Verküpfung von Sex und Gewalt sowie die Nutzung eines Vibrators zu Desensibilisierung und Abstumpfung führe.
Während in pornografischen Schriften der vikorianischen Zeit noch sehr liebevoll und zärtlich über die Vagina geschrieben worden sei, gleiche die Vagina heute Junkfood:
"Dieser Slang legt nahe, dass westlich geprägte junge Männer von heute Vaginas nicht wie früher mit dunkler Magie und auch nicht mit ihren eher boshaft beleidigenden Assoziationen gleichsetzen; stattdessen evozieren die meisten Begriffe minderwertige Junkfood-Massenware und sind nicht gerade von emotionaler Wucht."

Im letzten Abschnitt widmet sich die Autorin der Frage, wie man "die Göttin zurückholen" könne. So bezeichnet sie die Aktivierung der Entspannungsreaktion der Frau. Sie besucht einen Tantra-Workshop und einen Therapeuten für Vaginalmassage.
Ihre Vorschläge für Männer klingen allzu simpel, aber es ist genau das, was ich mir von einem Partner wünschen würde:
"Schau ihr in die Augen."
"Streichle sie."
"Höre ihr zu und rede mit ihr."
"Schenke ihr Schutz, Zeit und Zärtlichkeit."

Fazit: Das Buch bietet einen guten Überblick über das Thema, ist aber noch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Ich fühle mich in dem bestätigt, was ich intuitiv gefühlt habe - dass Zeitdruck und emotionaler Stress destruktiv sind und dass Überstimulierung durch einen Vibrator oder Pornografie desensibilisiert.
Störend fand ich, dass die Autorin bei einem Interview Suggestivfragen gestellt hat. Die Schilderung der Göttinenkultur und der heiligen Hochzeit war nicht korrekt eingeordnet. Die Vermählung eines Herrschers mit der Göttin in Gestalt der Priesterin ist schon der erste Schritt hin zur patriarchalen monotheistischen Religion gewesen. Die Interpretation der Schlangen in der Hand der minoischen Göttin als Penisse ist falsch. Schlangen symbolisieren üblicherweise Tod und Wiederauferstehung.
Sie schreibt mehrfach von der Aktivierung des ANS (des autonomen Nervensystems), was missverständlich ist. Sie meinte sicher die Aktivierung des Parasympatikus für die Entspannungsreaktion.

Mich als Single ließ das Buch aber auch etwas ratlos zurück, weil die Autorin von Transzendenz und gesteigerter Kreativität nach dem Orgasmus schwärmt. Gerade weil ich keinen Partner habe, habe ich genug Zeit und Energie, kreativ zu sein. Und Transzendenz lässt sich auch über andere Wege erreichen.
Darüberhinaus hat Naomi Wolf im Buch Marnia Robinson und ihre Texte über Dopamin erwähnt, nicht jedoch, dass diese explizit empfiehlt auf Orgasmen zu verzichten. Das Dopamin-High und der abschließende Absturz würde die Gefühle durcheinanderbringen und eher zu Unruhe und Unzufriedenheit in der Beziehung führen. Die Karezza-Technik dagegen schaffe mehr Verbundenheit und langfristig stabile Partnerschaften (ganz interessant dazu sind z.B. als Einstieg die Artikel der Autorin Marnia Robinson auf Huffington Post).

Veröffentlicht am 08.10.2019

Krieg der Geschlechter

Die Frauen von Troja
0

Admete zu Herkules: »Ist die Unsterblichkeit eines Mannes wirklich die Unfreiheit der Amazonenkönigin und den Tod so vieler unschuldiger Menschen wert?«
»Ja.« Er verschränkte die Arme vor der Brust.
Ich ...

Admete zu Herkules: »Ist die Unsterblichkeit eines Mannes wirklich die Unfreiheit der Amazonenkönigin und den Tod so vieler unschuldiger Menschen wert?«
»Ja.« Er verschränkte die Arme vor der Brust.
Ich wich entsetzt zurück. »Das kann nicht dein Ernst sein.«

Die Autorin Emily Hauser ist Altphilologin, d.h. sie beschäftigt sich mit Sprach- und Literaturwissenschaft von Latein und Altgriechisch. In der Buchreihe “Die Frauen von Troja” erzählt sie vom Trojanischen Krieg, der vor dreitausend Jahren tobte. Die Besonderheit ist, dass sie die Geschichte aus der Sicht der Frauen beschreibt.

In einem Erzählstrang des letzten Bandes “Tochter des Himmels” schildert die Griechin Admete die Suche nach einem Heilmittel für ihren schwer kranken Bruder Alexander. Auf ihrer Reise zu den Amazonen wird sie von Herkules begleitet. Als eine seiner zwölf Aufgaben soll er den Gürtel der Amazonenkönigin Hippolyta erobern.

Im zweiten Erzählstrang beschreibt Hippolyta die Kämpfe, ihre Gefangennahme durch Theseus und die Verschleppung nach Troja.

Die dritte Perspektive blickt auf die Götter auf dem Olymp. Der Erzählton erinnert mich an die Stücke in den gelben Reclam-Heftchen, die wir in der Schule gelesen haben. Die ersten Sätze klingen wie Regieanweisungen:
“Der Himmel über Delphi ist dunkel. Es herrscht Stille. An diesem heiligen Ort singen die Vögel noch nicht. Nur eine Fackel bewegt sich wie ein Glühwürmchen durchs Unterholz.”
Bei den Dialogen wechselt der Ton zu einer flapsigen Ausdrucksweise:
»Den ganzen Quatsch mit den Geschichten kapier ich nicht«, brummt Ares.

Die Götter lenken die Handlungen der Menschen und stacheln sie gegeneinander auf. Hera versucht ihren goldenen Apfelbaum auf den Hesperiden zu schützen, während die männlichen Götter sich gegen sie verbünden.

Grundsätzlich finde ich es fantastisch, dass die griechischen Sagen aus der Sicht der Frauen nacherzählt werden. Doch die Behandlung der stolzen Amazonen durch die Griechen ist oft erniedrigend. Zudem habe ich keine emotionale Verbindung zu den Protagonisten aufbauen können. Dazu fehlte mir u.a. die Beschreibung der Hintergründe. Warum nimmt Admete so viele Gefahren auf sich, um ihren Bruder zu retten? Warum will Herkules als unsterblich gelten?

Auch die bekannten Figuren, wie Göttinnen und Helden werden nicht näher beschrieben. Ich konnte mir kein Bild von deren Aussehen oder Angewohnheiten machen, das mir die Charaktere näher gebracht hätte.
Das Buch ist tendenziell eher eine sachliche Nacherzählung der griechischen Sagen aus der weiblichen Perspektive, statt eines üppigen historischen Romans, in dessen Welt man richtig abtauchen kann und mit deren Charaktere man mitfiebert. Vielleicht habe ich die Figuren aber auch von mir weggeschoben, weil ich nicht lesen mochte, wie Hippolyta sich demütigen ließ.
Tenor der Geschichte ist, dass die Männer und Götter egoistisch waren, rohe Gewalt gegenüber Frauen anwandten und für Ruhm alles taten.

Das Buch lässt mich enttäuscht zurück, und ich überlege warum. Vielleicht hatte ich gehofft, dass den Amazonen Gerechtigkeit widerfährt für ihre Erniedrigungen.
Hippolyta wird am Ende zwar unsterblich durch die Erschaffung des Epos. Doch ich glaube, sie hätte vorgezogen geachtet zu leben und vergessen zu werden, als in den Heldensagen durch Männer auf ewig herabgesetzt zu sein.

Veröffentlicht am 08.10.2019

Krieg der Geschlechter

Die Frauen von Troja
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Admete zu Herkules: »Ist die Unsterblichkeit eines Mannes wirklich die Unfreiheit der Amazonenkönigin und den Tod so vieler unschuldiger Menschen wert?«
»Ja.« Er verschränkte die Arme vor der Brust.
Ich ...

Admete zu Herkules: »Ist die Unsterblichkeit eines Mannes wirklich die Unfreiheit der Amazonenkönigin und den Tod so vieler unschuldiger Menschen wert?«
»Ja.« Er verschränkte die Arme vor der Brust.
Ich wich entsetzt zurück. »Das kann nicht dein Ernst sein.«

Die Autorin Emily Hauser ist Altphilologin, d.h. sie beschäftigt sich mit Sprach- und Literaturwissenschaft von Latein und Altgriechisch. In der Buchreihe “Die Frauen von Troja” erzählt sie vom Trojanischen Krieg, der vor dreitausend Jahren tobte. Die Besonderheit ist, dass sie die Geschichte aus der Sicht der Frauen beschreibt.

In einem Erzählstrang des letzten Bandes “Tochter des Himmels” schildert die Griechin Admete die Suche nach einem Heilmittel für ihren schwer kranken Bruder Alexander. Auf ihrer Reise zu den Amazonen wird sie von Herkules begleitet. Als eine seiner zwölf Aufgaben soll er den Gürtel der Amazonenkönigin Hippolyta erobern.

Im zweiten Erzählstrang beschreibt Hippolyta die Kämpfe, ihre Gefangennahme durch Theseus und die Verschleppung nach Troja.

Die dritte Perspektive blickt auf die Götter auf dem Olymp. Der Erzählton erinnert mich an die Stücke in den gelben Reclam-Heftchen, die wir in der Schule gelesen haben. Die ersten Sätze klingen wie Regieanweisungen:
“Der Himmel über Delphi ist dunkel. Es herrscht Stille. An diesem heiligen Ort singen die Vögel noch nicht. Nur eine Fackel bewegt sich wie ein Glühwürmchen durchs Unterholz.”
Bei den Dialogen wechselt der Ton zu einer flapsigen Ausdrucksweise:
»Den ganzen Quatsch mit den Geschichten kapier ich nicht«, brummt Ares.

Die Götter lenken die Handlungen der Menschen und stacheln sie gegeneinander auf. Hera versucht ihren goldenen Apfelbaum auf den Hesperiden zu schützen, während die männlichen Götter sich gegen sie verbünden.

Grundsätzlich finde ich es fantastisch, dass die griechischen Sagen aus der Sicht der Frauen nacherzählt werden. Doch die Behandlung der stolzen Amazonen durch die Griechen ist oft erniedrigend. Zudem habe ich keine emotionale Verbindung zu den Protagonisten aufbauen können. Dazu fehlte mir u.a. die Beschreibung der Hintergründe. Warum nimmt Admete so viele Gefahren auf sich, um ihren Bruder zu retten? Warum will Herkules als unsterblich gelten?

Auch die bekannten Figuren, wie Göttinnen und Helden werden nicht näher beschrieben. Ich konnte mir kein Bild von deren Aussehen oder Angewohnheiten machen, das mir die Charaktere näher gebracht hätte.
Das Buch ist tendenziell eher eine sachliche Nacherzählung der griechischen Sagen aus der weiblichen Perspektive, statt eines üppigen historischen Romans, in dessen Welt man richtig abtauchen kann und mit deren Charaktere man mitfiebert. Vielleicht habe ich die Figuren aber auch von mir weggeschoben, weil ich nicht lesen mochte, wie Hippolyta sich demütigen ließ.
Tenor der Geschichte ist, dass die Männer und Götter egoistisch waren, rohe Gewalt gegenüber Frauen anwandten und für Ruhm alles taten.

Das Buch lässt mich enttäuscht zurück, und ich überlege warum. Vielleicht hatte ich gehofft, dass den Amazonen Gerechtigkeit widerfährt für ihre Erniedrigungen.
Hippolyta wird am Ende zwar unsterblich durch die Erschaffung des Epos. Doch ich glaube, sie hätte vorgezogen geachtet zu leben und vergessen zu werden, als in den Heldensagen durch Männer auf ewig herabgesetzt zu sein.