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Veröffentlicht am 16.10.2019

Gut konstruierter, gelungener Psychothriller

Offline - Du wolltest nicht erreichbar sein. Jetzt sitzt du in der Falle.
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Es ist ein neues, verlockendes Angebot, dem die acht Reisegefährten im Psychothriller „Offline“ von Arno Strobel nachkommen. Fünf Tage möchten sie in einem abgelegenen Hotel in den Bergen in der Nähe des ...

Es ist ein neues, verlockendes Angebot, dem die acht Reisegefährten im Psychothriller „Offline“ von Arno Strobel nachkommen. Fünf Tage möchten sie in einem abgelegenen Hotel in den Bergen in der Nähe des Watzmanns in Bayern ganz ohne Smartphones und Internet auskommen, um sich einfach mal ganz auf sich selbst zu konzentrieren und sich auf die Natur einzulassen. Das Hotel wird gerade renoviert und aufgrund einer Firmenpleite herrscht ein Baustopp, darum sind dort nur zwei Hausmeister vor Ort, aber kein weiteres Hotelpersonal oder Gäste. Drei Angestellte des Reiseveranstalters begleiten die Gruppe.

Der Untertitel des Thrillers „Du wolltest nicht erreichbar sein. Jetzt sitzt du in der Falle.“ ließ mich als Leserin bereits ahnen, dass der Trip kein erholsamer Urlaub für die Gruppe wird. Schon bei der Ankunft im Hotel stellt sich schnell heraus, dass auch das mitgenommene Funkgerät unbrauchbar ist und dann beginnt es auf unabsehbare Zeit zu schneien …

Arno Strobel schildert im Prolog eine verstörende Situation, in der eine Frau und ihr Freund im Mittelpunkt stehen. Unter den Reisenden findet sich dann ein Mann, der den gleichen Namen trägt wie der Geliebte in der Einleitung. Dadurch machte ich mir Gedanken darüber, ob es sich dabei um die gleiche Person handeln könnte, denn jetzt gehört sie zu einem vierköpfigen Team eines Telekommunikations-unternehmens, das die Reise für ihre Mitarbeiter gebucht hat.

Zur Gruppe gehören des Weiteren einige Mitglieder, die mir von Anfang an allein aufgrund ihres Auftretens verdächtig vorkamen, weil ich ihnen unbegründet zutraute, dass sie zu irgendeiner Straftat fähig wären, noch bevor überhaupt eine geschehen war. Dazu zählte ein Vermögensdienstleister mit einem sehr hohen Selbstwertgefühl und ein Ehepaar in den Vierzigern, von dem die Ehefrau mit ihrer Fitness angibt. Zwei der drei Reiseleiter sind noch neu beim Unternehmen und so ist weniger über ihre Vergangenheit bekannt, beste Voraussetzung also wie ich fand, um hier von Seiten des Autors her, jemanden mit bösartigen Gedanken unterzubringen. Außerdem war mir einer der im Hotel lebenden Hausmeister sehr unsympathisch, also eigentlich auch eine gute Voraussetzung für einen Täter oder machte sich gerade der andere Hausmeister durch sein sympathischeres Verhalten verdächtig?

Arno Strobel versteht es bestens, die Spannung im Buch schnell zu einem ersten Höhepunkt zu führen, denn bald schon wird ein Teammitglied vermisst. Aufgrund der eingeschränkten Örtlichkeiten liegen bei der Gruppe zunehmend die Nerven blank, das Misstrauen zueinander wächst beständig und es fehlt an Mitteln sich gegen Gefahr zu schützen. Gekonnt spielt der Autor mit den Ängsten seiner Figuren und dadurch auch denen seiner Leser.

Einige Kapitel enden mit einem kleinen Cliffhänger durch einen beiläufigen Satz. Um möglichst bald dem Täter auf die Spur zu kommen, habe ich das Buch sehr schnell gelesen, denn es hatte mich auf seine Art trotz einiger doch recht brutaler Szenen gepackt. Zwar blieben bei mir vor allem in Bezug auf die Hausmeister ein paar ungeklärte Hintergründe, aber grundsätzlich fand ich die Geschichte sehr gut konstruiert und gelungen. Das Thema ist wenig genutzt und spricht sicher viele an, da heute kaum noch jemand ohne Onlineverbindung ist.

Gerne habe ich mitgerätselt, wer der oder die Täter ist beziehungsweise sind. Die Spannung baut sich früh auf und Arno Strobel schafft es, sie bis zum Ende zu halten. Sehr gerne empfehle ich das Buch an jeden Thrillerfan weiter.

Veröffentlicht am 14.10.2019

Bewegender, gefühlvoll geschilderter historischer Roman mit Kriminalelementen und kleinen Geheimnissen

Die Schuld jenes Sommers
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Der Roman „Die Schuld jenes Sommers“ aus der Feder der Bestsellerautorin Katherine Webb führte mich als Leserin in das im Südwesten Englands gelegene Bath ins Jahr 1942. Damals wurde die Stadt am 25. und ...

Der Roman „Die Schuld jenes Sommers“ aus der Feder der Bestsellerautorin Katherine Webb führte mich als Leserin in das im Südwesten Englands gelegene Bath ins Jahr 1942. Damals wurde die Stadt am 25. und 26. April von der deutschen Luftflotte bombardiert. Die 32-jährige Protagonistin Frances Parry lebt nach der Trennung von ihrem Ehemann wieder bei den Eltern in Bath im Haus am Holloway. Neben ihrem Job als Gepäckträgerin am Bahnhof passt sie gerne auf den sechsjährigen Davy auf. Der Kleine ist der Neffe ihrer Freundin Wyn Hughes, an deren ungeklärtem Verschwinden im Jahr 1918 sie sich eine Mitschuld gibt.

Der Roman beginnt am Tag vor der Bombardierung. An diesem Tag hätte Wyn Geburtstag gehabt und wie immer denkt Frances daran. Den Nachmittag über hat sie mit Davy gespielt, doch sie möchte eine Weile allein sein, darum bringt sie den Jungen zu Bekannten, die in der folgenden Nacht beim Luftangriff getötet werden, aber von Davy fehlt jede Spur. Dadurch wird bei Frances die Erinnerung an die Begebenheiten in jenem Sommer vor über zwanzig Jahren in besonderem Maße geweckt.

Als bei den anschließenden Aufräumarbeiten in Bath die skelettierte Leiche eines Kindes gefunden wird und sich herausstellt, dass es sich dabei um Wyn handelt, ist Frances aufgewühlt. Zwar ist jetzt der Verbleib ihrer Freundin geklärt, aber sie fürchtet sehr, dass Davys Verschwinden ebenso fatal enden könnte. Nach Frances‘ Meinung ist der damals als Straftäter Verurteilte unschuldig gewesen und der tatsächliche Mörder ist immer noch frei und könnte wieder tätig geworden sein …

Die Erzählung spielt auf zwei Zeitebenen. Zum einen erlebte ich als Leserin den Tag vor und die folgenden Tage nach der Bombardierung von Bath im Jahr 1942, zum anderen konnte ich die Entwicklung der Freundschaft zwischen Frances und Wyn vom Jahr 1916 an durch Rückblicke auf die Kindheit der beiden verfolgen.

Schon auf den ersten Seiten spürte ich deutlich, dass die Ereignisse rund um das Verschwinden der Freundin immer noch bei Frances nachhallen, weil sie das Geschehen nie aufarbeiten konnte, sondern erfolgreich verdrängt hat. Aufgrund ihrer damaligen Erfahrungen hat sie persönliche Entscheidungen getroffen. Katherine Webb gestaltet ihre Geschichte von Beginn an interessant, denn natürlich wollte ich wissen, wie es zum Mord an Wyn kommen konnte und auch, warum Frances glaubt, dabei schuldig geworden zu sein.

Frances wächst in bescheidenen, aber soliden Verhältnissen als Tochter eines Mechanikers auf. Die Hughes wohnen unweit der Familie, aber in deutlich ärmlicher Umgebung. Wyn hat schon als Kind einen ausgeprägten eigenen Willen mit dem sie sich gegen die älteren Geschwister und den trinksüchtigen Vater durchsetzt. Frances ist eher zurückhaltend und setzt gerne die burschikosen Ideen ihrer Freundin um. Um der Realität zu entfliehen, träumt sich Wyn in Gedanken oft ihre eigene Welt. Innerhalb kurzer Zeit bauen beide zueinander eine starke Bindung auf, das Vertrauen zueinander wächst. In diesem kindlichen Alter gestaltet sich ihre Freundschaft zunehmend fragiler in Bezug auf äußere Einflüsse.

Frances hat an der Seite ihres Ehemanns versucht die Schatten der Vergangenheit hinter sich zu lassen, doch jetzt ist wieder Krieg und wieder verschwindet ein Kind, dem sie zugeneigt ist. Katherine Webb versteht es, mir als Leserin die Verzweiflung, die Traurigkeit und die Wut ihrer Protagonistin auf der zweiten Zeitebene zu vermitteln, die dazu führt, dass Frances entschlossen ist, die neuen Ereignisse nicht auf sich beruhen zu lassen, sondern diesmal ihre ganze Energie für die Suche nach Davy einzusetzen, um die absehbare Entwicklung zu ändern. Einfühlsam schildert die Autorin, wie Frances an ihrer Aufgabe wächst.

Die Handlungsorte hat Kathrine Webb mit Liebe zum Detail und eigener Ortskenntnis so ins Bild gesetzt, dass ich sie mir sehr gut vorstellen konnte. In diesem Rahmen agieren ihre Figuren realitätsnah. Mit einigen Wendungen in der Geschichte sorgt die Autorin für manchen überraschenden Verlauf.

„Die Schuld jenes Sommers“ ist ein bewegender, gefühlvoll geschilderter historischer Roman mit Kriminalelementen und kleinen Geheimnissen, deren schrittweise Aufdeckung auf den Leser wartet. Gerne vergebe ich hierzu eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Höhen und Tiefen der Bewohner eines Dorfs an der ligurischen Riviera in den 1960ern

Einige aber doch
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Der Roman „Einige aber doch“ ist der erste von drei Bänden in denen Sabine Friedrich über den deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus schreibt. Thematisch fokussiert sie im ersten Teil auf Widerstandgruppen, ...

Der Roman „Einige aber doch“ ist der erste von drei Bänden in denen Sabine Friedrich über den deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus schreibt. Thematisch fokussiert sie im ersten Teil auf Widerstandgruppen, die später als „Rote Kapelle“ bezeichnet wurden. Der Name ergibt sich ursprünglich aus der dem Geheimdienstjargon entlehnten Bezeichnung für eine Gruppe von Funkern als „Kapelle“. Ein von einem Kommunisten zur Unterstützung der Résistance gegründetes Spionagenetzwerk in Brüssel funkte seine Sprüche ins „rote“ Moskau. Die Autorin nimmt die unabhängig von diesem Netzwerk agierenden deutschen linken und liberalen Gruppen in den Fokus und beschreibt die Geschehnisse rund um Arvid und Mildred Harnack, Harro und Libertas Schulze-Boysen, Hilde und Hans Coppi, Kurt und Elisabeth Schumacher sowie Adam und Greta Kuckhoff.

Sabine Friedrichs Roman basiert auf den historischen Fakten, die die Autorin bestens recherchiert hat. Auf der Basis des gesichteten geschichtlichen Materials versetzt sie sich in ihre Figuren und beschreibt ihre Eindrücke darüber, wie sie vielleicht gefühlt und gehandelt haben. Ihre Erzählung beginnt damit, dass Mildred und Arvid sich in Wisconsin/USA kennenlernen. Schon einige Jahre später, Anfang der 1930er Jahre, reden sie mit ihren Freunden und Bekannten über die rechtsradikalen Tendenzen im Staat. Bereits hier lässt sich erkennen, dass die jungen Leute die Entwicklungen kritisch und beunruhigend sehen. Die Autorin gestaltet private Dialoge, die sie glaubhaft in Szene setzt, als ob sie tatsächlich so stattgefunden hätten. Sie ließ mich als Leserin an den Gedankengängen der handelnden Personen teilnehmen und vermittelte mir ihre möglichen Empfindungen auch im Umgang mit der Angst vor Entdeckung, vor Gericht und in Anbetracht der Vollstreckung der Urteile.

Immer schon habe ich diejenigen bewundert, die sich dem Terrorregime mutig entgegenstellten. Obwohl ich wusste, wie die Geschichte zwangsläufig enden wird, verfolgte ich bewegt die einzelnen Begebenheiten, die zur Auflösung des Widerstands und dem Tod vieler ihrer Kämpfer führten. Gleichzeitig erlebte ich eben jene Personen in ihrem Alltag, den die Autorin mit vielen Details ausgeschmückt hat und vielleicht kamen mir ihre persönlichen Schicksale daher besonders nahe. Sabine Friedrich zeigt, wie der Widerstand im Kleinen und Verborgenen entsteht und selbst zunächst unbedeutende Handlungen Großes bewirken können.

In den Roman eingebunden sind viele Personen. Der Handlungsort wechselt oft nach kurzen Abschnitten und bedingt dadurch ist auch der ständige Wechsel zwischen den Charakteren. Das Personenregister am Ende des Buchs ist daher sehr nützlich.

In ihrem Roman „Einige aber doch“ vermittelt Sabine Friedrich Geschichte auf eine besondere Art. Die Entscheidung für das aktive Handeln der historisch verbürgten Personen im Widerstand wird auf diese Weise verständlich. Gerne empfehle ich das Buch an geschichtlich interessierte Leser weiter.

Veröffentlicht am 31.08.2019

Überraschende Themenauswahl, gelungene Umsetzung

Spiel des Lebens
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Der Entertainer Udo Jürgens Bockelmann, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Udo Jürgens, wäre im September 2019 85 Jahre alt geworden. In seinen letzten Lebensmonaten plante er gemeinsam mit seiner ...

Der Entertainer Udo Jürgens Bockelmann, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Udo Jürgens, wäre im September 2019 85 Jahre alt geworden. In seinen letzten Lebensmonaten plante er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Michaela Moritz einen Band mit Geschichten. Mit dem Buch „Spiel des Lebens“ ist dieser jetzt erschienen.

In der ersten Erzählung, die bereits einmal in einer Anthologie erschienen ist, schildert Udo Jürgens ein Erlebnis aus seinem Leben am Ende der 1950er Jahre. Die nachfolgenden Geschichten basieren auf wahren Geschehnissen, über die er gelesen oder von denen er gehört hat. Um diese kurzen Meldungen herum schafft er einen breiten Raum in dem seine Vorstellungen über die Begebenheiten lebendig werden. Er lässt sich Zusammenhänge dazu erklären und er besichtigt ein Unternehmen in Fernost, um seine Beschreibungen noch realistischer zu gestalten. Außerdem versucht er die Personen aus den Meldungen aufzuspüren. Er führt Gespräche über die Ereignisse, die ihn bewegen und zum Nachdenken bringen.

Als Leser spürte ich, dass der Autor sich mit den Hintergründen der Storys auseinandergesetzt hat, denn es ist ihm gelungen, seine Eindrücke an mich als Leser zu transportieren. Ich war nicht nur über die Auswahl der Themen überrascht, sondern auch über die Umsetzung. In seinen Geschichten erzählt er vom dienstältesten Kellner einer Bar in Berlin , von einem gehbehinderten Jungen und seinem Vater in Bulgarien, von einem auf dem Balkon tanzenden Jungen in Portugal und von der Leidenschaft eines ghanaischen Jungen fürs Trommeln. Außerdem lässt er den Arbeiter einer indischen Kleiderfabrik zu Wort kommen. Die Erzählungen spielen in verschiedenen Ländern, kulturelle Eigenarten fließen in die Schilderungen ein. Einige Schicksale stimmen traurig, doch immer ließen mich die Entwicklungen auf eine schöne Zukunft für die Protagonisten hoffen.

Udo Jürgens hat gemeinsam mit Michaela Moritz Geschichten in einen wunderbaren Ton gefasst. Sie sind mitten aus dem gelebten Leben gegriffen und bewegen so wie seine Lieder. Mich stimmten einige nachdenklich, denn ganz nebenher schwingt in den Storys Gesellschaftskritik, besonders dort, wo Ungerechtigkeiten anklingen. Gerne vergebe ich hierzu eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 05.07.2019

Fiktive Geschichte der Donaubauer Lichtspiele in München - nah dran an der Realität (1926-1939)

Das Lichtspielhaus - Zeit der Entscheidung
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In ihrem Roman „Das Lichtspielhaus – Zeit der Entscheidung“ erzählt Heidi Rehn die Geschichte der fiktiven Familie Donaubauer und verknüpft sie eng mit der historischen Entwicklung des Kinos. Der Begriff ...

In ihrem Roman „Das Lichtspielhaus – Zeit der Entscheidung“ erzählt Heidi Rehn die Geschichte der fiktiven Familie Donaubauer und verknüpft sie eng mit der historischen Entwicklung des Kinos. Der Begriff Lichtspielhaus klang für mich antiquiert und richtigerweise führt die Erzählung mich in den Oktober 1926 als noch die bewegten Bilder im Vordergrund standen, zu denen Geräusche vor Ort geliefert wurden oder ein Ensemble die Stummfilme musikalisch untermalte. In Deutschland gab es damals zwei große Ateliers, in denen neue Filme gedreht wurden. Die großen Lichtspielhäuser konkurrierten um die Premiere. Zunehmend wurde um das Publikum mit immer neuen Ideen gebuhlt vor allem durch das Schaffen einer angenehmen Atmosphäre durch das Anbieten von Getränken und der bequemen Ausstattung des Saals sowie dem Aufrüsten durch neueste Technik.

Im Jahr 1926 verfügen die Donaubauer Lichtspiele inzwischen über fünf Filmtheater in und außerhalb von München. Geleitet werden sie von der verwitweten Zenzi, ihrem Sohn Karl und ihren Schwiegerkindern Elsa und Heinrich. Unvorhergesehen verlässt Karl aufgrund einer Liaison mit einer dunkelhäutigen Schönen seine Frau Elsa und seine beiden Töchter und lässt sich in den USA nieder. Doch Zenzi, Elsa und Heinrich führen die Lichtspielhäuser durch Höhen und Tiefen, die unter anderem bedingt sind durch die Einführung des Tonfilms und die sich ändernde politische Lage.

Die Trennung von Karl, kurz bevor sie 34 Jahre alt wird, kommt für Elsa sehr überraschend. Für ihn hat sie ihren Beruf aufgegeben und an seiner Seite in der Münchner Geschäftswelt Anerkennung erlangt. Kurz hat sie davon geträumt, eine kleine Rolle in einem Film zu spielen, doch jetzt setzt sie nicht nur ihren Verstand sondern auch ihr Herz dazu ein, die Donaubauer Lichtspiele in die Zukunft zu führen. Der Konkurrenzdruck zwingt sie, ständig auf dem neuesten Stand rund ums Kino zu bleiben. Dazu nutzt sie Informationen von persönlichen Kontakten und durch Zeitungen. Intern ist es nicht immer einfach zu dritt die Filmtheater zu führen, weil unterschiedliche Meinungen zu einer Entscheidung zusammengeführt werden müssen.

Auf gewohnt detailreiche Art führt Heidi Rehn durch das historische Geschehen. Ihrem Anspruch zu erzählen, wie es damals gewesen sein könnte, wird sie gerecht. Dank ihrer sehr guten Recherche wirken die beschriebenen Umstände auf dem Gebiet der Entwicklung der Filmtheater authentisch, die Lichtspiele entwickelten sich zum Publikumsliebling. In die Handlung lässt sie zahlreich Filme der entsprechenden Zeit einfließen. Ihre Charaktere haben Ecken und Kanten. Sie äußern ihre Ansichten und Handeln indem sie sich an ihren Interessen orientieren und dabei ihren eigenen Vorteil oder den ihrer Liebsten im Blick haben, zunehmend aber auch nach Kompromissen suchend mit den neuen Erlassen der politischen Führung. Natürlich ist der finanzielle Aspekt des Geschäftsbetriebs nie zu vernachlässigen. Bei Elsa und Zenzi bleibt jedoch auch immer der Wunsch bestehen, die Menschen bestens zu unterhalten und ihnen so eine Möglichkeit zu geben, dem Alltag zu entfliehen.

Die Geschichte reicht bis ins Jahr 1939. Zwischen den Kapiteln gibt es gelegentlich größere Sprünge von Monaten und Jahren. In diesen Fällen vermittelt die Autorin das, was inzwischen geschehen ist im Rückblick. Um den Anschluss zu erhalten, werden einige Male die Entwicklungen kurz in einigen Sätzen zusammengefasst. Durch die Detailtreue kommt es hier und da zu wenigen Längen. Schön fand ich es, im fiktiven, leicht umgestalteten München der Autorin auch das Kaufhaus aus ihrem vorigen Roman wiederzufinden. Mit Zenzi schafft Heidi Rehn eine Bayerin, die ihrem Dialekt treu bleibt, was manchmal den zügigen Lesefluss leicht unterbricht. Im Glossar am Ende des Buchs finden sich Erklärungen zu Begriffen aus der Welt des Films, zu bekannten Persönlichkeiten der damaligen Zeit, aber auch zu einigen Übersetzungen bayrischer Ausdrücke, die mir hilfreich waren.

Im Roman „Das Lichtspielhaus – Zeit der Entscheidung“ erzählt Heidi Rehn die fiktive, aber durchaus real mögliche Geschichte der Familie Donaubauer, die in den 1920ern zu den führenden Lichtspielbetreibern in München gehörte. Trotz vieler Krisen in der Branche, vor allem durch die Ansprüche der Besucher und den neuen politischen Erlassen sowie Missgunst und Streit innerhalb der Familie gelingt es ihnen ihr Gewerbe bis ins Jahr 1939 zu führen. Was in den kommenden Jahren geschehen wird, erzählt Heidi Rehn in der Fortsetzung, die im Frühjahr 2020 erscheinen wird. Ich empfehle das Buch vor allem an diejenigen, die Familienromane über mehrere Generationen mögen und interessiert sind an der Geschichte des Kinos.