Konnte mich überzeugen
Zwischen zwei FensternSo ziemlich jedes Buch des Königskinder Verlags steht mittlerweile auf meiner Wunschliste, auch die Bücher aus dem neuen Frühjahrsprogramm sind dort schon vermerkt. Denn nachdem ich mit “Zwischen zwei ...
So ziemlich jedes Buch des Königskinder Verlags steht mittlerweile auf meiner Wunschliste, auch die Bücher aus dem neuen Frühjahrsprogramm sind dort schon vermerkt. Denn nachdem ich mit “Zwischen zwei Fenstern” mein erstes Buch dieses Verlags gelesen habe, weiß ich, dass sie alle wahre Schätze sein müssen und ich sie unbedingt lesen und in mein Regal stellen muss.
“Zwischen zwei Fenstern” war keine einfache, dafür aber eine außergewöhnliche Lektüre. Sprachlich hat mich Dianne Touchell total getroffen, aber ihre Erzählweise bzw. die Erzählweise der beiden Hauptcharaktere ist sehr anspruchsvoll. Schnörkellos berichten das Nachbarmädchen und der Nachbarjunge von ihrem Alltag, von ihrem verkorksten Leben, den Streitereien ihrer Eltern. Fast unbewusst malen sie dabei mit Worten Bilder und verstecken so viel zwischen den Zeilen. Man muss sich Zeit nehmen für dieses Büchlein. Es liest sich nicht mal eben schnell weg. Man muss sich einlassen auf die feinen Töne, die zarte Poesie. Man muss bewusst lesen, Wort für Wort, und sich auf den eindrucksstarken Stil einstellen.
So anspruchsvoll das Buch vom Erzählstil her ist, so anders als gewöhnlich ist sein Inhalt: “Zwischen zwei Fenstern” erzählt von zwei jungen Menschen, die auf der Flucht vor der Realität sind, die allein sind in ihren lauten Familien, die das echte Leben endlich spüren wollen, die sich lebendig fühlen wollen, die das ganze Buch hindurch kein Wort miteinander sprechen und doch zwischen zwei Fenstern so viel miteinander teilen.
Nur anhand der Kapitelaufmachung lässt sich erkennen, welcher der beiden Ich-Erzähler den Leser gerade an seinen Gedanken teilhaben lässt. Der Nachbarjunge leitet seine Erzählungen durch Zitate aus Büchern ein, während das Nachbarmädchen fünfsilbige Überschriften findet, die zu ihrem jeweiligen Erzählteil passen. Dabei ist das Nachbarmädchen eine wahnsinnig gute Zuhörerin. Sie hört die leisen Töne aus den Sätzen der Menschen heraus, erkennt den wahren Unterton. Der Nachbarjunge dagegen ist der perfekte Beobachter. Er liest die Körpersprache des Menschen und schaut dadurch hinter die Fassade. Er nimmt das Weinglas seiner Mutter war, das diese hinter den Vorhängen versteckt. Er beobachtet, wie sein Vater den Dackel auf die Mutter abrichtet. Er beobachtet seine Mitschülerinnen, mit denen er nicht viel anfangen kann. Und schließlich beobachtet er das Nachbarmädchen. Und er verliebt sich in sie. Ganz einfach, und ohne Zweifel. Es gibt in diesem Buch keine Schmetterlinge und keine rosaroten Wolken. Die Liebe zwischen den beiden Charakteren ist ganz einfach da, ist ganz selbstverständlich, steht unweigerlich einfach fest.
Die Figuren, die Dianne Touchell entwickelt hat, sind unglaublich komplex und tiefgründig. Es lässt sich so viel in diesem Buch interpretieren und durchleuchten. Obwohl es nur gut 250 Seiten hat, ist es doch so voller Inhalt. Es lässt sich kaum in Worte fassen, wovon dieses Buch erzählt. Das solltet ihr am besten selbst erlesen. Es ist ein ruhiges Buch, hier gibt es keine spannende oder actionreiche Handlung. Im Vordergrund stehen einzig und allein der Nachbarjunge und das Nachbarmädchen und ihre Gedanken und Geschichten, die sie zu erzählen haben. Nicht immer ist die Lektüre einfach, denn das Nachbarmädchen leidet an einer psychischen Erkrankung, die sie dazu bringt, sich die Haare auszureißen. Nicht einzeln. Sondern büschelweise. Diese Szenen haben mich sehr stark getroffen. Aber es gibt auch schöne Szenen, hoffnungsvolle Szenen.
Die Gestaltung des Buches ist einfach wundervoll und so ist “Zwischen zwei Fenstern” nicht nur inhaltlich, sondern auch äußerlich ein wahrer Schatz.
Mein Fazit
Dianne Touchells Debüt “Zwischen zwei Fenstern” ist nicht immer eine einfache Lektüre gewesen, konnte mich aber insgesamt begeistern und vor allem vom Königskinder Verlag überzeugen.