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Veröffentlicht am 12.10.2019

Emotionale Lektüre

Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe
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Zac liebt Statistiken und Zahlen. Er beschäftigt sich mit Wahrscheinlichkeiten: der Wahrscheinlichkeit, mit einem Würfel eine 3 zu würfeln; der Wahrscheinlichkeit, mit zwei Würfeln zweimal eine 3 zu würfeln; ...

Zac liebt Statistiken und Zahlen. Er beschäftigt sich mit Wahrscheinlichkeiten: der Wahrscheinlichkeit, mit einem Würfel eine 3 zu würfeln; der Wahrscheinlichkeit, mit zwei Würfeln zweimal eine 3 zu würfeln; der Wahrscheinlichkeit, dass ein 32-jähriger Mann überlebt, dem ein Hirntumor entfernt wurde und dessen Krebs nach acht Monaten zurückgekehrt ist. Zac klammert sich an Fakten. So fällt es ihm leichter, mit seiner Krebserkrankung umzugehen. Zac redet nichts schön, dafür hat er zu viel durchgemacht. Schonungslos beschreibt er die Begleiterscheinungen seiner Krankheit. Er macht keinen Hehl daraus, dass er seinen Schließmuskel nach der Chemotherapie nicht unter Kontrolle hat und dass er sich fühlt wie ein Kleinkind mit Schamhaar. Und genau das macht dieses Buch so authentisch. Denn wenn man mitten drin steckt in der Scheiße, hilft keine Schönmalerei.

Während Zac sich mit Statistiken ablenkt und sich intensiv mit seiner Krebserkrankung auseinandersetzt, fährt Mia eine ganz andere Strategie: Sie zieht sich zurück, geht ihren Freundinnen aus dem Weg und hält lediglich ihren Facebook-Status aktuell. Dort tut sie so, als wäre alles in Ordnung, als wäre sie nur wegen eines gebrochenen Fußes im Krankenhaus.

Zac und Mia könnten unterschiedlicher nicht sein, und doch entwickelt sich etwas ganz Wundervolles zwischen ihnen. Viel passiert zwischen den Zeilen, Zac und Mia sind beide keine Ich-Erzähler, die sich viel mit ihren Gefühlen beschäftigen. Und so merkt man fast gar nicht, wie sie sich immer weiter annähern. Und wie auch ich als Leser mich ihnen immer weiter annähere. Denn am Anfang hatte ich meine Schwierigkeiten mit den beiden. Sie sind beide sehr speziell, reden einfach drauflos und aus irgendeinem Grund war da ständig eine Distanz zwischen ihnen und mir. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben, aber es hat einfach nicht von Anfang an gepasst. Zum Glück kam dann jedoch irgendwann der Punkt, wo es einfach Klick gemacht hat. Und ab diesem Moment habe ich total mit den beiden Charakteren mitgefiebert und mitgelitten. Denn “Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe” ist defintiv kein schönes Buch. Es ist traurig und es ist unfair. Inbesondere die Wut von Mia hat sich während des Lesens auf mich übertragen. Und doch hat mich das Ende versöhnt und ich konnte die letzte Seite zufrieden umblättern.

“Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe” erzählt vom wahren und vom echten Leben. Es erzählt von Angst, von Hoffnungslosigkeit, von Wut und von Trauer. Aber es erzählt auch davon, wie sich zwei junge Menschen gegenseitig einfach nur guttun können. Wie Zac durch Mia endlich aufhört, sich hinter seinen Zahlen zu verstecken und anfängt, in die Wirklichkeit zurückzukehren. Und wie Mia lernt, ihr Schicksal zu akzeptieren, wie sie anfängt, das Glück um sie herum endlich wahrzunehmen und wie sie endlich beginnt, zu kämpfen.

Die Aufmachung des Buches ist einfach wundervoll. Der Schutzumschlag ist so schlicht und doch so wunderschön gestaltet. Das Buch selbst ist in drei Teile unterteilt, die “Zac”, “und” und “Mia” heißen. Dementsprechend kommt im ersten Teil nur Zac als Ich-Erzähler zu Wort, im zweiten Teil wechseln sich Zac und Mia mit dem Erzählen ab und im dritten Teil kommt nur (fast) Mia zu Wort. Ich finde es toll, was sich die Autorin hier überlegt hat.

Mein Fazit

“Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe” ist nicht einfach nur ein weiteres Krebs-Buch, sondern eine sehr bewegende und emotionale Lektüre.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Ein ganz besonderes Buch

Wo steckst du, Bernadette?
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Als ich “Wo steckst du, Bernadette?” in der Verlagsvorschau entdeckt habe, war ich mir nicht sicher, ob das Buch etwas für mich sein könnte. Der Klappentext klang für mich schon ziemlich verrückt und ich ...

Als ich “Wo steckst du, Bernadette?” in der Verlagsvorschau entdeckt habe, war ich mir nicht sicher, ob das Buch etwas für mich sein könnte. Der Klappentext klang für mich schon ziemlich verrückt und ich wusste nicht so recht, was ich mit diesem Buch anfangen sollte. Die Bewertungen der Originalausgabe “Where’d You Go, Bernadette” waren aber so positiv und auch einige Blogger, denen ich folge, hatten das Original so überzeugend besprochen, dass ich einfach immer neugieriger wurde. Und nachdem ich das Buch vor ein paar Tagen beendet habe, bin ich sehr froh, ihm eine Chance gegeben zu haben.

Obwohl ich sagen muss, dass ich den Anfang etwas gewöhnungsbedürftig fand. Als Leser wird man förmlich hineingeschmissen in ein Sammelsurium an Emails, Notizen, Arztberichten, Gutachten – denn aus mehr besteht die Handlung fast gar nicht. Fast wahllos erscheint die Aneinanderreihung von Fakten und einzelnen Szenen, mit denen man zunächst nur wenig anfangen kann. Auch muss man sich erst einmal einen Überblick über die Personen verschaffen, denn direkt zu Beginn des Buches wird man mit Charakteren konfrontiert, die zwar im Verlauf des Buches eine große Rolle spielen, aber zum Beispiel im Klappentext nicht erwähnt werden und daher zunächst nur schwer einzuschätzen sind.

Dazu kommt, dass in diesem Buch sehr selten wirklich “erzählt” wird. Nur an einigen Stellen tritt die 15jährige Ich-Erzählerin Bee, Bernadettes Tochter, auf, um den Leser ein wenig an die Hand zu nehmen und das eine oder andere zu erklären. Aber ansonsten ist dieses Buch eine Sammlung von Schnippseln, die man als Leser zu einem großen Ganzen zusammenfügen muss. Es fällt zunächst schwer, sich zurecht zu finden und sich einen Überblick zu verschaffen. Aber nach und nach kommt man doch rein in die Handlung und vor allem rein in die Welt von Bernadette. Denn obwohl das Buch nicht aus ihrer Perspektive geschrieben ist, war sie für mich die absolute Hauptperson in diesem Debüt von Maria Semple und gleichzeitig auch meine Lieblingsfigur. Alles dreht sich um Bernadette, die völlig überfordert ist mit sich selbst, ihrem Leben und ihrer Vergangenheit. Da es bis auf Bee keinen richtigen Erzähler in diesem Buch gibt, sondern die Handlung nur anhand von Notizzetteln oder Emails vorangetrieben wird, gibt es auch niemanden, der die Figuren beschreibt und charakterisiert. Das passiert indirekt bzw. muss man es als Leser selbst übernehmen und schafft sich dadurch sein ganz eigenes Bild von den Figuren.

Dabei ist das Buch rückblickend aufgebaut, denn zu Beginn des Buches weiß man direkt, dass Bernadette verschwunden ist. Wie es dazu kam und vor allem, wo Bernadette steckt, wird sich im Laufe des Buches bzw. erst ganz zum Schluss erklären. :wink: Dabei hat die Autorin Großes geleistet, denn dieses Debüt ist einfach nur genial und großartig konstruiert. Es ist faszinierend, wie wunderbar durchdacht die Handlung ist, wie wichtig selbst das kleinste Detail für die Auflösung des Buches ist und wie spannend dieser Roman doch tatsächlich auch ist. Denn obwohl er sich mit dem Alltag einer Familie beschäftigt, steckt doch so viel hinter diesem Buch. Und das fängt damit an, dass der Alltag von Bernadette, Elgie und Bee alles andere als normal ist. Elgie ist ein Workoholic, Bee ist ein enorm wissbegieriges Kind und Bernadette ist eine Einzelgängerin, die deswegen bei den Eltern der Schule, die Bee besucht, gar nicht gut ankommt. Denn Engagement der Eltern wird dort enorm hochgeschrieben. Und so nimmt alles seinen Lauf. Bis zu dem Punkt, an dem Bernadette einfach verschwindet.

Stellenweise liest sich “Wo steckst du, Bernadette?” wie eine Satire, denn es gibt viele Szenen, bei denen ich nur mit dem Kopf schütteln konnte und nicht wusste, ob ich lachen oder weinen soll. Die Autorin hat einen gewissen Hang zur Übertreibung. Doch außerhalb des Möglichen liegt es nicht, was Maria Semple in ihrem Debüt beschreibt. Gerade in Amerika kann ich mir vorstellen, dass es die Unikate dieses Buches auch als reale Personen gibt.

So genial ich die Konstruktion des Buches, seine Durchdachtheit und auch die Charaktere mochte, gab es für mich doch die eine oder andere Länge. Manche Emails waren mir einfach zu ausschweifend, manche Gutachten zu umfangreich. Dazu kommt, dass ich mir die Auflösung um Bernadettes Verschwinden doch spektakulärer vorgestellt hatte. Zwar ist das Ende total stimmig und passt auch perfekt zu den Charakteren, aber es war mir fast etwas zu einfach.

Davon abgesehen war das Lesen von “Wo steckst du, Bernadette?” ein ganz tolles Erlebnis. Ich habe zusammen mit den Charakteren viel erlebt und werde die Autorin Maria Semple auf jeden Fall im Auge behalten. Auf ihre weiteren Veröffentlichungen bin ich schon jetzt sehr gespannt.

Mein Fazit

“Wo steckst du, Bernadette?” war für mich ein ganz besonderes Buch mit einem ganz besonderen Aufbau, einer ganz besonders durchdachten Handlung und ganz einzigartigen Charakteren.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Ein unfassbares Buch!

Bis ans Ende der Geschichte
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Jodi Picoult gehört für mich schon lange zu meinen Lieblings-Autorinnen. Nie vergessen und immer wieder lesen werde ich "Bis ans Ende aller Tage", das mein absolutes Lieblingsbuch von ihr ist. Ich weiß ...

Jodi Picoult gehört für mich schon lange zu meinen Lieblings-Autorinnen. Nie vergessen und immer wieder lesen werde ich "Bis ans Ende aller Tage", das mein absolutes Lieblingsbuch von ihr ist. Ich weiß nicht mal, warum, aber irgendwie habe ich ihren neueren Werken nicht mehr viel Beachtung geschenkt. Vielleicht habe ich mich etwas an ihr überlesen, vielleicht stehe ich zur Zeit aber auch einfach auf Bücher anderer Genres. Nachdem ich in der letzten Zeit jedoch einige begeisterte Besprechungen zu "Bis ans Ende der Geschichte" gelesen habe und der Klappentext gut klang, kam ich an dem Buch nicht mehr vorbei und habe die letzten Tage damit verbracht, es zu lesen. Stellenweise kam ich dabei nur langsam voran, aber vor allem die letzten 150 Seiten habe ich förmlich inhaliert.

Es gibt in diesem Buch mehrere Erzählebenen, das heißt mehrere Zeitebenen sowie mehrere personelle Erzähler.

Wir lernen Sage kennen, die in der Gegenwart die weibliche Hauptperson und Ich-Erzählerin ist. Sage hat vor drei Jahren ihre Mutter bei einem Unfall verloren und besucht seitdem regelmäßig eine Trauergruppe. Sie geht den Menschen aus dem Weg, arbeitet als Bäckerin, weil sie nachts weniger Menschen begegnet als tags. Ihr Liebesleben spielt sich im Verborgenen ab, denn Sage hat eine Affäre mit einem verheirateten Mann. (Dieses Handlungsdetail ist für mich rückblickend überflüssig gewesen. Ja, es spiegelt Sages Drang danach wider, sich vor ihren Mitmenschen zu verstecken. Aber letztlich nimmt die Affäre im Vergleich zum Rest des Buches eine völlig unbedeutende Rolle ein. Warum also den Charakter noch mit so etwas belasten ... Zumal Adam, Sages Affäre, einfach nur ein lächerlicher Charakter war.)

Während des Besuchs der Trauergruppe lernt Sage den 96-jährigen Josef Weber kennen, der auch Kunde in ihrer Bäckerei ist. Herr Weber ist sehr beliebt im Ort, ist als freundlicher Herr bekannt, der immer Trinkgeld gibt, sein Brötchen immer mit seinem Dackel teilt und dem sogar von der Handelskammer der Preis als Guter Samariter verliehen wurde. Doch eines Tages bittet er Sage um einen unfassbaren Gefallen, dessen Auslöser so gar nicht in das Erscheinungsbild dieses beliebten Menschen passt.

Die Geschichte von Josef Weber wird rückblickend aus seiner Perspektive erzählt und bringt den Leser zurück in die dunkelste Zeit, die Deutschland wohl jemals erlebt hat. Wir werden Zeuge, wie Josef Weber zusammen mit seinem Bruder Franz in einem kleinen Ort in der Nähe von Paderborn aufwächst und schon als Schuljunge immer wieder in Prügeleien gerät. Ganz im Gegensatz dazu ist sein Bruder der brave Musterschüler, der von einem Studium der Literaturwissenschaft träumt. In der Hitlerjugend wird Josef Weber schnell das Vorbild aller Jungs, da er sportlich und stark und der perfekte Befehlsempfänger ist. So entfernt sich Josef charakterlich immer mehr von seinem Bruder und seine Karriere nimmt ihren Lauf, die ihn schließlich nach Auschwitz führt, wo er Ursache und Verantwortlicher für Leid, Elend und Tod wird.

Wir lernen Sages Großmutter Minka kennen, sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit, denn auch sie erzählt den Lesern ihre Geschichte. Und die ist erschütternd, beängstigend, grausam und so häufig gar nicht angenehm zu lesen. Denn sie führt ebenfalls nach Auschwitz.

Ein weiterer Charakter, dem wir in der Gegenwart begegnen, ist Leo Stein, der im US-Justizministerium arbeitet und sich auf das Aufspüren von Kriegsverbrechern des 2. Weltkrieges spezialisiert hat. Ich muss sagen, dass es mir teilweise schwerfiel, nachzuvollziehen, mit welchem Ehrgeiz und welcher Rechtfertigung er so verbissen seiner Arbeit nachgeht. Vor allem die Tatsache, dass er nach all den Jahren nur das Schlechteste von Josef Weber denkt, hat mich extrem nachdenklich gestimmt. Aber das ist auch eine der moralischen Problemstellungen, mit denen Jodi Picoult in diesem Buch arbeitet. Daher verstehe ich, dass Leo Stein seine Arbeit so verbissen rechtfertigt, denn es gibt auch andere Sichtweisen auf diese Thematik, was so typisch für Jodi Picoult ist und mir so gut gefällt.

Immer wieder eingestreut werden Kapitel, die in kursiver Schrift gedruckt sind. Hierzu möchte ich gar nicht viel sagen, weil es schwierig ist, sich dazu zu äußern, ohne zu viel vom Inhalt zu verraten. Letztendlich sind es aber wohl diese Kapitel, denen das Buch seinen Namen zu verdanken hat.

So viel zum Inhalt des Buches. Ich muss zugeben, dass ich nach dem Lesen des Klappentextes schon so eine Ahnung hatte, in welche Richtung das Buch gehen könnte. Ich hoffe, dass ich euch mit meiner zusätzlichen Inhaltsbeschreibung nicht zu viel verraten habe. Wobei die Details, die ihr meiner Rezension nun entnehmen könnten, wirklich nur an der Oberfläche kratzen. Also lest das Buch einfach selbst. Ich hoffe, dass es noch viele Leser findet, denn es gibt so viel Gesprächsstoff und ich würde mich total freuen, mich noch etwas detaillierter mit dem einen oder anderen Leser austauschen zu können.

"Bis ans Ende der Geschichte" ist kein fröhliches Buch. Auch nicht in den Szenen, die in der Gegenwart spielen. Stattdessen wird es überschattet von unfassbarer Grausamkeit, erschreckenden Szenen, Details, die ich am liebsten wieder vergessen würde. Und manchmal musste ich mich zum Weiterlesen zwingen. Und doch ist dieser Roman so gut, so unfassbar lesenswert. Nicht durchweg konnte Jodi Picoult mich fesseln. Gerade der kursiv geschriebene Teil des Buches hat für mich einige Längen beinhaltet, wobei ich zugegebenermaßen aber auch erst im Verlauf der Handlung dessen Wichtigkeit und Bedeutung erkannt habe. Aber es ist so faszinierend, was für eine Geschichte Jodi Picoult konstruiert hat, wie sich auf verschiedenste Arten und Weisen Kreise schließen und Verbindungen entstehen, mit denen man nicht gerechnet hat. Und das Ende hat mich dann einfach fassungslos, mit offenem Mund und kullernden Tränen zurückgelassen. Nie, nie, nie hätte ich mit diesem Ende gerechnet und ich glaube, ich habe es immer noch nicht ganz verdaut. Ich bin froh, dass Jodi Picoult nicht den einfachen Ausweg gewählt hat. Aber dass sie mich so treffen würde, damit hatte ich wirklich nicht gerechnet.

Die Autorin ist bekannt dafür, nicht nur die verschiedensten Sichtweisen auf bestimmte Thematiken, die durch ihre Charaktere repräsentiert werden, zu entwickeln, sondern auch gleichzeitig ihre Leser dazu zu bringen, selbst Position zu beziehen. Wobei ich sagen muss, dass es mir beim Lesen dieses Buches extrem schwergefallen ist, eine klare Position zu finden. Vielleicht habe ich das auch jetzt noch nicht. Vielleicht brauche ich einfach noch ein paar Tage, um diesen Roman zu verarbeiten.

Jodi Picoult hat für ihr neuestes Werk unfassbar gut und intensiv Recherche betrieben, was sie in ihrem Nachwort schildert und auch an einer Parallele zu Oskar Schindler zu erkennen war. Dadurch ist ihr ein unglaublich authentischer Roman gelungen, der Fakt und Fiktion vereint und ein Werk darstellt, bei dem sich nach dem Lesen nicht mehr die Frage stellt, ob denn noch ein Buch über die Zeit des Zweiten Weltkrieges wirklich notwendig gewesen ist.

Mein Fazit

"Bis ans Ende der Geschichte" ist ein erschreckender und beängstigender Roman, der dennoch so lesenswert ist und mich völlig sprachlos zurückgelassen hat.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Hat mich echt überrascht!

Das Feuerzeichen
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Wenn man "Das Feuerzeichen" auf seinen Kern zurückführt, ist es tatsächlich ein Roman über die besondere Beziehung von Geschwistern. Lediglich das Setting ist fantastisch und die Handlung drumherum düster, ...

Wenn man "Das Feuerzeichen" auf seinen Kern zurückführt, ist es tatsächlich ein Roman über die besondere Beziehung von Geschwistern. Lediglich das Setting ist fantastisch und die Handlung drumherum düster, stellenweise brutal. Aber was mich an diesem Buch am meisten fasziniert hat, war tatsächlich, wie Cass und ihr Zwillingsbruder Zach, aber auch andere Zwillingspaare, miteinander umgegangen sind.

Denn in der düsteren Zukunft, in der das Buch spielt, hängt das Leben der jeweiligen Zwillinge voneinander ab. Es werden immer ein Junge und ein Mädchen geboren. Und während eines der beiden Kinder als Alpha nahezu perfekt ist - gutaussehend, stark und gesund -, ist der andere Zwilling als Omega sein Schattenstück - mit fehlenden oder zusätzlichen Gliedmaßen. Aber auch jeder Alpha hat eine Schwachstelle. Denn nicht nur werden die Zwillinge zur selben Zeit geboren, sie sterben auch zur selben Zeit. Ihre Gesundheit betreffend sind die Zwillingspaare untrennbar miteinander verbunden, was sich auch nicht dadurch umgehen lässt, dass man die Omegas unmittelbar nach Sichtbarwerden ihrer Missbildung aus der Familie nimmt und in eine der Omega-Siedlungen schafft. Nicht immer zeigt sich die Fehlbildung direkt nach der Geburt. Es können auch einige Jahre vergehen, bis sich diese entwickelt. Aber es gibt auch Omegas, deren "Fehlbildung" nicht äußerlich zu erkennen ist.

Es hat mich stellenweise schier fassungslos und mit offenem Mund zurückgelassen, welche Gedanken den Charakteren durch den Kopf gehen, welche Fäden sie spinnen, wie weit sie um die Ecke denken, um dahinter zu kommen, wie sie ihrem Zwilling schaden können, ohne sich selbst zu schaden bzw. dabei und damit für ihre eigene Sicherheit zu garantieren. Dieses Debüt wurde so klug durchdacht und ich habe selten ein Buch gelesen, bei dem so viel im Hintergrund passiert, während die eigentliche Handlung doch eher ruhiger bleibt.

Denn tatsächlich umfasst die Handlung des Buches mehrere Jahre, in denen nicht mehr passiert, als dass Cass gefangen in einem Verlies sitzt. In dieser Zeit denkt Cass viel über ihre Vergangenheit nach und sie nimmt dabei den Leser mit in ihre Kindheit. Auch bei ihr und ihrem Zwilling Zach zeigte sich nicht direkt nach der Geburt, wer Alpha und wer Omega ist. Stattdessen gingen viele Jahre ins Land, in denen vor allem für Zach nicht klar war, auf welcher Seite er steht, während Cass schon längst wusste, wer von ihnen das "schwächere" Glied ist. Großartig beschreibt die Autorin, wie Cass sich darum bemüht, die düsteren Träume und Visionen, die sie vor allem nachts überfallen, zu verbergen. Wie Zach immer stärker darunter leidet, dass er nicht weiß, ob er wirklich zur Familie gehört oder diese bald verlassen muss. Die ersten Kapitel, in denen die Kindheit der Zwillinge beschrieben wird, waren sehr fesselnd und intensiv beschrieben und damit hat die Autorin mich direkt gepackt. Und gerade in diesen ersten Kapiteln wird deutlich, wieso dieses Buch tatsächlich ein Buch über Geschwister ist, denn so intensiv wird die Beziehung zwischen Cass und Zach deutlich und wirkt sich bis in die Gegenwart aus.

Eine Gegenwart, in der Cass nach Jahren der Gefangenschaft durch ihren Bruder endlich die Flucht gelingt. Und sie macht sich auf die Suche nach der Insel, die sie in ihren Träumen und Visionen vor sich sieht, auf der sich ein Widerstand zu organisieren scheint. Dabei ist sie nicht allein, denn auf ihrer Flucht trifft sie auf Kip, der eine völlige neue Wendung in die Handlung und das Verhalten der Alphas bringt.

Obwohl ich von "Flucht" spreche, wird das Buch nun ruhiger. So viel Zeit, wie sich Francesca Haig bislang genommen hat, um die Kindheit von Cass und Zach zu schildern, so viel Zeit nimmt sie sich nun, um die Handlungsumgebung die Handlung der Charaktere selbst zu beschreiben. Es gibt in diesem Buch viele Seiten, die mit Beschreibungen gefüllt sind, auf denen nicht gesprochen wird. Die Autorin schafft es auch selbst damit, ihre Leser komplett zu fesseln. Durch den angenehmen Schreibstil kommen dabei nur selten Längen auf. Und letztlich schreitet die Handlung natürlich dennoch voran und die Autorin baut Entwicklungen ein, die den Spannungsbogen aufrechthalten und den Leser überraschen.

Vor allem mit dem Ende hatte ich nicht gerechnet. Da hat die Autorin echt was rausgehauen, was mich total überrascht hat. Und obwohl das Buch nicht mit einem fiesen Cliffhanger endet, kann ich die Fortsetzung gar nicht mehr erwarten, auf die wir zum Glück gar nicht mehr so lange warten müssen.

Ein Buch wie "Das Feuerzeichen" habe ich noch nie gelesen. Es hat mich wirklich direkt von der ersten Seite an gepackt und mich mit seiner Handlung und seiner Tiefgründigkeit sofort fasziniert. Die Idee hinter dem Buch finde ich einzigartig, so etwas kannte ich bislang noch nicht, und das macht für mich den besonderen Reiz an diesem Buch aus. Dazu kommen die unfassbar tiefgründigen Charaktere und die Handlung, die so genial konstruiert und durchdacht ist. Ich kann "Das Feuerzeichen" nur empfehlen, wobei ich der Altersempfehlung des Verlags nicht ganz zustimmen kann. Für jüngere Leser, gerade ab 13 Jahren, halte ich das Buch noch nicht geeignet. Der Inhalt ist schon auf eine gewisse Art und Weise einfach krass und brutal und auch den Schreibstil empfinde ich als zu anspruchsvoll für jüngere Leser.


Mein Fazit

Francesca Haig hat mich mit ihrem Debüt vollkommen überrascht, ich war total begeistert von "Das Feuerzeichen" und freue mich schon riesig auf die Fortsetzung!

Veröffentlicht am 06.10.2019

Ein wahnsinnig mitreißendes Buch

Feuer & Flut
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Diese Rezension könnte eventuell den kleinen Nachteil haben, dass ich sie schreibe, nachdem ich auch schon Band 2 gelesen habe. Ich versuche natürlich dennoch, meine Bewertung von den Eindrücken zu Band ...

Diese Rezension könnte eventuell den kleinen Nachteil haben, dass ich sie schreibe, nachdem ich auch schon Band 2 gelesen habe. Ich versuche natürlich dennoch, meine Bewertung von den Eindrücken zu Band 2 zu trennen und natürlich nicht zu spoilern! "Feuer & Flut" habe ich bereits letztes Jahr in meinem Sommerurlaub gelesen und ich war damals (ok - so lange ist es jetzt noch nicht her ...) schon sehr beeindruckt von diesem Buch. In diesem Monat habe ich mich an einen Re-Read gemacht, bevor ich Band 2 gelesen habe, und war beim zweiten Lesen noch begeisterter.

Ich weiß nicht, wie ich darauf gekommen bin, aber vor dem ersten Lesen des Buches hatte ich erwartet, dass "Feuer & Flut" in einer dystopischen Welt viele, viele Jahre in der Zukunft spielen würde. Außerdem hatte ich mit einem viel größeren Fantasy-Anteil gerechnet. Ich war überrascht, dass das Buch doch in der Neuzeit spielt und dabei relativ bodenständig ist. Klar, die genetisch veränderten Tiere sind Dystopie genug, aber ich hatte mir den Handlungshintergrund drastischer vorgestellt.

Weil Tella, die weibliche Hauptperson, eine angenehme Ich-Erzählerin ist, die mich als Leserin schnell überzeugt hat mit ihrer schnippischen und frechen Art, habe ich total schnell in das Buch hineingefunden. Ich mochte ihren Sarkasmus und überhaupt ihre Art, mich mit ihrem Leben vertraut zu machen. Natürlich ist das Leben, das Tella führt, nicht gerade beneidenswert, und ich fand es großartig, wie Tella das deutlich macht, ohne auf die Tränendrüse zu drücken. Sie ist tough und das war für mich einfach nur bewundernswert. Es gab auch ein paar Seiten an ihr, die ich nicht mochte, zum Beispiel ihre Markenaffinität, die mich teilweise doch etwas genervt hat. Aber so ist Tella nun mal und es ist auch ganz interessant zu beobachten, wie sie manche negativen Eigenschaften im Laufe des Buches einfach ablegt.

Die Handlung nimmt recht schnell an Fahrt auf, Tella wird relativ schnell mit dem Brimstone Bleed konfrontiert und es dauert auch nicht lange, bis das Rennen startet. Vielleicht hätte ich mir noch etwas mehr Zeit gewünscht, um Tellas Familie und ihr Leben kennenzulernen. Andererseits schafft es die Autorin auch auf den wenigen Seiten, zu zeigen, wie sehr Tella ihre Familie liebt und wie viel Zuneigung innerhalb dieser Familie steckt, auch wenn das nicht immer öffentlich gezeigt wird. Und natürlich ist mir als Leser auch auf diesen wenigen Seiten bewusst geworden, wie scheiße es ist, dass Tellas Bruder so krank ist und niemand ein Heilmittel findet. Ich glaube, es wird schon deutlich, welche Motivation Tella hat, um am Brimstone Bleed, das einfach nur total abgefahren klingt, teilzunehmen.

Das Brimstone Bleed an und für sich war einfach nur krass! In diesem ersten Band müssen die Teilnehmer an diesem Wettrennen die ersten zwei von vier Stationen durchlaufen und überleben. Es gilt, sich durch den Dschungel zu schlagen und die Wüste zu durchqueren. Als Anhaltspunkt dienen den Teilnehmern blaue Flaggen, die ihnen den Weg zum Basislager - dem Ziel - zeigen. Die Aufgabe in den ersten beiden Etappen ist also gleich, nur die Umstände sind anders. Und es ist einfach erschreckend, zu beobachten, wie sich Menschen verhalten können, wenn sie ein so kostbares Ziel wie ein Heilmittel für ihren geliebten Menschen vor Augen haben. Das Buch ist stellenweise einfach sehr grausam. Sowohl auf physischer als auch auf psychischer Ebene fügen sich die Kandidaten Schmerzen zu und es gibt Wendungen, mit denen ich niemals im Leben gerechnet hätte. Doch zum Glück zeigt die Autorin auch, wie in solchen Extremsituationen Freundschaften entstehen und Menschen zusammenwachsen. Es hat unglaublich gut getan, wenn bei all der Schwierigkeit und der Härte dieses Wettkampfes doch Szenen zum Lachen zu lesen waren.

Es sind über 100 Teilnehmer, die am Brimstone Bleed teilnehmen, natürlich spielt nicht jeder von ihnen im Buch eine tragende Rolle. Dennoch waren es einige Figuren, die man als Leser näher kennenlernt. Teilweise war es für mich schwierig, sie mir genauer vorzustellen. Besonders was das Alter der Charaktere betrifft, hatte ich so meine Schwierigkeiten. Aber während des Lesens sind mir einige Figuren immer mehr ans Herz gewachsen und ich fand es toll, was Victoria Scott für eine Geschichte um diese Charaktere drumherum gesponnen hat.

Es gibt einen Grund, warum ich nicht gerne Bücher lese, in denen Tiere eine Rolle spielen. Ich bin in der Beziehung furchtbar nah am Wasser gebaut und beim Lesen von "Feuer & Flut" ist mir das nur noch einmal so richtig bewusst geworden. Ich kann es nicht ertragen, wenn Tiere Gefühle zeigen, wenn sie ihre Liebe zu ihrem Herrchen zeigen, wenn sie Trauer oder Angst zeigen, weil sie geschlagen oder gequält werden. Leider gab es in diesem Buch Szenen, die ich gar nicht gerne gelesen habe. Zum Glück weitet Victoria Scott diese nicht unnötig aus. Es ist eher meine Fantasie gewesen, die mir das Lesen schwer gemacht hat. Und letztlich sind es auch einfach die Tiere, die Pandoras, gewesen, die diesem Buch seinen ganz besonderen Reiz geben. Es ist unglaublich, welchen Ideenreichtum die Autorin an den Tag gelegt hat, um ganz besondere Tiere mit ganz besonderen Fähigkeiten zu erschaffen. Auch hier gibt es Figuren, die mir ganz besonders ans Herz gewachsen sind, mit denen ich mitgefiebert habe, über die ich gestaunt und gelacht habe, die mir das Herz schwer gemacht haben.

In diesem ersten Band wird bereits erklärt, was der Hintergrund des Brimstone Bleeds ist. So unspektakulär ich diesen Aufhänger doch fand, so krankhafter und abscheulicher ist er doch. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich der Altersempfehlung des Verlages unter anderem aufgrund dieses Aspekts anschließen kann. Für Leser ab 14 Jahren ist das Buch doch schon recht krass. Selbst mich als Erwachsene hat es stellenweise echt erschüttert und wahnsinnig berührt.

Der erste Band hat mich nach dem ersten Lesen mit großer Spannung und Vorfreude auf Band 2 zurückgelassen. Umso froher war ich beim Re-Read, dass ich direkt zur Fortsetzung greifen konnte.


Mein Fazit

Ich bin einfach überwältigt vom Ideenreichtum der Autorin, vom Tempo dieses Buches, von den Charakteren - den menschlichen und den tierischen -, die mir ans Herz gewachsen sind, die ich stellenweise aber auch einfach verabscheut habe. Victoria Scott hat ein wahnsinnig mitreißendes Buch geschrieben, das ich einfach nur als krass empfunden habe.