Profilbild von gaensebluemche

gaensebluemche

Lesejury Star
offline

gaensebluemche ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit gaensebluemche über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.10.2019

Konnte mich überzeugen

Zwischen zwei Fenstern
0

So ziemlich jedes Buch des Königskinder Verlags steht mittlerweile auf meiner Wunschliste, auch die Bücher aus dem neuen Frühjahrsprogramm sind dort schon vermerkt. Denn nachdem ich mit “Zwischen zwei ...

So ziemlich jedes Buch des Königskinder Verlags steht mittlerweile auf meiner Wunschliste, auch die Bücher aus dem neuen Frühjahrsprogramm sind dort schon vermerkt. Denn nachdem ich mit “Zwischen zwei Fenstern” mein erstes Buch dieses Verlags gelesen habe, weiß ich, dass sie alle wahre Schätze sein müssen und ich sie unbedingt lesen und in mein Regal stellen muss.

“Zwischen zwei Fenstern” war keine einfache, dafür aber eine außergewöhnliche Lektüre. Sprachlich hat mich Dianne Touchell total getroffen, aber ihre Erzählweise bzw. die Erzählweise der beiden Hauptcharaktere ist sehr anspruchsvoll. Schnörkellos berichten das Nachbarmädchen und der Nachbarjunge von ihrem Alltag, von ihrem verkorksten Leben, den Streitereien ihrer Eltern. Fast unbewusst malen sie dabei mit Worten Bilder und verstecken so viel zwischen den Zeilen. Man muss sich Zeit nehmen für dieses Büchlein. Es liest sich nicht mal eben schnell weg. Man muss sich einlassen auf die feinen Töne, die zarte Poesie. Man muss bewusst lesen, Wort für Wort, und sich auf den eindrucksstarken Stil einstellen.

So anspruchsvoll das Buch vom Erzählstil her ist, so anders als gewöhnlich ist sein Inhalt: “Zwischen zwei Fenstern” erzählt von zwei jungen Menschen, die auf der Flucht vor der Realität sind, die allein sind in ihren lauten Familien, die das echte Leben endlich spüren wollen, die sich lebendig fühlen wollen, die das ganze Buch hindurch kein Wort miteinander sprechen und doch zwischen zwei Fenstern so viel miteinander teilen.

Nur anhand der Kapitelaufmachung lässt sich erkennen, welcher der beiden Ich-Erzähler den Leser gerade an seinen Gedanken teilhaben lässt. Der Nachbarjunge leitet seine Erzählungen durch Zitate aus Büchern ein, während das Nachbarmädchen fünfsilbige Überschriften findet, die zu ihrem jeweiligen Erzählteil passen. Dabei ist das Nachbarmädchen eine wahnsinnig gute Zuhörerin. Sie hört die leisen Töne aus den Sätzen der Menschen heraus, erkennt den wahren Unterton. Der Nachbarjunge dagegen ist der perfekte Beobachter. Er liest die Körpersprache des Menschen und schaut dadurch hinter die Fassade. Er nimmt das Weinglas seiner Mutter war, das diese hinter den Vorhängen versteckt. Er beobachtet, wie sein Vater den Dackel auf die Mutter abrichtet. Er beobachtet seine Mitschülerinnen, mit denen er nicht viel anfangen kann. Und schließlich beobachtet er das Nachbarmädchen. Und er verliebt sich in sie. Ganz einfach, und ohne Zweifel. Es gibt in diesem Buch keine Schmetterlinge und keine rosaroten Wolken. Die Liebe zwischen den beiden Charakteren ist ganz einfach da, ist ganz selbstverständlich, steht unweigerlich einfach fest.

Die Figuren, die Dianne Touchell entwickelt hat, sind unglaublich komplex und tiefgründig. Es lässt sich so viel in diesem Buch interpretieren und durchleuchten. Obwohl es nur gut 250 Seiten hat, ist es doch so voller Inhalt. Es lässt sich kaum in Worte fassen, wovon dieses Buch erzählt. Das solltet ihr am besten selbst erlesen. Es ist ein ruhiges Buch, hier gibt es keine spannende oder actionreiche Handlung. Im Vordergrund stehen einzig und allein der Nachbarjunge und das Nachbarmädchen und ihre Gedanken und Geschichten, die sie zu erzählen haben. Nicht immer ist die Lektüre einfach, denn das Nachbarmädchen leidet an einer psychischen Erkrankung, die sie dazu bringt, sich die Haare auszureißen. Nicht einzeln. Sondern büschelweise. Diese Szenen haben mich sehr stark getroffen. Aber es gibt auch schöne Szenen, hoffnungsvolle Szenen.

Die Gestaltung des Buches ist einfach wundervoll und so ist “Zwischen zwei Fenstern” nicht nur inhaltlich, sondern auch äußerlich ein wahrer Schatz.

Mein Fazit

Dianne Touchells Debüt “Zwischen zwei Fenstern” ist nicht immer eine einfache Lektüre gewesen, konnte mich aber insgesamt begeistern und vor allem vom Königskinder Verlag überzeugen.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Hat mir gut gefallen

Elly Kaltbach
0

Auf “Elly Kaltbach” war ich sehr gespannt, denn ich hatte im Voraus bereits ein wenig Kontakt zu der Autorin und sie hat mich mit ihren Andeutungen zu diesem Debüt sehr neugierig gemacht. Besonders hat ...

Auf “Elly Kaltbach” war ich sehr gespannt, denn ich hatte im Voraus bereits ein wenig Kontakt zu der Autorin und sie hat mich mit ihren Andeutungen zu diesem Debüt sehr neugierig gemacht. Besonders hat es mich interessiert, wie sie Themen wie “Jenseitskontakt” oder “Sensitivität” eingebaut hat. Denn diese machen einen großen Teil des Inhalts aus.

Schnell ist mir während des Lesens klar geworden, dass dieses Debüt keines dieser Bücher ist, die man mal eben schnell nebenbei weglesen kann. “Elly Kaltbach” ist ein leicht philosophisch angehauchter Roman, der sich insbesondere mit der Frage nach dem Sinn des Lebens beschäftigt. Die Handlung kommt recht schnell auf den Punkt, denn den vier jungen Leuten, die seit Jahren von den Eheleuten Bling gefangengehalten werden, gelingt bereits auf den ersten 50 Seiten die Flucht aus ihrer Gefangenschaft. Dabei bleibt aber noch genügend Zeit, um den Alltag in Gefangenschaft zu beschreiben und die Einschränkungen und Ängste, die damit einhergehen, zu beschreiben. Sehr gut hat Susann Blum außerdem deutlich gemacht, was diese Flucht für die jungen Leute bedeutet: Sie fliehen aus einem Leben, das schwierig und entbehrungsreich für sie war, in eine Zukunft, von der sie nicht wissen, was sie ihnen bringen wird. Dementsprechend authentisch ist es dann auch, dass im Gegensatz zu Elly, die völlig euphorisch beim Gedanken an die Flucht wird, die anderen Charaktere Zweifel haben, sogar Angst haben vor dem, was sie “draußen” erwarten wird. Diese Unsicherheit wurde klasse von der Autorin herausgearbeitet und durch die unterschiedliche Denkweise der Charaktere beleuchtet sie diese Gefühle von verschiedenen Seiten. Das fand ich richtig toll.

Neben den philosophischen Aspekten ist das Buch auch spirituell angehaucht. Elly sieht immer wieder eine Erscheinung, die mit ihr zu kommunizieren versucht. Es ist interessant und spannend, wie es Susann Blum schafft, ihre Leser dazu zu bringen, die Gedankenexperimente von ihrer weiblichen Hauptfigur durchspielen zu lassen und dabei zu eigenen Erkenntnissen zu gelangen, die auch für das eigene Leben von Bedeutung sein könnten. Ich möchte nicht sagen, dass dieses Buch meine Sicht auf die Welt komplett verändert hat, aber es hat Saiten in mir zum Klingen gebracht und es hat Spaß gemacht, den philosophischen Fragen von Elly und ihren Antworten darauf zu lauschen und diese mit meinen eigenen Ansichten zu vergleichen. Susann Blum präsentiert ihren Lesern dabei nicht DIE Wahrheit oder DIE Antwort, sondern zeigt eine Möglichkeit von vielen auf. Es sind die “großen” Fragen des Lebens, mit denen sich vor allem Elly beschäftigt, aber ich fand das durchaus plausibel, denn nun – in Freiheit – hat Elly erst die Möglichkeit, sich über solche Dinge Gedanken zu machen. Vorher war ihr Leben ganz anders organisiert. Dementsprechend fand ich es passend, dass sie nach dem Sinn des Lebens sucht, sich fragt, was sie mit ihrer Freiheit anstellen wird, nach Zufällen oder dem Schicksal fragt.

Aufgrund dieser Hauptthemen ist “Elly Kaltbach” ein sehr gefühlvolles Buch. Nicht nur positive Gefühle, sondern auch negative Empfindungen treten dabei ans Tageslicht. Diese Emotionen waren ebenfalls sehr nachvollziehbar und spürbar dargestellt und haben sich dadurch direkt auf mich als Leserin übertragen. Ich war zusammen mit Elly und den anderen nachdenklich, euphorisch, ängstlich, traurig, nervös und aufgeregt.

Obwohl der Teil der Handlung, der sich mit der Gefangenschaft der jungen Menschen an und für sich beschäftigt, nur recht kurz im Vergleich zum Rest des Buches ist, war dieser Teil doch natürlich prägend für die Charaktere, sodass auf dieses Thema immer wieder zurückgegriffen wird. Und natürlich stellt man sich dabei als Leser die Fragen, wie Elly und die anderen überhaupt bei den Blings gelandet sind, was der Grund für die Gefangenschaft war, was mit den Familien der Hauptfiguren ist. Mir hat es gut gefallen, wie Susann Blum ihren Lesern Stück für Stück die Antworten darauf liefert. An passenden Stellen werden immer wieder Informationen eingestreut und so ergibt sich nach und nach ein Gesamtbild, das ich stimmig und gut konstruiert fand. Und ich war doch sehr froh, dass das Buch sich gerade im Hinblick auf die Gefangenschaft zum größten Teil auf Andeutungen beschränkt. Man liest schon heraus, dass den jungen Menschen Schlimmes bei den Blings widerfahren ist, aber hier gibt die Autorin wirklich nur das nötigste an Details preis und dafür bin ich ihr sehr dankbar. Denn ich hatte befürchtet, dass es zu umfangreiche Beschreibungen von schlimmen Szenen geben würde, aber das ist nicht der Fall.

Die Charaktere waren recht interessant gestaltet, wobei ich sagen muss, dass ich zu Elly und zu Freya den intensivsten Kontakt aufbauen konnte. Die beiden Mädchen waren mir sehr sympathisch. Zu den männlichen Figuren habe ich dagegen keine richtige Beziehung entwickeln können. Sie blieben mir leider größtenteils sehr fremd und distanziert. Auch sie haben ihre Geschichte und ihre Beweggründe, aber die Chemie zwischen ihnen und mir hat irgendwie nicht gepasst.

Stellenweise war mir der Erzählstil von Susann Blum zu detailliert bzw. abschweifend. Es gibt einige Momente, in denen die Handlung nicht vorankommt und sich die Charaktere ein wenig im Kreis drehen. Das sind hauptsächlich natürlich die Szenen, in denen Elly ihre Gedankenexperimente durchdenkt und über das Leben philosophiert und eigentlich mochte ich diese Szenen auch ganz gerne. Aber auf das gesamte Buch gesehen war es mir dann doch etwas zu viel. Zum Glück hat Susann Blum es aber geschafft, regelmäßig Wendungen in das Buch einzubauen, die für Spannung sorgen. Dadurch kommt die Handlung wieder etwas in Schwung und als Leser fühlt man sich gleich aufgeweckt.

Die Autorin ist Schweizerin und daher finden sich in diesem Buch einige Ausdrücke, Worte und Redewendungen, die mir nicht geläufig waren und über die ich stellenweise beim Lesen gestolpert bin. Daran möchte ich auf keinen Fall Kritik üben, ich möchte es aber auch nicht unerwähnt lassen. Das Buch wirkt dadurch authentisch, wobei mir aber auch sehr häufig aufgefallen ist, dass Susann Blum anstelle eines “ß” ein “ss” schreibt, zum Beispiel bei “Füsse” = “Füße”. Das macht das Lesen teilweise umständlich, aber wie gesagt: Punktabzug gibt es dafür von mir nicht.

Mein Fazit

Mit “Elly Kaltbach” ist Susann Blum ein philisophisch und spirituell angehauchtes Buch gelungen, das den Spagat zwischen ruhigen und spannenden Szenen fast komplett schafft und mir dadurch sehr gut gefallen hat.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Abschreckend und faszinierend zugleich

Wir wollten nichts. Wir wollten alles.
0

Puh, es war echt nicht immer einfach, dieses Buch zu lesen. Und vor allem war es echt nicht immer schön, dieses Buch zu lesen. Dabei war das fast zu erwarten, nach dem Klappentext und vor allem dem Trailer ...

Puh, es war echt nicht immer einfach, dieses Buch zu lesen. Und vor allem war es echt nicht immer schön, dieses Buch zu lesen. Dabei war das fast zu erwarten, nach dem Klappentext und vor allem dem Trailer zum Buch. Dabei ist es hauptsächlich die eigene Fantasie, die diese abschreckenden, fast ekligen Bilder in meinem Kopf zu verantworten hat, und weniger der Erzählstil der beiden Autoren. Doch es ließ sich einfach nicht vermeiden, stellenweise angewidert die Mundwinkel zu verziehen oder das Buch schnell zu zu klappen und zur Seite zu legen. Denn “Wir wollten nichts, wir wollten alles” ist kein schönes Buch, sondern es ist erschreckend, abstoßend, beängstigend. Ich weiß nicht, ob ich bislang schon jemals ein Buch gelesen habe, das mich stellenweise so angewidert hat.

Und doch hat es mich auf eine gewisse Art und Weise auch fasziniert und gefesselt, denn der Aufbau des Buches ist genial: Alles beginnt mit den beiden Leichen, die mit Handschellen aneinander gekettet im See gefunden werden. Rückblickend wird dann erzählt, wie Liam und Louise sich kennen und lieben gelernt haben, bis auf einmal alles ganz anders kam als geplant und es am Ende nur noch einen Ausweg gab.

Dabei springt das Buch regelmäßig zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her. In der Vergangenheit verfolgen wir, wie sich die beiden jungen Menschen zufällig treffen, wie sie mehr und mehr Zeit miteinander verbringen und sich wahnsinnig ineinander verlieben, wie sich dann aber Liam mehr und mehr verändert, wie Drogen ins Spiel kommen und die falschen Freunde zu viel falschen Einfluss auf ihn haben. In der Gegenwart erleben wir, wie die Eltern von Liam und Louise mit dem Tod ihrer Kinder umgehen. Wie sie den Halt verlieren, nicht mit den Geschehnissen klarkommen, sie nicht wahrhaben wollen. Und wie vor allem Louises Vater alles daran setzt, die Wahrheit zu erfahren. Und dabei abtaucht in eine andere Welt, in der andere Regeln gelten.

Auf dem Schutzumschlag findet sich ein Zitat, in dem dieses Buch mit John Greens “Das Schicksal ist ein mieser Verräter” verglichen wird. Ich selbst finde ehrlich gesagt nur wenige Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden Büchern. Ja, beide Bücher erzählen von der großen Liebe. Und ja, beide Bücher sind dramatisch. Aber während “Das Schicksal ist ein mieser Verräter” trotz all seiner Ernsthaftigkeit noch humorvoll geschrieben ist und so viele Szenen enthält, die auf eine schöne Art und Weise zu Herzen gehen, ist “Wir wollten nichts, wir wollten alles” dagegen durch und durch düster. Es gibt in diesem Buch auch liebevolle Szenen zwischen den Charakteren, gerade auf den ersten Seiten. Aber aufgrund der Tatsache, dass man von Anfang an weiß, wie ihre Beziehung endet, kann man sich einfach nicht wirklich mit den beiden freuen.

“Wir wollten nichts, wir wollten alles” ist ein schonungsloses Buch. Und daher finde ich die Altersempfehlung des Verlags total richtig. Es geht um Sex, um Drogen, um Gewalt. Vieles spielt sich dabei im Kopf des Lesers ab und wird von den Autoren nur angedeutet, aber das reicht schon, um das Buch an manchen Stellen am liebsten zur Seite legen zu wollen.

Ja, das Buch ist gut durchdacht. Und ja, es ist gut und fesselnd geschrieben. Aber dennoch hatte ich einfach keinen Spaß beim Lesen. Das Buch ist so düster, so unheimlich und beängstigend. Und doch muss ich den Hut ziehen vor den beiden Autoren, die einfach ein unglaubliches Buch geschrieben haben.

Auch wenn ich persönlich keine Probleme damit hatte, möchte ich den folgenden Punkt nicht unerwähnt lassen, da er eventuell für andere Leser schwierig sein könnte: Liams Vater ist Ire und redet fast nur Englisch. Es sind alles verständliche Sätze, denke ich. Aber ich möchte es trotzdem nicht unerwähnt lassen, da es manche vielleicht stören könnte, wenn plötzlich Englisch gesprochen wird in einem deutschen Buch.

Mein Fazit

Dieses Buch ist unheimlich und gruselig und abstoßend. Und doch irgendwie faszinierend.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Hat mir gut gefallen!

Secrets - Ich fühle
0

Der Klappentext mag euch vielleicht an Bücher mit ähnlichem Inhalt erinnern, und auch inhaltlich lassen sich durchaus Ähnlichkeiten dieses Buches zu anderen Dystopien finden: Ein schrecklicher Atomkrieg ...

Der Klappentext mag euch vielleicht an Bücher mit ähnlichem Inhalt erinnern, und auch inhaltlich lassen sich durchaus Ähnlichkeiten dieses Buches zu anderen Dystopien finden: Ein schrecklicher Atomkrieg hat die Erdoberfläche zerstört und verseucht, weshalb die wenigen Überlebenden ein Leben unter der Erde führen müssen. Gegen die Regierung, die jegliche Individualität zu unterdrücken versucht, baut sich ein Widerstand auf ...

Das hat man alles irgendwie irgendwo schon mal gelesen, und doch ist "Secrets. Ich fühle" gar kein Roman, den ich mit anderen Dystopien vergleichen möchte. Wenn man will, findet man immer Ähnlichkeiten, aber dieses Debüt von Heather Anastasiu konnte mich dennoch total mit der weiblichen Hauptperson, die als Ich-Erzählerin auftritt, den weiteren Charakteren und nicht zuletzt der Handlung überzeugen. Wer also befürchtet, nur einen Abklatsch von schon früher veröffentlichten Büchern zu lesen, den kann ich beruhigen: "Secrets. Ich fühle" ist trotz oder gerade wegen der Grundidee einzigartig.

Den Einstieg in das Buch emfpand ich als etwas mühsam. Auf den ersten 50 Seiten wird der Leser durch die Ich-Erzählerin in die Handlungswelt eingeführt, wodurch man viele Informationen geliefert bekommt, die sich in einem einzigen Monolog von Zoe ausbreiten. Es gibt auf diesen ersten Seiten kaum Gespräche mit anderen Charakteren, was das Leseerlebnis etwas einseitig macht. Zwar ist Zoe eine sehr talentierte Erzählerin, die es versteht, ihre Leser an ihre Lippen zu fesseln, aber es war doch stellenweise mühsam, ihr die nötige Aufmerksamkeit zu widmen, um alle Informationen aufzunehmen und sich daraus den Handlungshintergrund zu basteln.

Später gibt es dann umso ausschweiferendere Dialoge, die die Eintönigkeit der ersten Seiten wettmachen. Dennoch gab es für mich immer wieder Längen, da die Autorin dazu neigt, die Umgebung und auch die Handlungen der Charaktere sehr ausführlich und Schritt für Schritt zu beschreiben. Das waren mir stellenweise einfach zu viele und auch überflüssige Details, die zwar ein umfassendes Gesamtbild ergeben haben, aber letztlich nichts zur Handlung beigesteuert haben.

Zoe war ein sehr authentischer Charakter, den ich von Anfang an in mein Herz geschlossen habe. Besonders nachvollziehbar war für mich, in was für einem Zwiespalt sie sich befindet: Auf der einen Seite ist sie total in die Gemeinschaft unter der Erde integriert, akzeptiert, dass Ordnung an oberster Stelle steht und ebenso wie die Gemeinschaft die Pflicht aller Menschen ist, was sie dazu bringen müsste, sich selbst anzuzeigen, da sie nicht mehr der Ordnung entspricht. Auf der anderen Seite genießt sie es aber so sehr, Farben und Gerüche wahrzunehmen und Emotionen zu spüren. Das war für mich der bewegendste Teil in diesem Buch, wenn Zoe zum Beispiel zum ersten Mal Schokolade isst, nur um gleich darauf wieder daran erinnert zu werden, dass sie "anormal" ist und nicht den Grundsätzen der Gemeinschaft entspricht.

So richtig in Fahrt kommt die Handlung, als Zoe auf weitere "Anormale" trifft, bei denen wie bei ihr von Zeit zu Zeit Störungen auftreten, sodass sie Gefühle empfinden können. Die Handlung war stellenweise so spannend, dass ich das Buch gar nicht zur Seite legen konnte. Es gibt so viele Wendungen, die mich überrascht haben, so viele Fragen, die sich mir beim Lesen gestellt haben. Ebenso wie Zoe weiß man als Leser auch nie so recht, wie man sich am besten verhält, wem man trauen kann und wem nicht. Das Buch war einfach enorm spannend. Nicht zuletzt auch wegen der Nebenfiguren, die allesamt so toll und einzigartig gezeichnet waren, dass sie dem Buch noch mehr Leben eingehaucht haben.

Es gibt in diesem Buch eine Dreiecks-Beziehung, die sich aber dadurch von den "üblichen" Dreiecks-Beziehungen unterscheidet, dass Zoe zwar zwischen zwei Männern steht, aber nur einen von ihnen will. Der andere ist total vernarrt in Zoe, sie erwidert seine Gefühle aber nicht. Dadurch bekommt das Buch noch eine ganz andere Wendung, die mir gut gefallen hat.

Am Ende gibt es dann die große Auflösung, die alle Fragen beantwortet und zeigt, wie genial dieses Buch konstruiert ist. "Secrets. Ich fühle" endet zum Glück nicht mit einem fiesen Cliffhanger, macht aber deutlich, dass es eine Fortsetzung geben wird. Soweit ich weiß, ist diese Reihe als Trilogie angelegt. Über eine Übersetzung des zweiten Teils weiß ich momentan aber noch nichts.

Falls ihr euch so wie ich während des Lesens über den Namen der weiblichen Hauptperson wundern solltet, der zunächst nicht mit dem Namen im Klappentext übereinstimmt, so kann ich euch beruhigen, dass sich das im Verlauf des Buches klärt. Ich war hier am Anfang auch sehr verwirrt und dachte, es läge ein Druckfehler vor. Aber wie gesagt - es gibt hierfür eine Erklärung.

Mein Fazit

Ich hätte nicht gedacht, dass mir dieses Buch so gut gefallen würde, aber Heather Anastasiu hat mich total überrascht und, von einigen Längen abgesehen, auch enorm begeistert. Ich hoffe, dass es eine deutsche Übersetzung der beiden weiteren Teile geben wird.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Ich liebe die Bücher der Autorin einfach!

Auf eine wie dich habe ich lange gewartet
0

Dass ich großer Fan von Patrycja Spychalski bin, wisst ihr wahrscheinlich alle schon längst. Und dass ich ihre Bücher kaufe und lese, ohne mich vorher näher mit ihrem Inhalt zu befassen, ist auch einfach ...

Dass ich großer Fan von Patrycja Spychalski bin, wisst ihr wahrscheinlich alle schon längst. Und dass ich ihre Bücher kaufe und lese, ohne mich vorher näher mit ihrem Inhalt zu befassen, ist auch einfach mal Fakt. Denn ich mag den Schreibstil der Autorin so gerne, auch wenn ich nicht mal richtig in Worte fassen kann, was das Besondere an ihm ist. Aber sie schafft es einfach, mich schon mit der ersten Seite gefangen zu nehmen und mich alles um mich herum vergessen zu lassen. Ich versinke regelrecht in ihren Büchern und tauche erst wieder auf, wenn die letzte Seite gelesen ist. Denn meist verschlinge ich ihre Bücher am Stück. Sie sind ja alle auch einfach viel zu dünn.

Mit ihrem neuesten Buch "Auf eine wie dich habe ich lange gewartet" ging es mir ebenfalls so wie mit allen ihren anderen Büchern: Ich habe mich sofort wohlgefühlt, habe mich fallengelassen, habe das Lesen einfach genossen. Ganz klar: Wo Patrycja Spychalski drauf steht, ist auch Patrycja Spychalski drin. Ich würde fast wagen, zu behaupten, dass ich ihre Bücher blind erkennen würde. Es ist der lebendige und jugendliche Schreibstil mit seinem ganz eigenen Charme, wenn sie Worte wie "piefig" benutzt, der ihre Bücher ausmacht.

Obwohl es zugegeben Bücher von Patrycja Spychalski gibt, die mich mehr mitgerissen, mehr bewegt haben. Bei ihrem neuesten Werk hat mir dann doch irgendwie etwas gefehlt. Ich mochte die Handlung, die sich ganz unschuldig mit den Themen Sexualität und Homosexualität befasst, und ich mochte natürlich auch den Erzählstil der Autorin. Aber doch kann ich für dieses Buch nicht die volle Punktzahl vergeben. Und ich befürchte, dass daran Irina schuld ist, mit deren Art ich nicht klarkam. Irina ist ganz eigen, aber in meinen Augen auch sehr schwierig. Sie ist besitzergreifend und rechthaberisch. Ich wurde mit ihr einfach nicht warm. Alle anderen Charaktere, vor allem Laura und Enzo, fand ich ganz toll gezeichnet. Sich in Enzo zu verknallen, fällt überhaupt nicht schwer. Er ist sehr fürsorglich und einfach lieb. Und Laura war als Ich-Erzählerin einfach sofort in meinem Herzen. Aber Irina hat es mir sehr schwergemacht, sie zu mögen. Und leider fiel es mir dadurch auch schwer, mich auf Patrycja Spychalskis Auseinandersetzung mit dem Thema Homosexualität einzulassen, weil ich das, was zwischen Laura und Irina passiert, nicht mit vollem Herzen unterstützen konnte, weil mir Irina so unsympathisch war. Während mir Lauras Gefühle Enzo gegenüber total nachvollziehbar waren, fiel es mir sehr schwer, mich zusammen mit Laura in Irina zu verknallen. Und das hat mir leider einen Teil des Lesevergnügens genommen.

Aber auch in diesem Buch gibt es Szenen, die mir im Kopf bleiben werden. Wie Laura sich übermütig einen Hügel runterkullern lässt, wie sie bei Enzo auf dem Gepäckträger mitfährt. Was jetzt, so aus dem Zusammenhang gerissen, vielleicht banal klingt, hat mir während des Lesens ein breites Grinsen ins Gesicht gezaubert und für mich das dargestellt, was Patrycja Spychalskis Bücher für mich so besonders macht. Sie sind einfach Wohlfühl-Bücher, die mich jünger werden lassen und mich zurück in meine Jugend versetzen.

Richtig gut gefallen hat mir, dass nicht nur die Probleme der jugendlichen Charaktere thematisiert werden, sondern auch die der Erwachsenen. Das war für mich recht neu. Ich habe das Gefühl, dass die Erwachsenen eine so große Rolle noch nie in den Büchern von Patrycja Spychalski gespielt haben. Aber hier wird auch angesprochen, wie es den Eltern von Laura geht, besonders ihrer Mutter, die noch so viel vorhat im Leben, aber immer wieder alles aufschiebt. Dieser Bereich spielt zwar eine verschwindend geringe Rolle in dem Buch, aber ich finde es trotzdem schön, dass der Blick der Autorin nicht auf die jugendlichen Charaktere beschränkt bleibt.

Besonders toll finde ich, dass das Ende des Buches und vor allem der letzte Satz völlig wertungsfrei ist. Es gibt eben kein "besser" oder "schlechter", kein "richtig" oder "falsch". Und ich finde es großartig, wie Patrycja Spychalski es schafft, dies mit einem einzigen - dem letzten - Satz des Buches deutlich zu machen. Denn "letztendlich ist es ein Mensch, in die man sich verliebt" (S. 311).

Mein Fazit

"Auf eine wie dich habe ich lange gewartet" ist ein tolles (Sommer-)Wohlfühl-Buch, dessen Lektüre ich sehr genossen habe, auch wenn es aufgrund Irinas schwierigen Charakters nicht mein Lieblingsbuch von Patrycja Spychalski ist.