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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.10.2019

Ein großartiges Buch, nicht nur für Kinder

Abenteuer zwischen Nordeifel und Aachen - Lilly und Nikolas auf der Suche nach dem schwarzen Gold
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Biber & Butzemann ist ein Kinderbuchverlag. Er zeichnet sich aus und gegen die Konkurrenz ab, da er wunderschöne und hochwertige Titel anbietet. Eines davon las ich und es heißt Abenteuer zwischen Nordeifel ...

Biber & Butzemann ist ein Kinderbuchverlag. Er zeichnet sich aus und gegen die Konkurrenz ab, da er wunderschöne und hochwertige Titel anbietet. Eines davon las ich und es heißt Abenteuer zwischen Nordeifel und Aachen. Geschrieben wurde es von Miriam Schaps geschrieben. Ihr Anliegen ist es, dass möglichst viele Kinder ans Lesen herangeführt werden und dieses Vorhaben spürte ich beim Lesen des Buches. So viel Liebe zum Detail, die bildhafte Sprache und die Spannung in der Geschichte, das macht dieses Buch aus. Und nicht vergessen darf ich, die Illustratorin Sabrina Pohle zu erwähnen. Die Bilder sind so schön, dass ich sie gerne als gerahmtes Bild an die Wand hängen würde.

Worum geht es in dem Buch? Zwei Kinder, Geschwister, verleben ihre Ferien in der Nordeifel. Sie wohnen auf einem Bauernhof und von hier aus unternehmen sie Ausflüge mit der Familie. Es geht zur Schiffstour auf dem Rursee, einem Abstecher ins Hohe Venn und dem Aufenthalt in Aachen. Der Dom, die leckeren Printen und der sagenhafte Brunnen, alles weiß Miriam Schaps bildhaft zu beschreiben.

Die Kapitel sind mit Überschriften versehen und der Druck wurde in großen Buchstaben durchgeführt. Das veranlasste wohl auch unseren Enkel, der eigentlich ein Lesemuffel ist, zu verschlingen. Ich glaube, es ist das erste Buch welches er las und auch nacherzählen konnte. Solch ein hochwertiges Kinderbuch ist ideal als Geschenk für Kinder und Enkel aber auch als Schmuck im eigenen Regal.

Veröffentlicht am 15.10.2019

Nazis auf die Couch?

Woher kommt der Hass?
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Dieses Sachbuch habe ich verschlungen. Eigentlich wollte ich nur kurz mal rein lesen und konnte es kaum weglegen. Warum? Es unterscheidet sich wohltuend von ähnlichen Werken. Hier gibt es keine wissenschaftlichen ...

Dieses Sachbuch habe ich verschlungen. Eigentlich wollte ich nur kurz mal rein lesen und konnte es kaum weglegen. Warum? Es unterscheidet sich wohltuend von ähnlichen Werken. Hier gibt es keine wissenschaftlichen Facharbeiten, Tabellen oder Aneinanderreihung von Fremdwörtern.

Das Buch ist in mehrere Kapitel und nach jedem Kapitel gibt es eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte. Danach folgt noch eine klare und einfach zu verstehende Erklärung der psychologischen Hintergründe. Viele Punkte, die in dem Buch angesprochen werden, unterstreiche ich. So habe ich zum Beispiel als junger Mensch auch aus dem Bauch heraus gewählt. Also nicht das Programm gelesen sondern dem besten Redner der Partei meine Stimme gegeben. So machen es immer noch viele Wähler und das ist mit ein Grund, warum Rechtspopulisten so viele Anhänger haben. Auch die Montagsaufmärsche in Dresden sowie andere Veranstaltungen von Rechten nehmen zu. Fragt man die Teilnehmer warum sie mitmachen, gibt es nur selten konkrete Gründe. Auch das Alter spielt keine Rolle. „Man geht halt mit, weil man nichts zu tun hat. Und das eigene Feindbild passt zu den Aussagen der Redner.“

Begriffe wie Emotions- und Egoinkontinenz kannte ich nicht, leuchteten mir jedoch ein. Und ja, ich erkannte mich aus selbst als die Rede auf latentes Rechtes Gedankengut kam. Jedoch kann ich es nähren oder dagegen angehen und das ist dann der Unterschied zu jenen, die sich in der Szene radikalisieren. Viele Meinungen sind nicht die eigenen. Es sind Aussagen von Rechtspopulisten und diese wiederum verstehen sehr gut, wie sie die Massen für sich gewinnen. Täglich wird nach Verbrechen durch Flüchtlinge oder andere Minderheiten gesucht und gepostet. Alle Anhänger liken und teilen die Beiträge und selbst Unbeteiligte können auf die Idee kommen, dass die Zahl der Verbrechen rapide gestiegen ist. Es wird auch nicht hinterfragt, ob es Fakenews sind oder die Quellen eingefordert. Wer das möchte, wird sofort mundtot gemacht.

Auch praktische Tipps, die jeder von uns im Alltag anwenden kann, gibt es am Ende des Buches. Dazu gehören auch Kommunikationsstrategien. Aber bitte, niemand muss sich mit den extremen Rechten auseinandersetzen. Es geht dabei um Gespräche im Familien oder Freundeskreis und nicht um Kommentare auf FB. Danach gibt es Seiten auf denen die wichtigsten Fachbegriffe des Buches erklärt werden und danach folgt dann noch eine Liste der hier erwähnten Literatur. Mir gefiel Woher kommt der Hass, weil die Autorin viele Seiten beleuchtet. Sie bleibt nicht bei dem Thema Erziehung oder „Geprügelte Generation“ stehen.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Tiere kennen keine Falschheit oder missbrauchen das Vertrauen

Die Eulenflüsterin
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„In Gegenwart der Tiere spielen weder Furcht noch mangelndes Selbstbewusstsein eine Rolle. Sie nehmen mich so, wie ich bin. Tiere messen uns nicht an Äußerlichkeiten, sie spüren, was in uns steckt.“ (Zitat ...

„In Gegenwart der Tiere spielen weder Furcht noch mangelndes Selbstbewusstsein eine Rolle. Sie nehmen mich so, wie ich bin. Tiere messen uns nicht an Äußerlichkeiten, sie spüren, was in uns steckt.“ (Zitat aus dem Buch Die Eulenflüsterin)



Tanja Brand, die Autorin des Buches Die Eulenflüsterin, war ein „ungewolltes“ Kind. Schon im Mutterleib kam ihr nur Widerwillen und Ärger der Mutter entgegen. Später dann merkte sie, dass sie lediglich geduldet und keineswegs geliebt war. Das betraf sowohl Vater als auch Mutter. Eine treue Seele hatte sie aber doch, das war ihre Großmutter. Bei ihr verbrachte sie viel Zeit und die zeigte ihr auch, dass sie ein liebenswerter Mensch ist. Der Oma offenbarte Tanja auch ihren großen Traum: Sie wollte Schriftstellerin werden. Dass sie damit so erfolgreich sein würde, das hätte sie wohl selbst nie gedacht.

Ein Familienleben mit Vater und Mutter kannte Frau Brand nicht. Nur bei ihren Freundinnen bekam sie eine Ahnung davon und wie sehr ein Kind leidet, das können nur die nachvollziehen, die ähnliches erlebten. Neben der Großmutter fühlte Tanja Brand sich sehr früh auch zu Tieren hingezogen. Das Leben mit ihnen prägte und prägt sie bis heute. Bei ihnen fühlt sie sich geborgen und weiß, dass sie nie enttäuscht wird. Ihre Ausflüge mit Ingo, dem Schäferhund oder Phönix, dem Wüstenbussard genießt sie und beschreibt das sehr bildhaft in ihrem Buch.

Das Buch war ein Highlight meines Lesejahres 2019. Der Grund dafür liegt in der Offenheit der Autorin sowie ihrem Gefühl für ihre „Mittiere“, wobei sie mit Menschen noch immer ihre Probleme hat. Mit Tieren nicht, oder nur sehr selten. Es ist spannend nachzulesen, wie sie sich mit Hilfe der Tiere zu dem entwickelte, was sie heute ist. Eine erfolgreiche Autorin und eine Frau, die ihren Weg gefunden hat. Trotz vieler Rückschläge ließ sie den Mut nicht sinken und lebt heute mit ihren Eulen und anderen gefiederten Mitbewohnern zusammen. Und sie ist nicht „nur“ Autorin, sondern ebenfalls eine sehr gute Tierfotografin. Einige ihrer Fotos sind im Buch abgebildet und ich war, und bin es immer noch, beeindruckt. Die Bilder in „Die Eulenflüsterin“ sind einzigartig und von einer Schönheit und Ruhe geprägt, die ihresgleichen sucht.

Ein Buch, nicht nur für Tierfreunde. Es ist auch ein „Mutbuch“ für Menschen mit ähnlichen Traumen, wie die von Tanja Brand.

Und noch ein Zitat aus diesem wertvollen Buch: „Tiere kennen keine Falschheit, sie ziehen nicht hinter deinem Rücken über dich her oder missbrauchen dein Vertrauen.“ Das Cover gefällt mir ebenfalls ausgesprochen gut. Wer kann schon von sich behaupten, dass Eulen ihm freundschaftlich entgegen“treten“?

Veröffentlicht am 11.10.2019

Geschichte zum "Anfassen"

Vespasian: Das Blut des Bruders
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Auch der 5. Band dieser Reihe zog mich in seinen Bann. Hier beschreibt Robert Fabbri sehr genau, wie die Römer in Britannien einfielen und die dort lebenden Druiden sich ihnen entgegen stellten. Sabinus, ...

Auch der 5. Band dieser Reihe zog mich in seinen Bann. Hier beschreibt Robert Fabbri sehr genau, wie die Römer in Britannien einfielen und die dort lebenden Druiden sich ihnen entgegen stellten. Sabinus, der Bruder Vespasians, ist nicht gerade als Diplomat bekannt. Es ist also kein Wunder, dass er sich mit den „geistigen Eliten“ dort anlegt und in Gefangenschaft gerät. Wie es bei denen damals üblich war, wollen sie ihn als Opfergabe gebrauchen, aber es wäre nicht Vespasian, wenn er seinen Bruder nicht retten könnte.

Es gibt einige negative Rezensionen, die sich an der „Fantasy“ stören. Warum eigentlich? War es nicht damals üblich, dass etliche Götter angebetet wurden und widernatürliche Ereignisse besonderes Augenmerk erfuhren? Ich kann durchaus nachvollziehen, dass Vespasian sogar das Erscheinen der Phönix beobachtete. Herr Fabbri erläutert sehr genau, warum er ausgerechnet in diesem Band auf Tacitus zurückgreift. Und mal ehrlich, wenn die damaligen Leser seiner Werke die Ereignisse für wahr hielten. Warum sollte das heute anders sein?

Ich höre die Serie seit dem ersten Band und bin immer noch beeindruckt. Herr Fabbri recherchierte sehr genau und ich lerne sehr viel über die damaligen Verhältnisse. Das wäre aber kaum erwähnenswert, wenn es nicht von einem Mann vorgetragen würde, der sein Handwerk versteht. Herr Wittenberg versteht es wie kein zweiter, die Stimmen und Stimmlagen an die Personen anzupassen. Sei es die „liebliche“ Stimme von Caenis oder die raue von Magnus. Er überzeugt mich jederzeit.

Veröffentlicht am 09.10.2019

Ist unsere Gesellschaft (noch) gerecht?

Der Kampf um die Würde
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„Denn eine Gesellschaft ist so integer, wie es ihr gelingt, auch die Würde der Schwachen in Grenzsituationen zu schützen. Wenn wir beginnen, unwürdige Zustände eines gewissen Prozentsatzes unserer Gesellschaft ...

„Denn eine Gesellschaft ist so integer, wie es ihr gelingt, auch die Würde der Schwachen in Grenzsituationen zu schützen. Wenn wir beginnen, unwürdige Zustände eines gewissen Prozentsatzes unserer Gesellschaft als hinnehmbare Begleiterscheinung einer Wohlstandsgesellschaft zu sehen, in der es den meisten doch gut geht, hat sie ihre innere Integrität verloren. Dann ist die Würde nur noch ein Wort, nicht mehr.“ (Zitat aus dem Buch Der Kampf um die Würde)



Der Autor des Buches Der Kampf um die Würde, Michael Steinbrecher, moderiert seit 2015 die Sendung „Nachtcafé“ im SWR. Diese Arbeit war Anlass für ihn, ein wenig ausführlicher über seine Gäste und deren Anliegen zu berichten. Er recherchierte intensiv und traf sich mit den hier Aufgeführten viele Male. Heraus kam ein beeindruckendes Werk, das eine Pflichtlektüre für Politiker sein sollte. Nur Blabla hilft keinem und die Gemeinschaft ist nur so stark, wie ihr schwächstes Glied.

Herr Steinbrecher beginnt mit dem Satz: Ist unsere Gesellschaft noch gerecht? Die Antwort kann sich jeder Leser selbst geben, sobald er das Buch beendete. Es werden einige Bücher zum Thema erwähnt und auch beschrieben, was der Anlass zum Schreiben dieses Werkes war. Zunächst lernt der Leser Kinder und Jugendliche kennen, die aufgrund ihrer finanziellen Situation gehänselt werden. Es ist von Familienarmut die Rede und nicht von Kinderarmut. Das wäre der falsche Begriff. Die Betroffenen sind ausgegrenzt und können sich weder Klassenfahrt noch Kino oder Pommes von Mac Donald erlauben. Schlimm sind die Urteile der Mitmenschen. Steinbrecher schreibt dazu: Wir haben nicht das Recht, nur nach äußerem Schein abschließend zu urteilen.

Nach den Gesprächen mit Kindern folgt jenes mit Menschen, die in der „Mitte der Gesellschaft“ leben. Bis zu dem Zeitpunkt, wo ihnen die günstige Wohnung gekündigt wird. Sie müssen eine Notunterkunft beziehen, weil es keinen bezahlbaren Wohnraum für sie gibt. Unfassbar? Oh ja und es kann jeden heute oder morgen treffen. Danach kommen Berichte von Menschen, die durch Fehlkalkulationen in die Armut rutschten oder durch Krankheit ihre Arbeit verloren und Obdachlos wurden. Wussten Sie eigentlich, wie ausgeprägt die „moderne Zwangsarbeit in Deutschland“ ist? Ich nicht und es ist nicht nachvollziehbar, dass es hier so etwas gibt.

Fragen nach der Altersarmut geht Herr Steinbrecher in Der Kampf um die Würde ebenso hinterher wie jener, nach der Würde in der Pflege. Hier geht es um drei Seiten: der des Pflegebedürftigen, des Pflegepersonals und der Angehörigen. Ganz widerwärtig sind die „Unternehmer“, welche mit schlechter Pflege auch noch Rendite machen wollen.

Der Autor schreibt in einem Kapitel sehr privat und emotional. Das zeigte mir, wie genau er weiß, wovon er schreibt. Er erlebte die Situationen selbst hautnah. Das berührt und macht ihn für mich absolut glaubwürdig. Zum Schluss des Buches kommen noch unterschiedliche Erlebnisse zur Sprache, die das selbstbestimmte Sterben betreffen. Sollte es auch in Deutschland möglich sein, dass ich als Schwerkranker bestimme, wann ich sterbe?

Auf den letzten Seiten fasst Herr Steinbrecher alle wichtigen Punkte noch einmal zusammen. Für mich die wichtigste Erkenntnis nach einmaligem Lesen:
Die Würde des Menschen ist unantastbar!? Auch die Würde der Menschen, die in Grenzsituationen leben?
Das Buch werde ich noch häufiger lesen. Nicht alles unterschreibe ich. Aber die Gedanken zur Würde in unterschiedlichen Situationen sind nachvollziehbar und machen den Ernst der Situation in Deutschland greifbar.