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Veröffentlicht am 12.10.2019

Ein echtes Wohlfühl-Buch!

Bevor die Nacht geht
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Ein Satz reicht aus, und ich weiß, dass ich ein Buch von Patrycja Spychalski in den Händen halte. Es fühlt sich an wie Nach-Hause-Kommen, ich fühle mich sofort wohl und prickelnde Vorfreude erfasst mich. ...

Ein Satz reicht aus, und ich weiß, dass ich ein Buch von Patrycja Spychalski in den Händen halte. Es fühlt sich an wie Nach-Hause-Kommen, ich fühle mich sofort wohl und prickelnde Vorfreude erfasst mich. Viel zu lange ist es her, seit ich “Der eine Kuss von dir” beendet habe. Und so habe ich Patrycja Spychalskis neuestes Buch mit großer Freude und Spannung erwartet. Und schon der erste Satz gibt mir die Gewissheit: Dieses Buch kann nur gut werden!

Und das wurde es auch! Mal aus Kims, mal aus Jacobs Perspektive erzählt, folge ich den beiden Jugendlichen kreuz und quer durch Berlin, lerne durch ihre Augen die Lieblingsplätze der Autorin kennen und verfolge die mal komische, mal ernste, mal berührende und mal anstrengende Geschichte der beiden Protagonisten, die ich einfach sofort in mein Herz schließen musste, weil sie so echt und lebendig und einfach sympathisch gezeichnet sind.

“Bevor die Nacht geht” ist ein absolutes Wohlfühlbuch, das ich mit einem Lächeln auf den Lippen gelesen habe. Patrycja Spychalski trifft einfach den Ton der jungen Generation, ihr Erzählstil ist extrem authentisch, auch wenn sie vielleicht gar nichts anderes macht, als ihre beiden Ich-Erzähler einfach drauflos plaudern zu lassen. Patrycja Spychalski hat einfach den besonderen Blick für Details und schreibt mit viel Leidenschaft, auch wenn es gerade nur ein Hundehaufen ist, über den sie berichtet.

“Bevor die Nacht geht” ist eine Liebeserklärung an Berlin, aber gleichzeitig schafft die Autorin es auf den nur knapp 300 Seiten des Buches, ihren beiden Protagonisten Kim und Jacob jeweils eine Lebensgeschichte zu verpassen, die nicht auf Dramatik setzt, aber dennoch berührt. Dadurch ist das Buch kein reiner persönlicher Reiseführer, sondern die Schicksale von Kim und Jacob sorgen für Tiefgang. Schnell stellt sich in den Gesprächen heraus, dass beide kein unbeschwertes Teenager-Leben führen. Und so sind es teilweise sehr erwachsene und fast philosophische Gedanken, die Kim und Jacob austauschen. Es geht um Selbstwahrnehmung und die damit verbundenen Selbstzweifel, es geht um zwischenmenschliche Beziehungen. Es geht um Verantwortung und darum, einfach mal keine Verantwortung tragen zu wollen. Und man kauft den beiden total ab, dass sie sich mit diesen erwachsenen Gedanken beschäftigen.

Einige Lieblingsplätze von Patrycja Spychalski kannte ich bereits, andere werde ich beim nächsten Berlin-Besuch genauer unter die Lupe nehmen. Und das Besondere ist: Auf den letzten zwei Seiten des Buches ist ein hübsch gezeichneter Stadtplan von Berlin zu finden, der alle Orte des Buches aufzeigt.

Am Ende findet Jacob Berlin nachwievor nicht besonders toll, aber mit Kim an seiner Seite wird die Großstadt erträglich. :love: Das Ende hätte ich mir nicht anders gewüscht, es ist so richtig, wie es da steht. Und die Tränen, die mir beim Lesen der letzten Zeilen über die Wangen laufen, sind zum Teil Freudentränen, zum Teil aber auch Tränen aufgrund dieser melancholischen Stimmung, die mich unweigerlich beim Beenden des Buches erfasst.

Mein Fazit

“Bevor die Nacht geht” ist nicht nur für Berlin-Fans ein echtes Wohlfühl-Buch. :)

Veröffentlicht am 12.10.2019

In diesem dünnen Büchlein steckt so viel Handlung und Gefühl – unbedingt lesen!

Wo immer du bist
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Dem Klappentext kann ich, was den Inhalt des Buches betrifft, nichts hinzufügen, da hier die Gefahr sehr groß ist, zu viel zu verraten. Um Interesse an diesem Debüt zu wecken, sollte er aber in Kombination ...

Dem Klappentext kann ich, was den Inhalt des Buches betrifft, nichts hinzufügen, da hier die Gefahr sehr groß ist, zu viel zu verraten. Um Interesse an diesem Debüt zu wecken, sollte er aber in Kombination mit dem wundervollen Cover ausreichen. (Bei mir hat es die Kombination aus beidem jedenfalls geschafft.) Und vielleicht überzeugt euch ja auch meine Rezi, dieses Buch zu lesen.

Wobei ich mich auch mit meiner eigenen Meinung etwas zurückhalten muss, um nicht zu viel zu verraten. Ich kann euch nur versichern, dass “Wo immer du bist” ein unglaublich tiefgründiges und vielschichtiges Buch ist. Trotz seiner nur geringen Seitenzahl beinhaltet es so viel an Handlung und Gefühl, denn Cylin Busby versteht es, mit ihren Worten extrem viel auszudrücken. Teilweise ist die Handlung dabei etwas undurchsichtig und vieles versteht man vielleicht erst rückblickend. Aber dennoch hat dieses Buch eine unglaubliche Faszination auf mich ausgeübt, die ich nur schwer in Worte fassen kann.

West ist ein sehr sympathischer Ich-Erzähler, der mir sehr schnell ans Herz gewachsen ist. Da das Buch aus seiner Perspektive geschrieben ist, bekommt man als Leser sehr intensiv zu spüren, wie es sich für ihn anfühlt, nach seinem Unfall an das Krankenhausbett gefesselt zu sein, sich nicht bewegen zu können, sich nicht mitteilen zu können. Ein sehr beklemmendes Gefühl hat sich dabei auf mich übertragen und ich fand es stellenweise sehr schrecklich, was West mitmachen muss und wie mit ihm umgegangen wird.

Olivia dagegen empfand ich zu Beginn als sehr undurchsichtig und ich habe eine Weile gebraucht, um mich an ihre forsche und freche Art zu gewöhnen. Aber als diese Hürde genommen war, mochte ich sie ebenfalls sehr gerne, auch wenn sie ihre Macken und Fehler hat. Aber sie tut West und diesem Buch so gut! Genauso wie unsere gemeinsame Lieblingskrankenschwester.

Neben der eigentlichen Handlung des Buches, die davon erzählt, wie West und Olivia sich im Krankenhaus kennenlernen und anfreunden, gibt es da noch diese merkwürdigen Träume, die West jede Nacht heimsuchen. Es sind ganz verschiedene Sachen, die West träumt, aber irgendwie scheint es dennoch einen Zusammenhang zwischen ihnen zu geben. Und irgendetwas wollen die Träume ihm mitteilen. Natürlich dauert es fast bis zum Ende des Buches, bis diese Sache aufgeklärt wird, aber das hat unterschwellig für extrem viel Spannung gesorgt, denn natürlich will man als Leser unbedingt wissen, was es mit diesen Träumen auf sich hat. Mich hat diese Frage fast am allermeisten beschäftigt.

Überhaupt ist “Wo immer du bist” ein Buch, das viele Fragen aufwirft und eine gewisse Unruhe in mir ausgelöst hat, weil ich teilweise das Gefühl hatte, nicht ganz zu verstehen, was die Autorin mir mitteilen möchte. Man tappt als Leser etwas im Dunkeln, stellt Vermutungen an, sucht Antworten auf seine Fragen. Was für Fragen das sind, kann ich hier leider nicht genauer ausführen, um euch nicht die Spannung zu nehmen, falls ihr das Buch auch irgendwann lest. Die Autorin spielt ein wenig mit den Lesern und darauf muss man sich einfach einlassen.

Für mich hatte das zur Folge, dass irgendwann der Moment kam, an dem ich aus allen Wolken gefallen bin. Ich hatte mir meine eigene Erklärung zurechtgelegt, um dann festzustellen, dass ich komplett daneben lag. Dadurch hat die Handlung eine Wende genommen, die ich nicht vorhergesehen hatte und ich war einfach nur völlig verblüfft, fasziniert und schockiert in Einem.

Ich hatte nicht erwartet, dass mich dieses Buch so begeistern würde. Und vor allem hatte ich nicht gedacht, dass es der Autorin gelingen würde, auf wenigen Seiten so viel unterzubringen, mich so zu packen, zu verwirren und zu begeistern, so plastische Figuren zu zeichnen und eine Handlung zu konstruieren, die so ernst, gefühlvoll, witzig und überwältigend zugleich ist.

Mein Fazit

In diesem dünnen Büchlein steckt so viel Handlung und Gefühl – unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 12.10.2019

herrlich unterhaltsam

Sannah & Ham
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“Sannah & Ham” – schon allein den Titel des Buches finde ich total genial. Im Buch selbst erklärt sich auch, warum es diesen deutschen Titel bekommen hat, der so passend ist. Die Geschichte dazu ist vielleicht ...

“Sannah & Ham” – schon allein den Titel des Buches finde ich total genial. Im Buch selbst erklärt sich auch, warum es diesen deutschen Titel bekommen hat, der so passend ist. Die Geschichte dazu ist vielleicht nicht sonderlich originell, aber einfach süß. Wobei der Originaltitel auch hervorragend zum Buch passt, aber dazu verrate ich jetzt nicht mehr, denn da müsste ich schon weiter ausholen, aber ihr sollt mal schön selbst herausfinden, wie das Original zu seinem Namen kam.

Nicht nur der deutsche Titel des Buches ist originell, sondern auch seine Aufmachung. Denn um den Wechsel zwischen den beiden Ich-Erzählern Hannah und Sam deutlich zu machen, hat der Carlsen Verlag einfach mal den Text jeweils links- oder rechtsbündig gedruckt. Eine klasse Idee, finde ich, die ich so auch noch nicht gesehen habe.

Aber noch viel wichtiger ist, dass ich nicht nur Titel und Aufmachung des Buches klasse fand, sondern auch seinen Inhalt. Zusammen mit Hannah und Sam war ich selbst noch einmal eine Jugendliche auf dem Weg zum Erwachsensein und habe die typischen Probleme, vor denen man dabei steht, zusammen mit den beiden Hauptfiguren erlebt. Das größte Thema ist dabei tatsächlich das Erste Mal. Die Gedanken von Hannah und Sam kreisen unermüdlich um diese Lebensaufgabe. Irgendwie wollen sie es ganz schnell hinter sich bringen, um endlich nicht mehr die letzte lebende Jungfrau auf Erden zu sein (hier wird teilweise echt ganz schön dramatisiert…) Aber andererseits wissen beide auch, dass man das Erste Mal nur einmal erlebt, und deswegen soll es irgendwie schon auch etwas besonderes sein.

Und so beginnt ein manchmal urkomisches, manchmal zur Verzweiflung bringendes und manchmal einfach nur wunderschönes Katz-und-Maus-Spiel, bei dem Hannah und Sam versuchen, sich endlich füreinander zu gewinnen, bei dem sich aber immer neue Missverständnisse und Schwierigkeiten auftun. Mal ist es die beste Freundin, die alles durcheinander bringt, manchmal ist es der Alkohol, der für schlechte Stimmung sorgt, mal sind es Eifersüchteleien, die alles kaputt machen.

Und während man Hannah und Sam dabei beobachtet, wie sie sich finden und sich verlieren, sich suchen, sich wiederfinden und wieder verlieren (es ist ein Teufelskreis), merkt man, dass Erwachsenwerden nicht nur bedeutet, das Erste Mal hinter sich zu bringen. Der Alltag ist voll mit Problemen: Stress mit der besten Freundin, nervige Familienmitglieder, Angst vor den Prüfungsergebnissen, die über die Zukunft entscheiden werden. Den beiden Autoren gelingt es wirklich hervorragend, das Chaos perfekt zu machen. Es ist nur ein Sommer, den Sannah und Ham gerade durchleben, aber er verändert alles. Die Handlung ist dabei nicht besonders originell, sondern spiegelt wirklich nur die typischen Probleme eines jungen Erwachsenen wider. Aber dennoch konnte mich die Handlung begeistern, weil sie so authentisch und lebendig war. Festivals, ein Kurz-Urlaub in Griechenland, Partys, Partys, Partys – und immer die komplette Clique mit dabei. Mehr braucht es nicht, um den Alltag von Hannah und Sam zu beschreiben. Für mich hat sich dabei die Handlung an einigen wenigen Stellen zu schnell entwickelt, wo ich mir gerne noch ein paar mehr Details gewünscht hätte.

Der Erzählstil von Tom Ellen und Lucy Ivison ist herrlich lebendig, witzig und mitreißend. Ich habe es so genossen, dieses Buch zu lesen. Es ist total kurzweilig geschrieben und ich musste so häufig lachen, weil die Autoren mit ihren Darstellungen einfach den Nagel auf den Kopf treffen. Sie haben einfach einen Blick für kleine Details, die dem Buch das besondere Etwas verleihen. Ich habe mich teilweise selbst in den Figuren wiedererkannt und konnte mich daher total gut in ihre Situation hineinversetzen.

Besonders toll ist, dass man durch die beiden Ich-Erzähler die Ereignisse sowohl aus Jungs- als auch aus Mädchensicht präsentiert bekommt und dadurch sieht, wie ähnlich doch die beiden Geschlechter in manchen Situationen ticken. Gleichzeitig gibt es aber auch Situationen, die total unterschiedlich wahrgenommen werden, wobei es mir als weiblicher Leserin sogar hervorragend gelungen ist, mich in Sam und seine Wahrnehmung hineinzuversetzen. Und ich denke, auch männlichen Lesern könnte es gelingen, sich mit Hannah und ihren Gefühlen und Gedanken auseinanderzusetzen, denn lebendig genug ist der Schreibstil dafür. Stellenweise war er mir allerdings etwas zu derb. Passend zum großen Thema “Erstes Mal” wurden entsprechend viele Ausdrücke verwendet, die irgendwie nicht zum sonstigen Erzählstil gepasst haben.

Mein Fazit

Ein herrlich unterhaltsames Buch mit tollen Charakteren und urkomischen Szenen und Dialogen, bei dem sich fast alles um das Erste Mal dreht.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Wo Guillaume Musso draufsteht, ist auch Guillaume Musso drin.

Vielleicht morgen
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So ein Musso ist doch immer wieder ein Leseerlebnis und ich freue mich immer, wenn ein neues Buch von ihm erscheint. Unter anderem auch deswegen, weil sie einfach alle soooo schön im Regal aussehen. Aber ...

So ein Musso ist doch immer wieder ein Leseerlebnis und ich freue mich immer, wenn ein neues Buch von ihm erscheint. Unter anderem auch deswegen, weil sie einfach alle soooo schön im Regal aussehen. Aber natürlich vor allem deshalb, weil ich weiß, dass mich unterhaltsame Lesestunden erwarten werden. Und da hat mich auch “Vielleicht morgen” nicht enttäuscht, denn Guillaume Musso schafft es einfach mal wieder, seine Leser von der ersten Seite an gefangen zu nehmen, sie mitzunehmen auf eine Reise, die zugleich unterhaltsam, spannend, erschreckend und mysteriös ist. Denn Guillaume Musso denkt sich immer etwas ganz Besonderes für seine Bücher und somit für seine Leser aus. Er spielt mit ihnen, verwirrt sie, stellt ihnen Denkaufgaben, stellt sie vor Probleme. Und in “Vielleicht morgen” gelingt ihm all das ganz hervorragend, denn ich war von der ersten Seite an in der Geschichte drin, hatte während des Lesens immer wieder Momente, in denen ich das Buch zur Seite legen musste, weil ich einfach nicht fassen konnte, was da gerade passiert war. Ich habe Pausen gebraucht, um das Gelesene zu verarbeiten, musste innehalten, weil ich mir erst mal meine eigenen Gedanken zum Buch machen wollte, bevor ich weitergelesen habe, um zu sehen, wohin Guillaume Musso mich als Leserin führt. Genau so erwarte ich seine Romane und genau so liebe ich sie.

“Vielleicht morgen” lässt sich auf kein bestimmtes Genre festlegen. Das Buch enthält fantastische Elemente, liest sich streckenweise wie ein Kriminalroman, erzählt andeutungsweise von Gefühlen, und ist dabei durchweg spannend. Denn natürlich hat sich Guillaume Musso wieder einen ganz besonderen Aufhänger für sein neuestes Werk ausgedacht und als Leser brennt man förmlich darauf, zu erfahren, was hinter dem Ganzen steckt. Ich wäre nie auf die Auflösung gekommen, die sich der Autor ausgedacht hat. Aber diese Unvorhersehbarkeit macht jedes der Bücher von Musso so besonders und ich finde es toll, wie er seine Leser verwirrt und sie immer wieder überrascht. Wobei mir als Leserin, die eher einen Bogen um Krimis und Thriller macht, der Krimianteil des Buches weniger zugesagt hat als der Rest.

Nicht für jedes Ereignis gibt es eine rationale Erklärung, ein wenig muss man sich auch einfach auf das Gedankenexperiment des Autors einlassen können. Als Belohnung dafür erhält man eine wunderbar durchdachte und schlüssige Geschichte, die mit vielen Überraschungen aufwartet und schließlich dafür sorgt, dass man das Buch mit einem zufriedenen Seufzer zuklappt und noch einmal verträumt über das Cover streicht, bevor das Buch zu den anderen Schätzen ins Regal wandert.

Mein Fazit

Wo Guillaume Musso draufsteht, ist auch Guillaume Musso drin.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Das Lesen dieses Buches gleicht dem Tauchen ohne Sauerstoff

Über uns das Meer
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Bei den Büchern des Magellan Verlags muss ich einfach immer auch ein paar Worte zum Cover erwähnen, weil die Bücher des Verlagprogramms alle so wunderschön und liebevoll gestaltet sind. Auch hier ist das ...

Bei den Büchern des Magellan Verlags muss ich einfach immer auch ein paar Worte zum Cover erwähnen, weil die Bücher des Verlagprogramms alle so wunderschön und liebevoll gestaltet sind. Auch hier ist das Cover eine wahre Augenfreude. Und ganz ehrlich: Der Verlag (mit dem Wal) und auch das Cover könnten nicht besser gewählt sein. Sie passen thematisch so gut zum Buch und ich bin so froh darüber, diesen Schatz in meinem Regal stehen zu haben.

Aber nicht nur äußerlich ist dieses Buch ganz nach meinem Geschmack, auch inhaltlich konnte mich dieser Roman von Sabine Giebken total überzeugen. Der Prolog hat mich zunächst etwas ratlos zurückgelassen. Eine ziemlich beklemmende Situation wird da beschrieben, gleichzeitig wird die weibliche Hauptperson Lou eingeführt. Ich hatte ein paar Vermutungen, was der Prolog da andeutet, konnte aber noch nichts richtig greifen und war einfach nur gespannt darauf, wie sich die Handlung entwickeln würde.

Während der Prolog im Jahr 2004 auf Kuba spielt, spielt der Hauptteil des Buches im Jahr 2014 auf der Insel Elba. Von dem Extremsport des Apnoe-Tauchens, also des Tauchens mit einem einzigen Atemzug und ohne Hilfsgeräte, hatte ich vor dem Lesen des Buches schon gehört, aber ich hatte mich bislang nicht näher damit beschäftigt, geschweige denn ein Buch darüber gelesen. Nachdem ich mich nun auf diesem Weg näher mit diesem Sport auseinander gesetzt habe, muss ich sagen, dass ich extremen Respekt vor den Sportlern habe. Sabine Giebken beschreibt so eindringlich, was es für ein Gefühl ist, in das Meer abzutauchen, sich völlig frei zu fühlen. Die Tiefe und die Dunkelheit üben nicht nur einen unglaublichen Sog auf den Sportler aus, sondern haben auch mich als Leserin völlig fasziniert und gefangengenommen. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, welche Gefahr von diesem Reiz, dieser Sucht, sich völlig dem Meer auszuliefern, ausgeht. Unfälle und böse Überraschungen sind dabei keine Seltenheit. Und auch “Über uns das Meer” wartet mit einigen gefährlichen Situationen auf. Aber dieser Wechsel zwischen Faszination und Gefahr schafft eine ganz besondere Atmosphäre. Die Taucher testen ihre eigenen Grenzen aus und auch Sabine Giebken führt die Leser an ihre Grenzen. Sie schafft eine großartige Atmosphäre, die mich völlig gefangengenommen hat. Auch die Unterwasser-Welt beschreibt Sabine Giebken so bildhaft, dass ich mich völlig schwerelos wie in einer anderen Welt gefühlt habe. Die Meeresbewohner konnte ich förmlich vor mir sehen, und auch die ein oder andere Meerjungfrau… Sabine Giebken beschreibt einfach so intensiv und eindringlich, es war ein tolles Erlebnis, dieses Buch zu lesen.

Neben dem faszinierenden Sport des Apnoe-Tauchens stehen auch die Charaktere im Vordergrund des Buches. Lou und Angel bilden dabei die Hauptfiguren und ich fand sie großartig gezeichnet. Sie erleben auf der Insel Elba eine Zeit völlig frei von jeglichen Verpflichtungen. Dabei sind sie jedoch nur auf der Flucht und werden bald von ihrer Vergangenheit eingeholt. Und dann hilft nur noch die Flucht nach vorn.

Neben Angel und Lou sind auch die anderen Figuren so lebendig gezeichnet, dass ich zu jeder von ihnen eine Verbindung aufbauen konnte. Nicht immer war diese geprägt von Sympathie, denn es gibt auch einige anstrengende Charaktere in diesem Buch, die extrem für Konfliktpotential sorgen. Jede Figur dieses Buches ist sehr tiefsinnig angelegt, gibt aber nicht sofort alles von sich preis. Sie verbergen etwas, geben sich nicht komplett zu erkennen, geben sich geheimnisvoll. Das hat ebenfalls einen großen Reiz ausgemacht und als Leser versucht man ständig, hinter die Fassader der Charaktere zu blicken. Sie konnten mich dennoch allesamt überraschen und haben mich zeitweise ganz schön an der Nase herum geführt.

Im Laufe des Buches wird dann auch die Bedeutung des Prologs immer deutlicher. Ich muss zugeben, dass ich diesen in den ersten 150 Seiten vergessen hatte. Dann wird aber Bezug auf ihn genommen und es ließ sich erahnen, was die Bedeutung dieser ersten Seiten ist. Das Ende selbst kam mir etwas zu plötzlich beziehungsweise war mir auch zu schnell abgefertigt. Ich habe den beschreibenden und darstellenden Erzählton von Sabine Giebken vermischt, stattdessen hat sich für mich zu viel Action in das Buch gemischt und daher passt das Ende für mich nicht ganz zum Rest des Buches. Sehr gut gefallen hat mir aber, dass sich im Epilog der Kreis schließt und die Handlung wieder auf Kuba spielt.

Obwohl “Über uns das Meer” ein Jugendbuch ist, ist es doch recht anspruchsvoll und erwachsen geschrieben. Dazu hat Sabine Giebken Situationen geschaffen, die besonders und einzigartig sind. “Über uns das Meer” erzählt keine abgedroschene Geschichte, die man schon tausend mal gelesen hat. Das Setting ist besonders (die Insel Elba und das Meer), die Hintergrundidee ist besonders (das Apnoe-Tauchen) und der Schreibstil ist ebenfalls ganz besonders. Ein bisschen poetisch und ganz, ganz bildhaft und eindringlich. Es erinnert mich vom Erzälstil her ein wenig an die Bücher von Bettina Belitz und interessanterweise wird Bettina Belitz auch in der Danksagung von Sabine Giebken erwähnt. Sabine Giebken hat einen ähnlichen ausdrucksstarken Stil und malt mit ihren Worten tolle Bilder in meinem Kopf. Sie beschreibt so eindringlich, wie es sich anfühlt, unter Wasser schwerelos zu sein, beschreibt die Faszination, aber auch die Angst, die damit verbunden sein kann.

Mein Fazit

Das Lesen dieses Buches gleicht dem Tauchen ohne Sauerstoff: Man atmet tief ein, hält die Luft an, taucht ein in eine faszinierende Welt, und bleibt nach dem Auftauchen atemlos zurück, bevor man sich zwingen muss, sich wieder in der Realität zurecht zu finden.