Ein tolles Buch!
Wenn du mich küsst, dreht die Welt sich langsamerIn Zeiten, in denen es auch in Deutschland wieder modern wird, längere Reiseentfernungen an Bord eines Busses zurückzulegen, ist es nicht verwunderlich, dass der Blanvalet Verlag mit „Wenn du mich küsst, ...
In Zeiten, in denen es auch in Deutschland wieder modern wird, längere Reiseentfernungen an Bord eines Busses zurückzulegen, ist es nicht verwunderlich, dass der Blanvalet Verlag mit „Wenn du mich küsst, dreht die Welt sich langsamer“ ein Road-Trip-Buch in der deutschen Übersetzung veröffentlicht, dessen Handlung zu einem großen Teil in einem Bus spielt. Denn wo lernt man sich besser und unverfälschter kennen, als auf beengtem Raum, der keine Ausweichmöglichkeiten bietet?!
So ergeht es Camryn und Andrew, den beiden Protagonisten in J. A. Redmerskis Debüt, das im Original unter dem Titel „The Edge of Never“ erschienen ist. Beide haben ihre ganz persönlichen Gründe dafür, sich auf einen Road-Trip durch die USA zu begeben. Es ist sowohl die schmerzhafte Vergangenheit, die sie hinter sich lassen wollen, als auch die beängstigende Gegenwart, vor der sie flüchten. Und ihrer beider Leben wird sich komplett verändern, während sie Kilometer um Kilometer zurücklegen und zunächst allein mit sich und ihren Gedanken sind, doch schließlich den schwierigsten Teil der Wegstrecke zusammen zurücklegen.
Nachdem ich schon viel Gutes über „The Edge of Never“ gehört hatte, habe ich mich total auf das Erscheinen der Übersetzung gefreut. Das „New Adult“-Genre ist momentan einfach genau mein Ding und Road-Trip-Bücher liebe ich seit „Amy on the Summer Road“ auch total. Klar also, dass ich „Wenn du mich küsst, dreht die Welt sich langsamer“ einfach lesen MUSSTE. Und meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht, auch wenn ich doch den ein oder anderen kleinen Kritikpunkt habe. Aber das fällt im Vergleich zu den positiven Dingen kaum ins Gewicht.
Camryn und Andrew sind zwei Protagonisten, die ich einfach nur großartig fand. Andrew ist echt zum Anbeißen und Camryn hätte ich gerne als Freundin. Ich mochte die beiden auf Anhieb, aber noch mehr mochte ich sie am Ende des Buches. Die beiden geben ein tolles Paar ab und es verwundert nicht, dass sie einander völlig verfallen sind. Ich mochte es, wie sie miteinander umgehen, wie sie zusammen Spaß haben und herumalbern, wie sie aber auch den Ernst des Lebens gemeinsam durchstehen. Es gab viele Szenen in diesem Buch, die mich zum Lachen gebracht haben, aber es gab auch genauso viele Momente, bei denen sich ein Kloß in meinem Hals gebildet hat und ich zusammen mit den beiden gelitten habe.
Ein wenig hat mir jedoch das Bauchkribbeln beim Lesen des Buches gefehlt. „Wenn du mich küsst, dreht die Welt sich langsamer“ ist zwar ein sehr emotionales Buch, aber diese Gefühle haben sich nicht hundertprozentig auf mich als Leser übertragen. Ich fand Andrew zwar klasse, aber es gab schon männliche Hauptfiguren in anderen Büchern, die ich heimlich mehr angeschmachtet habe. Es fehlten mir die Kribbel-Szenen, die meinen Pulsschlag erhöhen. Ich stehe nicht auf Kitsch, aber durchaus auf Gefühl. Und in „Wenn du mich küsst, dreht die Welt sich langsamer“ findet man eher körperlich betonte Szenen als romantische Momente, falls ihr versteht, was ich meine. Diese Szenen waren schon sehr explizit beschrieben und das berühmte „F-Wort“ kam das ein oder andere mal vor. Ich habe generell kein Problem damit, aber mir fehlten die zarten und vorsichtigen Annäherungsversuche.
Die Handlungsumgebung ist typisch für einen Road-Trip und führt quer durch die USA. Dabei wird nur der erste Teil der Strecke im Bus zurückgelegt, später steigen Camryn und Andrew auf ein schon etwas älteres Auto um. Ich habe beim Lesen des Buches total große Lust verspürt, selbst sofort ins Auto zu steigen und wahllos durch die Welt zu fahren. Die Autorin weckt Fernweh mit ihrem Buch und ein wenig habe ich Camryn und Andrew darum beneidet, dass sie die Möglichkeit hatten, ihrem Freiheitsdrang nachzugeben.
Die Handlung selbst ist sehr abwechslungsreich und wartet am Ende mit einer riesigen Überraschung auf. Die ganze Zeit deutet sich an, dass Andrew ein Geheimnis hat, stellenweise will er Camryn gar nicht richtig an sich heranlassen. Und als Leser fragt man sich natürlich, warum das so ist. Dabei spielt man die verschiedensten Möglichkeiten durch, aber die Autorin hat mich am Ende echt völlig unvorbereitet getroffen, denn mit dieser Wende in der Handlung habe ich im Leben nicht gerechnet.
Dadurch, dass ich „Wenn du mich küsst, dreht die Welt sich langsamer“ sowohl aus Camryns als auch aus Andrews Sicht geschrieben ist, bekommt man als Leser einen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt beider Protagonisten. Teilweise überschneiden sich die Kapitel vom Inhalt her, sodass man dieselbe Szene von beiden Hauptfiguren erzählt und beschrieben bekommt. Das hat mir richtig gut gefallen, denn dadurch wird nur noch deutlicher, wie toll sich Camryn und Andrew ergänzen und wie super sie zusammenpassen.
Im Original ist bereits die Fortsetzung „The Edge of Always“ erschienen, die ich unbedingt ganz bald lesen muss, denn ich will wieder in die Welt von Camryn und Andrew abtauchen und Zeit mit ihnen verbringen.