Zurück ins Leben
„Laufen“ ist nach „Der Pfau“ das zweite Buch, das ich von Isabel Bogdan gelesen habe. Das Kontrastprogramm hätte kaum größer sein können. Während mich die Autorin mit ihrem ersten Buch durch feine Ironie ...
„Laufen“ ist nach „Der Pfau“ das zweite Buch, das ich von Isabel Bogdan gelesen habe. Das Kontrastprogramm hätte kaum größer sein können. Während mich die Autorin mit ihrem ersten Buch durch feine Ironie und ihre wundervollen Charaktere begeistert hat, war dieses Buch intensiv, tiefsinnig, einfühlsam und ging mir unter die Haut.
Geschrieben ist das Buch aus der Ich-Perspektive der Protagonistin. Sie ist um die 40 Jahre und beginnt nach Jahren wieder mit dem Laufen. Sie läuft nicht, weil sie abnehmen und fitter werden möchte, sondern weil sie ihren Gedanken und dem Leben davonlaufen will.
„ Laufen ist super, so schön stumpf, man muss gar nicht denken, ich kann sowieso nur über das Laufen nachdenken und über meinen Körper und gar nicht über den ganzen anderen Mist, weil das alles viel zu anstrengend ist, ich laufe mir die Grübelei weg, andere Leute laufen angeblich, weil sie dabei gut nachdenken können, ich kann an gar nichts anderes denken als an meinen Körper, ob er funktioniert, wie er funktioniert, wie das Laufen sich anfühlt, ob ich noch kann, und wenn ja, wie weit, und ob mir gerade etwas wehtut, oder was am meisten wehtut, ……“
Sie versucht den Gedanken über den Verlust ihres Partners zu entkommen, leidet unter den Erinnerungen und kämpft sich langsam zurück ins Leben.
Immer wieder nimmt die Protagonistin den Leser beim Laufen mit und lässt diesen an ihren Gedanken teilhaben. Dabei erhält man Einblicke in das, was sie sieht, was sich um sie herum ereignet und auch in ihr Leben. Ihre Gedanken verlieren sich immer wieder in Erinnerungen. Nebenbei erfährt man noch einiges aus ihrem Umfeld, da ist ihre Freundin Rike, ihre Psychologin und ihre Familie, die sie unterstützen.
Die Autorin passt ihren Schreibstil gekonnt an die jeweilige Situation an, mal sind es kurze gehetzte Sätze beim Laufen und dann wieder lange intensive und eindringliche Satzkonstruktionen, die man auf sich wirken lassen muss. Das ist nicht immer einfach zu lesen und erfordert ein wenig Konzentration, aber ich denke, dass genau das beabsichtigt ist. Die Gedanken und Gefühle der Protagonistin sind nachvollziehbar und ihr Verlust und der Schmerz gehen unter die Haut.
Ich habe diesen Roman als sehr intensiv und emotional empfunden. Es wird eine Frau beschrieben, die leidet und sich zurück ins Leben kämpft. Insgesamt ist es ein ungewöhnlicher aber sehr lesenswerter Roman, der mir gut gefallen hat und mich nachdenklich zurücklässt.