Starker Fokus auf die Figuren
Abgründige Wahrheit„Abgründige Wahrheit“ ist nach „Blue Note Girl“ der zweite Eric-Teubner-Roman des Hamburger Schriftstellers Bernd Richard Knospe.
Wie schon der Klappentext verrät, geht es im Wesentlichen um zwei Handlungsstränge:
Der ...
„Abgründige Wahrheit“ ist nach „Blue Note Girl“ der zweite Eric-Teubner-Roman des Hamburger Schriftstellers Bernd Richard Knospe.
Wie schon der Klappentext verrät, geht es im Wesentlichen um zwei Handlungsstränge:
Der erfolgreiche Journalist und Autor Eric Teubner wird beauftragt, eine Biografie über den unlängst verstorbenen Hamburger Verleger Heinrich Michaelsen zu schreiben. Während er sich im Dialog mit Verlegertochter Daniela ans Werk macht, kommt es in der Hansestadt zu einer grausamen Mordserie.
Zunächst scheinen beide Geschichten nichts miteinander zu tun zu haben; sie bewegen sich aber um Laufe des Romans immer mehr aufeinander zu. Es kommt zu einem dramatischen Finale, und schließlich offenbart sich das, was der Titel verspricht: Abgründige Wahrheit.
Bernd Richard Knospe mag seine Figuren, er entwickelt sie sorgsam und liebevoll. Niemand, so die Botschaft, ist nur gut oder nur schlecht. Der Autor hat einen sehr differenzierten und tiefen Blick auf sein Roman-Personal.
Und das ist so zahlreich vorhanden, dass hier nur einige Figuren erwähnt seien.
Da ist zunächst der Namensgeber des „Eric-Teubner-Romans“.
Der Journalist stößt bei seinen Recherchen auf unangenehme Überraschungen und gerät sowohl in Gewissensnöte, als auch in Konflikte mit seiner Auftraggeberin Daniela. Teubner steht aber nicht im Mittelpunkt des Geschehens, Hauptfiguren sind andere.
Zum Beispiel Kriminalkommissarin Anna Paulsen. Sie wurde am alten Dienstort Hannover Opfer sexueller Übergriffe, lässt sich nach Hamburg versetzen und droht dort vom Regen in die Traufe zu kommen.
Als Partner bekommt sie ausgerechnet den Kollegen Nolte zugeteilt, einen ungehobelten, sexistischen Klotz, der erst später auch andere Seiten offenbart.
Oder die stellvertretende Kripo-Chefin Birte Keller. Sie mobbt ihren Vorgesetzten so lange, bis sie selbst an der Spitze steht, hat dann aber große Schwierigkeiten, ihren eigenen Ansprüchen und denen der Kollegen gerecht zu werden.
Ein ganz spezieller Charakter ist der Gewohnheitsverbrecher Walker, inzwischen seit über 30 Jahren im Knast. Ein schlimmer Soziopath, der es liebt, den Gefängnispsychiater in endlose Rededuelle zu verwickeln.
Oder der Reporter Reifenberger, ein schmieriger Typ und ein wahres Ekel. Für eine gute Story geht er über Leichen.
Und so weiter, und so weiter. Ganz viele Figuren, und Bernd Richard Knospe liebt sie alle. Die ausführliche Beschäftigung mit den Protagonisten erfordert viel Raum, nicht zuletzt deshalb umfasst das Buch in der Print-Version stattliche 580 Seiten.
Kehrseite der Medaille: Da die Charaktere derart im Vordergrund stehen, gerät die eigentliche Story über weite Strecken fast zur Nebensache. Nach einem munteren Start und vor dem furiosen Finale geht im Mittelteil die Spannung deutlich verloren.
Wer sich als Leser nicht in jedem Detail für die Hintergründe und Tiefen der Figuren interessiert, hat zwischenzeitlich schwer zu kämpfen, um am Ball zu bleiben.
Alle diejenigen aber, denen der starke Fokus auf die Charaktere gefällt, dürfen sich auf drei weitere Eric-Teubner-Romane freuen. Der nächste - so verrät der Autor - ist so gut wie fertig und soll im kommenden Frühjahr erscheinen.