Spannend, blutig, wendungsreich und absolut abgefahren!!
Für Michael Stalzer ist die Familie das Wichtigste auf der Welt. Aber anders, als man vielleicht glauben mag. Sein Leben als Ehemann und Familienvater ist reine Fassade. Und auch seine Arbeit als Bestatter ...
Für Michael Stalzer ist die Familie das Wichtigste auf der Welt. Aber anders, als man vielleicht glauben mag. Sein Leben als Ehemann und Familienvater ist reine Fassade. Und auch seine Arbeit als Bestatter ist letztlich nur Mittel zum Zweck, denn Michael Stalzer ist der Leichenkünstler. Im Darknet stellt er seine morbiden Werke zur Schau. Der Leichenkünstler hat viele Bewunderer, doch nicht jeder findet Gefallen an den kreativ gestalteten Leichen, die selten tot waren, als sie der Kunst zum Opfer fielen... (Klappentext)
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"Auffangschalen, Nadel, Faden - das volle Programm. Der Moment war gekommen, meine künstlerische Ader auszuleben. Honey würde nicht mehr lange so makellos aussehen wie jetzt."
(S. 17)
Bestatter sind wahre Künstler. Sie sind diejenigen, die zur Unkenntlichkeit verstümmelte Tote, sei es durch einen Unfall oder Mord, so aussehen lassen, als wären diese im Schlaf verstorben. Sie richten sie her, damit die Angehörigen sich von ihren Lieben verabschieden können, ohne ein Trauma zu erleiden und auf ewig die Bilder nicht aus den Kopf bekommen. Bestatter helfen uns in der schwierigsten Zeit und unterstützen einem in der Trauer.
Michael Stalzer ist so ein Bestatter, führt ein glückliches Familienleben und lebt mit Frau und zwei Kindern in einem respektablen Vorort in einem Haus. Er ist eine Stütze der Gesellschaft ... nach außen hin.
Wenn der Vorhang fällt ist er immer noch Leichenkünstler, jedoch auf grausame und abscheuliche Art. Er verunstaltet Körper, näht Gliedmaßen und Köpfe an Stellen, wo sie nicht hingehören und nennt es Kunst. Die Frauen, denen diese Körper gehören, sind nicht tot, zumindest nicht von Anfang an.
Das schaffen seiner Kunst stellt er im Darknet zur Schau und verdient damit einen Haufen Geld.
Wenn ihn sein Drang überkommt, der übrigens den Namen Theo trägt und eine Stimme in seinem Kopf ist, macht er sich auf den Weg, um seine Opfer auf einen der Straßenstriche aufzusammeln. Theo bestimmt wann und wer es sein soll.
Michael Stalzer ist nicht nur Bestatter, er ist auch ein Serienkiller und niemand ahnt etwas davon, schon gar nicht seine Familie.
Karl Heinz Kellerer ist Mitte fünfzig und war einst Ermittler bei der Kripo. Nach einem Herzinfarkt beschloß er kürzer zu treten und hat nun eine eigene kleine Privatdetektei. Manchmal vermisst er seine Kollegen und die Arbeit bei der Kripo, doch seine ermittlerische Spürnase bekommt diesmal ordentlich Futter.
Ein Ehemann vermisst seine Frau und beauftragt Karl Heinz sie zu finden. "Wieder so ein Fall von weggelaufener Ehefrau", denkt er sich, doch je mehr er sich mit dem Fall beschäftigt, umso mehr Ungereimtheiten tauchen auf und führt ihn schließlich in die abartige Welt des Darknets. Während er privat Bekanntschaft mit dem Bestatter Michael Stalzer macht, kommt er beruflich immer näher an den Serienkiller heran, der sich selbst "Leichenkünstler" nennt.
"Nachdem sich Karl Heinz mit dem Passwort des Leichenkünstlers eingeloggt hatte, fand er sich in einer Übersicht des Grauens wieder."
(S. 301)
Man verfolgt hier zwei Handlungsstränge und somit bekommt man Einblick in zwei Perspektiven.
Zum Einen in die des Leichenkünstlers und zum Anderen in die des Privatdetektiven und beide sind auf ihre Weise spannend zu verfolgen.
Der Handlungsstrang um Michael Stalzer beschehrt einem hin und wieder ekelhafte Szenen, man bekommt aber auch Einblick, wie er zu dem wurde was er ist und in sein Berufs- und Familienleben. Es geht also nicht nur um wahlloses Gemetzel. Zudem schafft es die Autorin, dass man trotzdem Sympathie für diesen Bestatter/Leichenkünstler/Psychopathen/Serienkiller hegt.
"Ein Mord verändert einen Menschen immer. Man war danach nie wieder der, der man vorher gewesen war. Mir war es vor Jahrzehnten genauso ergangen. Irgendetwas in einem verwandelte sich, verformte sich zu einem neuen Ich."
(S 224)
Wenn man der Handlung von Karl Heinz folgt, begleitet man einen Ermittler mit guter Spürnase und der sich in den Fall regelrecht verbeißt. Dabei wirft man ebenfalls einen Blick in sein Privatleben.
Bei beiden Protagonisten wird dieses Privatleben ordentlich durchgerüttelt, doch wer jetzt befürchtet, dass diese die Art von Nebenhandlungen sind, welche man zu Genüge in anderen Thrillern liest und bei denen man genervt mit den Augen rollt, sobald man "privat durchgebeutelter Ermittler" nur liest, der irrt gewaltig. Hier verweben sich diese Privatprobleme gekonnt mit der Story und führen die Protagonisten immer näher zueinander, bis alle Fäden zusammelaufen und es zum Knall kommt.
Die Story kann auch mit einigen überraschenden Wendungen punkten, sodass man nie weiss, was einen auf den nächsten Seiten erwartet. Tja, und das Ende - abgefahren und böse, ergo ganz nach meinem Geschmack.
Der Schreibstil ist flüssig und äußerst plastisch. Man fliegt nur so durch die Seiten und es war mir fast unmöglich das Buch aus den Händen zu legen. Es sei jedoch gesagt, dass dies nichts für schwache Nerven oder sensible Mägen ist, denn, wie schon erwähnt, besitzt die Autorin einen bildhaften Stil. Vor allem, wenn man den Leichenkünstler bei seiner Arbeit über die Schultern sieht, geht es äußerst blutig und gewalttätig zur Sache, wobei ich auch schon deftigeres gelesen habe. Diejenigen, welche sich einen Splatter in Buchform der übelsten Sorte erwarten, muss ich warnen. Hier reiht sich keine abartige Metzelei an die nächste, denn es ist, wie auf dem Cover gut sichtbar, ein Thriller und KEIN Horrorsplatter.
"Die Füße, die nun als Hände dienten und die Hände, die jetzt die Füße ersetzten. Ein betörender und verstörender Anblick. Meine Kunden würden es lieben..."
(S. 104)
Fazit:
Dieser Thriller geht unter die Haut - im wahrsten Sinne, ergo nichts für schwache Nerven, aber genau das Richtige für mich.
Es ist blutige, verstörende und spannende Unterhaltung vom Feinsten. Hier ist wieder einmal der Beweis, dass weibliche Autoren durchaus Thriller mit Splatterelementen schreiben können und ihren männlichen Kollegen in nichts nachstehen.
Diese Autorin behalte ich auf jeden Fall im Auge und ein weiteres Buch von ihr liegt schon bereit.
© Pink Anemone (inkl. Leseprobe und Autoren-Info)