Profilbild von hasirasi2

hasirasi2

Lesejury Star
online

hasirasi2 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit hasirasi2 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.11.2019

Charlotte – eine Frau zwischen den Welten?

Leas Spuren
0

Marie ist Historikerin in Stuttgart und überrascht, als sie von einem Notar nach Paris eingeladen wird. Sie hat in Vertretung ihrer vor über 60 Jahren verstorbenen Großtante Charlotte zusammen mit dem ...

Marie ist Historikerin in Stuttgart und überrascht, als sie von einem Notar nach Paris eingeladen wird. Sie hat in Vertretung ihrer vor über 60 Jahren verstorbenen Großtante Charlotte zusammen mit dem französischen Journalisten Nicolas eine Wohnung von dessen Großvater Victor geerbt. Allerdings ist das Erbe an eine Bedingung geknüpft – sie müssen ein im 2. WK verschollenes Gemälde wiederfinden und dessen jüdische Erben. Marie will schon ablehnen, als sie auf der Suche nach einer im Testament erwähnten Mappe in Victors Schreibtisch zwei Sonderausweise findet. Haben er und Charlotte wirklich für die Nazis in der deutschen Botschaft gearbeitet?! Und wenn ja, was genau haben sie dort gemacht? „Mit dem Öffnen der Schublade hatten sie … den Geist aus der Flasche gelassen. Es gab kein Zurück.“ (S.39)
Marie bittet ihre Oma Ferdi um Hilfe, Charlottes jüngere Halbschwester. Aber die kann oder will sich nicht an die Ereignisse des Krieges erinnern. „Am besten lässt man die Vergangenheit ruhen, Kind. Es kommt nichts Gutes dabei heraus.“ (S. 126) Allerdings bestätigt sie, dass Charlotte in der deutschen Botschaft in Paris gearbeitet hat und mit Victor zusammen war.
Auch Nicolas Vater ist strikt dagegen, dass in Victors Vergangenheit gewühlt wird und dabei evtl. Dinge ans Licht kommen, die seinem Ruf – und damit den der Familie – schaden würden. Vor allem, als plötzlich das Thema Raubkunst im Raum steht.

Bettina Storks erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebenen, so dass man als Leser bereits mehr über Charlottes und Victors Erlebnisse weiß, als Marie und Nicolas zu dem Zeitpunkt herausgefunden haben. Das hat es für mich besonders spannend gemacht und ich konnte mit ihnen mitfiebern.
Als Historikerin und Journalist sind Marie und Nicolas natürlich geradezu prädestiniert, Nachforschungen anzustellen – hat Victor sie vielleicht gerade deswegen ausgesucht? Ihre Suche gestaltet sich sehr schwierig, es gibt keine Spur des verschwundenen Bildes oder von deren ehemaligen Besitzern. Außerdem fragen sie (sich) nach Victors Beweggründen für seine Arbeit für die Deutschen. War er wirklich ein Kollaborateur? Und welche Rolle spielte Charlotte beim Verschwinden des Bildes? Die Suche nach dem Bild wird zur Suche nach der Wahrheit.
Es war erschreckend zu erfahren, dass es immer noch Zeitzeugen von damals gibt, die unter Schuldgefühlen leiden und nicht über die Ereignisse reden können oder wollen, weil es ihnen damals so eingebläut wurde. Doch: „Wir können nichts für die Fehler, die unsere Eltern machen ...“ (S. 434)
Andererseits gibt es aber auch Menschen, die heute noch hunderte Daten der damals Deportierten sammeln in der Hoffnung, wenigstens einige Schicksale aufzuklären und damit gegen das Vergessen ankämpfen.

Mit viel Gefühl beschreibt sie die aufkeimende Liebe zwischen Charlotte und Victor in dieser schwierigen Zeit, in der eine Beziehung zwischen einer Deutschen und einem Franzosen nicht gern gesehen war. Beide wissen beide lange nicht, in wieweit sie dem jeweils anderen trauen können, trotzdem lassen sie sich aufeinander ein. „Unsere Länder befinden sich im Krieg. Die Diplomatie mag taktieren. Wir hingegen sollten offen miteinander reden, Mademoiselle Charlotte.“ (S. 84)
Besonders imponiert hat mir Charlottes „Erwachen“. Sie begreift schnell, dass es Unrecht ist, was die Deutschen – und ihre Trittbrettfahrer – in Frankreich veranstalten und schämt sich für ihr Volk. „Der Krieg erforderte Hilfsdienste an den Schwächsten und keine Profitgeschäfte für die ohnehin Privilegierten.“ (S. 206) Charlotte will den französischen Juden unbedingt helfen und geht dafür ein hohes Risiko ein.

Schon mit „Das geheime Lächeln“ hatte mich Bettina Storks in ihren Bann gezogen und ins Paris der 30er Jahre entführt. Und auch „Leas Spuren“ haben mich bewegt und bis zum sehr emotionalen Ende gefesselt. Ich habe bis weit nach Mitternacht mit der Taschenlampe im Bett gelesen (eigentlich lese ich nie im Bett!), weil ich unbedingt wissen musste, wie es ausgeht. Die historischen Hintergründe sind wieder hervorragend recherchiert und reale Begebenheiten perfekt in die fiktionale Handlung eingebunden. Paris ist und bleibt einer meiner liebsten Schauplätze und bildet den stimmungsvollen Rahmen für diese großartige Geschichte.

Veröffentlicht am 31.10.2019

Eine zauberhafte Geschichte, die den Geist der Weihnacht in die Welt trägt

Eine Kiste voller Weihnachten
0

„Was andere entzückte, erzürnte Storch. Er hasste den Schnee ebenso wie dies ganze festliche Gesumm der Weihnachtsvorbereitungen, hasste die Lieder, die das Herz in Samt packten, den Geruch von Backpflaumen ...

„Was andere entzückte, erzürnte Storch. Er hasste den Schnee ebenso wie dies ganze festliche Gesumm der Weihnachtsvorbereitungen, hasste die Lieder, die das Herz in Samt packten, den Geruch von Backpflaumen und Zimtsternen, hasste erst recht die Stille, die über die Stadt sank, je schneller es dem Heiligen Abend entgegenging.“ (S. 27)
Dresden 1890: Vincent Storch hat eine Fabrik für die von ihm erfundenen „Dresdner Pappen“ – aus Papier geprägte goldene Figuren für den Weihnachtsbaum. Ausgerechnet an Heiligabend entdeckt er auf dem Hof eine Kiste, die für Zinnwald bestimmt war. Die dortige Kirche hatte den neuen Schmuck bestellt. Storch hat einen Ruft zu verlieren („Ohne uns gibt es kein Weihnachten! Ich werde nicht zulassen, dass Orders nicht ausgeliefert werden.“ (S. 23)) und selbst keine Familie. Also spannt er das Fuhrwerk an und macht sich auf den Weg in Richtung ins Erzgebirge, obwohl der Schnee immer dichter fällt.

Lisbeth will dringend zurück nach Geising zu ihrer Familie, doch zu Fuß hat sie keine Chance, der Weg ist zu weit. Sie irrt durch Dresden und entdeckt ein fürstliches Käsegeschäft (als Dresdnerin habe ich Pfunds Molkerei anhand der Beschreibung natürlich sofort erkannt). Leider kann man ihr dort keine Mitfahrgelegenheit nennen. Auch Storch, dessen Fabrik direkt nebenan liegt, weist sie ab, aber sie schmuggelt sich auf sein Fuhrwerk und gibt sich erst zu erkennen, als er nicht mehr weiter weiß …

Seit 2011 das erste Buch der kleinen Weihnachtsreihe im Kindler Verlag erschienen ist, habe ich jedes Jahr gespannt auf die nächste Geschichte bekannter historischer Romanautoren gewartet und war etwas traurig, als 2015 der vorerst letzte Band erschien: „Das Weihnachtsmarktwunder“, ebenfalls von Ralf Günther. Um so mehr habe ich mich gefreut, als ich in der Ankündigung für dieses Jahr „Eine Kiste voller Weihnachten“ entdeckte.

Ralf Günther lässt „mein“ historisches Dresden lebendig werden: die Neustadt mit ihren kleinen Geschäften, Manufakturen und Fabriken, die Pferdestraßenbahn, erste Automobile und der Striezelmarkt. Ich finde es spannend, mich mit Storch und Lisbeth durch das immer dichtere Schneetreiben bis nach Zinnwald im Erzgebirge durchzukämpfen und zu beobachten, wie Lisbeth und die Menschen, denen sie unterwegs begegnen, aber auch alte Bräuche und Aberglauben, Storchs Herz wie eine Schneeflocke zum Schmelzen bringen und wieder für den Geist der Weihnacht erwärmen.
Die Illustrationen von Andrea Offermann lassen mein bibliophiles Herz höherschlagen und machen das Buch wieder zu einem kleinen Kunstwerk.

Veröffentlicht am 27.10.2019

P.S. Bis später?

Postscript - Was ich dir noch sagen möchte
0

Vor 7 Jahren ist Hollys Mann Gerry gestorben, vor 6 Jahren kam der letzte Brief von ihm. Insgesamt waren es 12 herzerweichende Briefe die ihr helfen sollten, nach seinem Verlust zurück in eine Leben ohne ...

Vor 7 Jahren ist Hollys Mann Gerry gestorben, vor 6 Jahren kam der letzte Brief von ihm. Insgesamt waren es 12 herzerweichende Briefe die ihr helfen sollten, nach seinem Verlust zurück in eine Leben ohne ihn zu finden. „Er hatte eine Methode gefunden, wie er noch nach seinem Tod gemeinsame Erinnerungen für uns schaffen konnte.“ (S. 10)
Inzwischen ist sie seit 2 Jahren mit Gabriel zusammen „Gabriel kann mich vor der Vergangenheit schützen … er kann eine Blase um mich bauen, in der mich die Erinnerungen nicht erreichen …“ (S. 118). Sie arbeitet im Vintage-Laden ihrer Schwester Ciara, die regelmäßig Podcasts veröffentlicht und Holly bittet, ihr zum Thema „Wie können wir über den Tod sprechen?“ Rede und Antwort zu stehen. Nach der Sendung wird Holly von einer Frau angesprochen, die zusammen mit 4 anderen Todkranken den „P.S. Ich liebe Dich“ Club gegründet hat. Sie bitten Holly, ihnen bei den Nachrichten für ihre Lieben zu helfen: „Wir wollen unseren Tod kontrollieren, unseren Abschied von der Welt, und wenn wir das nicht können, wollen wir wenigstens bestimmen, wie wir sie hinter uns lassen.“ (S. 141)

Ich muss zugeben, dass ich mich den Vorgängerroman „P.S. Ich liebe Dich“ nicht mehr richtig erinnere, aber die Verfilmung schon unzählige Male gesehen habe. Darum war ich auch so neugierig, wie Cecilia Ahern Hollys Geschichte weitererzählt. Meine Erwartungen waren ziemlich hoch, aber ich wurde nicht enttäuscht. Sehr einfühlsam beschreibt sie Hollys Zerrissenheit, wie diese das Anliegen des Clubs erst brüsk ablehnt und dann doch das Gefühl hat, helfen zu müssen. „Manchmal frage ich mich, wer hier eigentlich wem etwas beibringt.“ (S. 341)
Ihre Familie, Freunde und auch Gabriel sehen ihr Engagement mit gemischten Gefühlen – ist es wirklich gut für sie, alles wieder aufzuwühlen? Was macht das mit ihr, wenn sie wieder Menschen beim Sterben begleitet und danach deren Angehörigen letzte Botschaften überbringt?
Je mehr Zeit und Emotionen Holly in die letzten Grüße der zum Sterben Verurteilten investiert, um so mehr wird sie an ihr gemeinsames Leben und die Briefe von Garry erinnert. Sie sieht plötzlich alles in einem anderen Licht, überdenkt jede der von ihm gestellten Aufgaben neu. Was hatte ihr Mann eigentlich mit ihnen bezweckt? War seine Intension eine andere, als bisher gedacht? Wollte er sie wirklich nur aus ihrer Komfortzone holen, oder hatte er Angst, dass sie ihn vergisst?
Holly überdenkt ihr Leben neu und fällt Entscheidungen, die sie seit Jahren vor sich herschiebt, wagt einen weiteren Neuanfang.

„Postscript“ ist eine extrem berührende, herzzerreißende, emotionale Achterbahnfahrt über Leben und Sterben, Liebe und Verlust, Glück und Leid.

Veröffentlicht am 21.10.2019

Eine Tochter aus gutem Hause

Große Elbstraße 7 - Das Schicksal einer Familie
1

Dr. Johannes Dreyer wurde vom Eppendorfer Krankenhaus entlassen, weil er zu menschlich war. Er sieht auch nicht weg, als 1892 die Cholera in den Hamburger Gängevierteln ausbricht und lange vor der Öffentlichkeit ...

Dr. Johannes Dreyer wurde vom Eppendorfer Krankenhaus entlassen, weil er zu menschlich war. Er sieht auch nicht weg, als 1892 die Cholera in den Hamburger Gängevierteln ausbricht und lange vor der Öffentlichkeit verschwiegen wird, stattdessen hilft er den Ärmsten der Armen meist ohne Gegenleistung. „Er hat den Menschen ganz uneigennützig geholfen, ... als viele seiner Kollegen noch nicht einmal wahrhaben wollten, dass die Cholera in Hamburg grassiert.“ (S. 83)
Dabei begegnet er Victoria zur Haiden, der Tochter seines ehemaligen Chefarztes. Vicki ist von ihrem staubtrockenen Lehrerinnenseminar geflüchtet. Sie will Medizin studieren und wird seine Assistentin. Zudem versteckt sich vor ihren Eltern. Doch dann erkrankt sie selbst und als sie endlich gesund ist, ist Johannes verschwunden …

Wolf Serno hat mit „Große Elbstraße 7“ ein sehr spannendes Sittengemälde beruhend auf wahren Begebenheiten um die Wende des 19. Jahrhunderts geschaffen. Geschickt verbindet er eine Hamburger Familiensaga mit Medizin- und Stadtgeschichte.

Vickis Vater, Prof. Carl-Heinrich zur Haiden, ist Chirurg und beruflich ein Mann des Fortschritts. Er interessiert sich für neue Operationsmethoden und (Lokal-)Anästhesie. Aber privat ist er ein gestrenger, konservativer Patriarch. Vicki hat nicht studieren zu wollen – als Tochter aus gutem Hause muss sie nur eine passende Ehe eingehen.
Doch Vicki „… will nicht heiraten! ... Ich will Menschen helfen, gesund zu werden. Nichts ist großartiger als das Gefühl, einen Kranken geheilt zu haben.“ (S. 177) Sie ist modern, neugierig, belesen und wissbegierig. Vicki brennt für die Medizin, liest alle Bücher darüber, derer sie habhaft wird und findet einen Weg, ihren Traum wenigstens etwas zu leben. Ich habe sie von Beginn an sehr gemocht und ihren Weg sehr gern verfolgt. Ihre Zielstrebigkeit und ihr Durchsetzungsvermögen haben mich beeindruckt.
Ihr Bruder Benno hingegen, der nach dem Wunsch des Vaters Arzt werden soll, ist eine unangepasste Künstlerseele. Er arbeitet als erotischer Maler auf St. Pauli, träumt vom großen Durchbruch und will als Künstler ernst genommen werden. In St. Pauli kommt er mit Kommunisten, Hafenarbeitern, Gewerkschaftlern und Huren in Kontakt und lernt ihr Leben kennen und verstehen. Er engagiert sich, bleibt aber trotzdem eher ein Beobachter von außen und war mir manchmal etwas zu leichtlebig und unbedarft – und passte dadurch gut in die Rolle es des verwöhnten Sohns aus gutem Haus.
Dazu kommen noch verschiedene Nebenstränge bzw. -figuren, die das Gesamtbild abrunden, alle Gesellschaftsschichten und deren Lebensumstände zeigen. Auch die Unterschiede zwischen arm und reich, der Streik der Hafenarbeiter und der Kampf der Frauen um Gleichberechtigung finden Eingang in die Handlung.
Besonders erschreckend fand ich die Szenen während der Cholera, welche mehrere Jahre wütet und ganze Familien auslöschte.

Obwohl Wolf Serno das Geschehen von vielen Seiten beleuchtet und immer wieder die Perspektive bzw. den Erzählstrang wechselt, steht Vickis Leben eindeutig im Vordergrund. Ich fand das Ende trotz vieler Abschlüsse etwas offen und hoffe, dass die Geschichte noch nicht auserzählt ist, sondern es eine Fortsetzung geben wird.

Veröffentlicht am 15.10.2019

Der Elefant und die Taube

Frida Kahlo und die Farben des Lebens
0

Frida studiert Medizin, als sich bei einem Busunfall eine Stahlstange durch ihr Becken und ihren Rücken bohrt. Danach ist sie 2 Jahre ans Bett gefesselt, fast unbeweglich durch ein Gipskorsett. Um es zu ...

Frida studiert Medizin, als sich bei einem Busunfall eine Stahlstange durch ihr Becken und ihren Rücken bohrt. Danach ist sie 2 Jahre ans Bett gefesselt, fast unbeweglich durch ein Gipskorsett. Um es zu verschönern, bemalt sie es mit bunten Blüten und Schmetterlingen. „Wozu brauche ich Füße, wenn ich Flügel habe, um zu fliegen?“ (S. 32) Sie entdeckt, dass sie den Schmerz und die körperlichen Beeinträchtigungen mit ihren Bildern verarbeiten kann, dass sie ihr eine neue Art der Freiheit schenken.
Als sie endlich wieder aufstehen und auf Partys gehen kann, lernt sie Diego Rievra kennen. Er ist 20 Jahre älter als sie, ein großer, stattlicher Mann und damals schon ein berühmter Maler. Frida ist das genaue Gegenteil – der Elefant und die Taube, sagt ihre Mutter zu ihnen als Paar – aber sie fasziniert ihn. Sie kompensiert ihre körperlichen Gebrechen mit traditioneller mexikanischer Kleidung und ausgefallenem Schmuck. Er flirtet mit ihr: „Du bist wunderschön. Und mit einem Blick aus deinen dunklen, glänzenden Augen kannst Du die Welt aus den Angeln heben.“ (S. 61). Ihre Freunde warnen sie – er bindet sich nie lange an eine Frau. Trotzdem trifft sie ihn regelmäßig und er verspricht ihr ein ganzes Leben: „Dich würde ich niemals verlassen, Friducha. Mit dir würde alles anders werden, neu. Du bist wie keine andere Frau. Ich will mit dir leben.“ (S. 87) Doch schon in den Flitterwochen erwischt sie ihn mit einer Anderen …

Ich habe vor Jahren die Frida-Kahlo-Biografie von Hayden Herrera gelesen, bin damals aber mit Frida als Frau und Künstlerin nicht wirklich warm geworden. Darum war ich gespannt, wie sich ihr Caroline Bernard genähert hat und sie hat mich von der ersten Seite an fesseln können. Sie beschreibt Frida als sehr zarte, aber auch starke Frau, die sich nicht zum Opfer ihrer Krankheit machen lässt, auch wenn sie manchmal an ihrem Körper verzweifelt. „In meinen Bildern suche ich nach mir. Nach dem, was nach diesem verdammten Unfall von mir übriggeblieben ist.“ (S. 81)
Die Autorin lässt ihre Leser an Fridas Schaffensprozessen teilhaben, man schaut ihr beim Malen über die Schulter und in ihren Kopf, lernt, sie und ihre Bilder, ihre Ausdrucksweise zu verstehen, das, was sie zu der Ausnahmekünstlerin machte, als die wir sie heute kennen. Auch sich selbst machte Frida durch ihre Kleidung und den für sie typischen blumengeschmückten Haarkranz zum Kunstwerk und inspirierte damit Andere.
Sie beschreibt auch die schwierige Beziehung von Frida und Diego. Während sie auf eine monogame Ehe hoffte, braucht er den Kick seiner Affären, obwohl er Frida liebt – ihre Intelligenz, ihre Kreativität, ihre Stärke, ihren Kampfgeist (gegen die Schmerzen, die Einschränkungen ihres Körpers und äußere Einflüsse) und ihre tiefe Verwurzelung in der mexikanischen Kultur. Er unterstützt und fördert sie, wo er nur kann, verhilft ihr zu ihrem Durchbruch. Aber er mag es auch, wenn sich alles nur um ihn dreht. Der Spagat zwischen ihren eigenen und Diegos Bedürfnissen fällt ihr nicht immer leicht: „Das Leben ist leichter, wenn er nicht täglich um mich ist …“ (S. 218)

Caroline Bernards biografischer Roman über Frida Kahlo ist sehr lebendig, emotional und mitreißend und zeigt deren beeindruckende Entwicklung zu einer großartigen Künstlerin. „Die Malerei waren ihre Flügel, ihr Tanz, ihr Leben!“ (S. 153)