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Veröffentlicht am 31.10.2019

Versöhnlicher Abschluss

Schattenblüte: Die Erwählten
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Ich habe mich schon sehr lange und echt tierisch auf das Erscheinen von "Schattenblüte 03. Die Erwählten" gefreut, weil ich seit Beenden von Band 2 einfach wissen wollte, wie die Reihe und damit die Geschichte ...

Ich habe mich schon sehr lange und echt tierisch auf das Erscheinen von "Schattenblüte 03. Die Erwählten" gefreut, weil ich seit Beenden von Band 2 einfach wissen wollte, wie die Reihe und damit die Geschichte um Luisa und Thursen enden würde. Aber auch ein wenig Wehmut hat die Warterei und schließlich das Lesen des Buches begleitet, denn die Charaktere der Buch-Reihe sind mir in den letzten Jahren doch sehr ans Herz gewachsen und ich wollte gar keinen Abschied von ihnen nehmen. Tja, nun habe ich das Buch beendet und das große Finale wurde erreicht. Zum Glück ist der Abschied von Luisa, Thursen, Haddrice, Norrock und wie sie alle heißen kein endgültiger. Denn die Buchstaben sind alle noch drin in den Büchern und irgendwann werde ich die Reihe garantiert noch mal lesen.

Da ich ja hiermit den Abschluss einer Trilogie bespreche, fange ich mal etwas untypisch mit dem Ende des Buches an. Also ich sage es mal so: Ich kann mit dem Ende durchaus leben, bin aber auch ein wenig unzufrieden damit. Das ist jetzt schwierig, etwas dazu zu schreiben, ohne dass ihr aus meinen Worten zu viel interpretieren könnt. Auf jeden Fall verraten kann ich aber bestimmt, dass mir am Ende ein paar kleine Tränchen über die Wangen gekullert sind. Der Auslöser dafür war fast schon simpel, aber doch bewegend. Insgesamt war mir das Ende aber etwas zu glatt. Ok, da gab es schon noch einige Rückschläge, aber an mancher Stelle hätte ich mir doch etwas mehr Dramatik gewünscht. Damit einhergehend vielleicht auch einfach noch 50 Seiten mehr Buch.

Denn zu glatt war mir nicht nur das Ende, sondern auch der Mittelteil. Das betrifft jetzt wieder Szenen, die ich hier nicht genauer beschreiben kann, um euch nicht die Spannung zu nehmen. Aber vielleicht kann sich ja der ein oder andere von euch, der das Buch auch schon gelesen hat, denken, was ich meinen könnte. Da ging mir manches doch zu einfach, zu unkompliziert vonstatten. Hier fehlte mir wieder die Dramatik, die Spannung. Ich kann mir zwar vorstellen, dass es Nora Melling schwergefallen ist, manche Entscheidungen in diesem Buch zu treffen und die Handlung in eine bestimmte Richtung zu führen. Aber daran hätte sie den Leser eventuell teilhaben lassen können, indem sie nicht alles so schnell aufgelöst, sondern mehr Drehungen und Wendungen eingebaut hätte und sich nicht immer für den leichtesten Weg entschieden hätte. Denn so kam es mir manchmal vor: Als hätte es sich die Autorin etwas zu einfach gemacht.

Die Shinanim nehmen in diesem Buch einen noch größeren Raum ein als in Band 2. Sehr zu meinem Leidwesen, muss ich sagen, denn ich mochte diese selbstgerechten Engel noch nie. Aber sie spielen nun mal eine wesentliche Rolle in der Gesamthandlung und sind aus dieser auch nicht wegzudenken. Das Buch erzählt nicht nur von dem Verhältnis der Shinanim zu den Werwölfen, sondern man lernt diese Gemeinschaft auch mit ihren internen Problemen kennen. Mich hat dieser Handlungsstrang aber nicht so sehr interessiert wie der, der sich mit den Wölfen beschäftigt hat.

Die Handlung von "Schattenblüte 03. Die Erwählten" ist sehr vielseitig und abwechslungsreich. Das Buch ist von Anfang an spannend und steuert auf das große Finale zu. Dabei kommen noch einige Ereignisse aus den Vorgängerbänden zur Sprache, die hier erneut aufgegriffen und fortgeführt werden. Vor allem Elias' Halbbruder Nick spielt dabei eine nicht ganz unwichtige Rolle.

Zusätzlich zu Luisa und Elias, die in Teil 1 und 2 als Ich-Erzähler aufgetreten sind, kommt nun auch Thursen zu Wort und die Sicht auf die Ereignisse wird umfassender. Kurze Kapitel sorgen nicht nur dafür, dass sich das Buch sehr leicht weglesen lässt, sondern bieten zudem ein hohes Maß an Spannung. Wie gewohnt ist der Schreibstil von Nora Melling eine Mischung aus Poesie und Wolfsgeknurre, eine Kombination aus ausgefeilten und abgehackten Sätzen. Nora Melling sagt of viel, ohne viel zu schreiben. Jedes Wort sitzt und drückt genau das aus, was die Autorin damit von sich geben wollte.

Der Titel "Die Erwählten" ist übrigens wieder sehr passend und erklärt sich am Ende des Buches.

Nun blicke ich also ein wenig wehmütig, ein wenig unzufrieden, aber insgesamt doch versöhnlich auf die gesamte Reihe zurück. Einiges hätte man bestimmt anders lösen kann, aber Nora Melling hat sich nun mal für diesen Weg entschieden.

Mein Fazit:

Ein versöhnlicher Abschluss einer Reihe, die mich von der ersten Seite des ersten Bandes an gefesselt hat und von der ich mich nicht verabschieden wollte, es nach Umblättern der letzten Seite des letzten Bandes aber doch musste.

Veröffentlicht am 16.10.2019

Wundervolle kleine Weisheiten

Restaurant Dalmatia
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Mit seinen 240 Seiten ist „Restaurant Dalmatia“ ein eher dünnes Buch, aber es beinhaltet so viel. Im Vordergrund steht Mia, mitsamt ihrer ganzen Lebensgeschichte. Mia ist auf der Suche nach sich selbst, ...

Mit seinen 240 Seiten ist „Restaurant Dalmatia“ ein eher dünnes Buch, aber es beinhaltet so viel. Im Vordergrund steht Mia, mitsamt ihrer ganzen Lebensgeschichte. Mia ist auf der Suche nach sich selbst, arbeitet in diesem Buch ihre Vergangenheit auf. Mia weiß nicht so richtig, wo sie herkommt. Und noch weniger scheint sie zu wissen, wo sie hingehört. Und so begibt sie sich zurück an den Ort ihrer Kindheit, den Wedding im ehemaligen West-Berlin, und trifft auf Menschen, die sie nicht vergessen hat, an die sie aber auch seit sehr, sehr langer Zeit nicht mehr bewusst gedacht hat. Und während vieler langer Gespräche, die sich stellenweise im Kreis drehen, stellenweise aber auch so viel Philosophie und Weisheit beinhalten, erkennt Mia sich selbst und findet vor allem den Weg zu sich selbst. Und damit verbunden sind die Lebensgeschichte ihrer Eltern und die Lebensgeschichte ihrer Großeltern, die auch einen gewissen Teil von Mia ausmachen.

„Restaurant Dalmatia“ erzählt von Heimatlosigkeit, von unterschiedlichen Kulturen, die aufeinander treffen, von dem Gefühl, Gastarbeiter in einem fremden Land zu sein, von Krieg und Mauerfall. Nicht nur das Leben von Mia und den anderen Charakteren wird erzählerisch wiedergegeben, sondern auch das Leben zweier Länder: Kroatien und Deutschland.

Dadurch springt die Handlung des Buches nicht nur zwischen den verschiedenen Charakteren, sondern auch zwischen verschiedenen Zeitebenen. Ich würde fast sagen, der Teil, der in der Gegenwart spielt, nimmt den geringsten Raum ein. Denn viel wichtiger ist, was in der Vergangenheit geschehen ist und was Mia letztlich so geprägt hat.

Stellenweise war eine Handlung in diesem Buch gar nicht so wichtig, sondern Gespräche standen im Vordergrund. Aber meist wechselten sich intensive Handlung und ruhigere bis aufwühlende Gespräche einfach ab. Ich muss aber sagen, dass mich die Teile des Buches, in denen auch wirklich etwas passiert, mehr gefesselt haben. Die Dialoge waren teilweise schon so philosophisch und so voller Weisheiten, dass mir beim Lesen schon fast der Kopf gequalmt hat. Dann kamen Erzählstränge, in denen endlich wieder auch etwas Handfestes passiert, genau richtig.

Die Lektüre von „Restaurant Dalmatia“ fand ich nicht ganz einfach. Das Buch ist doch recht anspruchsvoll geschrieben, teilweise muss man auch zwischen den Zeilen lesen. Jeder Satz drückt bewusst oder unbewusst so viel aus und man muss doch sehr konzentriert lesen, um alle Kleinigkeiten einzufangen. Gleichzeitig ist der Stil von Jagoda Marinic sehr sprach- und bildgewaltig. Sie spielt mit der Sprache und drückt mit wenigen Worten so viel aus. Es ist also kein Buch zum Nebenbei-Lesen, sondern erfordert schon die volle Aufmerksamkeit des Lesers.

Ich glaube, mit meiner Rezension kann ich gar nicht ausdrücken, was die Lektüre von „Restaurant Dalmatia“ mit mir gemacht hat. Ich habe mir so viele Sätze markiert, die ich einfach besonders fand, die ich aber gar nicht weiter kommentieren kann, weil man sie einfach so im Raum stehen und auf sich wirken lassen sollte.

Mein Fazit

„Restaurant Dalmatia“ ist trotz seines eher geringen Umfangs ein Buch mit enorm viel Inhalt und so vielen wundervollen Sätzen und kleinen Weisheiten, die man immer und immer wieder lesen könnte.

Veröffentlicht am 16.10.2019

Überzeugt mit seinen authentischen Charakteren

Twin Souls - Die Verbotene
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Was mich an dieser Dystopie gereizt hat, war die Tatsache, dass sie anhand des Klappentextes so anders als die vielen, vielen Dystopien klang, die sich auf dem Büchermarkt tummeln. Und beim Lesen hat sich ...

Was mich an dieser Dystopie gereizt hat, war die Tatsache, dass sie anhand des Klappentextes so anders als die vielen, vielen Dystopien klang, die sich auf dem Büchermarkt tummeln. Und beim Lesen hat sich auch gezeigt, dass diese Dystopie tatsächlich anders ist. Die Grundidee deutet es ja schon an. Bislang habe ich noch von keinem Jugendbuch gehört, dass sich mit dem Thema „Zwei Seelen wohnen, ach!, in meiner Brust“ beschäftigt.

Und die Umsetzung ist ebenso neu. Denn mit Eva als Ich-Erzählerin und unterlegener Seele bekommt das Buch seinen ganz besonderen Reiz. Eva kann denken, sehen und hören. Also heißt es immer dann „Wir“, wenn der gemeinsame Körper auf diese Weise etwas wahrnimmt. Da Eva den Körper aber nicht steuern kann und auch nicht in der Lage ist, zu sprechen, heißt es in solchen Situationen, wo sich der Körper fortbewegt oder etwas gesagt wird, immer „Sie“ – nämlich Addie. Eva ist dadurch irgendwie Ich-Erzähler und Er-Erzähler in Einem. Und das ist echt genial und das habe ich so auch noch in keinem anderen Buch gesehen. Ich kann mir auch vorstellen, dass es für Kat Zhang gar nicht so einfach war, diesen Erzählstil konsequent durchzuhalten. Aber sie hat es geschafft. Im ersten Moment ist dieser Schreibstil etwas ungewöhnlich, klar, und man muss sich beim Lesen auch etwas konzentrieren, um die Wendungen im Erzählstil nachzuvollziehen. Aber nichtsdestotrotz ist dieser Erzählstil einfach total originell und besonders.

Größtenteils war auch die Handlung sehr originell und unterscheidet sich schon allein wegen des Grundthemas von anderen Büchern. Im ersten Teil des Buches wird der Leser hauptsächlich mit dem Alltag von Eva und Addie vertraut gemacht. Als die Regierung ihnen auf die Schliche kommt, wird das Buch spannender. Aber nähert sich dabei auch mehr und mehr der Handlung anderer Dystopien an. Denn natürlich gibt es eine Widerstandsbewegung, die gegen die Regierung arbeitet. Und natürlich kommen Eva und Addie mit ihr in Kontakt. Ich glaube, damit habe ich nicht zu viel verraten, denn es war irgendwie von Anfang an klar. Leider. Hier hätte ich mir doch eine etwas originellere Auflösung gewünscht.

Aber das Buch hat noch einen weiteren großen Pluspunkt: Es gibt in diesem ersten Band keine Liebesbeziehung! Es tauchen zwar durchaus einige männliche Charaktere auf, die auch nicht gerade unattraktiv sind. Aber es passiert liebestechnisch rein gar nichts! Vielleicht hat sich Kat Zhang das für den zweiten Band aufgehoben. Mal schauen. :wink:

Besonders gut gefallen hat mir die Darstellung der Beziehung zwischen Eva und Addie. Die beiden sind im Prinzip so etwas wie siamesische Zwillinge. Die eine will und kann nicht ohne die andere leben. Und doch arbeiten sie stellenweise gegeneinander, denn als dominante Seele will Addie dauerhaft das Kommando übernehmen und Eva hat sich irgendwie damit abgefunden. Doch heimlich träumt sie davon, auch noch einmal den Körper zu steuern und als Eva erkannt und angesprochen zu werden. Sie würde so gerne noch einmal hören, wie jemand laut ihren Namen ausspricht. Diese schwierige Situation hat immer wieder zu Streitereien zwischen den Schwestern geführt und ich fand diese Szenen so authentisch dargestellt.

Überhaupt sind die Charaktere sehr authentisch gezeichnet. Das betrifft nicht nur Eva und Addie, sondern auch den Bruder der beiden und deren Eltern. Überhaupt spielt die Familie eine sehr große Rolle in diesem Buch und es gibt einige schwierige Entscheidungen zu treffen. Das Buch behandelt einige moralische Themen und ich fand es sehr interessant zu lesen, wie die verschiedenen Charaktere dabei unterschiedliche Standpunkte einnehmen.

Bis auf die oben genannten Besonderheiten, was den Schreibstil betrifft, ist „Twin Souls 01. Die Verbotene“ nicht besonders anspruchsvoll geschrieben. Für ein Jugendbuch ist der Stil genau passend, aber spricht auch erwachsene Leser an.

Mein Fazit:

Nicht nur aufgrund seines Grundthemas, sondern vor allem aufgrund des Schreibstils unterscheidet sich „Twin Souls 01. Die Verbotene“ von den vielen anderen Dystopien und überzeugt mit seinen authentischen Charakteren.

Veröffentlicht am 16.10.2019

Eine ganz besondere Atmosphäre

Herz aus Eis
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„Herz aus Eis“ gliedert sich in zwei Teile, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die erste Hälfte des Buches ist sehr bodenständig. Der Leser lernt hier die beiden Hauptfiguren Hazel und Jack kennen, ...

„Herz aus Eis“ gliedert sich in zwei Teile, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die erste Hälfte des Buches ist sehr bodenständig. Der Leser lernt hier die beiden Hauptfiguren Hazel und Jack kennen, wird mit ihren Lebensumständen vertraut gemacht und bekommt vor allem zu spüren, was für eine besondere Freundschaft es ist, die die beiden verbindet. Aber man erfährt auch, wie schwer es die beiden haben. Und dass sie sich deshalb oft in Fantasiegeschichten flüchten, in denen sie zum Beispiel Superhelden mit Superkräften sind. Einige Probleme, die das Erwachsenwerden mit sich bringt, werden angesprochen und ganz geschickt in die Handlung integriert. Zum Beispiel das Gefühl, von den Klassenkameraden nicht akzeptiert zu werden. Oder das Gefühl, von den Eltern nicht verstanden zu werden. Und ganz besonders die Angst, alleine zu sein.

Mich hat dieser erste Teil des Buches total verzaubert. Ich war von der ersten Seite an in dem Buch und der Geschichte gefangen und habe jedes einzelne Wort förmlich aufgesogen. Der Schreibstil von Anne Ursu eignet sich sowohl für jüngere als auch für ältere Leser, denn er ist nicht besonders anspruchsvoll, aber trotzdem einfach nur schön und besonders. Anne Ursu holt ihre Leser ab und nimmt sie mit auf eine ganz besondere Reise. Die Atmosphäre des Buches könnte nicht besser zur aktuellen Jahreszeit passen. Es liegt eine besondere Stimmung über dem Buch, die sich gar nicht richtig in Worte fassen lässt.

Und ganz besonders fasziniert haben mich die Charaktere in diesem ersten Teil. Jeder von ihnen, selbst die kleinste Nebenfigur, wird so anschaulich mit seinen Macken und Eigenheiten beschrieben, dass man meint, ihn schon ewig zu kennen. Jede Figur bekommt ein Gesicht und es fällt nicht schwer, sich die Handlung aufgrund der Beschreibungen der Autorin bildlich vorzustellen. Während des Lesens lief durchweg ein Film vor meinem geistigen Auge, der das Gelesene in anschauliche Bilder umgesetzt hat.

So bodenständig der erste Teil des Buches auch ist, umso fantastischer ist dessen zweiter Teil. Mit Betreten des verschneiten Waldes ändert sich die Stimmung total und wird von einer Seite zur anderen mystisch und fantasievoll. Hazel trifft auf ihrer Reise durch den Wald auf allerlei menschliche und tierische Charaktere, die ihr nicht alle etwas Gutes wollen. Einige von ihnen weisen Hazel den rechten Weg, andere wiederum versuchen, sie aufzuhalten. Und allen gemein ist, dass sie Hazel davon abraten, die Weiße Königin zu suchen. Und immer wieder muss sie sich die Frage stellen lassen, ob sie sich den auch ganz sicher ist, dass Jack zurückkommen möchte. Aber da ist sich Hazel ganz sicher, schließlich ist er doch ihr bester Freund.

Leider hat meine Begeisterung für das Buch mit diesem zweiten Teil etwas nachgelassen. Während die Autorin im ersten Teil so viel Zeit und Liebe in die Handlung und die Charaktere investiert hat, wirkt die Handlung im zweiten Teil viel zu übereilt. Hazel hastet durch den Wald, trifft auf Mensch, trifft auf Tier, trifft auf Mensch, gerät in Gefahr, befreit sich aus ihr, hastet weiter. Es bleibt keine Zeit für Beschreibungen, die neu eingeführten Figuren bleiben alle blass, weil man sie als Leser viel zu schnell wieder verlässt, um sie richtig kennenzulernen. Es scheint, als hätte die Autorin zu viele Ideen für diesen zweiten Teil gehabt, von denen sie keine weglassen wollte, sodass sie alle zu gedrungen umgesetzt wurden. Und darunter leidet auch der Schreibstil, der es in diesem zweiten Teil nicht mehr geschafft hat, mich mit jedem Wort zu begeistern. Das Buch wirkt jetzt zu hektisch, als dass ich noch Freude an den Wörtern und Sätzen empfinden könnte.

Auch das Ende kommt viel zu plötzlich. Über so viele Seiten baut sich eine Spannung auf und die Frage, ob Hazel ihren besten Freund zurückgewinnen kann, wird immer drängender. Und dann bekommt man als Leser die Antwort auf diese Frage mit so wenigen Sätzen geliefert. Das ist schade.

Nichtsdestotrotz hat auch der zweite Teil des Buches seine Stärken, und die liegen in den Anspielungen auf andere fantastische Werke und auch andere Märchen. Wer „Harry Potter“, „Narnia“ oder „Der Herr der Ringe“ gelesen hat, wird die Anspielungen ganz bestimmt erkennen, die aber keinesfalls aufdringlich oder konstruiert wirken, sondern sich perfekt in die Handlung eingliedern.

Mein Fazit

Eine moderne Version des Märchens von der Schneekönigin, die mit ihrer ganz besonderen Atmosphäre und ihren liebevollen Charakteren überzeugt.

Veröffentlicht am 16.10.2019

Ein Märchen, das moderner nicht sein könnte

Die Luna-Chroniken 1: Wie Monde so silbern
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Den Einstieg in das Buch fand ich etwas befremdlich. Als Leser beobachtet man, wie Cinder, unser modernes Aschenputtel, ihren alten und unbequemen Fuß einfach durch ein neueres Modell ersetzt. Denn Cinder ...

Den Einstieg in das Buch fand ich etwas befremdlich. Als Leser beobachtet man, wie Cinder, unser modernes Aschenputtel, ihren alten und unbequemen Fuß einfach durch ein neueres Modell ersetzt. Denn Cinder ist eine Cyborg: zu einem Teil Mensch, zu einem Teil Maschine und zusammengeflickt aus Ersatzteilen. Cinder ist die beste Mechanikerin in Neu-Peking und erhält entsprechend viele Aufträge. Doch den wichtigsten Auftrag erhält sie an dem Tag, an dem das Buch beginnt: Prinz Kai taucht an ihrem Marktstand auf und bittet sie, seinen Androiden zu reparieren, der seit einiger Zeit nicht mehr funktioniert. Damit nimmt die Handlung ihren Lauf und Cinder gerät in einen großen Machtkampf, in dem sie selbst keine unbedeutende Rolle spielt.

Die Handlung spielt in der entfernten Zukunft, mehrere Jahrzehnte nach dem Vierten Weltkrieg. Und dementsprechend technologisiert ist die Welt. Androiden und Cyborg sind keine Seltenheit und auch die Fortbewegungsmittel sind überaus modern. Von Marissa Meyer wird man sofort und schon mit den ersten Sätzen in diese fremde und ungewöhnliche Welt katapultiert und muss sich mehr oder weniger alleine zurechtfinden, denn Erklärungen bekommt man von der Autorin nur spärlich und häppchenweise serviert. Am Anfang habe ich mich in Neu-Peking nicht so gut zurechtgefunden, aber die Verwirrung hat sich mit der Zeit gelegt und die Zusammenhänge wurden auch immer klarer.

Dazu hat auch der bildhafte Schreibstil der Autorin beigetragen, der es ermöglicht hat, sich mit jeder weiteren anschaulichen Beschreibung mehr und mehr in der Zukunft zurechtzufinden. Marissa Meyer schafft es, mit ihren Worten Bilder vor dem geistigen Auge des Lesers zu malen, und schon fällt die Orientierung viel leichter. Der Marktstand von Cinder, das Schloss des Prinzen, die Charaktere - alles beschreibt die Autorin so anschaulich und bildhaft, das es eine wahre Freude ist.

Cinder fand ich als weibliche Hauptfigur auf Anhieb sympathisch. Sie ist sehr klug und bedacht und eben ein modernes Aschenputtel. Man hat Mitleid mit ihr, obwohl sie das wahrscheinlich gar nicht möchte. Und auch Prinz Kai, der männliche Hauptcharakter, war eine Figur, die ich sofort mochte. Das gilt im Übrigen auch für einige der Nebenfiguren, obwohl da auch echte Fieslinge dabei waren. Das gehört aber nicht nur zu diesem Buch dazu, sondern auch zu Märchen im Allgemeinen. Ohne die Bösewichte macht es doch irgendwie keinen Spaß.

Obwohl „Wie Monde so silbern“ eine Märchenadaption ist, erzählt es darüber hinaus seine ganz eigene Geschichte. Es sind nur wenige Details, die Marissa Meyer angenommen und für ihre Handlung übernommen hat. Doch der Großteil der Handlung entspringt der eigenen Fantasie der Autorin. Und hier hat sie einen großen Ideenreichtum an den Tag gelegt und die Handlung stimmig und authentisch konstruiert. Die Idee, die Handlung in die ferne Zukunft zu verlegen, wurde sehr gut umgesetzt und die Details entsprechend an diese Zeit angepasst. Die Handlung ist sehr vielseitig und es steht nicht nur allein die Beziehung zwischen Cinder und Prinz Kai im Vordergrund, sondern es passiert noch viel mehr. Die Handlung ist praktisch ständig in Bewegung und es gibt viele Wendungen, die nie für Langeweile sorgen.

Allerdings war mir die Handlung stellenweise doch etwas zu politisch. Dieser große Machtkampf, um den sich so vieles dreht, hat mir etwas zu viel Raum eingenommen und ich hätte mir dafür lieber noch ein paar mehr Szenen zwischen Cinder und Prinz Kai gewünscht. Das Auftreten der machthungrigen Königin, die übrigens nicht vom Planeten Erde kommt, sorgt zwar für Spannung, aber insgesamt konnte mich dieser Handlungsstrang nicht vollständig begeistern.


Mein Fazit

„Wie Monde so silbern“ erzählt ein Märchen, das moderner nicht sein könnte.