Eine enttäuschende Auflösung, hier wurde zu viel Potenzial verschenkt.
"Sie sind endlich bereit zu akzeptieren, dass Ihr Dämon nur in Ihrer Phantasie existiert hat." "Nennen Sie ihn nicht immer so." Sie schob den Stuhl zurück und stand auf. "Anabel!", sagte er streng. Es ...
"Sie sind endlich bereit zu akzeptieren, dass Ihr Dämon nur in Ihrer Phantasie existiert hat." "Nennen Sie ihn nicht immer so." Sie schob den Stuhl zurück und stand auf. "Anabel!", sagte er streng. Es war doch gerade so gut gelaufen. "Unsere Sitzung ist noch nicht beendet." "Doch, doch, das ist sie, Doktorchen", erwiderte sie. "Mein Wecker klingelt gleich. Ich habe einen Termin [...] den darf ich keinesfalls Fall verschlafen [...]."
"Silber - Das dritte Buch der Träume" - Kerstin Gier
[S. 11]
Inhalt:
Liv und ihre Freunde stehen vor einigen Problemen: 1. Anabel ist aus der Psychiatrie entkommen, hat ihren Psychiater ins Koma versetzt, rennt durch die Traumgänge und redet was von einem Dämonen, der auf Rache schwört 2. Arthur plant die Übernahme der Weltherrschaft und sorgt nicht nur in der Traumwelt, sondern auch in der Realität für allerhand Chaos und Verwüstung und 3. der Brocker mischt sich in die Hochzeitsplanung von Livs Mutter Ann und Graysons Vater Ernest ein. Ein weist-Anabel-wieder-in-die-Psychiatrie-ein, Rettet-die-Welt-vor-Arthur und setzt-den-Brocker-außer-Gefecht-Plan muss her, aber schnell! Und als wäre das nicht schon genug, tauchen auch einige Beziehungsdramen auf, die es ebenfalls galant zu lösen gilt.
Meinung:
"Silber - Das dritte Buch der Träume" sorgt für allerlei Furore - die Einen hassen es, die Anderen lieben es. Ich habe mich in der Mitte beider Meinungen positioniert und bin einerseits verzaubert und andererseits enttäuscht. Der Finalband der Silber-Reihe ist sehr kurzweilig und bietet seinen Lesern leider nicht die erhofften Antworten. Wie etwa: Was hat es mit dem Traumland auf sich? Wie funktioniert das Ganze? Warum sind sich anscheinend nur Liv und ihre Freunde dieser magischen Welt bewusst? Stattdessen wirft dieser Band neue Fragen auf, die sich eher mit beziehungstechnischen Themen beschäftigen. Wie etwa: Wie sage ich meinem Freund, dass ich noch Jungfrau bin? Wie werde ich anhängliche und liebestolle Verehrer los? Oder aber: Wie mache ich meiner Ex klar, dass endlich Schluss ist? Damit bekommt das Buch eine ganz neue Facette. Wenn es sich hierbei nicht um den finalen Teil handeln würde, könnte man Frau Gier dies sicherlich verzeihen, jedoch erwartet man beim letzten Band dann doch etwas mehr: Spannung, Höhepunkte und vor allem Überraschungen. Komponenten, mit denen die Autorin hier nicht dienen kann und offensichtlich auch nicht dienen will. Immerhin bekommt man letztlich wenigstens eine Antwort auf die Identität von Secrecy - was uns Leser zumindest zum Teil für unsere Geduld entschädigt.
Zugegebenermaßen hätte ich mir gerne mehr greifbaren Inhalt der Autorin gewünscht, konnte mich am Ende aber trotzdem ganz gut mit der Silber-Reihe arrangieren. Als kleines, süßes und herzliches Zwischenabenteuer, ist dieses nämlich durchaus geeignet. Ich habe mich einfach fallen und von Frau Gier und ihrer sehr niedlichen und lustigen Schreibart durch die Geschichte tragen lassen. Denn eines muss hier gesagt sein: Der Schreibstil der Autorin ist gut wie eh und je. Herz erwärmende Szenen und brisante Notlügen, lassen einen nicht nur einmal schmunzeln. Dieses Werk reg zum Träumen an, zum Kekse backen und animiert zu mehr Spaß und Freude am Leben. Es riecht nach Vanillekipferl, schmeckt nach saftigem Schokoladenkuchen und sieht - besonders von außen - aus wie eine dreistöckige, kunterbunte Geburtstagstorte.
Besonders angetan hat es mir Livs kleine Schwester Mia und die grandiose Silber-Hobbybäckerin Lottie, die einem durch ihre leckeren Torten-, Kuchen-, Keks- und Gebäckkreationen, nicht nur einmal das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Die anderen Figuren haben mich zwar auch unterhalten können, aber leider nicht auf voller Linie überzeugt. Liv bleibt als Charakter, ebenso wie Henry, ziemlich undurchsichtig und kann sich so, als Hauptfigur, nur schwer die Sympathie ihrer Leser erkämpfen. Auch die Bösewichte der Geschichte Anabel und Arthur, sind nicht gerade der Inbegriff allen Bösen und Dämonischen - ich habe mich jedenfalls nur mäßig von ihnen bedroht gefühlt. Schlussendlich spiegeln die Buchfiguren das Hauptproblem der ganzen Reihe wieder: Eine nur mäßig ausgearbeitete und ziemlich undurchsichtige Handlung, die kaum Atmosphäre kreieren kann und hauptsächlich durch Nebenhandlungen und -figuren lebt.
Fazit:
Mehr Fragen als Antworten, weniger Höhe- und Wendepunkte als erwartet, mäßig bis kaum mitreißende Charaktere, aber himmlisch niedliche Zwischenhandlungen, viel leckeres Gebäck und einige belustigende und zum Schmunzeln anregende Situationen - so könnte man "Silber - Das dritte Buch der Träume" wohl am besten beschreiben. Frau Gier hat bei dieser Buchreihe definitiv viel Potenzial verschenkt, aber trotzdem ganz gut unterhalten. Im Hinblick auf ihre anderen Werke, verzeiht man ihr diesen, nennen wir ihn einmal "Ausrutscher" gerne und wartet mit Spannung und großen Erwartungen auf ihre nächste Idee und Buchreihe.