"I wish the government would put a tax on pianos for the incompetent." - Edith Sitwell
Laut Einleitung des Buches hat Edith Sitwell, die Hauptfigur dieses Romans, tatsächlich gelebt.
"Sie kam 1887 auf einem Adelssitz zur Welt und durfte doch nie Prinzessin sein. Mit zwölf steckte man sie auf Geheiß ihres Vaters für mehrere Monate in eine Streckapparatur, um sie dem Schönheitsideal der Zeit anzupassen. Erfolglos. Edith Sitwell hat geliebt, aber nie geheiratet. Sie wuchs zu einer spitzzüngigen Dichterin und Schriftstellerin heran, lebte ein selbstbestimmtes Leben und machte aus sich ein in Brokat, Seide und Samt gehülltes Gesamtkunstwerk."
Nach diesen Worten der Einleitung erwartete ich eine mitreißende Geschichte, unterhaltsame Gespräche mit Künstlern der Epoche und Beschreibungen der bereisten Städte.
Erzählt wird die Handlung von Jane und ihrer Mutter Emma. Beides fiktive Figuren, die für Edith Sitwell als Hausmädchen und Gesellschafterin gearbeitet haben.
Die Beschreibung der Kindheit Ediths und die Freundschaft mit Emma fand ich sehr berührend.
Was wird aus einem Kind, das die Eltern als hässlich und deswegen als nicht liebenswert empfinden?
Edith zog sich in die Welt der Fantasie zurück, erzählte Geschichten und begann auch selbst zu schreiben.
Theatervorstellungen, Soiréen und Begegnungen mit bekannten Persönlichkeiten tauchen am Rande des Romans auf. Der Hauptteil der Geschichte beschreibt Ediths Leben in sehr bescheidenen Appartements in London und Paris, wo sie mit Helen Rootham, einer Autorin und Übersetzerin, wohnte. Außerdem ging es um ihre Freundschaft zu dem weltbekannten Fotografen Cecil Beaton und ihre Hörigkeit zu dem Maler Pavel Tchelitchew.
Schaue ich mir Fotos von Edith Sitwell im Internet an, sehe ich eine sehr große, schlanke Frau mit einer etwas langen, schmalen Nase.
Es fällt mir schwer, das Buch zu beurteilen. Ich hätte mir gewünscht, dass Edith ein glückliches Leben führt. Doch in diesem Punkt war die Autorin natürlich daran gebunden, die Realität zu schildern.
Die erste Hälfte des Buches habe ich sehr gern gelesen. Irgendwann nahmen die Schilderungen der Ich-Erzählerin Jane einen emotionslosen Reporter-Stil an. Zum Ende wurde es wieder spannender.
Ich hätte auch gern mehr über die Gedanken und Gedichte Sitwells erfahren, statt der Schilderungen von Krankheit und Alkoholsucht.
Ein Roman über das Leben einer Exzentrikerin, einer Frau, die sich als Ausgestoßene empfand und somit frei war, ihr Leben zu gestalten und die Konventionen zu brechen.