Profilbild von leseratte1310

leseratte1310

Lesejury Star
offline

leseratte1310 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit leseratte1310 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.10.2019

Vergesst unsere Namen nicht

Vergesst unsere Namen nicht
0

Der zehnjährige Sohn von Simon Stranger bemerkt einen Stolperstein in den Straßen von Trondheim, der Hirsch Komissar gewidmet ist. Er erfährt, dass er der Ururenkel jenes Mannes ist, der als Jude von den ...

Der zehnjährige Sohn von Simon Stranger bemerkt einen Stolperstein in den Straßen von Trondheim, der Hirsch Komissar gewidmet ist. Er erfährt, dass er der Ururenkel jenes Mannes ist, der als Jude von den Nazis ermordet wurde. Dieser Moment ist der Beginn einer Auseinandersetzung mit der Geschichte seiner Frau und deren Familie.
Dieses Buch umfasst 26 Kapitel, die mit den Buchstaben des Alphabets überschrieben sind. In diesen 26 Kapiteln wird die Familiengeschichte über 80 Jahre erzählt und es gibt eine sehr dunkle Zeit innerhalb dieser 80 Jahre, die durch die Gräueltaten der Nazis bestimmt wurden. In diesem Buch geht es nicht um eine deutsche, sondern um eine norwegische jüdische Familie, die aber auch nicht sicher war vor der Verfolgung der Deutschen, die während des Krieges Norwegen besetzt hatten.
Die Besatzer nutzten Spitzel, die Widerständler und Juden an die Deutschen verrieten. Ein solcher Zuträger war der kleinwüchsige Henry Oliver Rinnan. Er war ein unangenehmer Mensch, der früher immer gehänselt wurde und sich nun plötzlich bedeutsam fühlte. So zog er Gleichgesinnte an, die genauso skrupellos waren. Diese Bande trieb ihr Unwesen vom „Bandenkloster“ aus, wo sie feierten, folterten und töteten. Auch Hirsch Komissar wird ein Opfer von Rinnan. Weil er englische Nachrichten hörte, wurde er verhaftet und später im Konzentrationslager erschossen. Seinen Söhnen gelingt die Flucht nach Schweden.
Der Autor Simon Stranger stellt bei seinen Recherchen fest, dass seine Schwiegermutter Grete Komissar später in dem berüchtigten Haus aufgewachsen ist.
Es ist eine sehr persönliche Geschichte, die der Autor hier erzählt. Dadurch dass man so nahe an den Personen ist, verspürt man das Schreckliche umso mehr. Es ist unbegreiflich und schockierend, dass ein Mensch wie Rinnan so grausam und kaltblütig handelt.
Eine Geschichte, die unter die Haut geht.

Veröffentlicht am 22.10.2019

Eine manipulative Protagonistin

Vater unser
0

Eva Gruber wird von der Polizei in die psychiatrische Abteilung des alten Wiener Spitals gebracht. Sie erzählt dem Psychiater Doktor Korb ihre Geschichte. Aufgewachsen ist sie in einem Dort in Kärnten, ...

Eva Gruber wird von der Polizei in die psychiatrische Abteilung des alten Wiener Spitals gebracht. Sie erzählt dem Psychiater Doktor Korb ihre Geschichte. Aufgewachsen ist sie in einem Dort in Kärnten, wo man streng katholisch ist. Sie hat noch einen Bruder namens Bernhard, den sie retten will. Den Vater möchte sie am liebsten töten.
Diese Geschichte wird aus der Perspektive von Eva Gruber erzählt, so dass ich immer sehr nahe an ihr dran war. Dennoch ist sie mir nicht sympathisch, denn sie manipuliert und ist rechthaberisch. Aber ihre Gedankengänge zeuge auch von Verzweiflung und Leid. Nur wurde ich zunehmend unsicher, was Wahrheit ist oder Lüge. Somit wurden auch meine Gefühle ihr gegenüber immer zwiespältiger. War Mitleid angebracht und eher Widerwille? Ist Eva krank oder ist sie nur eine perfekte Schauspielerin, die andere auf ihre Seite ziehen will? Schon als Kind hat sie die Lüge geschickt genutzt, um in ihrer dysfunktionalen Familie und dem Umfeld durchzukommen.
Nun hat sie jedenfalls geschickt ihr Ziel erreicht und ist ihrem magersüchtigen Bruder näher, der auch hier im Spital ist und den sie retten will. Dabei zeigen sich im Gespräch mit Doktor Korb durchaus auch witzige Situationen.
Je länger man liest, umso mehr fragt man sich: Was ist normal?
Dieser Roman hat eine sehr ernste Thematik, auch wenn er sich leicht und flüssig lesen lässt und manchmal sogar humorvoll ist.

Veröffentlicht am 20.10.2019

Die englische Fürstin

Die englische Fürstin
0

Mary Theresa Olivia Cornwallis-West, genannt Daisy, wächst als englische Adelstochter auf. Die Eltern sind finanziell nicht besonders gut gestellt und so muss die Ausbildung der Tochter sich auf das Nötigste ...

Mary Theresa Olivia Cornwallis-West, genannt Daisy, wächst als englische Adelstochter auf. Die Eltern sind finanziell nicht besonders gut gestellt und so muss die Ausbildung der Tochter sich auf das Nötigste beschränken. Ziel ist es daher, sie möglichst bald mit einem gut betuchten Mann zu verheiraten. Sie muss den 12 Jahre älteren Hans Heinrich XV., Graf von Hochberg, Fürst von Pless, heiraten. Mit ihm geht sie nach Deutschland und lebt dort im Schloss Fürstenstein. Ihr Mann erwartet, dass sie ihm einen Erben schenkt, doch sie wird nicht schwanger. War sie in England recht frei aufgewachsen, so eckt sie nach der Hochzeit ständig an. Ihr Ehemann legt Wert auf Etikette und Abstand zum niedrigen Volk. Die Männer sind sehr von ihr angetan, auch der Kaiser. Daisy ist nicht wirklich glücklich. Als sie erkennt, wie es den Arbeitern in den Kohlebergwerken ergeht, setzt sie sich heimlich für die Armen ein. Ihr Interesse an Politik wächst. Als der Erste Weltkrieg droht, versucht sie zu vermitteln, doch als Engländerin gerät sie zwischen die Fronten.
Das Buch liest sich sehr angenehm und gibt einen guten Einblick in das Leben bei Hofe und in die Zeit. Viele Perspektivwechsel sorgen dafür, dass man einen umfassenden Überblick bekommt.
Anfangs war Daisy noch ziemlich naiv, aber sie entwickelt sich zu einer starken Frau, die etwas bewegen will und weiß, wie sie das schaffen kann. Ihr Mann wirkt neben ihr sehr blass. Während er sie zunächst sehr einengt, nimmt er sich alle Rechte heraus. Daneben gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Charaktere, die gut dargestellt sind.
Eine authentische Geschichte, die mir gut gefallen hat. Im Nachwort erklärt die Autorin, was Realität und was Fiktion ist.
Ein unterhaltsamer historischer Roman um eine starke Frau.

Veröffentlicht am 13.10.2019

Die Suche nach der Wahrheit

Der Sturm
0

Der Tod seines Ziehvaters Johannes sorgt dafür, dass Andreas auf die Insel zurückkommt. Hier auf der norwegischen Insel hat er seine Kindheit bei Johannes im Gelben Haus verbracht. Seine Gefühle sind ambivalent. ...

Der Tod seines Ziehvaters Johannes sorgt dafür, dass Andreas auf die Insel zurückkommt. Hier auf der norwegischen Insel hat er seine Kindheit bei Johannes im Gelben Haus verbracht. Seine Gefühle sind ambivalent. Eigentlich wollte er nicht unbedingt zurückkommen, denn rückblickend war es nicht besonders angenehm. Alle schienen alles über die anderen zu wissen, doch es wurde nicht geredet, sondern man gab sich verschlossen, besonders denen gegenüber, die nicht von der Insel waren.
Andreas und seine ältere Schwester Minna Hatten mit ihren Eltern in der Nato-Villa gewohnt. Die Kinder wurden von ihren Eltern für ein paar Stunden bei Johannes abgegeben, aber nicht wieder abgeholt. Die Fragen der Kinder beantwortet Johannes mit ausschweifenden Geschichten, die aber immer anders verlaufen. Es scheint als wären die Eltern später bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen, als sie ihre Kinder abholen wollten. Andreas folgte seiner Schwester auf Schritt und Tritt und tat alles, was diese forderte. Doch als er sich schuldig machte, ließ sie ihn im Stich. Johannes lässt die Kinder gewähren, selbst dann noch, als Minnas Treiben zu heftig wurde.
Nun ordnet Andreas den Nachlass von Johannes. Es gibt Ungereimtheiten und immer neue Fragen tauchen auf. Langsam begreift Andreas das, was er als Kind nicht verstehen konnte. Johannes hat alles Mögliche gesammelt: Quittungen, Notizhefte, Fotos und Zeitungsausschnitte. Das alles belegt, was Andreas zunächst vermutet und was sich dann als Wahrheit herausstellt. Er erkennt, was es mit den Kaufmanns auf sich hatte, die als die Herren der Insel galten und die während des Krieges eine Kolonie für Kinder errichtet und sogar Deutsche zu Gast hatten. Der Gutsverwalter Herr Carsten war genauso unbeliebt wie die Kaufmanns selbst. Andreas erkennt, dass auch Carsten, der immer noch auf dem Gut ist, obwohl die Kaufmanns längst weg sind, eine wichtige Rolle gespielt hat.
Dieses Buch ist nicht leicht zu lesen, denn die Zeitensprünge sind nicht immer gleich zu erkennen. Die Sprache ist klar, fast schon poetisch.
Es ist eine sehr atmosphärische Geschichte, die teils erschreckend und manchmal auch berührend war. Lesenswert!

Veröffentlicht am 11.10.2019

Die Gabe

Die Gabe
0

Diese Geschichte spielt 1830 in Norwegen. Anne lebt mit ihrer Familie in einer Kate auf einem großen Gut. Sie alle arbeiten dort, aber es ist kein leichtes Leben. Die Pacht muss aufgebracht werden, egal ...

Diese Geschichte spielt 1830 in Norwegen. Anne lebt mit ihrer Familie in einer Kate auf einem großen Gut. Sie alle arbeiten dort, aber es ist kein leichtes Leben. Die Pacht muss aufgebracht werden, egal wie, und so leiden sie oft Hunger. Anne möchte ihren Freund Jon heiraten, doch als Jons Vater schwer krank wird, müssen sie die Pläne aufgeben. Sie lernt die Heilerin Elseby kennen, und lernt von ihr alles über Heilpflanzen. Als sie eine Stelle in Oslo angeboten bekommt, nimmt sie diese an. Ihr Dienstherr ist der Goldschmied Øyset, in den sich Anne verliebt. Doch am Ende steht sie ohne Arbeitsstelle, aber mit einem Kind alleine da und wird von allen ausgestoßen. Doch sie besinnt sich auf ihre Fähigkeiten und geht ihren Weg.
Die Autorin Ellen Vahr verarbeitet in diesem Buch das Schicksal einer Vorfahrin. Der Schreibstil lässt sich sehr angenehm lesen und das Schicksal der jungen Frau geht einem nahe. Es ist ein entbehrungsreiches Leben auf dem Gut, wo Annes Familie lebt. Obwohl alle mitarbeiten, müssen sie oft Hunger leiden. Aber auch danach hat es Anne nicht leicht. Als Heilerin ist sie nicht gut angesehen, kann sogar bestraft werden. Sie erhofft sich in Oslo ein besseres Leben, doch auch hier ergeht es ihr nicht gut. Ihr Dienstherr nutzt ihre Liebe aus und nimmt sich sein Vergnügen, doch als Anne schwanger ist, will er nichts mehr von ihr wissen. Immer ist es die Frau, die in solchen Momenten, die Last trägt und dafür dann auch noch geächtet oder sogar bestraft wird. Zum Glück aber lässt sie sich nicht unterkriegen. Obwohl ihre Schuldgefühle groß sind, nutzt sie ihre Fähigkeiten und geht trotz Widerständen ihren Weg.
Aber auch die anderen Personen sind gut und authentisch dargestellt.
Mir hat dieser historische Roman gut gefallen.