Cover-Bild Der Kinderzug
19,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Droemer
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: historischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 01.10.2019
  • ISBN: 9783426282182
Michaela Küpper

Der Kinderzug

Roman

Michaela Küppers aufwühlender Roman über ein Frauen-Schicksal im Dritten Reich vor dem Hintergrund der sogenannten Kinderlandverschickung
Das Ruhrgebiet im Sommer 1943. Die junge Lehrerin Barbara soll eine Gruppe Mädchen im Rahmen der sogenannten Kinderlandverschickung begleiten. Angst, aber auch gespannte Unruhe beherrschen die Gedanken der Kinder, denn sie wissen nicht, was sie erwartet. Das Heim, das ihr zeitweiliges Zuhause werden soll, erweist sich zunächst als angenehme Überraschung, doch dann muss dieses geräumt werden.
Es beginnt eine Odyssee, die nicht nur die Kinder, sondern auch Barbara an ihre Grenzen führt, denn mehr und mehr wird sie, die sich bisher aus der Politik herauszuhalten versucht hat, mit den grausamen Methoden und Plänen der Nationalsozialisten konfrontiert – und mit Menschen, die für ihre Ideologie vor nichts zurückschrecken.
Als schließlich ein Mädchen verschwindet und ein polnischer Zwangsarbeiter verdächtigt wird, kommt für die Lehrerin die Stunde der Entscheidung.
Ein Roman über die Frage: Wie konnte man, konnte eine Frau unter dem verbrecherischen System des Nationalsozialismus anständig bleiben?

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.10.2019

Kindheit im Zweiten Weltkrieg

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Barbara ist Lehrerin und soll im Sommer 1943 eine Gruppe Mädchen im Rahmen der Kinderlandverschickung begleiten. Die Aufregung ist groß, denn es ist eine Reise ins Ungewisse und niemand weiß, was sie vor ...

Barbara ist Lehrerin und soll im Sommer 1943 eine Gruppe Mädchen im Rahmen der Kinderlandverschickung begleiten. Die Aufregung ist groß, denn es ist eine Reise ins Ungewisse und niemand weiß, was sie vor Ort erwartet. Die Unterkunft erweist sich als Glücksgriff und die Mädchen verbringen eine recht angenehme Zeit mit Barbara. Als die Aufforderung zur Räumung der Unterkunft eintrifft, beginnt für Barbara und die Mädchen eine mehr als zwei Jahre dauernde Irrfahrt, in der sie mit dem wirren Weltbild der Nazis mehr als einmal konfrontiert werden...

"Der Kinderzug" von Michaela Küppers beleuchtet ein mir bisher noch weitgehend unbekanntes Thema - nämlich die Kinderlandverschickung im Zweiten Weltkrieg.
Die Autorin schildert die Ereignisse für den Leser aus vier unterschiedlichen Blickwinkeln und das macht das Buch für mich unglaublich interessant und ich bin mehr als einmal froh, dass ich eine unbeschwerte Kindheit im Frieden erleben durfte. Denn das, was Küppers hier für den Leser so anschaulich und sehr authentisch zu Papier bringt, ist geradezu erschütternd.
Die Schilderungen aus der Sicht der Kinder gehen direkt ins Herz und ich betrauere den Verlust ihrer unbeschwerten Kindheit. Der Blick aus Kinderaugen auf die grausame Fratze des Krieges hat sich tief in mir eingebrannt und lässt ich ganz oft innehalten - am liebsten möchte ich Giesela, Edith, Schmitti , Karl und all die anderen Kinder ganz fest in den Arm nehmen, ihnen Trost und Zuversicht geben und ihnen sagen, dass am Ende alles gut wird.
Die Figur der Barbara ist der Autorin hervorragend gelungen, denn sie zeigt mit aller Deutlichkeit dem Leser auf, welche Kraftanstrengung sie als Lehrerin aufbringen muss, um die Kinder zu loyalen und weltoffenen Menschen zu erziehen und sie eben nicht in den NS-ideologischen Blindflug stürzen zu lassen. Barbara hat mit ihrer liebenswerten Art den Kindern Halt gegeben, ist ihnen sowohl Vertraute als auch Respektsperson und hat mit ihrer Beharrlichkeit den Kindern mehr als einmal das Leben gerettet. Eine denkbar schwierige Aufgabe, denn der Spagat zwischen der nach außen hin verkörperten Parteitreue und er eigentlichen inneren Einstellung gegen die vorherrschende NS- Ideologie ist für Barbara nicht einfach und sie schlittert mehrmals haarscharf am Rand des Abgrunds vorbei.
Küppers packt ein wenig bekanntes Thema sehr sensibel an, findet zu jeder Zeit die richtigen Worte und weiß geschickt die vor Ort herrschende Atmosphäre dem Leser mit eindrucksvollen Bildern zu vermitteln.
Für mich ein Blick in die Vergangnenheit, der mich noch lange, lange beschäftigen wird.

Veröffentlicht am 24.10.2019

Nach „Kaltenbruch“ ein weiterer anspruchsvoller Roman von Michaela Küpper, der mich sehr gespannt auf ihr nächstes Buch warten lässt.

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Michaela Küpper, Der Kinderzug, Droemer Verlag 2019, ISBN 978-3-426-28218-2

Nachdem ihr erster Roman bei Droemer („Kaltenbruch“), ein Kriminalroman, der in der Nachkriegszeit der frühen Bundesrepublik ...

Michaela Küpper, Der Kinderzug, Droemer Verlag 2019, ISBN 978-3-426-28218-2

Nachdem ihr erster Roman bei Droemer („Kaltenbruch“), ein Kriminalroman, der in der Nachkriegszeit der frühen Bundesrepublik spielte, ein großer Erfolg war, hat Michaela Küpper für ihren neuen Roman die in der Literatur bisher wenig beschriebene Institution der Kinderlandverschickung (KLV) der Nationalsozialisten recherchiert und in einer spannenden fiktiven Handlung beschrieben.

Die Hauptfigur des sensibel und atmosphärisch dicht erzählten Romans ist die junge Lehrerin Barbara Salzmann. Sie lebt in Essen, wo sie in einer Schule vor einiger Zeit angefangen hat zu unterrichten. Als im Sommer 1943 die Bombardierungen der Alliierten auch das Ruhrgebiet und Essen erreichen, wird Barbara beauftragt, eine Gruppe von Mädchen auf einer Kinderlandverschickung zu begleiten. Auch der Rektor ihrer Oberschule, Dr. Ritter, wird zusammen mit seiner Familie zu diesem Dienst verpflichtet. Drei Monate lang soll der Aufenthalt in einem Hotel auf der Ostseeinsel Usedom dauern, doch für Barbara und die meisten Mädchen werden lange Jahre bis nach dem Krieg daraus, dauerhaft getrennt von ihren Familien. Barbaras Freund Johann, ein Soldat, der kurz danach auch wieder zur Front muss, verabschiedet sie am Essener Bahnhof unter Tränen. Sie wissen nicht, ob sie sich angesichts der politischen Lage jemals wiedersehen werden.

Das neue Heim der Mädchen erweist sich als angenehme Überraschung. Es gibt ausreichend und gut zu essen, und Barbara kann die Mädchen täglich unterrichten. In einem benachbarten Lager von Jungen geht es anders zu. Da werden die Jungs militärisch gedrillt und viele freuen sich schon auf ihren späteren Einsatz als Soldaten.

Michaela Küpper treibt die sich über zwei lange Jahre hinziehende dramatische Handlung voran, in dem sie insgesamt vier Personen immer wieder von sich erzählen lässt, bzw. den Erzähler von ihnen. Da ist zunächst Barbara Salzmann selbst, deren Schicksal als junge Frau im Nationalsozialismus sozusagen das Zentrum des Romas bildet. Dann gibt es die kleine Edith, die mitverschickt wurde, obwohl sie eigentlich zu jung ist für die Gruppe. An ihrem Beispiel macht die Autorin deutlich, was es für kleinere Kinder bedeutete, so lange von zu Hause und den Eltern getrennt zu sein. Ihre ältere Schwester Gisela vertraut ihrem Tagebuch alles an, was sie erlebt. Und da ist Karl, dessen Schicksal die Autorin weiterverfolgt, auch nachdem beide Gruppen längst Usedom wieder verlassen haben und in unterschiedlichen Häusern quer durch das Deutsche Reich immer wieder nur für kurze Zeit unterkommen. Karl ist bei der HJ und ein glühender Anhänger Hitlers.

Die Geschichte, die erzählt wird, ist eine wahre Odyssee. Sie führt nicht nur die Lehrerin Barbara an ihre Grenzen, sondern auch die Kinder. Einzelne von ihnen muss Barbara im Lauf der langen Zeit Briefe mit Todesnachrichten naher Verwandter vorlesen und sie in ihrer unendlichen Trauer stützen, was sie jedes Mal an den Rand ihrer seelischen Kraft bringt. Sie, die sich lange aus der Politik herauszuhalten versuchte, wird immer kritischer, als sie zunehmend mit den Methoden und Plänen der Nationalsozialisten konfrontiert wird. Als dann während des Aufenthaltes in einem der vielen wechselnden Unterkünfte, die ihr und ihren Mädchen Schutz bieten sollen, ein Mädchen verschwindet und ein polnischer Fremdarbeiter, der sich rührend um die Gruppe gekümmert hatte, nicht nur verdächtigt, sondern auf dem Marktplatz aufgehängt wird, da platzt ihr der Kragen und sie bietet den örtlichen NS-Funktionären die Stirn.

Ein dramatisches Ende wird schon ganz zu Anfang des Buches beschrieben, nur kennt man da die Handlung noch nicht. Der Roman ist ein bewegendes Stück literarischer Zeitgeschichte. Er beschreibt sehr gut recherchiert auf dem historischen Hintergrund der wenig bekannt gewordenen Kinderlandverschickungen der Nazis das Schicksal einer immer stärker und mutiger werdenden Frau und am Beispiel einiger ausgewählter Kinderfiguren, wie der Krieg deren Kindheit geprägt und verformt hat.

In einem Nachwort gibt die Autorin Aufschluss über ihre Recherchen und zitiert sie in diesem Zusammenhang auch Loki Schmidt, die selbst als Junglehrerin im Rahmen der KLV tätig gewesen ist.

Durch die immer nach maximal zehn Seiten wechselnden Erzählperspektiven wird der Roman schnell zu einer spannenden, aber sehr bewegenden Lektüre, die dem Leser eine Geschichte der letzten Jahre des NS-Systems bis in die Zeit im September 1945 bietet, die er bisher wahrscheinlich nicht kannte.

Nach „Kaltenbruch“ ein weiterer anspruchsvoller Roman von Michaela Küpper, der mich sehr gespannt auf ihr nächstes Buch warten lässt.




Veröffentlicht am 20.10.2019

Ein wenig bekanntes Thema – ein wichtiger Roman

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„Der Kinderzug“ von Michaela Küpper beschreibt die Kinderlandverschickung, von der ich vor einigen Jahren durch einen kurzen Bericht meiner mittlerweile verstorbenen Mutter erfahren habe. Seitdem versuche ...

„Der Kinderzug“ von Michaela Küpper beschreibt die Kinderlandverschickung, von der ich vor einigen Jahren durch einen kurzen Bericht meiner mittlerweile verstorbenen Mutter erfahren habe. Seitdem versuche ich zu recherchieren, denn die Thematik beschäftigt mich. Leider gibt es dazu sehr wenig Literatur.
Die Autorin schildert die Erlebnisse sowohl der Kinder als auch ihrer jungen Lehrerin Barbara, die einzeln in Tagebucheinträgen zu Wort kommen in der Zeit von 1943 bis kurz nach Kriegsende. Die Kinderlandverschickung wurde zuerst in den großen deutschen Städten, dann nach und nach ins Ruhrgebiet ausgedehnt. Geprägt war diese Kinderlandverschickung vom nationalsozialistischen Gedankengut, in vielen Lagern herrschte aber das Regiment der Hitlerjugend vor und das betraf außer der Schule alle Lebensbereiche. Das Leben war streng hierarchisch organisiert.
Die Schilderungen der Kinder wirkten auf mich sehr authentisch, nachvollziehbar und ehrlich, besonders die Schilderungen von Gisela und Edith. Insgesamt sind sie Beschreibungen erschütternd, gehen unter die Haut und sind sehr bildhaft beschrieben.
Wenn ich an die Millionen Kinder denke, in deren Ländern momentan Kriege toben, wird man als Leser sehr nachdenklich und auch, wenn man an die dunkelste Zeit er deutschen Geschichte, das Nazi-Regime denkt und weiß, dass die Kinder oftmals nicht freiwillig verschickt wurden, das in der Lagern viele Kinder Heimweh hatten und sicherlich auch Traumata entwickelt haben und leider auch lange nicht darüber reden konnten und bedauerlicherweise auch heute nicht mehr gefragt werden können.
Michael Küpper schreibt sensibel, dabei flüssig und aufwühlend und hat sich sehr gut in die einzelnen Charaktere hineinversetzt, beschreibt eindrucksvolle die Odyssee der Kinder, die in Usedom beginnt, dann in beklemmender Weise immer weiter und weiter führt.
Es war ein Roman, der mich sehr aufgewühlt hat, mich immer noch beschäftigt und es geschafft hat, mir ein paar Einblicke mehr zu geben, ein wichtiger Roman der absolut empfehlenswert ist.

Veröffentlicht am 20.10.2019

realistischer Roman, der bewegt

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Meine Meinung
Bisher kannte ich die Autorin Michaela Küpper noch nicht. Nun hatte ich die Chance ihren Roman „Der Kinderzug“ zu lesen und entsprechend war ich auch sehr gespannt darauf.
Das Cover lässt ...

Meine Meinung
Bisher kannte ich die Autorin Michaela Küpper noch nicht. Nun hatte ich die Chance ihren Roman „Der Kinderzug“ zu lesen und entsprechend war ich auch sehr gespannt darauf.
Das Cover lässt erahnen was den Leser im Roman erwartet und der Klappentext macht neugierig. Daher habe ich das Buch dann auch nach Erhalt flott gelesen.

Es gibt hier verschiedene Charaktere, die man als Leser im Buch kennenlernt. Die Autorin hat hier Charaktere erschaffen, die in meinen Augen glaubhaft wirkten.
Zum einen ist da Barbara. Sie ist am Anfang noch ziemlich unsicher, macht aber im Handlungsverlauf eine enorme Entwicklung durch, ist zum Ende hin sehr viel reifer und erwachsener.
Dann lernt man Gisela und ihre kleine Schwester Edith kennen. Gisela ist eigentlich immer da, während Edith ja eher so beschützt und behütet wird.
Und es gibt noch Karl und Lydia. Beide lieben ihr Vaterland und können sich nichts Besseres vorstellen als an der Front zu kämpfen.
Alle Charaktere zusammen ergeben eine stimmige, vielsichtige Mischung, die wirklich sehr gut zur Gesamtgeschichte hier passt.

Vom Schreibstil der Autorin bin ich sehr beeindruckt. Sie hat es geschafft das ich sehr flüssig und gut durch die Seiten hindurch gekommen bin. Ich konnte so auch gut folgen und alles verstehen.
Geschildert wird hier alles durch verschiedene Perspektiven. Dadurch erfährt man als Leser sehr viel von verschiedenen Seiten. Am interessantesten empfand ich persönlich die Tagebucheinträge von Gisela und Edith.
Die Handlung hat mich für sich gewonnen. Bisher kannte ich noch keinen Roman, der sich mit der Verschickung von Kindern im Nationalsozialismus beschäftigt hat. Ich fand dieses Thema von Beginn an sehr interessant und habe gespannt verfolgt wie die Autorin dies hier umgesetzt hat. Auf mich wirkten hier alles sehr authentisch und realistisch dargestellt, als Leser kann man sich hier wirklich alles gut vorstellen.
Zum Teil ist es auch wirklich erschütternd zu Lesen was gerade auch Kinder damals während des Krieges alles durchmachen mussten. Das bewegt und ist von der Autorin, nicht nur durch ihre eigene Familiengeschichte, sehr gut recherchiert worden. Ich fand es richtig interessant, gerade auch wenn man die Zeit damals nicht miterlebt hat. Man bekommt einen guten Einblick in den Alltag, den die Menschen damals bewältigen mussten.

Fazit
Insgesamt gesagt ist „Der Kinderzug“ von Michaela Küpper ein Roman, der mich richtig gut für sich gewinnen konnte.
Realistisch dargestellte Charaktere, ein flüssig zu lesender einnehmender Stil der Autorin sowie eine Handlung, die ich als sehr interessant, erschütternd und auch wirklich wichtig empfand, haben mir bewegende Lesestunden beschert.
Wirklich empfehlenswert!

Veröffentlicht am 20.10.2019

Zwischen Lagerfeuerromantik und Bombenhagel - Kindheit in Nazi-Deutschlad

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Michaela Küpper nimmt ihre Leser in eine unheilvolle Zeit mit: In den Zweiten Weltkrieg. Man schreibt das Jahr 1943. Die Flugzeuge der Alliierten werfen Bomben auf deutsche Städte ab. Besonders betroffen ...

Michaela Küpper nimmt ihre Leser in eine unheilvolle Zeit mit: In den Zweiten Weltkrieg. Man schreibt das Jahr 1943. Die Flugzeuge der Alliierten werfen Bomben auf deutsche Städte ab. Besonders betroffen ist das Ruhrgebiet. Deshalb werden tausende Kinder zwischen 10 und 14 Jahren in vom Krieg (noch) nicht betroffene Gebiete verlegt. Kinderlandverschickung (KLV) nennen die Behörden diese Evakuierung.

Die junge Lehrerin Barbara muss eine Gruppe Mädchen aus Essen auf dem Weg in das KLV-Lager nach Usedom begleiten. Sie selbst ist stärker verunsichert als die meisten Kinder, die anfangs die Reise und das Lager als Abenteuer empfinden. Es gibt mehr zu essen als daheim, frönt einer Art Lagerfeuerromantik und man strickt Socken für die Soldaten. Natürlich muss auch ein wenig Unterricht sein, daher die Lehrkraft. Während es im Mädchenlager so etwas wie Urlaubsstimmung gibt, werden die männlichen Schüler im benachbarten Lager paramilitärisch gedrillt. Indoktriniert werden die Kinder beiderlei Geschlechts. DIe Jungs wollen natürlich kämpfen. Doch ihre Einstellung ändert sich rasch, als sie dann tatsächlich an der Front und unter Beschuss stehen. Doch bis es soweit ist, müssen sowohl die Mädchen als auch die Jungen mehrmals ihr Quartier wechseln, weil auch nun Usedom bombardiert wird.
Die Odyssee der Mädchengruppe, die mit ihrer Lehrerin von einem Lager zum anderen verlegt werden, wird bis Kriegsende dauern.

Meine Meinung:


Dieser Roman nimmt sich eines Themas an, über das noch wenig geschrieben wurde: Die Kinderlandverschickung. Was als Gesundheitsaufenthalt für unterernährte Stadtkindern in den 1920er Jahren begonnen hat, wird als Evakuierungsmaßnahme im Bombenkrieg fortgesetzt.

Der Schreibstil ist dem Thema angepasst und nicht sensationslüstern. In eindringlichen Worten lässt Michaela Küpper ihre Protagonisten ihre Sicht der Dinge darlegen.
Die mehrfachen Perspektivenwechsel (Barbara, Gisela und ihr Tagebuch sowie Karl) erzählen die Geschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Da ist zum einen die verunsicherte Lehrerin, die eigentlich nichts anders will, als von ihrer Verantwortung entbunden zu werden. Gisela, die auf ihre kleine Schwester Edith aufpassen soll, vertraut ihre Gedanken und Sehnsüchte einem Tagebuch an. Auch der Einblick in die Gedankenwelt eines 16-jährigen Jungens, der es kau erwarten kann, Soldat zu werden, ist aufschlussreich. Dass er und seine Freunde letztlich als Kanonenfutter der Waffen-SS zugeteilt werden, hat er sich nicht erträumt. Hier klaffen die heroischen Märchen, die den Kindern seit Jahren eingebläut werden, und die Wirklichkeit weit auseinander.

Die Charaktere sind fein herausgearbeitet. Stellenweise muss man mit Barbara fast Mitleid haben. Eine etwas widersprüchliche Person ist Lydia, das Gesundheitsmädel. Sie ist ein Produkt ihrer Zeit, völlig dem Nazi-Regime verfallen. Häufig wirkt sie verschlagen. Dann während der Scharchlach-Epidemie wächst sie über sich hinaus und pflegt gewissenhaft die Kranken. Doch sie will mehr, als nur „Gesundheitsmädel“ sein. Frontkrankenschwester möchte sie sein, oder zumindest in einem Lazarett arbeiten. So verlässt sie ohne Skrupel die Mädchengruppe unerlaubt und verursacht damit den Lynchmord an dem polnischen Zwangsarbeiter, den man für ihren Mörder hält.

Michaela Küpper ist ein beklemmender, weil ziemlich authentischer hist. Roman gelungen. Die meisten von uns Lesern können ihre Großeltern nicht mehr über diese Zeit befragen. Die penible Recherche, die diesem Buch zu Grunde liegt, lässt die Zeit wieder auferstehen.

Fazit:

Ein gelungener Einblick in die Zeit von 1943-1945. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.