Abgesehen vom nichtssagenden Titel nervte mich an diesem Buch, dass sich alle emotionalen Probleme des Weibchens in Luft auflösen, sobald ihr das Männchen versichert, sie zu lieben. Über Grenzen wird sehr oft gesprochen, jedoch fragwürdig gehandelt. Das macht leider die guten Dialoge zunichte.
Rezi enthält Spoiler.
Worum geht es?
Kolumnistin Cat hat früher als Anwältin gearbeitet, wechselte jedoch in die Medien. Nun schreibt sie Kolumnen über Gerichtsfälle für ein Online-Magazin. Im Café begegnete sie Reese, der nicht nur Staranwalt ist, sondern im Aufsehen erregenden Mord-Prozess einen Millionär verteidigt. Man mag sich, doch Cat hat ein Problem mit Nähe. Und eine Familie, die es nicht gutheißt, dass sie sich für einen niedrigeren Beruf entschieden hat.
Charaktere
Cat war mir lange Zeit sympatisch, weil sie eine starke Persönlichkeit hat. Sie ist kein problem-beladenes Girlie, sonderne eine Frau, die weiß, was sie tut.
Reese ist der liebestolle Kerl, dessen Zweck es ist, seine Partnerin zu mögen. Er hat Ahnung vom Jura und wirkt, in beruflicher Sicht, nicht überzeichnet.
Die Neckereien zwischen beiden habe ich sehr genossen, weil sie gehaltvoll waren und nicht zu schnell aufgelöst wurden. Die beiden haben wirklich diskutiert. Für mich war das Niveau im Bereich Jura manchmal aber zu hoch.
Die Nebenfiguren waren besonders am Ende etwas farblos. Die Autorin bemüht sich, jeder Figur Raum zu geben, aber manche wurden einfach vergessen.
Anwälte als übergreifendes Thema
Der Text wirkt, als hätte die Autorin Ahnung vom Gebiet. Es zieht sich durch den ganzen Roman, ist nicht nur Beiwerk. Für mich waren die Schlussfolgerungen manchmal nicht nachvollziehbar, aber es ließ sich gut lesen.
Auch die journalistischen Texte im Buch waren authentisch geschrieben - oft ein Manko in Büchern, weil sie zu erzählend geschrieben sind.
Das zentrale Thema: Grenzen
Grenzen spielen im Roman eine wichtige Rolle, aber nur Cat übertritt sie. Zu leicht. Sie leistet kaum Widerstand und das war gruslig.
Prägnant fand ich, dass Reese sie bittet, Alkohol zu trinken, damit sie lockerer wird. Cat verneint das, weil sie Alkohol nicht gut verträgt. Er versucht sie zu überreden, ihre Grenze zu übertreten. Und auch wenn Cat es nicht zugibt: Einen Absatz später will sie plötzlich doch trinken. Eine ähnliche Manipulation gibt es, als Cat oral aktiv wird. Hier argumentiert Reese, man wollte den Akt gemeinsam genießen. Er denkt, er wisse, was das beste für sie ist. Auch den Einzug in die Wohnung steuert Reese indirekt, in dem er von "unserem Zuhause" redet.
Reese ist ein netter Kerl, aber ... er denkt, mit genügend Liebe bekommt er alles.
Das zweite Thema: Familie
Beide Figuren haben eine ähnliche Geschichte: Der Vater hat die Mutter nicht gut behandelt, aber während Cats Mutter an einem gebrochenen Herzen starb, löst sich Reese Mutter schließlich. Die Verbindung zwischen beiden hat mir gefallen - dass Reese Mutter als Parallelfigur zu Cats aufgebaut wird, aber ein positives Ende findet. Leider wirkt das Thema ansonsten sehr oberflächlich. Cat hat der Verrat (?) des Vaters geprägt, sie kann keine Bindungen aufbauen. Für Reese hat das keine Folgen gehabt. Das war sehr schade, denn damit wurde die Chance verschenkt, Reese sein Päckchen mitzugeben. In anderen Romanen wurde ausgeführt, dass ein betrügender Vater dazu führt, dass Mann besser sein will und sein Objekt mit Liebe überschüttet. Dass er ständig die Bestätigung braucht, das Ideal zu erfüllen und seine Partnerin ein Stück einengt. Das war hier nicht spürbar. Außerdem wurde oft über die Familie geredet, aber sie tritt selten in Erscheinung.
Das dritte Problem: "die Presse"
Ein wichtiges Thema im letzten Drittel ist "die Presse". Cat hat Angst, dass ihre Familie Loyalität erwartet und, sofern sie diese versagt, die Presse auf sie und Reese hetzt. Das erreicht seinen Höhepunkt, indem sie in ihrer Kolumne schreibt:
"Und wir erreichen es [die Aufweichung der Grenze zwischen Krieg und Frieden] auch nicht, wenn wir der Presse erlauben, unsere Geschichte zu bestimmen." (S. 287)
Cat grenzt hier den Begriff extrem ein. Während der Duden notiert "Gesamtheit der Zeitungen und Zeitschriften, ihrer Einrichtungen und Mitarbeiter" oder die Beurteilung durch die Presse, mein Cat damit eher die Regenbogenpresse. Ich verstehe das Argument - Journalisten sind nie komplett objektiv. Aber die Spanne ist riesig - es gibt Journalisten, die den Pressekodex sehr ernst nehmen, und es gibt Medien, die das bewusst vernachlässigen. Paradoxerweise ist auch Cat ein Teil davon. Sie versucht, durch die Kolumne auf die öffentliche Meinung Einfluss zu nehmen, u.a. das Bild von Verdächtigen in Frage zu stellen oder Fehler des Staatsanwaltes anzudeuten.
Erotik
Beide Figuren waren sehr aktiv in bekannten Techniken. Man hätte den Roman gut um 50 Seiten kürzen können. Unschön war, dass selbst der finale Heiratsantrag mit einer Pseudo-SM-Szene untermalt werden musste ...
Fazit
Ich fand den Roman anfangs interessant, später nur noch nervig. Wie so oft wurden Probleme konstruiert bzw. die Autorin traute sich nicht, diese tief genug auszuführen. Gut gefallen hat mir jedoch, dass das Setting relativ realistisch wirkte.