Lotte ist nach dem Tod ihres Vaters auf sich allein gestellt und muss in Wien neu anfangen. Doch das ist im Jahre 1904 nicht ganz so einfach, wie sie es sich vorgestellt hat. Ihre Anstellung in einem Laden für Alpinsport hilft ihr, die Sehnsucht nach den Bergen ein wenig zu lindern. Doch die Gesellschaft ist noch lange nicht soweit, um die Ideen, die Lotte umtreiben, mit Toleranz und Freude aufzunehmen. Einzig ihre Chefin, die schon immer gegen den Strom geschwommen ist, und einer junger Arzt finden ihre Ideen sensationell...
"Lottes Träume" von Beate Maly ist an und für sich ein wunderschöner Roman, der aufzeigt, dass man sich seine Träume nicht nehmen lassen soll, egal wie stark den Gegenwind auch sein mag.
Die Autorin hat die Handlung in das historische Wien kurz nach der Jahrhundertwende gelegt und zeigt auf, was für junge Frauen im modernen Europa heute undenkbar erschient. Entscheidungsfreiheit, egal ob in der Berufswahl oder in Modefragen, Sportarten die sowohl Männer als auch Frauen ausüben und freie Entscheidung ins Herzendsingen - was für uns heute selbstverständlich ist, ist für Lotte und Co damals noch undenkbar. Wagemutig und mit der nötigen Portion Enthusiasmus gelingt es dieser starken Frauen aus den vorgefertigten Bahnen auszubrechen und neue Wege zu gehen. Leider ist der Autorin aber ein grober Schnitzer passiert - während Lottes Träume, wie der Buchtitel uns glauben machen will, eher im Hintergrund bleiben bzw. den Rang durch die Nebenfigur Mizzi Kauba abgelaufen bekommen, fügt sich für die starke, resolute Chefin von Lotte scheinbar alles mühelos zusammen, was diese an Ideen in den Raum wirft. Lotte wird dabei immer mehr zur Randfigur und geht unter. Ich frage mich die ganze zeit, wieso Lottes Träume aus gleichzeitig Mizzis Träume sind ? Da passt do etwas nicht zusammen, oder ?
Die Geschichte ist recht einfach gehalten, denn für den Leser ists schon ganz oft im voraus zu erkennen, wie sich die Szene gestalten wird. Probleme scheint es nicht zu geben, denn selbst die kleinen und größeren Stolpersteine, die Lotte zu bewältigen hat, lösen sich scheinbar im Handumdrehen auf. Kaum gibt es Querelen, schon kommt auch die Lösung in Null-Komma-nichts um die Ecke. Das wirkt wenig glaubhaft und gefällt mir überhaupt nicht, da keine Spannung aufkommt. So plätschert die Erzählung eher unaufgeregt vor sich hin, alles fügt sich wie bei einem Reißverschluss zusammen und selbst das Ende überrascht mich nicht wirklich. Die Vielfalt der Themen erschlägt das Buch: gleichgeschlechtliche Liebe, Standesdünkel, fehlende Anerkennung in der Gesellschaft, Emanzipation - das alles nimmt zu viel Traum ein und lässt wenig Platz für Lottes eigentliche Träume, von denen man als Leser wenig bis gar nichts mitbekommt.
Die Idee des Buches ist gut - die Umsetzung in meinen Augen eher mittelprächtig.