Obwohl ich in München wohne, bin ich ein Nordlicht und war früher jeden Sommer an der Nordsee. Genau wie die Protagonistin in diesem Buch habe ich bereits selbst auf einer Insel gearbeitet; allerdings nicht auf Juist, sondern auf Borkum. Diese Zeit ist mir in guter Erinnerung geblieben und ich kann mir das Gefühl der uneingeschränkten Freiheit, wenn man gerade auf der Insel angekommen ist und aufs Meer blickt, nur zu gut in Erinnerung rufen!
Handlung
Merle, eine gelernte Konditorin und Münchener Studentin, findet für die Semesterferien kurzfristig einen Job auf Juist. Für sie ist Juist mehr als nur eine Ostfriesische Insel – durch ihre juister Wurzeln hat sie viele Sommer auf der Insel verbracht. Als sie nun erfährt, dass eine ihrer Freundinnen zufällig ein Stück Apfelrosentorte auf der Insel gegessen hat, ist sie neugierig geworden, denn das Rezept ist eigentlich ein Familiengeheimnis und den anderen Insulanern nicht bekannt.
Auf der Insel angekommen wird sie herzlich in Empfang genommen und stellt sich innerhalb kürzester Zeit als große Unterstützung für das Café, indem sie arbeitet, raus. Ihre Großmutter, die die letzten Jahre in den USA verbracht hat, ist ebenfalls vor nicht allzu langer Zeit wieder auf die Insel zurückgekehrt, nachdem ihr Ehemann verstorben ist. Somit findet sie nicht nur Anschluss im Café, sondern auch ein Stück Familie auf der Insel.
Nach und nach erfährt Merle, dass sich auf der Insel noch viel größere Geheimnisse verbergen, als nur das eines Apfelrosenblütentortenrezepts. Zudem scheint es auch jemanden zu geben, den sie mehr als nur “nett” findet…
Meine Meinung
Mir hat der Roman gut gefallen. Es ist genau die richtige, sommerlich-leichte “feel-good” Geschichte, die ich mal wieder gebraucht habe. Wer besonders tiefgründige Erzählungen mit unvorhersehbaren Wendungen sucht, wird hier nicht fündig – genau deswegen könnte ich auch nicht nur derartige Bücher lesen. Nach den ersten 100 Seiten hatte ich schon eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie das Buch enden könnte, und genauso war es dann auch. Wenn ich aber nach einem stressigen Tag von der Arbeit nach Hause komme, finde ich es einfach toll, in eine heile Welt zu flüchten und schon fast den kalten Nordseewind um die Nase zu spüren und das Salz auf der Zunge zu schmecken! Von daher kann ich das Buch mit gutem Gewissen weiterempfehlen.
Allerdings war mir die Liebesgeschichte ein bisschen zu kitschig. Ich verstehe es, dass man sich Hals über Kopf verlieben kann. Aber zum Einen ist es sehr, sehr selten, dass es beiden gleichzeitig so geht und zum Anderen würde kaum jemand vom ersten Moment an so offen mit dem anderen darüber reden. Mir ging das alles viel zu schnell, um es für realistisch zu halten.
Die Geschichten aus dem Café fand ich dann schon eher realistisch: Überlastete Menschen, die kaum noch frei haben, kommen mir aus der Gastronomie am Meer sehr bekannt vor.
Zudem habe ich den klassischen “Inseltratsch” genauso erlebt, wie im Buch beschrieben: Es ist wirklich schlimmer, als auf einem Dorf!
Das Rezept als Vorwand, auf die Insel zu gehen, hätte man sich allerdings sparen können – dass das Rezept innerhalb von Jahrzehnten einmal die Familie verlassen hat und z.B. an eine Freundin weitergegeben wurde, ist nun wirklich nicht auszuschließen. Die Apfelrosentorte an sich ist zwar wichtig, aber die hätte es z.B. auch einfach im Café zu essen geben können. Das hätte die Geschichte kein bisschen weniger plausibel gemacht; ganz im Gegenteil – das Rezept wäre immer noch auf der Insel gewesen und hätte irgendwo her kommen müssen.
Die Charaktere
Merle, die Protagonistin, fand ich sehr glaubwürdig. Dass man sich als gelernt Konditorin, die aufbauend BWL studiert, eine Auszeit nimmt, um in den Ferien auf einer Insel in einem Café zu arbeiten, halte ich für sehr nachvollziehbar. Wahrscheinlich hätte ich es genauso gemacht.
Merles Umgang mit dem Familiengeheimnis fand ich ebenfalls gut – hätte es die Protagonistin nicht interessiert, hätte ich mich gefragt, warum. Und wenn sie noch mehr nachgeforscht hätte, wäre ich wiederum skeptisch geworden, warum sie sich mit nichts anderem mehr beschäftigt.
Das Cover
Das Cover hat mich nicht umgehauen, da es ähnlich ist wie viele andere Titel aus dem Genre, aber es ist schön, solide und passt zum Thema! Es gibt deutlich langweiligere oder kritischer Einbände und somit gibt es von mir einen klaren Daumen nach oben!
Fazit
Das Buch ist sehr stressfrei: Es gibt kaum Probleme, und wenn doch, klären sich diese meistens wie von selbst. Genau deswegen spricht überhaupt nichts dagegen, diesem Roman eine Chance zu geben!