Meggie lebt mit ihrem Vater Mo zwischen Büchern. Er ist Buchbinder und oft reisen die beiden zu den merkwürdigsten Menschen und ihren Büchern. Und wie Mo lieb auch Meggie Bücher über alles. Eines Nachts sieht sie vor ihrem Fenster eine merkwürdige Gestalt. Es ist Staubfinger, ein Bekannter ihres Vaters, der diesen warnt. Schon am nächsten Tag fliehen Meggie, Mo und Staubfinger vor Capricorn, einem Mann, der unbedingt ein Buch von Mo haben will. Tintenherz. Doch auch bei ihrer Tante Elinor sind sie nicht vor Capricorn sicher. Und dann erfährt Meggie unglaubliches über ihren Vater und die Nacht, als ihre Mutter verschwand.Dieses Buch ist absolut lesenswert. Es ist in sich eine Liebeserklärung an Bücher, an Geschichten und die Macht des Vorlesens. Es gibt immer wieder Anspielungen auf andere Bücher und das Buch als solches wird als Wertobjekt gezeigt. Lesen ist hier kein Zeitvertreib, Lesen ist geradezu Notwendigkeit.
Die Handlung ist absolut spannend und packend aufgebaut. Der Leser wird hauptsächlich mit einem personalen Erzähler auf Meggie konzentriert. Ab und zu kommt eine Nebenfigur in den Fokus, aber eher selten. So bleibt Meggie als Protagonistin am klarsten, aber auch die Nebenfiguren erfahren genug Raum. Das Geheimnis um Mo wird dann auch nur nach und nach gelüftet. Sehr gelungen finde ich die Mischung aus Angst und Hoffen, die Meggie fühlt, wenn es darum geht, dass sie die Kräfte ihres Vaters geerbt haben könnte.
Schön ist auch, wie die Figuren zusammenspielen, sich entwickeln und miteinander wachsen. So werden anfänglich eher flache Charaktere wie Tante Elinor im Verlauf zu vielschichtigen Persönlichkeiten, die Schwächen und Stärken zeigen. Natürlich entwickelt sich auch Meggie und verändert sich nicht nur in sich selbst, sondern auch in Bezug auf ihren Vater und ihre Umwelt. Die anfängliche Allmacht Mos muss seinen vergangenen Fehlern weichen, die Meggie endlich erkennt, die wechselnden Ansichten in Bezug auf Staubfinger zeigen klar die verschiedenen Perspektiven auf. Auch die unterschiedlichen Antriebe der Figuren werden so deutlich.
Ausgerechnet Capricorn als Bösewicht bleibt aber ein Stereotyp, eine groteske Figur, dessen Antrieb unerklärlich bleibt. Das passt auch nur insofern, als dass er im Buch ja bereit eine fiktive Gestalt darstellt.
Der Stil ist ausgefeilt. Kindische und unzureichende Beschreibungen haben hier keinen Platz. Stattdessen zieht Cornelia Funke den Leser hier genauso in die Geschichte, wie Mo es in Tintenherz schafft, die Figuren aus den Büchern heraus zu lesen. Der Grundgedanke des Miterlebens einer Geschichte – auf die eine oder andere Art – ist hier so genial aufgegriffen, dass Tintenherz in keinem Bücherregal eines echten Bücherfreundes fehlen sollte.