Erschütterndes und wichtiges Zeitdokument
Neuaufgelegt hat der Orell Füssli Verlag das Tagebuch von Mary Berg - eigentlich Miriam Wattenberg; ihre Erlebnisse erschienen nach ihrer erfolgreichen Flucht in die USA unter Pseudonym, um noch in Polen ...
Neuaufgelegt hat der Orell Füssli Verlag das Tagebuch von Mary Berg - eigentlich Miriam Wattenberg; ihre Erlebnisse erschienen nach ihrer erfolgreichen Flucht in die USA unter Pseudonym, um noch in Polen lebende Verwandte zu schützen. Nun hat man schon so viel über den Holocaust gelesen und gehört, trotzdem sind die Details immer wieder schockierend und unvorstellbar. Mary Berg berichtet teils emotional, aber oft erschreckend knapp und beinahe distanziert über ihre grausamen Erlebnisse von der Flucht aus ihrer Heimatstadt Łódź und dem Leben im Warschauer Ghetto. Nur die amerikanische Staatsbürgerschaft von Marys Mutter rettet die Familie letztendlich vor dem Tansport nach Treblinka. Sie können nach einer langen Haft nin die USA ausreisen, trotzdem lassen sie die schrecklichen Jahre im Ghetto - verständlicherweise - nicht los.
Im Laufe des Tagebuchs berichtet Mary auch immer wieder darüber, welche Gerüchte über die Vernichtung der Juden im Umlauf sind. Hier wird schnell klar, dass es kein Geheimnis war, was in den Konzentrationslagern vorging. Zwar ist allen das tatsächliche grausame Ausmaß des Holocausts nicht bewusst gewesen, aber dass Juden im großen Stil ermordet worden sind, war der Bevölkerung bereits während des Zweiten Weltkriegs bekannt. Unabsichtlich legt Mary hier dar, dass all die Deutschen, die hinterher angeblich von nichts gewusst haben wollten, nicht die Wahrheit sagen können.
Es ist mittlerweile leider eine Floskel, aber dieses Buch ist so wichtig und aktuell. Wahrscheinlich werden es die, die es am dringendsten lesen sollten, nicht zur Hand nehmen. Trotzdem ist es gut, dass Mary Bergs Tagebuch neuaufgelegt wurde und uns mahnt.
Ein Vorwort sowie ein Quellenverzeichnis runden das Buch ab. Ich hätte mir nur gewünscht, dass die Anmerkungen in Fußnoten direkt auf der entsprechenden Seite gestanden hätten statt gesammelt am Ende des Buchs. Ansonsten ist das Tagebuch uneingeschränkt zu empfehlen!