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Veröffentlicht am 27.10.2019

Zwischen Gott und Teufel

Der Lehrmeister (Faustus-Serie 2)
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Nach dem teuflisch guten ersten Teil der Reihe „Faustus“, Der Spielmann, musste ich natürlich sofort zu Band 2, Der Lehrmeister, greifen – und wurde wahrlich nicht enttäuscht:

Sechs Jahre sind vergangen ...

Nach dem teuflisch guten ersten Teil der Reihe „Faustus“, Der Spielmann, musste ich natürlich sofort zu Band 2, Der Lehrmeister, greifen – und wurde wahrlich nicht enttäuscht:

Sechs Jahre sind vergangen seit Johanns abenteuerlicher Flucht aus Nürnberg. Mit seinen beiden Weggefährten Karl und Greta zieht er als Zauberer und Astrologe durch deutsche Lande, einfache Bürger erfreuen sich an ihren Tricksereien, Herzöge und Bischöfe erwarten Rat und Horoskope. Warum aber ruft Papst Leo X. nach Faust? Worauf hat sich Johann nur in seinen jungen Jahren eingelassen und wann holt ihn seine Vergangenheit ein?

In bereits gewohnter Weise fließen historische Gegebenheiten und fiktive Romanelemente übergangslos ineinander und präsentieren dem Leser ein eindrucksvolles Bild des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation im beginnenden 16. Jahrhundert. Während im „Spielmann“ eher Johann als Person im Mittelpunkt steht, reist er diesmal nach Frankreich und Rom, wo politische Gegebenheiten zum Stolperstein werden und Geld und Macht eine wesentliche Rolle spielen. Sehr beeindruckend ist hier auch Fausts Begegnung mit dem großen Künstler und Wissenschaftler Leonardo da Vinci.

Ähnlich wie in Teil 1 sind die 800 Seiten durchwegs spannend und mitreißend, sowohl vom Schreibstil als auch von der Handlung her. Manch unerwartete Wendung überrascht den Leser und lässt ihn gebannt von Kapitel zu Kapitel, von Akt zu Akt, mitfiebern mit den einzelnen Figuren. Wer ist gut, wer ist böse – oder steckt beides in jedem Menschen?

Oliver Pötzsch gelingt es einmal mehr, mit einem fesselnden Werk längst vergangene Zeiten rund um die wissenschaftlich belegte Figur des Johann Georg Faust wieder zum Leben zu erwecken. Obwohl „Der Lehrmeister“ selbstverständlich auch für sich allein gelesen werden kann (der Autor verpackt etliche Querverweise und kurze Erklärungen zu früheren Ereignissen in die Geschichte), so lohnt sich doch die Lektüre von Band 1 davor, um das ganze Lesevergnügen voll auszukosten.

Die phantastische Geschichte wird wiederum ergänzt durch ein sehr interessantes Nachwort und eine weitere informative Reise auf den Spuren Fausts
.
Genauso wie beim „Spielmann“ spreche ich hier eine Leseempfehlung aus für alle Freunde von historischen Romanen.

Veröffentlicht am 27.10.2019

Faustus - Der Glückliche?

Der Spielmann (Faustus-Serie 1)
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Um 1480 kommt Johann Georg in Knittlingen zur Welt, einem kleinen Dorf im deutschen Kraichgau. Bereits als kleiner Bub ist er anders als seine Altersgenossen, neugierig und wissbegierig. Seine Mutter nennt ...

Um 1480 kommt Johann Georg in Knittlingen zur Welt, einem kleinen Dorf im deutschen Kraichgau. Bereits als kleiner Bub ist er anders als seine Altersgenossen, neugierig und wissbegierig. Seine Mutter nennt ihn Faustus – der Glückliche.

Als der Spielmann und Magier Tonio del Moravia mit seinen stechend schwarzen Augen durch die Gegend zieht, zeichnet sich immer mehr Johanns Faszination für Wissenschaft und Kunst ab. Bald reist auch der junge Knittlinger durchs Land und saugt förmlich alle verfügbaren Schriften und Weisheiten berühmter Gelehrter auf. Doch wer ist Tonio, der Johann so verzaubert hat und welche Mächte ziehen ihn stetig in ihren Bann?

Das wahre Leben des Johann Georg Faust, Wunderheiler, Magier, Alchemist und Astrologe, ist nicht nur Johann Wolfgang von Goethes Vorlage für seine bekannten Werke Faust I und II, sondern auch für dieses hervorragende Buch von Oliver Pötzsch. Sachlich fundiert mit viel Hintergrundinformation wird Fausts Leben in Romanform geschildert. Auch etliche Zitate von Goethe finden sich im Text.

Die Sprache des Autors ist bildhaft, fesselnd und mitreißend, die knapp 800 Seiten vermitteln ein kurzweiliges Bild von Johann, wie er - getrieben von unsichtbaren Kräften – durch die deutschen Lande bis nach Italien reist, immer auf der Suche nach Austausch mit anderen Forschern und Naturwissenschaftlern. Vor allem von der Kirche verbotene Bücher üben einen besonderen Reiz auf ihn aus.

Neben eindrucksvollen Landschaftsschilderungen erfährt der Leser viel über schwer arbeitende Bauern und Handwerker, Diebe und Wegelagerer, Spielleute und Gaukler. Dazwischen trifft Faust auf wichtige historische Persönlichkeiten wie Conrad Celtis, Agrippa oder den Bamberger Fürstbischof Georg III. Schenk von Limpurg. Interessante geschichtliche Fakten werden geschickt mit spannenden Romanelementen zu einem großen Ganzen verwoben, sodass man dieses Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte. Die Figuren rund um Faust sind ebenso wie er selbst höchst anschaulich geschildert, der Leser muss förmlich mitfiebern bei all den aufregenden Abenteuern, die wohl nur der Teufel allein Faust gestellt haben kann. Wer ist Faust, wonach sucht er und warum sind Glück und Unglück, Gut und Böse, immer so nah beieinander? Etliche Fragen wirft Oliver Pötzsch auf, die nicht nur in seiner Geschichte selbst, sondern auch in einem sehr ausführlichen Nachwort und einer „Reise auf Fausts Spuren“ eingehend beantwortet werden.

Von Anfang bis zum Ende voller Lebendigkeit und Dramatik präsentiert sich dieser erste Teil der Reihe „Faustus“ von Oliver Pötzsch, den ich somit sehr gerne weiterempfehle für alle Liebhaber historischer Romane.

Veröffentlicht am 02.10.2019

Stumme Schreie

Der siebte Schrei
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Jedes Frühjahr wird ein junger Bursch entführt, der dann eine Woche später tot aufgefunden wird. Das letzte Opfer jedoch kann dem Mörder entkommen und soll nun, ein Jahr danach, von Special Agent Deacon ...

Jedes Frühjahr wird ein junger Bursch entführt, der dann eine Woche später tot aufgefunden wird. Das letzte Opfer jedoch kann dem Mörder entkommen und soll nun, ein Jahr danach, von Special Agent Deacon Hamilton nochmals befragt werden, um die Ermittlungsdaten zu aktualisieren und bei einem neuerlichen Vermisstenfall zu helfen. Allerdings ist der neunjährige Steve auf Marinas Reittherapieranch schwer traumatisiert und noch dazu stumm. Ob er tatsächlich weiterhelfen kann?



Linda Budinger setzt ihren Thriller in der Jetztzeit an und schildert die Situation aus unterschiedlichen Sichtweisen: Deacon Hamilton und ein weiterer Ermittler, Brenner, stehen im Mittelpunkt der Betrachtung, aber auch das entkommene Opfer Steve und der Täter selbst kommen immer wieder zu Wort. Dadurch entsteht eine kontinuierliche Spannung, man kommt dem Mörder Schritt für Schritt auf die Spur, bis sich dieser schließlich dem Leser offenbart, noch bevor Hamilton Gewissheit hat. Die gesamte Handlung ist logisch und strukturiert aufgebaut, etliche Fakten und Phänomene sind ausgezeichnet recherchiert und fließen gut verknüpft ins Geschehen ein.



Die Anzahl der Hauptfiguren ist gut überschaubar, jede einzelne von ihnen genau und klar charakterisiert, sodass man schnell ein deutliches Bild von allen vor Augen hat. Auch die jeweiligen Örtlichkeiten beschreibt die Autorin so übersichtlich, dass der Leser sich selbst in die jeweilige Szene hineinversetzen kann. Schließlich passt auch der angenehm flüssige Schreibstil zu dem spannenden Thema, das hier verarbeitet wird.



Fazit: ein rundum gelungener Thriller mit charakterstarken Figuren und interessanten Details, den ich gerne weiter empfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 26.09.2019

Indolente Knaben

Der Verein der Linkshänder
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Der 75. Geburtstag steht Kommissar Van Veeteren bevor. Während er eine Flucht vor unzähligen Glückwünschen plant, kontaktiert ihn ein früherer Kollege, da es neue Erkenntnisse zu einem mehr als zwanzig ...

Der 75. Geburtstag steht Kommissar Van Veeteren bevor. Während er eine Flucht vor unzähligen Glückwünschen plant, kontaktiert ihn ein früherer Kollege, da es neue Erkenntnisse zu einem mehr als zwanzig Jahre zurückliegenden Fall gibt. Der vermeintliche Mörder, der vier Freunde aus dem „Verein der Linkshänder“ durch einen Brandanschlag getötet haben soll, wird selbst nach so langer Zeit erschlagen aufgefunden. Offenbar haben der legendäre Van Veeteren und Kommissar Münster damals ganz und gar versagt und voreilig falsche Schlüsse gezogen. Noch komplizierter wird die Angelegenheit bald darauf mit einer weiteren Leiche. Inspektor Barbarotti ermittelt und die Intuition Van Veeterens darf nicht ignoriert werden…

Hakan Nesser hat diesen Roman in drei große Teile gegliedert. Während im ersten Abschnitt unterschiedliche Zeitebenen betrachtet werden – Oosterby ab 1957, Oosterby im Herbst 1991 und Maardam im Oktober 2012 und Vergangenes mit der Gegenwart verknüpft wird, so spielen die weiteren beiden Teile im Oktober / November 2012 und schildern den Verlauf der Ermittlungen. Obwohl der Roman recht lang ist und viele kleine Details beleuchtet, so erscheint mir nichts unnötig oder langweilig. Schon der Beginn, als der Schulalltag in Oosterbys Volksschule beschrieben wird, hat mich gefesselt und neugierig werden lassen auf die drei Burschen und Lehrerin Bolster, die „sich nicht erinnern konnte, in ihrer langen pädagogischen Laufbahn jemals einem leistungsschwächeren Trio als diesen indolenten Knaben begegnet zu sein“.


So wird der Leser gefesselt von einem ausgezeichneten Schreibstil und mit klaren und sachlich-nüchternen Worten entführt in ein abgelegenes kleines Dorf, in dem die Geschichte ihren Ausgang nimmt. Logisch, übersichtlich und konsequent stellt Nesser die einzelnen Figuren vor, sowohl die Mitglieder des Linkshändervereins als auch Van Veeteren und seine Frau Ulrike, die in spannender Weise über den Fall diskutieren und so der Lösung gemeinsam mit den aktuellen Ermittlern Schritt für Schritt näher kommen.

Die häufigen Zeitsprünge im ersten Teil steigern die Spannung und dank genauer Kennzeichnung der Kapitel mit Ort und Zeit behält der Leser immer den Überblick über alle Geschehnisse. Verschiedene Verdächtige tauchen auf, bis aber der wahre Mörder samt passendem Motiv gefunden ist, dauert es doch ein wenig.

Als Freund von weniger blutrünstigen Krimis, wo der Schwerpunkt eher auf Ursache und Lösungsfindung liegen, hat mich dieser Roman sehr gut unterhalten und dazu inspiriert, mir auch frühere Bände aus der Van Veetern-Reihe anzusehen.

Von mir gibt es fünf Sterne und eine Leseempfehlung, sofern man sich nicht von mehr als 600 Seiten Vergnügen abschrecken lässt.

Veröffentlicht am 02.08.2019

Charmant und zurückhaltend - ganz das 19. Jahrhundert

Effi liest
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Zuallererst möchte ich hier das Titelbild erwähnen, das einem sofort ins Auge sticht, wunderschön und perfekt zur Geschichte und der damaligen Zeit passend. Dann der Titel – Effi liest, ganz nah dran an ...

Zuallererst möchte ich hier das Titelbild erwähnen, das einem sofort ins Auge sticht, wunderschön und perfekt zur Geschichte und der damaligen Zeit passend. Dann der Titel – Effi liest, ganz nah dran an Effi Briest und schon hält man das Buch in der Hand und studiert den Klappentext:

Berlin, 1894.
Alles beginnt mit einem Buch, das die achtzehnjährige Elena Sophie von Burow, genannt Effi, zufällig entdeckt. Der Inhalt ist so skandalös, dass Effi aus ihrem vornehmen Pensionat fliegt, noch bevor sie die erste Seite gelesen hat. Sofort reist ihre Tante an, denn es ist wohl höchste Zeit, Effi in die Gesellschaft einzuführen und einen Ehekandidaten zu finden. Effi hingegen sucht Antworten auf ihre Fragen. Ob der junge und sehr sympathische Arzt Maximilian von Waldau Effi weiterhelfen kann?
Eine romantische Komödie aus der prüdesten Epoche der deutschen Geschichte.
Ein wunderbares Lesevergnügen für alle Fans von Jane Austen und "Der Trotzkopf".

Die Autorin hat nach ausgezeichneter Recherche ein ganz treffendes Bild der Frauen im ausklingenden 19. Jahrhundert geschaffen. „Hausfrau und Mutter zu sein, das ist der natürliche Beruf jeder Frau.“ (Zitat Pos. 1099)

Zum Glück sieht die junge Elenea Sophie von Burow, genannt Effi, das nicht ebenso und hat nach ihrem Rauswurf aus dem Mädchenpensionat vor, die Welt der Universität zu erobern und ein erfülltes, interessantes Leben zu führen.

Anna Morettis Schreibstil ist geprägt von Wortwitz und Charme, lustige Episoden und sachliche Hintergrundinformation greifen schön ineinander und verbinden historische Gegebenheiten mit Romanelementen, sodass viel Information in unterhaltsamer Weise transportiert wird.

Wenngleich auch nicht ständig hochspannende Szenen aneinandergereiht werden, so ist das Buch dennoch immer interessant zu lesen und spiegelt dadurch wohl auch die Zeit wider: angepasst, sittsam und brav hatte ein junges Mädchen zu sein, stricken, sticken und taktvolle Konversation mussten den Tagesablauf bestimmen.

Die einzelnen Personen sind wunderbar bildhaft charakterisiert und zaubern dem Leser mitunter ein Schmunzeln ins Gesicht. (z.B. Frl. Grimaud: den faltigen, putenähnlichen Hals weit vorgereckt...Pos. 271) Klar herausgearbeitet wird auch die Entwicklung, die einige Protagonisten im Laufe der Geschichte durchleben.

Wunderbar abwechslungsreich wird die Erzählung durch die unterschiedliche Sichtweise, die der Leser auf die Ereignisse bekommt: Effi erzählt selbst aus der „Ich-Perspektive“, während Max‘ Eindrücke in Form von Briefen an seinen jüngeren Bruder geschildert werden.

Abgerundet wird das Buch dann noch durch eine informative Aufstellung über medizinische Fortschritte im 19. Jahrhundert und ein sehr ausführliches Nachwort.

Wer einen gelungenen Mix aus sehr gut recherchierten realen Elementen und einer liebevollen Romanhandlung ohne dramatische Aufregung sucht, ist hier bestimmt gut aufgehoben.

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