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Veröffentlicht am 15.04.2020

Von Berlin in die Toskana...

Ada, das Mädchen aus Berlin
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Mit diesem Buch ist es dem amerikanischen Autor Ronald H, Balson erneut perfekt gelungen einen spannenden Justiz-Roman mit europäischer Geschichte zu verknüpfen.
Nach "Hannah und ihre Brüder" und "Karolinas ...

Mit diesem Buch ist es dem amerikanischen Autor Ronald H, Balson erneut perfekt gelungen einen spannenden Justiz-Roman mit europäischer Geschichte zu verknüpfen.
Nach "Hannah und ihre Brüder" und "Karolinas Töchter" stehen auch hier wieder die Anwältin Catherine Lockhart und der Privatdetektiv Liam Taggart, mittlerweile miteinander verheiratet, im Mittelpunkt.
Tony Vincenzo, ein Freund von Liam, bittet die beiden seiner Tante Gabriella in der Toskana zu helfen. Der skrupellose Anwalt Lenzini versucht sie, im Namen des großen Weinproduzenten VinCo, von ihrem Grundstück und ihrem Weingut zu vertreiben. Angeblich gehört ihr das Land gar nicht. Oder doch?
In Italien angekommen bittet Gabriella Catherine und Liam ein altes Manuskript einer Ada Baumgarten aus den 30er Jahren zu lesen. Dies soll die genauen Besitzverhältnisse erklären.
Aber was hat das Schicksal einer deutschen Jüdin mit Gabriellas Weingut in der Toskana zu tun?
Da Lenzini einen Räumungsbescheid erwirkt hat wird die Zeit langsam knapp Gabriellas Anspruch zu beweisen. Aber Catherine und Liam lassen nicht locker und entdecken unglaubliche Verstrickungen aus der Zeit des faschistischen Italien unter Mussolini, Nazi-Deutschland und der italienischen Korruption, die bis heute wirken. Auf der Suche nach der Wahrheit ergeben sich Spuren nach Berlin, Bologna, Rom - aber auch nach Theresienstadt....

Die Handlung spielt abwechselnd in der Gegenwart, und behandelt dort den Kampf innerhalb eines von Bestechlichkeit geprägten italienischen Justizapparates, und dem Leben von Ada Baumgarten in der Vergangenheit während der nationalsozialistischen Verfolgung der Juden in ganz Europa.

Bei sämtlichen juristischen Aspekten werden die Zusammenhänge detailliert, aber auch für Laien sehr gut verständlich beschrieben. Man merkt, Balson war selbst jahrelang als Anwalt tätig. Ich fand diesen Teil, gerade zum Ende hin, sehr spannend.

Adas Geschichte wird aus der Ich-Perspektive geschrieben. Dadurch ist man ihr durchgängig sehr nah, man kann sämtliche Gedanken, Gefühle und Handlungen sehr gut miterleben.
Lange Zeit ist jedoch nicht klar, in welchem Verhältnis Ada und Gabriella zueinander stehen. Und auch nicht, was aus Ada geworden ist.
Generell wurden die Charaktere aus der Vergangenheit unglaublich gut, teilweise sehr eindringlich beschrieben. Auch die sich immer bedrohlicher entwickelnden Lebensumstände werden eindrucksvoll vermittelt - und das, ohne allzu deutlich das Grauen der Zeit zu beschreiben.
Einige der auftretenden Protagonisten, wie zum Beispiel der Konzertmeister Wilhelm Furtwängler, hat es tatsächlich gegeben.

Auf beiden Zeitebenen läuft es jeweils auf einen sehr spannend Höhepunkt zu. Natürlich hofft man, dass es für Gabriella und Ada gut ausgeht und die "Bösen" immer ihre gerechte Strafe bekommen (haben).
Aber ist das Leben immer gerecht? Gab es überhaupt so etwas wie Gerechtigkeit in der dunklen Zeit von Nationalsozialismus und Faschismus? Und wie einflussreich sind die Seilschaften noch heute?

"Ada, das Mädchen aus Berlin" ist eine beeindruckende Geschichte, die einen kaum loslässt.
Ich hoffe sehr auf noch weitere Bücher der Reihe!

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Veröffentlicht am 03.04.2020

Mehr als eine Sommergeschichte

Riviera - Der Traum vom Meer
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Bei einem Titel "RIVIERA Der Traum vom Meer" erwartet man wahrscheinlich schnell eine schöne Sommer-Liebesgeschichte mit Happy-End-Garantie.
Doch dieses Buch ist anders - es ist viel mehr, geht deutlich ...

Bei einem Titel "RIVIERA Der Traum vom Meer" erwartet man wahrscheinlich schnell eine schöne Sommer-Liebesgeschichte mit Happy-End-Garantie.
Doch dieses Buch ist anders - es ist viel mehr, geht deutlich tiefer.
Im Mittelpunkt stehen die Freundinnen Salome und Ornella. Ihre Geschichte, der familiäre Hintergrund, die historisch-politischen Veränderungen, sind der Rahmen für eine Handlung, bei der es um Freundschaft, Liebe, Verlust, Angst und Hoffnung geht.
Als Leser(in) erlebt man nicht nur mit wie Salome und Ornella älter werden. Sie werden erwachsen und erfahren auf ganz persönliche Art, wie es ist, mit den unterschiedlichsten Veränderungen, die selten positiv sind, fertig werden zu müssen.
Und dies geschieht mit einem bemerkenswert empathischen Schreibstil.
Auch haben alle Protagonisten der Geschichte eine wunderbar ausgearbeitete Vita. Und so kommt man jedem im Laufe der Handlung näher und selbst "Nebencharaktere" werden so zu einem wichtigen Baustein, machen das Gesamtbild stimmig.
Die Beschreibungen der Handlungsorte sind sehr gut, die der Protagonisten aber brilliant.
Ich konnte die kleine dicke Ornella genauso deutlich vor meinem inneren Auge sehen, wie den dünnen immer rauchenden Félix, den Träumer Arthur, die mehrfach sterbende Oma Tilda und viele andere wunderbare Charaktere mehr. Und selbst mit wenigen, kurzen Szenen werden z.B. Herr Theodor oder die Hure Zoë aus dem Hintergrund hervorgeholt und bekommen Gewicht.
Mich hat der ganze Roman beeindruckt, gefesselt und neugierig auf die Fortsetzung gemacht.
Zur Abrundung gibt es auch eine kostenlose kurze Vorgeschichte als E-Book.

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Veröffentlicht am 09.11.2019

Spuren durch Raum und Zeit

Leas Spuren
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Die deutsche Historikerin Marie und der französische Journalist Nicolas erben zu beider Überraschung von Nicolas Großvater Viktor gemeinsam eine Wohnung in Paris. Aber es gibt eine Voraussetzung um das ...

Die deutsche Historikerin Marie und der französische Journalist Nicolas erben zu beider Überraschung von Nicolas Großvater Viktor gemeinsam eine Wohnung in Paris. Aber es gibt eine Voraussetzung um das Erbe anzutreten: Marie und Nicolas müssen ein bestimmtes, verschollenes Bild des jüdischen Malers Jakob Stern finden und ihm, oder einem potenziellen Erben, aushändigen. Woher kennt Viktor Marie überhaupt? Gibt es eine Verbindung von Viktor und Maries früh verstorbener Großtante Charlotte, die zur Zeit des Krieges in Paris gelebt hatte? Nach holprigem Start machen sich die beiden auf die Suche und entdecken Erstaunliches!

In diesem von Beginn an fesselnden Buch wird zuerst von Marie, Nicolas und ihrer Suche nach dem Bild erzählt. In abwechselnden Kapiteln erfährt man dann aber auch  immer mehr über Viktor und Charlotte, die sich zur Zeit der deutschen Besatzung in Paris kennen und lieben lernen. Langsam tragen Marie und Nicolas immer mehr Fakten zusammen und in beiden kommt der furchtbare Verdacht auf, Viktor und Charlotte könnten etwas mit dem groß angelegten Kunst-Raubzug der Nazis zu tun haben! 

Die ganze Geschichte ist unglaublich spannend und realitätsnah geschrieben. Ich fand besonders die Beschreibungen vom historischen Paris extrem bildhaft und ich hatte quasi durchgängig Kopfkino beim lesen!

Die familiären Verbindungen von Marie zu Charlotte, sowie von Nicolas zu Viktor, schaffen dann irgendwann auch eine emotionale Verbindung von Marie und Nicolas und man hofft auf ein Happy-End für die beiden!

Bei den Protagonisten hat mich sowieso begeistert, dass Marie und Nicolas mit Ü40 endlich einmal die Handlung mit realistischerer Lebenserfahrung tragen als die üblichen Mittzwanziger in ähnlichen Geschichten. 

Und ich fand die Entwicklung der zuerst recht naiven Charlotte und dem schüchternen Viktor bemerkenswert. Die Zeichen der Zeit nicht verleugnend werden sie auf ihre Art und Weise aktiv. 

Die Autorin hat es geschafft historische Ereignisse und reale Personen in die Geschichte zu integrieren und so noch empathischer zu gestalten. Und dadurch fiebert der Leser am Ende auch unglaublich mit, wenn Marie endlich auf eine Spur der Tochter von Jakob Stern zu stoßen scheint.

Ein spannender Aspekt ist auch das Thema Vergangenheitsbewältigung und/oder Verleugnung. Was haben die Eltern/Großeltern zur Zeit des Krieges und der Verfolgung von Juden oder anderen Verfolgten getan? Wer hat wieviel Schuld auf sich geladen? 

"Leas Spuren" ist ein Buch, welches mich mehr als begeistert hat. Die Geschichte hat mich in vielerlei Hinsicht bewegt!

Veröffentlicht am 28.10.2019

Spurensuche vor historisch-exotischer Kulisse

Der Zwilling von Siam
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Im Jahr 1892 reist die junge Emilie mit ihrem Vater von Hamburg in dessen zweite Heimat nach Siam um dort als Lehrerin an der königlichen Schule zu unterrichten. In Siam lebt bereits auch schon ihre Zwillingsschwester ...

Im Jahr 1892 reist die junge Emilie mit ihrem Vater von Hamburg in dessen zweite Heimat nach Siam um dort als Lehrerin an der königlichen Schule zu unterrichten. In Siam lebt bereits auch schon ihre Zwillingsschwester Marie, gemeinsam mit deren Ehemann Franz. Dort angekommen muss Emilie erfahren, dass Marie bei einem mysteriösen Unfall ums Leben gekommen ist. Emilie versucht ein wenig über Maries Leben zu erfahren und entdeckt Ungereimtheiten, die auch irgendwann für sie gefährlich werden. Zum Glück hat sie Unterstützung in Johannes, dem Bruder von Maries Ehemann...

Mit "Der Zwilling von Siam" erzählt Tara ihren Leser(innen) erneut eine spannende Geschichte mit realem, historischen Hintergund. Die einfließenenden Fakten und Ereignisse, sowie die auftauchenden real existierenden Personen, zeugen von einer bemerkenswerten Recherchearbeit! Die Fülle an Informationen bezüglich der Geschichte von Siam, des Königshauses, politische / gesellschaftliche Hintergründe, sind beeindruckend und werden so ganz nebenbei vermittelt. Besonders interessant fand ich die Umstände bezüglich des Eisenbahnbaus in dieser Zeit und die extrem fortschrittliche Haltung des damaligen Königs!

Die Beschreibung der Protagonisten ist in meinen Augen zeitgemäß sehr gut gelungen. Das Land Siam und die Stadt Bangkok werden jederzeit vor dem geistigen lebendig. Und durch den sehr flüssigen Schreibstil wird das Buch sehr schnell zum Pageturner. Da sich durch Emilies Suche nach Hinweisen auf Maries Leben immer mehr spannende Aspekte ergeben, bekommt die Handlung auch immer mehr Dramatik und man rätselt in ganz verschiedene Richtungen mit. Da tritt fast die sich anbahnende Romanze zwischen Emilie und Johannes in den Hintergrund!

Für mich war "Der Zwilling von Siam" wie eine Reise durch Raum und Zeit, hinein in eine mir bis dato unbekannte Welt. Eine spannende, faszinierende Geschichte vor historisch-exotischer Kulisse. Bitte mehr davon!

Veröffentlicht am 11.09.2019

Ein literarisches Juwel

Der Geschmack unseres Lebens
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Mit dem Buch "Der Geschmack unseres Lebens" entführt die Autorin Julia Fischer ihre Leser(innen) in das faszinierende, touristisch zum Glück noch nicht überlaufende Piemont.  

Im Mittelpunkt steht Ella, ...

Mit dem Buch "Der Geschmack unseres Lebens" entführt die Autorin Julia Fischer ihre Leser(innen) in das faszinierende, touristisch zum Glück noch nicht überlaufende Piemont.  

Im Mittelpunkt steht Ella, eine alleinerziehende Mutter, die in ihrem noch jungen Leben schon einiges wegstecken musste. Nach dem frühen Tod der Mutter hat sie ihren krebskranken Vater bis zu dessen Tod gepflegt. Nach wirtschaftlichen Rückschlägen war sie gezwungen die Haselnuss-Plantage, die seit vielen Jahren in Familinbesitz war, zu verkaufen. 
Lebensmittelpunkt ist für Ella mittlerweile, neben ihren Zwillingen, ihre eigene kleine Chocolaterie. 

Die von Ella produzieren Köstlichkeiten (sowie auch deren Herstellung) werden von der Autorin in einer Art beschrieben, dass einem nicht nur einmal das Wasser im Mund zusammenläuft. Ich konnte die Schokolade fast riechen, den erdigen Geruch des Trüffels wahrnehmen. 
Der sowohl bildgewaltige, als auch empathische Schreibstil, zeigt sich auch bei den Landschaftsbeschreibungen. Beim lesen sieht man die braun-grünen Hänge, an denen Haselnüsse und Wein angebaut wird, die Wälder, wo Trüffel gesucht und gefunden wird, vor dem geistigen Auge entstehen und erwecken eine unglaubliche Lust diese Gegend selbst zu besuchen. 

Nach und nach lernt man nicht nur Ella besser kennen, auch die Menschen, die ihr Leben entscheidend mitgeprägt haben - oder es noch immer tun: 
Ellas Bruder Danilo, der nach dem Tod der Mutter für Jahre verschwunden ist und plötzlich wieder vor der Tür steht.  
Salvatore, ein väterliche Begleiter, seit Jahren immer an ihrer Seite. 
Mahesh, ein indischer Restaurantbesitzer und treuer Freund. 
Und natürlich Michele, der neue Besitzer der Familien-Plantage, den Ella eigentlich hassen will, dann aber lieben lernt, und seine herzensgute, liebenswerte Mutter Sophia.  
Sie alle sind aber nicht nur Beiwerk, sondern haben alle ihre eigene, interessante Geschichte, die in kurzen Ein- bzw. Rückblenden eingebaut sind.  
Dadurch erhalten die Protagonisten einen Hintergrund, der ihre jeweilige Persönlichkeit unterstreicht und vertieft, während die ganzen Handlung dadurch eindeutig noch intensiver wird. 

Interessant fand ich den Einbau von realen Ereignissen, wie z.B. die jährlich stattfindende Trüffelmesse oder das Eselrennen der kleinen Stadt Alba. 
Erwähnung findet auch die in Alba ansässige Slow-Food-Universität.  
Dies ist aber nicht der einzige dezente Hinweis darauf, was wichtig sein sollte bei Zubereitung und Verzehr von Nahrungsmitteln: Genuss (ohne Reue!), Ruhe, Sorgfalt, Nachhaltigkeit und Neugier!

Natürlich kommt auch der humorvolle Teil nicht zu kurz. Über die "Neun vom Stadtplatz", eine Ü-65-Herrenrunde mit sehr eigenen Ansichten darüber was in Alba geschehen darf und was nicht - und wie man das dann auch durchzieht - habe ich mich sehr amüsiert.  

Die ganze Geschichte hat mich komplett eingenommen. Das liegt größtenteils an dem unglaublich gefühlvollen Schreibstil, der mich nun schon zum dritten Mal nachhaltig in Bann gezogen hat. 
Es gibt Sätze, ganze Passagen, die sind so wunderschön geschrieben, - ich hatte manchmal das Gefühl die Autorin sitzt neben mir und flüstert sie mir ins  Ohr!

Was ist für mich das Wesentliche an  "Der Geschmack unseres Lebens"?
Vielleicht, dass jeder sein eigenes, persönliches Päckchen zu tragen hat - aber sich davon nicht abhalten lassen sollte seinen eigenen Weg zu gehen. Die Vergangenheit beeinflusst uns vielleicht nachhaltig, darf uns aber nicht ausbremsen. Durch starres Festhalten an Gewesenem können Wünsche und Träume nicht wachsen und gedeihen. Loslassen bedeutet nicht vergessen.  

Es fällt mir schwer diese Geschichte loszulassen. 
Wobei.... muss ich ja gar nicht:  Das Buch bekommt einen Ehrenplatz in meinem Buchregal!