Nie langweilig, aber auch kein Highlight
Das Artefakt 2Band 2 der temporeichen Verschwörungs-/Agenten-Thriller-Dilogie rankt sich um Marcus, Maya, Thor und (als neue Figuren) Bob und Michelle, meistens im Bewusstseinshorizont von Thor, Bob oder Michelle. Zwischengeschaltet ...
Band 2 der temporeichen Verschwörungs-/Agenten-Thriller-Dilogie rankt sich um Marcus, Maya, Thor und (als neue Figuren) Bob und Michelle, meistens im Bewusstseinshorizont von Thor, Bob oder Michelle. Zwischengeschaltet sind dramatische Geschehnisse anderswo auf der Welt, zu denen sich erst nach und nach ein Gesamtbild formt.
Individualist Thor näher kennenzulernen hat mir gefallen, wobei ich gern noch mehr Gedanken und Gefühlsregungen des an Asperger-Symptomen leidenden Charakters wahrgenommen hätte. Ganz toll die bildhafte Besprechung des Thor-Maya-Gespanns in Kapitel 19: „Sie ist irgendwie rastlos und zerstreut, aber süß, und du bist wie ein Roboter mit Sozialprogramm, das irgendwo einen Bug hat, der für seltsame Ausfälle sorgt.“
Super auch US-Präsident Walker. Die Seitenhiebe dürfte wohl jeder verstanden haben.
US-Politiker Bob und Investigativjournalistin Michelle lassen spannenderweise zusätzliche Einblicke auf politische und wirtschaftliche Verstrickungen zu. Ein Manko ist jedoch, dass sie nicht sympathisch sind und mich nicht mitfiebern ließen.
Dass Marcus zur Nebenfigur wird, befürworte ich. Weinerlich und teils mit Brett vor’m Kopf (Auflösung kam mir recht früh in den Sinn), wirkt er jünger und naiver als er ist. Dass er demgegenüber starke Momente hat, ist allzu vorhersehbar.
Zum Vatikan als Handlungsort und Rolle im Gesamtgefüge wurde das Potenzial meines Erachtens nicht ausgeschöpft.
Die Storyline sehe ich zwiespältig. Einerseits ist eine gewisse Plausibilität/Realismusbezug nicht von der Hand zu weisen, andererseits wirken manche Entwicklungen und das Zusammenfallen von Ereignissen ziemlich gewollt. Schade auch, dass einige Figuren nur als Statisten und Alibi herhalten.
Insgesamt flüssig lesbar, in junger Sprache, gut verständlich, unterhaltsam, bei mittlerem Spannungs- und Überraschungslevel, liest sich gut weg, bleibt aber nicht im Gedächtnis. Mein Eindruck ist, dass es dem Gesamtwerk gut täte, wenn sich Joshua Tree mehr Zeit nimmt, an Details zu feilen.
Das Ende ist in Ordnung und liegt im Bereich des Möglichen, ist abgeschlossen, mit Potenzial für eine Fortsetzung, klärt offene Fragen, hätte gern ausführlicher gefasst werden können.
Insgesamt ist dies nicht mein bevorzugtes Genre. Zu viel Kampf, Schießereien, Flucht. Zu wenig Charakterzeichnung, Innovation, Humor. Denkanstöße diesmal nicht subtil verpackt, sondern mit Holzhammermethode verklickert, ist nicht meins. Drei Sterne mit Tendenz zu vier Sternen sollen hier zum Ausdruck bringen, dass ich die anderen Reihen von Joshua Tree mit SF-Einschlag (Fossil, Signal, Wall, Ganymed) literarisch wertvoller und spannender fand und lieber gelesen habe.