Enttäuschend unweihnachtlich
Der Zauber eines WintertagesVorab eine kleine Warnung: Meine Rezension enthält Spoiler, da meine Bewertung direkt auf gewisse inhaltliche Elemente des Romans zurückzuführen ist.
Aufgrund des Klappentextes hatte ich mir eine romantische ...
Vorab eine kleine Warnung: Meine Rezension enthält Spoiler, da meine Bewertung direkt auf gewisse inhaltliche Elemente des Romans zurückzuführen ist.
Aufgrund des Klappentextes hatte ich mir eine romantische Love Story im verschneiten weihnachtlichen Amsterdam erhofft. Zwar spielt die Handlung tatsächlich im Dezember und enthält einige Weihnachtselemente (wie beispielsweise eine Sinterklaas-Bootsparade oder einen Nikolaus-Besuch), aber der Großteil des immerhin rund 550 Seiten starken Romans von Karen Swan befasst sich thematisch mit Kriegserlebnissen in Syrien – denn in diesem Krisengebiet war die Hauptprotagonistin Lee einst als Kriegsfotografin tätig, ehe sie einem Dschihadisten in die Hände fiel. Dieser Horror verfolgt sie noch heute, obwohl sie mittlerweile ein glückliches Leben mit ihrem Sohn Jasper führt. Nun ist ihr bester Freund, mit dem sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte, freiwillig nach Syrien zurückgekehrt, um sich dafür zu rächen, was Lee einst angetan wurde. Er gerät ebenfalls in die Fänge des IS und soll womöglich an Weihnachten medienwirksam hingerichtet werden. Weiterhin widmet sich eine Buchpassage einer Schleuserbande, die hilflose Frauen in Amsterdam als Arbeitssklaven hält. Nichts davon war angenehm zu lesen.
Normalerweise liebe ich Weihnachtsgeschichten, aber hier kam für mich aufgrund des dauerhaft durchscheinenden deprimierenden Hintergrunds absolut kein Weihnachtsfeeling auf, im Gegenteil. Politische Themen, erst recht wenn sie pauschalisiert und verwässert dargestellt werden, haben in Wohlfühlromanen nichts verloren, das ist meine Meinung. Selbstverständlich gibt es sicherlich Leser/innen, die dies vielleicht anders sehen, nichtsdestotrotz hätte ich hier zumindest eine Andeutung im Klappentext sinnvoll gefunden. Auch der Buchtitel klingt zwar wunderschön nach Weihnachten, ist inhaltlich jedoch komplett irrelevant und passt weder zur Handlung noch zu den Figuren.
Meine 2 Sterne basieren auf der Covergestaltung sowie auf dem Schreibstil, der – abgesehen von der Story selbst – wunderbar angenehm ist. Mit Lee habe ich mich nach und nach angefreundet, auch wenn sie sich manchmal etwas widersprüchlich verhält. (So ist sie sich z.B. den Gefahren dieser Welt bewusst, lebt generell recht vorsichtig, zögert aber nicht, einem attraktiven Wildfremden ihre Privatadresse auszuhändigen. Das passte für mich nicht zusammen.) Großartig fand ich, wie hingebungsvoll sie hinter ihrem entzückenden kleinen Sohn Jasper steht, ihn stets als ihre Hauptpriorität sieht und ihn im Ernstfall wie eine Löwenmama verteidigt.
Fazit: Keine Weihnachtsgeschichte. In meinen Augen handelt es sich eher um einen politisch angehauchten, mit ernsten Themen durchsetzten Winterroman, der lediglich durch eine kleine Romanze aufgelockert wird. Auch das erhoffte Amsterdam-Flair blieb oberflächlich. Schade, denn der Schreibstil hatte mir gut gefallen.