Spannend und gut recherchiert
Hurenmord - Die Rose von Whitechapel„...Wir machen es uns sehr einfach, wenn wir unser Glück von anderen Personen abhängig machen. Dann drücken wir uns vor unserer eigenen Aufgabe. Glück müssen wir uns selbst verschaffen...“
Wir schreiben ...
„...Wir machen es uns sehr einfach, wenn wir unser Glück von anderen Personen abhängig machen. Dann drücken wir uns vor unserer eigenen Aufgabe. Glück müssen wir uns selbst verschaffen...“
Wir schreiben das Jahr 1888. Seit den Geschehnissen des ersten Bandes sind fünf Jahre vergangen. In London trauert Christine um Henry. Sie lässt sich kaum noch im Frauenhaus blicken und zieht sich zurück. Kurzerhand kommt Emily nach London, obwohl sie das erste Mal schwanger ist. Sie erkennt:
„...Um Trauer zu bewältigen, brauchte es keine tröstenden Floskeln, sondern Halt...“
Sie fällt zwei Entscheidungen, die Christine ins Leben zurück bringen. Doch auf Christine warten schon neue Probleme. Frauen, die das Frauenhaus, aus welchen Gründen auch immer, werden brutal ermordet.
Die Autorin hat erneut einen spannenden und exakt recherchierten historischen Roman geschrieben.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Gekonnt werden die historischen Verhältnisse in die Handlung integriert. So erfahre ich durch die Fabrikarbeiterin Rosalie, wie die Arbeitsbedingungen in den Textilhallen waren. Von ihrem Gehalt kann sie sich und ihren Sohn nur knapp über Wasser halten.
Die Ermittlung in den Mordfällen führt Christine und Inspektor Pike wieder zusammen. Normalerweise verlangt die gesellschaftliche Konvention, eine gewisse Distanz zu wahren, denn beide gehören nun unterschiedlichen Gesellschaftsschichten an. Christine sieht das anders:
„...Was die Leute über einen denken, spielt nicht die geringste Rolle. Was wir von uns denken, bestimmt unser Tun. Und unser Tun wiederum bestimmt, wer wir sind...“
Auch im Frauenhaus sind die Verhältnisse nicht einfach. Die Frauen kommen mit völlig unterschiedlicher Vergangenheit. Rosalie hat hier eine Zukunft gefunden. Anderen aber fällt es schwer, auf den Alkohol zu verzichten. Pearly Poll erklärt das so:
„...Der Alkohol war überhaupt das Einzige, was sie auf den Beinen hielt. Ein Wunderwasser war er! Er heilte, betäubte ihre Schmerzen, sowohl die körperlichen als auch die seelischen...“
Natürlich gehen darüber die Meinungen auseinander. Die Gespräche unter den Bewohnern zeigen, dass es selbst in den untersten Schichten der Bevölkerung Privilegierte und solche gibt, die nichts mehr zu verlieren haben, weil selbst ihre Würde und ihre Gesundheit nicht mehr existiert. Für den Abstieg gibt es viele Gründe. Im Gespräch komme konkrete Schicksale zur Sprache.
Die Ermittlung des Täters zieht sich hin. Schnelle Erfolge sind gefragt. Doch bald stellt sich heraus, dass man den Falschen inhaftiert hat, weil es zu einem neuen Mord kommt.
Als sich die Situation zuspitzt, kommt Liam nach London.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich mag den Schriftstil der Autorin, der sich gekonnt den Gegebenheiten anpasst. Neben sachlicher Beschreibung der Zeitverhältnisse, gut ausgearbeiteten Gesprächen, treffender Wiedergabe von Emotionen wie Angst und Trauer werden viele passenden Metapher verwendet, wie das nun letzte Zitat zeigt:
„...Tränen waren für den Hass wie der Sauerstoff, der einem Feuer weggenommen wurde, um es zu löschen. Sie erstickten das Böse im Keim...“