Wenn Bücher zu Highlights werden...
Liebe Daffy,
heute habe ich eine Empfehlung für dich, die mich schon beim Klappentext zum Lachen gebracht hat: Die Königinnen der Würstchen von Clémentine Beauvais, erschienen bei Carlsen 2017. Das Original ...
Liebe Daffy,
heute habe ich eine Empfehlung für dich, die mich schon beim Klappentext zum Lachen gebracht hat: Die Königinnen der Würstchen von Clémentine Beauvais, erschienen bei Carlsen 2017. Das Original Les pétites reines kam schon 2015 auf den Markt und wurde von Annette von der Weppen ins Deutsche übersetzt.
Dieses Buch ist eine sagenhafte Hommage an das Motto: „Wenn dir das Leben Zitronen gibt, mach' Limonade draus.“
Ich habe das Buch auf einem Bücherflohmarkt erstanden und kannst dir vorstellen, wieso ich es in die Hand genommen habe, da du weißt, welche Reizüberflutung an Werken einen dort erwartet? Es war der Titel: Die Königinnen der Würstchen. Fand ich richtig klasse, dann war auf dem Cover noch Paris und ich habe den Klappentext zu lesen begonnen...und auf dem Flohmarkt zu lachen angefangen. Mehr brauchte es für mich nicht und es war entschiedene Sache, das wird mein Buch.
Ich möchte es in dieser Rezension genauso halten und dir vom Inhalt nicht mehr verraten, als der Klappentext, damit du genau das gleiche Erlebnis hast wie ich beim Lesen.
Wie jedes Jahr ist Mireille Laplanche zu einer „Wurst des Jahres“ gewählt worden. Normalerweise gebührt ihr der Titel der goldenen Wurst, doch dieses Jahr sind zwei Mitschülerinnen als noch hässlichere Mädchen gewählt worden. Genau das ist diese Wahl nämlich; eine „Auszeichnung“ als hässlichstes Mädchen der Schule. Soll man da den Kopf in den Sand stecken? Mireille beschließt, dass das überhaupt nicht in Frage kommt und schließt sich mit ihren Mitstreiterinnen zusammen. Jede von ihnen hat ihren ganz eigenen Grund am Nationalfeiertag, den 14.07. in Paris am Elysée-Palast zu sein, weshalb sie sich kurzerhand vornehmen, einen Road-Trip zu unternehmen. Mit dem Fahrrad. Wie es sich für die „Würste des Jahres“ gehört, auf der Strecke Würstchen verkaufend. Und so entsteht eine Reise, die aus dem Nichts geboren wird, drei Mädchen zusammenarbeiten lässt, die sich vor dieser Wahl nicht einmal kannten und uns LeserInnen auf jeder Seite zum Lachen bringt.
Das könnte es nun mit meinem Brief gewesen sein, doch das wäre irgendwie enttäuschend, oder? Ich hätte nicht viel mehr verraten als in meiner Postkarte. Über die Handlung möchte ich auch gar nicht mehr schreiben, damit du das Buch ganz allein für dich entdecken kannst.
Doch über die Figuren und den Schreibstil von Clémentine Beauvais möchte ich noch etwas schwärmen.
Da die Mädchen schon so eine tolle Leistung vollbracht haben und die hässlichsten Schülerinnen sind, lasse ich dich allein herausfinden, welche Attribute sie zu dem gemacht haben. Ich werde mich hier auf die wunderschönen Seiten konzentrieren, die die Autorin ihren Figuren gegeben hat.
Natürlich beginnen wir mit Mireille. Dank ihr erleben wir die Geschichte nämlich aus einer unfassbar sarkastischen Ich-Perspektive. Jeder Satz von ihr strotzt vor Humor, Ironie oder unangenehm offener Ehrlichkeit. Für ihre 15 Jahre hat Mireille eine erstaunlich interessante Sicht auf die Welt. Was sicher auch daran liegt, dass ihre Mutter – übrigens auch herrlich sarkastisch auf ihre pubertierende Tochter reagierend – Philosophin ist und sich bei ihnen Zuhause einige Philosophieabhandlungen stapeln, die Mireille gelesen hat. Sie gibt selbst zu, nicht alles verstanden zu haben und hinterfragt das Ganze dann. Meist auf einer sehr bockige Art und Weise, die mich aber überhaupt nicht genervt, sondern sehr amüsiert hat. „Es kommt öfter vor, dass die Leute meine Witze nicht verstehen“ (S. 19), sagt sie selbst über sich und genau diesen Umstand hat Clémentine Beauvais toll herausgearbeitet. Während ich viele Anspielungen verstanden und schon mit Mireille gelacht habe, stieß sie bei ihren beiden Road-Trip-Mädels oft auf Unverständnis. Es war köstlich zu verfolgen.
Astrid Blomvall (ja, Mireille nennt sie fast immer bei Vor- und Nachnamen und ich fand es so gut, dass ich es direkt übernehmen muss) und Hakima sind das Gegenteil von Mireille, was die Kombination der drei Mädchen so witzig macht. Sie sind unsicher, teils unendlich schüchtern und von den Witzen oftmals überfordert. Doch genau das macht die Mischung aus, denn auch diese beiden bringen ihre Stärken in die Unternehmung ein, die sie unverzichtbar macht.
Dieses Buch zeigt auf ganz tolle Art und Weise, wie drei völlig Fremde sich plötzlich wegen eines „blöden“ Grunds treffen können, grundverschieden sind und doch eine wundervolle Freundschaft entstehen kann. Wie man von jedem Freund und jeder Freundin etwas lernen kann, über das man vorher noch nie nachgedacht hat und wie man für die Wünsche der anderen mitarbeiten kann, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Wie Vorurteile den Blick trüben können und dass wir alle doch nur Menschen sind. Ob äußerlich der Norm entsprechend hübsch oder „hässlich“, aus unterschiedlichen Ländern kommend, mit einer Behinderung leben müssen, einen bestimmten Musikgeschmack habend oder sich auf eine Art ernährend, wie es sich ein/e andere/r für sich nicht vorstellen könnte. All das hat Clémentine Beauvais jugendlich ansprechend aufbereitet und mit ganz viel Humor gespickt in diesem Buch beheimatet.
Ich glaube, ich bin noch nie auf die Idee gekommen, einen Fahrrad-Road-Trip zu unternehmen und doch könnte ich mich nach diesem Buch fast dafür begeistern und ich bin dafür, dass du mitkommst. Was wollen wir denn unterwegs verkaufen?
Deine Daisy