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Veröffentlicht am 09.11.2019

Eine gelungene Mischung aus Spannung, Kuriositäten und fantastischen Elementen

Die Ewigkeit in einem Glas
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Im London des Jahres 1863 ist Bridie Devine als Privatdetektivin tätig. Dank der Männer, bei denen sie als Kind aufwuchs, hat sie einen besonderen Blick für Todesursachen und anatomische Auffälligkeiten. ...

Im London des Jahres 1863 ist Bridie Devine als Privatdetektivin tätig. Dank der Männer, bei denen sie als Kind aufwuchs, hat sie einen besonderen Blick für Todesursachen und anatomische Auffälligkeiten. Als die sechsjährige Christabel entführt wird, wendet sich ihr Vater Sir Edmund deshalb an sie. Denn das kleine Mädchen ist alles andere als gewöhnlich: Sie hat spitze Hechtzähne, statt zu reden löst sie Erinnerungen in ihrem Gegenüber aus und sie legt eine ganz außergewöhnliche Verbundenheit zum Wasser und seinen Lebewesen an den Tag. Bridie sucht nach Spuren und hört sich in der Szene um, in der mit Kuriositäten gehandelt wird. Bei ihren Nachforschungen trifft sie auf alte Bekannte, die sie lieber nie wieder gesehen hätte.

Nachdem mich Jess Kidd schon in den ersten beiden Romanen mit ihrem Schreibstil überzeugen konnte, habe ich mich sehr über das erscheinen dieses neuen Buchs gefreut. Diesmal nimmt die Autorin den Leser ein gutes Stück mit in die Vergangenheit und lässt ihn ins gefährliche und dreckige London des 19. Jahrhunderts eintauchen, wo so manche üblen Gestalten ihr Unwesen treiben.

Gleich zu Beginn wird man Zeuge der Entführung eines Mädchens, das über höchst erstaunliche Eigenschaften besitzt. Die Protagonistin Bridie soll die kleine Christabel zurückbringen. Bei ihrem letzten Entführungsfall ist sie gescheitert, weshalb noch immer Zweifel an ihr nagen. Bridie hat in ihrem Leben schon vieles erlebt und gesehen, das sie gedanklich immer wieder einholt. Sie ist taff und schert sich nicht darum, was andere denken. Gleichzeitig ist sie mitfühlend und hat schon einige Menschen aus den Klauen anderer befreit.

Als Bridie plötzlich den Geist eines Boxers mit zahlreichen sich bewegenden Tatoos sieht, staunt sie nicht schlecht. Wer die anderen Romane der Autorin kennt weiß, dass Geister bei ihr eine Pflichtzutat sind. Diesmal sieht die Protagonistin nur einen einzigen, kann sich dafür aber rege mit ihm unterhalten, was zu unterhaltsamen Dialogen führt. Einige Szenen sind auch aus der Sicht des Geistes geschrieben, was einen neuen Blick auf das Geschehen ermöglicht.

Um den Entführern des Mädchens auf die Spur zu kommen, nimmt Bridie den Tatort und seine Umgebung unter die Lupe und hört sich vor allem mal hier, mal dort um. Wer straffe Ermittlungen sucht, wird hier nicht fündig. Die Autorin nimmt sich Zeit, den Leser in die von ihr geschaffene Welt eintauchen zu lassen, und konnte mich mit ihren lebhaften Schilderungen begeistern. Neben der Suche nach Christabel versucht Bridie herauszufinden, warum sie von Sammlern überhaupt so begehrt wird. Außerdem erfährt man einiges über ihre Vergangenheit, denn im Zuge ihrer Nachforschungen trifft sie auf alte Bekannte. Die Charaktere sind allesamt auf ihre Weise besonders und haben so manche kuriose Eigenschaft. Und auch die Natur spielt wieder einmal verrückt und sorgt für erstaunliche Ereignisse. Zum Ende hin wird es für Bridie ganz schön gefährlich, weshalb ich gespannt mitfieberte.

„Die Ewigkeit in einem Glas“ ist eine gelungene Mischung aus Spannung, Kuriositäten und fantastischen Elementen. Ich habe Bridie gern begleitet und fand es interessant, die ungewöhnlichen Personen kennenzulernen, denen sie begegnet. Gleichzeitig fieberte ich mit, ob sie den Fall lösen und den Gefahren aus dem Weg gehen kann. Wer einen phantasievollen Schreibstil mag, der sollte dieses Buch unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 06.11.2019

Ein Mord in der Modewelt

Blutmond
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Mitten in einer Januarnacht wird Jeppe Kørner in den Orstedpark gerufen, wo ein Toter im Ørstedspark in Kopenhagen gefunden wurde. Es scheint sich um einen betrunkenen Obdachlosen zu handeln, der an Unterkühlung ...

Mitten in einer Januarnacht wird Jeppe Kørner in den Orstedpark gerufen, wo ein Toter im Ørstedspark in Kopenhagen gefunden wurde. Es scheint sich um einen betrunkenen Obdachlosen zu handeln, der an Unterkühlung gestorben ist. Entsprechend groß ist die Überraschung am nächsten Tag, als festgestellt wird, dass es sich um den Modekönig Alpha Bartholdy handelt, der vergiftet wurde. Zuletzt lebendig gesehen wurde er auf einer Modeparty, wo er einen Streit ausgerechnet mit Jeppes Freund Johannes hatte. Gemeinsam mit Annette Werner ermittelt Jeppe in verschiedene Richtungen. Auch Esther de Laurenti, mit der Jeppe in Kontakt geblieben ist, hat einen Vorschlag, wo man ansetzen könnte.

„Blutmond“ ist der zweite Fall für die Ermittler Kørner und Werner und spielt einige Monate nach „Krokodilwächter“. Die Kopenhagener Fashion Week läuft und ausgerechnet eine bekannte Persönlichkeit der Modewelt wird ermordet. Theoretisch hätte jeder auf der Modeparty Bartholdys Drink vergiften können, doch es fehlt das Motiv. Dass Johannes der einzige ist, der mit dem Opfer gestritten hat, ist eine schwierige Situation für Jeppe. Er bemüht sich darum, nicht wegen Befangenheit vom Fall abgezogen zu werden und gleichzeitig Johannes’ Unschuld zu beweisen. Annette Werner kämpft unterdessen mit starken Kreislaufproblemen und hat Angst, ernsthaft erkrankt zu sein. Die Ermittlungssituation spitzt sich zu, als es zu einem weitern Zwischenfall kommt. Das angenehm hohe Tempo und der gelungene Spannungsbogen fesselten mich ans Buch. Kathrine Engberg konnte mich mit ihrem zweiten Thriller erneut begeistern, den ich wie seinen Vorgänger absolut weiterempfehle!

Veröffentlicht am 29.10.2019

Der Zweite Weltkrieg aus Sicht eines Imkers und Fluchthelfers

Winterbienen
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Im Januar 1944 ist Egidius Arimond in seinem Bergarbeiterstädtchen im Urfttal in der Eifel einer der wenigen Männer, die nicht zum Kriegsdienst eingezogen wurden. Als Epileptiker wurde er als Lehrer entlassen ...

Im Januar 1944 ist Egidius Arimond in seinem Bergarbeiterstädtchen im Urfttal in der Eifel einer der wenigen Männer, die nicht zum Kriegsdienst eingezogen wurden. Als Epileptiker wurde er als Lehrer entlassen und kümmert sich jetzt vor allem um seine Bienenvölker. Weil sein Bruder ein bekannter Pilot und Kriegsheld ist, wurde er von den Nazis bislang nicht deportiert. Doch seine Medikamtente sind teuer, und vom Verkauf des Honigs und Bienenwachses allein kann er sie nicht bezahlen, den größten Teil muss er sowieso an den Staat abgeben. Deshalb bringt er in präparierten Bienenstöcken Juden zur belgischen Grenze. Als die Alliierten immer weiter vorrücken, wird die Lage für Egidius zunehmend gefährlich.

Der Roman ist in Tagebuchform verpasst und nimmt den Leser mit in die Jahre 1944 und 1945. Ein undatiertes Blatt mit einer Vorstellung des Protagonisten gibt zu Beginn einen ersten Überblick, in welcher Situation Egidius sich befindet. Als Epileptiker wurde er als Lehrer entlassen und zwangssterilisiert. Seine Tage verbringt er nun vor allem mit seinen Bienen und seine Nächte mit wechselnden Frauen.

Die Einträge sind in ruhiger, nüchterner Sprache verfasst. Egidius berichtet über alltägliche Begebenheiten, schwierigere Themen schreibt er seltener nieder, auch wenn er seine Notizen im doppelten Boden eines Bienenstocks versteckt. So erfährt man erst nach einer Weile, dass er dabei hilft, Juden über die Grenze zu bringen - laut eigener Aussage vor allem, um sich seine Medikamtente leisten zu können. Neue Instruktuionen erhält er über Notizen in einem Bibliotheksband. Dort ist er fast täglich, um Lateinunterricht zu geben und die Aufzeichnungen seines Vorfahren Ambrosius zu übersetzen.

Ambrosius Agrimond züchtete bereits im 15. Jahrhundert Bienen in der Eifel und gründete eine Familie, nachdem er das nahegelegene Kloster verlassen hatte. Als Junge begegnete er Johann von Erkelenz, der das Herz des verstorbenen Nicolaus Cusanus von Rom nach Cues bringen sollte. Da ich in Erkelenz das Cusanus-Gymnasium besucht habe, fand ich diese Einblicke besonders interessant.

Während der Krieg tobt, beschäftigt sich Egidius ausführlich mit dem Verhalten seiner Bienen. Als Leser erfährt man dabei so einiges über Bienenvölker und ihre Aufgaben im Laufe eines Jahres. Das steht in Kontrast zum Kriegsgeschehen, das Egidius sieht und von dem er hört. Flugzeugabstürze und erschossene Piloten, entkräftete Juden, die ihm ihr Leben anvertrauen, Vergewaltigungen, Bombenabwürfe und immer mehr Soldaten überall.

Gedanklich zieht sich Egidius immer wieder auf schöne Momente und die Zeit mit seinen Bienen zurück, diese Passagen lesen sich fast schon leicht. Dann jedoch folgen wieder Schilderungen zu dem, was gerade wirklich um ihn herum passiert, die umso mehr bedrücken und erschrecken. Dabei wächst auch die Angst in Egidius, die Kontrolle über seinen Körper zu verlieren oder aufzufliegen.

„Winterbienen“ berichtet authentisch von den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges aus der Sicht eines Imkers und Fluchthelfers, der auf Medikamtente angewiesen ist. Dem Autor gelingt es, hinter seiner Figur zurückzutreten und mich Egidius’ Stimme hören zu lassen. Sehr gerne empfehle ich diesen Roman weiter.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Ein Fall für Peter Grants deutschen Kollegen Tobi Winter

Der Oktobermann
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Tobi Winter macht gerade Urlaub bei seinen Eltern in Mannheim, als er von seiner Chefin angerufen und zu einem Tatort geschickt wird. Ein Toter wurde in Trier in der Nähe eines Weinbergs gefunden und sein ...

Tobi Winter macht gerade Urlaub bei seinen Eltern in Mannheim, als er von seiner Chefin angerufen und zu einem Tatort geschickt wird. Ein Toter wurde in Trier in der Nähe eines Weinbergs gefunden und sein ganzer Körper ist bedeckt mit einem Schimmelpilz, der als sogenannte „Edelfäule“ gern auf Trauben gesehen wird. Ein klarer Fall für die Abteilung KDA - Komplexe und diffuse Angelegenheiten - des Bundeskriminalamts, zu der Tobi gehört. Zusammen mit der örtlichen Polizistin Vanessa Sommer versucht er, der Ursache dieses mysteriösen Todesfalls auf die Spur zu kommen.

Ich habe mir sehr über die Nachricht gefreut, dass Ben Aaronovitch einen Kurzroman geschrieben hat, der in Deutschland spielt. Protagonist des Buches ist Tobi Winter, der seit einer Weile von einer nicht näher vorgestellten Chefin in der Magie unterwiesen wird und Straftaten aufklären soll, bei denen Übernatürliches im Spiel ist. Er ist also das deutsche Pendant zu Peter Grant und lernt auch ähnliche Dinge wie er, wobei die Deutschen einige andere Regeln und Meinungen haben.

Tobi inspiziert schon bald den Tatort sowie den Toten und alles deutet darauf hin, dass hier Magie im Spiel war. Ob die Besitzerin des angrenzenden Weinguts etwas weiß? Im Gespräch mit ihr kann Tobi heraushören, dass es in der Nähe Flussgötter gibt, die sogleich auf die Liste der zu Befragenden gesetzt werden. Außerdem war der Tote Mitglied in der Gesellschaft zum Trinken guten Weins, sodass auch die anderen Clubmitglieder ein Ansatzpunkt sind.

Tatkräftige Unterstützung erhält Tobi von Vanessa, die dem Thema der Magie grundsätzlich offen gegenübersteht. Er erklärt ihr einige grundlegende Dinge und sie versucht gleich, ihm beim Aufspüren eines Vestigiums zu helfen. Auf der anderen Seite staunt sie nicht schlecht, als sie erfährt, was es da draußen noch so alles gibt. Die Interaktion mit den Flussgöttinnen fand ich interessant. Sie haben ein schwierigeres Verhältnis zur Polizei, denn in ihrem langen Leben ist die Nazi-Zeit gefühlt erst seit kurzem vorbei.

Während Peter Grant sich mit immer mehr Altlasten herumschlagen muss ist dieses Buch übersichtlicher, wobei trotzdem eine größere Zahl an Charakteren eine Rolle spielt. Man kann diesen Roman ohne Vorkenntnisse lesen und in die magische Welt des Autors hineinschnuppern. Für Fans von Peter Grant ist dieser Kurzroman sowieso Pflicht. Ich würde mich sehr freuen, wenn Tobi Winter weitere eigene Fälle lösen muss oder eine Dienstreise nach London machen darf. „Der Oktobermann“ bietet kurzweilige, skurrile Unterhaltung!

Veröffentlicht am 21.10.2019

Mysteriöse Mödersuche

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
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Ein Mann wacht ohne Gedächtnis mitten im Wald auf und kann sich nur an einem einzigen Gedanken festhalten: Dem Namen Anna. Kurz darauf sieht er sie durch den Wald rennen und wird Zeuge ihrer Ermordung. ...

Ein Mann wacht ohne Gedächtnis mitten im Wald auf und kann sich nur an einem einzigen Gedanken festhalten: Dem Namen Anna. Kurz darauf sieht er sie durch den Wald rennen und wird Zeuge ihrer Ermordung. Der Täter lässt ihn jedoch davonkommen und schickt ihn in Richtung eines Herrenhauses. Dort sind die Vorbereitungen für einen Maskenball am Abend in vollem Gange, zu dem Lord und Lady Hardcastle eingeladen haben. Doch Evelyn Hardcastle, die Tochter der Familie, wird den Ball nicht überleben. Wieder und wieder wird sie sterben und der Protagonist im Körper eines anderen Gastes aufwachen und denselben Tag durchleben, bis er den Mord aufgeklärt hat.

Vor der Lektüre war ich vor allem neugierig, wie das angekündigte „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Element in der Geschichte umgesetzt wird. Auf den ersten Seiten weiß man ebenso wie der Protagonist gar nicht, wie einem geschieht. Dieser steht verletzt mitten im Wald, kann sich an nichts erinnern und muss ansehen, wie eine Frau durch den Wald gejagt und erschossen wird. Die Informationen zu seiner Person und warum er zu Gast im Blackheath House ist, erhält er schrittweise durch die Gespräche mit anderen zurück.

Am nächsten Tag wacht er in einem anderen Körper auf und stellt fest, dass der Tag von neuem beginnt. Ihm wird erklärt, dass er den Mord an Evelyn Hardcastle aufklären soll, und zwar schneller als zwei andere „Mitspieler“. Daraufhin trifft er die für mich völlig nachvollziehbare Entscheidung, sich der Situation zu entziehen. Doch so einfach ist es nicht. Die Spielregeln werden allmählich aufgedeckt und ich hatte so viele Fragen im Kopf, dass ich gefesselt weiterlesen musste.

Die Geschichte ist komplex, da das Raum-Zeit-Kontinuum hier ordentlich manupuliert wird und der Protagonist insgesamt acht verschiedene Personen steuert, die auch miteinander interagieren. Der Autor hält dabei alle Fäden geschickt in der Hand und führte mich durch eine Handlung, die ich basierend auf den festgelegten Spielregeln plaubsibel fand. Es gibt zahlreiche unerwartete Wendungen und vieles ist ganz anders als zuerst gedacht.

Schnell merkt man, dass die Aufgabe für den Protagonisten zwar ist, einen bestimmten Mord aufzuklären, an dem Tag aber noch weitaus mehr gemordet wird. Auch hier möchte man natürlich erfahren, wer aus welchen Gründen zur Tat geschritten ist. Außerdem haben einige Personen Geheimnisse, die es zu lüften gilt und andere haben heimlich zusammen einen Plan ausgeheckt. Auch wenn das Tempo zwischendurch mal ruhiger ist bleibt die Spannung dank dieser Vielschichtigkeit erhalten. Zum Ende hin werden Antworten zum grundsätzlichen Warum geliefert und neue Fragen rund um das Thema Vergebung aufgeworden, zu deren Konsequenzen sich jeder eine eigene Meinung bilden muss.

In „Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle“ durchlebt ein Protagonist einen Tag mehrfach im Körper unterschiedlicher Personen mit dem Ziel, einen Mörder zu finden. Ich fand es interessant, den Tag aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln zu sehen. Der Autor hat die Handlungsstränge genial miteinander verwoben, was bei mir für zahlreiche Aha-Momemente sorgte. Ich bin schwer begeistert und gebe eine große Leseempfehlung!