Trauerbewältigung als Jugendbuch-Thema — Sprachlich wunderschön und toll umgesetzt.
Trauerbewältigung als Jugendbuch-Thema — Sprachlich wunderschön und toll umgesetzt.
Dieses Buch sprach mich sofort mit seinem Klappentext an. Außerdem ist “Der große schwarze Vogel” von Stefanie Höfler ...
Trauerbewältigung als Jugendbuch-Thema — Sprachlich wunderschön und toll umgesetzt.
Dieses Buch sprach mich sofort mit seinem Klappentext an. Außerdem ist “Der große schwarze Vogel” von Stefanie Höfler ja schon ein Eyecatcher. Das Buch ist geschmückt mit Federn und Blättern in herbstlichen Farben. Wer das Buch erst einmal gelesen hat, versteht direkt den Zusammenhang: Bens Mutter liebt die Natur, den Wald, alle Pflanzen und Tiere. Mit ihrer Familie macht sie wöchentliche, ausgedehnte Spaziergänge durch den örtlichen Wald und setzt sich für die Umwelt ein. Sie ist zwar aufbrausend und oft auch wütend, aber ihre Wut verfliegt immer schnell. Dann ist sie wieder die tollste Mutter, die es für Ben und seinen kleinen Bruder Krümel (eigentlich Karl) geben kann. Bis sie eines Tages stirbt. Die kleine Familie muss nun lernen, wie man mit diesem Riss, der mitten durch einen durch geht, lebt. Alles erinnert noch an sie, alles riecht noch nach ihr und überall liegen ihre langen, roten, lockigen Haare. Bens Vater kommt mit dem plötzlichen Verlust überhaupt nicht zurecht, igelt sich in seiner Trauer ein und scheint dabei völlig zu vergessen, dass er noch zwei Kinder hat. Während Ben und Krümel erstmal bei ihrer Tante wohnen, versuchen die beiden Brüder, das Beste aus der Situation zu machen und dafür sorgen sie erst einmal dafür, dass das Begräbnis ihrer Mutter gerecht wird.
"Mas Todestag war ein strahlender Oktobertag. Wenn in einer Geschichte jemand stirbt, dann meistens an einem Regentag. Oder an einem nebelverhangenen Tag, an dem kein Sonnenstrahl die Wolkendecke durchdringt. Das passt besser zum Tod, unterstreicht die düstere Stimmung."
Berührend und mit einer sehr feinen Sprache erzählt Stefanie Höfler uns die Geschichte von Ben, Krümel und ihrem Vater und wie sie mit dem Tod ihrer Mutter bzw. Ehefrau umgehen. Dabei wird kapitelweise gewechselt zwischen Jetztzeit und Vergangenheit, wir erfahren in Rückblicken Bens von einzelnen Momenten, Augenblicken und Szenen aus der Zeit, als seine Mutter noch am Leben war. Ben glorifiziert seine Mutter in seinen Rückschauen niemals, überlegt sich nicht, was er hätte anders machen können, er betrachtet die Dinge, wie sie waren und wie sie sind. In der Schule kämpft Ben mit den Blicken der anderen, und plötzlich steht ihm nicht mehr nur sein bester Freund zur Seite, sondern auch ein Mädchen, das vorher keine zwei Worte mit ihm gewechselt hat. Ben findet heraus, dass auch sie — oder vielmehr ihr Bruder — dem Tod bereits begegnet ist. Dieses Band schweißt die beiden immer mehr zusammen und es entsteht eine Freundschaft, die vielleicht auch zu etwas mehr werden könnte.
In diesem Jugendbuch lernt die Familie, mit dem Tod umzugehen und zu heilen. Die Konstellation hat mich leicht an “Trauer ist das Ding mit den Federn” erinnert, das ich neulich erst gelesen habe. Und dennoch sind die beiden Bücher sehr unterschiedlich. Zumal Ben und seiner Familie keine riesige Krähe bei der Trauerbewältigung hilft; das schaffen die drei auf ihre Art ganz allein. Und darum ist “Der große schwarze Vogel” auch keine “Fantasie”-Geschichte, sondern eine, die genauso überall auf der Welt passieren kann (und auch passiert).
Die vollständige Rezension findet ihr auf meinem Blog: https://killmonotony.de/rezension/stefanie-hoefler-der-grosse-schwarze-vogel