Amy on the Summer Road ist eine nette, kurzweilige Geschichte für zwischendurch, die beim Lesen mehr als einmal den Wunsch weckt selbst in die USA und dann quer durch alle Bundesstaaten zu reisen um sich das gesamte Land anzusehen. Es ist wirklich interessant zu erfahren, wie sehr sich manche Staaten voneinander unterscheiden, und das nicht nur in Bezug auf ihre Größe oder ihre Landschaft, sondern auch in Bezug auf die Mentalität und die Gepflogenheiten ihrer Bewohner. So hat zum Beispiel jeder Staat sein ganz eigenes Motto und seinen eigenen „Titel“, zusätzlich zum offiziellen Namen.
Amy Curry ist eine wirklich tolle Protagonistin, die man gern auf ihrer Reise begleitet. Dabei geht es nicht nur um ihre Reise quer durchs Land, sondern vielmehr um die Entwicklung, die sie dabei durchmacht um nach dem schweren Verlust, den sie erlitten hat, wieder zu sich selbst zurückzufinden. Der Tod ihres Vaters hat – verständlicherweise – ein tiefes Loch in ihrem Herzen hinterlassen, über das sie mit niemandem so wirklich reden kann, weder mit ihrer Mutter, noch mit ihrem Bruder. Und als wäre das nicht schon alles schlimm genug, gibt Amy sich auch noch die Schuld am Tod ihres Vaters, obwohl sie natürlich eigentlich gar nichts dafür kann. Erst bei ihrem Abenteuer mit Roger findet sie langsam zu ihrem alten Ich zurück, beginnt den Tod ihres Vaters zu verarbeiten und kann schließlich weiter machen.
Roger ist ebenfalls eine sympathische Hauptfigur und mindestens genauso interessant wie Amy. Er ist unheimlich liebenswert, rücksichtsvoll und gibt Amy Stück für Stück wieder ihre Lebensfreude zurück, ohne sie jemals wegen irgendetwas zu bedrängen.
Im Gegensatz zu Amy hat er zwar nicht mit so großen familiären Schwierigkeiten zu kämpfen, dafür aber Probleme mit seiner Exfreundin Hadley, die ihn ohne Erklärung verlassen hat und seitdem nicht mehr auf seine Nachrichten reagiert. Daher ist er fest entschlossen sie persönlich aufzusuchen um wenigstens zu erfahren, warum sie sich von ihm getrennt hat. Durch seine Gespräche mit Amy, der er sich nach und nach ein wenig öffnet, wird ihm während der Fahrt jedoch bewusst, was für ein Mensch Hadley war und dass sie ihn vermutlich nie wirklich geliebt hat.
Wer nun eine romantische Liebesgeschichte zwischen Amy und Roger erwartet, wird allerdings wahrscheinlich enttäuscht werden. Es gibt viele Momente zwischen ihnen, die einen durchaus zum Schmunzeln bringen, von einer Lovestory kann man hier allerdings eher nicht sprechen. Erst ganz am Schluss gibt es ein paar romantische Szenen zwischen ihnen, aber mehr bzw. früher leider nicht. Das lässt ihre Gefühle füreinander zwar authentischer wirken, entschädigt aber nicht genug für die lange Wartezeit bis dahin. Man sollte vor dem Lesen des Buches also besser wissen, worauf man sich einlässt, denn sonst könnten die unbefriedigten Erwartungen den Lesegenuss erheblich schmälern.
Statt einer Liebesgeschichte bekommt man dafür eine tolle Geschichte über Freundschaft und Familie, die einen beinahe durch die gesamte USA führt, wodurch man zudem akuter Fernweh-Gefahr ausgesetzt wird. Es gibt viele lustige, aber ebenso viele sehr emotionale Momente. Es fällt Amy sehr schwer zu akzeptieren, was ihrem Vater geschehen ist, und mindestens genauso schwer darüber zu sprechen, insbesondere wegen ihrer unbegründeten Schuldgefühle. Man leidet mit ihr mit und freut sich als Roger und ihr gemeinsames Abenteuer sie wieder fröhlicher machen und ihr helfen, darüber hinweg zu kommen.
Zwischendurch ist die Handlung manchmal ein klein wenig langatmig, in Anbetracht der sonstigen Vorzüge der Geschichte, insbesondere der beiden sympathischen Protagonisten, sowie der besonderen Aufmachung des Buches, kann man aber darüber hinweg sehen. Vor allem Letzteres ist wirklich einzigartig, denn das Buch ist wie ein Scrapbook gestaltet, wodurch der Leser immer wieder etwas zum Anschauen bekommt: Photos, Quittungen, Landkarten, Speisekarten, Playlisten, Anmerkungen u.v.m.
FAZIT
Amy on the Summer Road ist eine schöne Geschichte mit sympathischen Hauptfiguren, die man gern auf ihrem kleinen Roadtrip begleitet. Man bekommt zwar nicht die Romantik, die man vielleicht erwartet hat, dafür aber eine emotionale Geschichte über Familie und Freundschaft, die zudem noch mit einer unheimlich fantastischen Gestaltung aufwarten kann.