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Veröffentlicht am 06.01.2020

Berührendes Frauenschicksal in England zwischen den Weltkriegen

Violet
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Zunächst klang der Klappentext etwas dröge, da Stickarbeiten für die Kathedrale von Winchester und Glockenläuten wesentliche Aspekte des Romans sind.
Die Leseprobe zu diesem Buch hat mich aber überzeugt. ...

Zunächst klang der Klappentext etwas dröge, da Stickarbeiten für die Kathedrale von Winchester und Glockenläuten wesentliche Aspekte des Romans sind.
Die Leseprobe zu diesem Buch hat mich aber überzeugt. Die achtunddreißigjährige Violet hat im Ersten Weltkrieg ihren Verlobten und ihren geliebten Bruder verloren. Um nicht noch länger bei ihrer ewig nörgelnden Mutter leben zu müssen, zieht sie von Southampton nach Winchester. Ihr mageres Gehalt als Schreibkraft reicht gerade für ein Zimmer zur Untermiete und einmal wöchentlich für eine warme Mahlzeit. Bei den jüngeren Kolleginnen gilt sie bereits als alte Jungfer. Als Violet sich den Broderinnen anschließt, die mit ihren kunstvollen Stickarbeiten Kissen für die Kathedrale anfertigen, scheint es, als bestätige diese Beschäftigung noch das altjüngferliche Dasein.
Das Gegenteil tritt aber ein, denn Violet findet Bestätigung, Anerkennung und Freunde. Ein neues Selbstbewusstsein nimmt von ihr Besitz, das sie auch nach und nach auf die anderen Bereiche ihres Lebens ausweitet.

Der Autorin ist ein berührendes Frauenporträt gelungen, das stellvertretend für eine ganze Generation steht. Die Abhängigkeit alleinstehender Frauen vom Wohl und Wollen der Familie, der Arbeitgeber, ja sogar von der Vermieterin, wird hier anschaulich geschildert. Violets Schicksal zeichnet nach, wie schwer es damals war, selbstbestimmt zu leben.
In einer bildreichen Sprache erfährt der Leser Details über die Künste des Stickens von Kniekissen und das Läuten der Kirchenglocken. Harmonisch hat Tracy Chevalier historische Personen und Begebenheiten in ihrer Geschichte verwoben und damit Louisa Pesel, der Initiatorin der Winchester Broderinnen, ein Denkmal gesetzt.
Über das hoch komplizierte Wechselläuten der Kirchenglocken, das über mehrere Stunden dauern kann, hatte ich vor Jahren bereits gelesen - in einem Krimi. Tatsächlich wird „Der Glocken Schlag“ von Dorothy L. Sayers auch bei den Quellen zu dem vorliegenden Buch genannt.

Der Roman hat mich sehr gut unterhalten. Er ist atmosphärisch geschrieben und hat die Zeit der dreißiger Jahre vor meinen Augen aufleben lassen. Violet ist ein sympathischer Charakter, mit dem man mitgefiebert hat. Einzig die Figur des Jack Wells erschien mir etwas konstruiert.
Dass der englische Titel „A Single Thread“ (Ein einzelner Faden) wesentlich besser zu der Geschichte passt, werden alle erkennen, wenn er auf Seite 295 zitiert wird. Er bezieht sich auf wesentlich mehr als das Sticken.

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Veröffentlicht am 03.01.2020

Nervenzerfetzender zweiter Teil um die FBI-Agentin Sayer Altair

Knochengrab (Ein Sayer-Altair-Thriller 2)
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Der zweite Band der Serie schließt nahtlos an den Vorgänger an. Die FBI-Agentin und Neurowissenschaftlerin mit speziellem Interesse an den Gehirnen von Serienmördern, Sayer Altair, ist gerade ...

Der zweite Band der Serie schließt nahtlos an den Vorgänger an. Die FBI-Agentin und Neurowissenschaftlerin mit speziellem Interesse an den Gehirnen von Serienmördern, Sayer Altair, ist gerade wieder von ihrem letzten Einsatz genesen, als sie in den Shenandoah Nationalpark in Virginia beordert wird. Dort hat der Spürhund des Agenten Max Cho zufällig eine Höhle mit zahlreichen Jahrzehnte alten Knochen entdeckt. Nicht genug des Grauens, finden die Bundesbeamten zwei weitere Leichen, die dort erst seit wenigen Tagen liegen. Nun beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, denn weitere Opfer werden vermisst ...

Mit dem Fund der Knochen gelingt der Autorin ein rasanter und spannender Einstieg. Die privaten Hintergründe der Charaktere werden nach und nach erzählt. Der Spannungsbogen bleibt während des ganzen Buches konstant hoch und immer wieder gibt es überraschende Wendungen, die die Handlung interessant halten. Stückchen für Stückchen nähert sich das Team dem Täter, um dann wieder Rückschläge hinnehmen zu müssen oder Puzzleteile zu entdecken, die so gar nicht passen wollen. Die Handlung wird chronologisch erzählt und springt zwischen den Ermittlern und den Opfern in übersichtlich langen Kapiteln hin und her. Dies und die flotte Schreibe der Autorin lassen die Seiten nur so dahin fliegen.

„Knochengrab“ ist ein fieser Thriller, nichts für zu zart besaitete Leser/innen, aber mega spannend. Er bietet mehrere Ansatzpunkte, um die Serie weiter fortzusetzen. Da ziehen sich Fragen durch das Buch, die bereits in Teil eins ihren Anfang nahmen. Den ersten Teil kannte ich nicht und man kann dieses Buch auch gut ohne das Vorwissen lesen. Allerdings - und dafür gibt es einen Punktabzug - will man es auch gar nicht mehr lesen, da man im zweiten Teil erfährt, wer der Täter im ersten ist und was den Ermittlern und auch einem Opfer widerfahren ist. Das nimmt leider alle Spannung.
Dass die Autorin selbst promovierte Anthropologin und Mordermittlerin ist, merkt man, wenn sie detailreich (und verständlich) die Abgründe der menschlichen Psyche erklärt. Die Hintergründe, die zu den Morden führten, fand ich ein klein wenig zu konstruiert und theoretisch.

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Veröffentlicht am 19.11.2019

Hochspannung und persönliches Trauma für Assad

Opfer 2117
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Ein absolut spannender achter Teil der Serie.

Eine ältere Frau wird tot auf Zypern angespült. Ein erfolgloser Journalist in Barcelona steht kurz vor dem Selbstmord. Ein junger Mann in Kopenhagen wartet ...

Ein absolut spannender achter Teil der Serie.

Eine ältere Frau wird tot auf Zypern angespült. Ein erfolgloser Journalist in Barcelona steht kurz vor dem Selbstmord. Ein junger Mann in Kopenhagen wartet nur auf ein bestimmtes Level in seinem Computerspiel, um Rache zu üben. Ein gewaltiger Terroranschlag steht kurz bevor.
Dazu noch die Rückkehr von Rose ins Team und endlich, endlich kommt Licht in die ominöse Vergangenheit von Assad. Die private Entwicklung von Carl ist ebenfalls beachtlich, tritt aber in den Hintergrund.

Ganz schön viel Inhalt für den neuen Band von Jussi Adler-Olsen; aber dramatisch, explosiv und erschütternd wie die Bände zuvor. Mir hat diese Band sogar besser gefallen, als einige ältere Teile.
Die Spannung ist von Beginn da und wird durch den rückwärts laufenden Countdown ständig gesteigert.
Carls zynisch-ironische Art sorgt immer wieder für Schmunzeln im spannungsgeladenen Verlauf der Handlung.
Alle Fäden führen natürlich zusammen und das Finale ist wirklich aufwühlend. Übrigens spielt ein nicht unerheblicher Teil des Thrillers in Deutschland.

Einige (notwendige) Rückblende ziehen sich etwas, der junge Gamer ist zunehmend nervig und die Handlung um Hardy ist dieses Mal eindeutig zu kurz gekommen. Aber mehr Inhalt hätte der Band auch nicht verkraftet.
Der Zufall wurde außerdem recht häufig bemüht. Trotz der kleinen Mängel eine eindeutige Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 09.11.2019

Als „Dr. Shiwago“ zur Waffe der CIA wurde - und doch ein Liebesroman

Alles, was wir sind
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Liebesroman oder Spionagegeschichte? „Alles, was wir sind“ von Lara (!) Prescott ist beides, so wie Pasternaks Weltbestseller Liebesgeschichte und Kriegsgeschichte ist. Von beiden Romanen bleibt die Liebesgeschichte ...

Liebesroman oder Spionagegeschichte? „Alles, was wir sind“ von Lara (!) Prescott ist beides, so wie Pasternaks Weltbestseller Liebesgeschichte und Kriegsgeschichte ist. Von beiden Romanen bleibt die Liebesgeschichte stärker im Gedächtnis.

Prescott zeichnet die Entstehungsgeschichte von „Dr. Shiwago“ nach, deren Hauptfigur Lara an Pasternaks Geliebter Olga angelehnt ist. Während Sowjetrussland das Buch verbietet und einen Druck verhindert, wird das Manuskript nach Italien geschmuggelt und zunächst dort gedruckt. Schließlich lässt die CIA das russische Original vervielfältigen und schmuggelt das Buch wieder zurück in die Sowjetunion; „Bücher als Waffe“ lautet das Motto. 1958 wird Pasternak der Nobelpreis für Literatur verliehen, auf Druck der Regierung verzichtet er jedoch auf den Preis. Nach seinem Tod wird Olga ein zweites Mal zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
Auf Basis dieser und weiterer historischer Fakten hat Prescott einen wirklich interessanten und allemal lesenswerten Roman geschrieben.

Die Geschichte spielt über einen Zeitraum von etwas über zehn Jahren an zwei Schauplätzen, nämlich denen des Kalten Krieges: Osten und Westen. Obwohl Prescott auf freigegebene CIA-Unterlagen zurückgreifen kann, ist der Großteil der West-Geschichte fiktiv. Hier spielen die Stenotypistinnen des Schreibpools eine wichtige Rolle. Über ihre Schreibmaschinen gehen alle Geheimnisse und mit ihnen beginnt und endet auch der Roman. Während Olga 1949 das erste Mal verhaftet wird, sind die Stenotypistinnen an ihren Schreibmaschinen gefangen. Trotz hoher Qualifikationen scheint ihr einziger Ausweg eine Heirat zu sein. Olgas Freiheit wäre der Verrat von Pasternak.
Wenige CIA- Damen werden für Sonderaufgaben ausgewählt und ausgebildet. Zu ihnen gehört Irina, deren Familie aus Russland stammt. Sie arbeitet mit an der Shiwago- Mission.

Der Ost-Teil der Geschichte, der das schwere Schicksal von Olga und ihrer Familie sowie die Beziehung zu Pasternak erzählt, hat sehr eindrückliche Stellen; besonders die Szenen, die im Lager Potma spielen.
Insgesamt ist die West-Geschichte um Irina aber die interessantere. Das hat nicht (nur) mit der CIA zu tun. Auch wenn man einiges über Spionage erfährt, ist das vorliegende Buch kein klassischer Spionageroman, dafür fehlt die Spannung. Die „Geschichte“ ist einfach lebendiger, vielleicht gerade, weil hier die Fiktion große Lücken füllen muss. Auch werden diesem Erzählstrang 100 Seiten mehr Raum gegeben.

Die 15 Osten/Westen-Teile sind in 28 Kapitel unterteilt. Dabei verwendet die Autorin die Überschriften, um die Entwicklung der Personen zu verdeutlichen. Wenn Irina in Kapitel acht zur Überbringerin wird, steht ihr alter Status als Bewerberin noch durchgestrichen darüber. Olga bringt es in Kapitel 28 auf sieben Bezeichnungen. Dies veranschaulicht nochmals auf knappste Weise, was die Figuren durchlebt haben.

Die Ich- Erzählerinnen in Ost und West stehen im Zentrum des Romans und mit ihnen ihre Liebe, Hoffnung, Verzweiflung und Enttäuschung. Der Autorin ist ein großartiger Debütroman gelungen, der geschickt Fakten und Fiktion verknüpft. Ein Lesevergnügen, das auch - aber nicht nur - die bisher wenig bekannten Ereignisse rund um die Entstehung und Veröffentlichung von „Dr. Shiwago“ thematisiert.

Veröffentlicht am 31.10.2019

Spannender Krimi aus der Elbmarsch

Sterbekammer
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Der dritte Band der Paulsen/Haverkorn-Reihe war mein erster von Romy Fölck. Ein ansprechendes Cover und ein Klappentext, der neugierig macht.

Der Krimi hat mir sehr gut gefallen. Von Beginn an spannend, ...

Der dritte Band der Paulsen/Haverkorn-Reihe war mein erster von Romy Fölck. Ein ansprechendes Cover und ein Klappentext, der neugierig macht.

Der Krimi hat mir sehr gut gefallen. Von Beginn an spannend, mit allem was man lesen möchte: Ein unheimlicher Tatort, ein Kellerverlies, ein zehn Jahre zurückliegender Vermisstenfall und sympathische Ermittler, die sich richtig reinknien. Auf brutale und blutige Szenen wird verzichtet - es geht auch ohne. Hier hat alles gestimmt.
Auch wenn einiges vorhersehbar war, hat mich das Buch prima unterhalten.

Der Schreibstil ist flott. Die Beschreibungen, z.B der Landschaft in der Elbmarsch oder der Arbeit auf einem Obsthof, bereichern die Geschichte und sorgen für Lokalkolorit. Die Charaktere werden ausführlich vorgestellt und Quereinsteiger ohne Vorwissen werden optimal aufgefangen.
Gefallen hat mir zudem, dass es auch Krimis gibt, die auf eine Schilderung aus Tätersicht verzichten. Hier stehen die Ermittler, auch mit ihrem Privatleben, im Fokus und ihnen schaut man über die Schulter.
Nick Wahler, der neue Chef, hat sich im Verlauf der Handlung positiv entwickelt. Es darf aber in den Folgebänden nicht alles zu harmonisch werden, das wäre unrealistisch und raubt auch Spannung.

Insgesamt erinnert das Buch an die Taunus-Reihe von Nele Neuhaus; die sind aber ja auch nicht schlecht.
Von mir gibt es vier Krimi-Sterne.