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Veröffentlicht am 08.12.2016

Berührend

Wir kennen uns nicht
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Wir kennen uns nicht

Das ist für mich der aussagekräftigste Satz im Beziehungsroman von Brigit Rabisch. In abgewandelter Form las man diese Aussage fast auf jeder Seite.
Es geht um die Beziehung von Mutter ...

Wir kennen uns nicht

Das ist für mich der aussagekräftigste Satz im Beziehungsroman von Brigit Rabisch. In abgewandelter Form las man diese Aussage fast auf jeder Seite.
Es geht um die Beziehung von Mutter und Tochter. Im Fall von Lena und Ariane hat sich die Mutter-Tochter-Beziehung von Anfang an nicht aufbauen lassen. Lena, die selbst eine unglückliche und demütigende Kindheit erlebt hat, kann ihre Tochter nicht annehmen und ihr mütterliche Gefühle entgegen bringen. Ariane wird von Kindermädchen versorgt und fühlt sich beiseite geschoben. Außerdem veröffentlicht ihre Mutter in ihren Bestsellern ihre Vorstellung vom Familienleben als alleinerziehende Mutter mit einer Supertochter.
Lena schreibt schon seit ihren frühen emanzipatorischen Anfängen Bücher über eine fiktive Lara, die ihr Leben so meistert, wie Lena es gerne meistern würde.
„Sie hat bisher ihr ganzes Leben in Schrift verwandelt. Wenn sie ihren Tod nicht in Schrift verwandeln kann, wozu soll er gut sein“
In ihren Büchern hat sie ein wundervolles Verhältnis zu ihrer Tochter. Im wahren Leben empfindet sie keine Liebe für Ihre Tochter, kann ihre keine Zärtlichkeit und Geborgenheit schenken. Sie bemerkt zwar, dass das Verhältnis zu ihrer Tochter nicht gut ist, aber sie ist sich sicher, ihrer Tochter ein Leben ermöglicht zu haben, von dem sie immer geträumt hat.
Ariane entwickelt eine immer größer werdende Wut ob der Enttäuschungen, Vernachlässigungen und Instrumentalisierung für Lenas Bücher. Sie gibt ihre Mutter auf und versucht eine eigene Familie aufzubauen.

Birgit Rabisch lässt, nach einer paukenschlagähnlichen aufrüttelnden Anklage von Ariane an die Leser, Mutter Lena und Tochter Ariane im Wechsel zu Wort kommen. Beide reflektieren über ihre Kindheit und über ihr Verhältnis zueinander. Aber miteinander zu reden gelingt ihnen nicht und somit sind Verständnis und Vergebung in weiter Ferne.

Das offene Ende stimmt mich etwas versöhnlich und hoffnungsvoll.

Das war ein sehr aufwühlendes Buch, da es von tiefen Gefühlen und Verletzungen eines Kindes erzählte und einer Mutter, die nicht in der Lage war ihre Demütigungen und Verletzung aus ihrer Kindheit zu verarbeiten

Veröffentlicht am 29.11.2016

In Cornwall wird weiterhin gemordet

Gestorben wird früher
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Mabel Clarence hat sich im Laufe der Jahre in Lower Barton und Umgebung einen gewissen Ruf erworben. So ist es nicht verwunderlich, dass sich Penelope Jennings mit der Bitte an sie wendet, den überraschenden ...

Mabel Clarence hat sich im Laufe der Jahre in Lower Barton und Umgebung einen gewissen Ruf erworben. So ist es nicht verwunderlich, dass sich Penelope Jennings mit der Bitte an sie wendet, den überraschenden Tod ihrer Freundin Elisabeth Bennett zu untersuchen. Penelope befürchtet, dass ihre Freundin von ihrem Neffen Thomas Bennett ermordet wurde.
Kurzerhand mietet Mabel sich in die Seniorenresidenz ein, in der Elisabeth zuletzt gelebt hat. Schon nach kurzem Aufenthalt machen sich die Seniorenresidenz-Leitung, Pfleger(innen), Mitbewohner und sogar der Arzt, der die Totenscheine immer so passend ausstellt, verdächtig. Als ein zweiter Mord geschieht, sieht Mabel schnellen Handlungsbedarf. Sie bezieht Alan und Victor in ihre Ermittlungen ein und informiert die zuständige Polizei, aber die Polizei sieht keinen Grund zum Eingreifen......

Das ist ein Cornwall-Krimi, wie man ihn sich nur wünschen kann, amüsant, kauzig, wie halt manche Cornishmen sind, britisch und mit viel Lokalkolorit. In jedem Kapitel spürt man die Liebe zu Cornwall und seinen Einwohnern. Einfühlsamer kann kein Reiseführer dem Leser diesen Landstrich näher bringen.
Miss Mabel Clarence, sicherlich von Miss Marple inspiriert, ist aber von einem anderen Kaliber. Die ehemalige Krankenschwester ist tatkräftig und stürzt sich mit viel Empathie in immer wieder neue Abenteuer.
Trotz ihrer guten Menschenkenntnis und Kombinationsfähigkeit, erliegt sie dem Charme und vor allem den Schmeicheleien eines Hochstaplers. Was nicht zuletzt daran liegt, das sie seit Jahren vergeblich um Anerkennung und Liebesbeteuerung seitens ihres Freundes Victor Daniels kämpft.
Mit diesem sechsten Fall wird nun das Ende der Serie eingeläutet. Schade! Wir werden Mabel und Victor vermissen.
Aber in Cornwall wird weiterhin gemordet werden. Im Nachwort wird uns eine neue Cornwall-Serie mit neuen und alten Protagonisten in Aussicht gestellt.
Bleibt mir nur noch der Autorin zu wünschen, dass sie bei der neuen Serie genauso ein gutes Händchen beweist wie bei dieser.

Veröffentlicht am 05.11.2016

Ein Bisschen Laissez-faire

Mord in der Provence
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Hannah Richter, Kommissarin bei der Kriminalpolizei Köln, leistet im Rahmen eines EU- Austauschprogramms ihren Dienst in Vaison-la-Romaine, einem kleinen Ort in der französischen Provence. Mit der Auflistung ...

Hannah Richter, Kommissarin bei der Kriminalpolizei Köln, leistet im Rahmen eines EU- Austauschprogramms ihren Dienst in Vaison-la-Romaine, einem kleinen Ort in der französischen Provence. Mit der Auflistung und Bearbeitung diverser Taschendiebstähle fühlt sie sich aber total unterfordert. Als im benachbarten Städtchen Orange ein mysteriöser Selbstmord entdeckt wird, mischt sie sich direkt vor Ort in die Ermittlungen ein. Ihr fällt sofort auf, dass bei diesem offensichtlichen Selbstmord etwas nicht stimmt. Hannah entdeckt Hinweise, die auf eine Vergiftung hindeuten. Davon will aber ihr Vorgesetzter, Capitain Claude-Jean Bernard, nichts wissen. Auch ein weiterer Unglücksfall, Tod durch ertrinken, veranlasst ihren Chef nicht zu Ermittlungen. Da sieht Hannah sich gezwungen hinter seinem Rücken Erkundigungen einzuholen. Schnell findet sie in den Nachbarstädten Verbündete bei der Polizei und im privaten Bereich.

Mord in der Provence ist erfrischend anders als die Provence-Krimis, die ich bis jetzt gelesen habe. Er ist aus deutscher Sicht geschrieben. Der starke Kontrast zwischen der ehrgeizigen deutschen Kriminalbeamtin und dem Laissez-Faire-Gendarmen aus der Provence wird deutlich hervorgehoben. Die französische Polizei kommt dabei nicht nur lässig und schlampig daher. Auch bei der französischen Gendarmerie gibt es gründliche und engagierte Polizisten. Doch die gründlich nachhakende Lieutenant Emmanuelle Moreau weiss nach getaner Arbeit ihr Leben leichter zu genießen als Hannah. Die Lebensweise in der französischen Provence ist eine andere und auch für Hannah erstrebenswert. Mit ihrer Hartnäckigkeit schafft sie es einen 30 Jahre alten Fall zu lösen und einen weiteren Mord zu verhindern. Aber ihre Ermittlungen bringen sie in arge moralische Bedrängnis. Bedenken, die sie mit einigen neugewonnenen Freunden teilen kann.

„Es war durchaus eine Umstellung, mein Alltagsleben und meine Arbeitsroutine den provencalischen Verhältnissen anzupassen" verkündet Hannah an ihrem Abschiedsabend den zahlreich erschienenen Gästen.
Bleibt nur zu hoffen, dass wir über die weiteren Stationen des Austauschprogramms mit Hannah-Richter-Krimis auf dem Laufenden gehalten werden.

Veröffentlicht am 06.10.2016

Spannend und überraschend

DNA
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Nach einem unvorstellbaren, grausamen Mord an der 3-fachen Mutter Elisa Bjarnadottir ermittelt Kommissar Haldur mit seinem neugegründeten Team. Kommissar Haldur, speziell für diesen Fall befördert, hat ...

Nach einem unvorstellbaren, grausamen Mord an der 3-fachen Mutter Elisa Bjarnadottir ermittelt Kommissar Haldur mit seinem neugegründeten Team. Kommissar Haldur, speziell für diesen Fall befördert, hat neben der beruflichen kaum lösbaren Aufgabe, private Probleme. Er hat nicht nur mit der Exfrau seines Kollegen Rikhardur Sex auf der Toilette einer Bar, sondern auch mit der Psychologin Freyja, unter falschen Namen und falsche Berufsbezeichnung. Mit dieser Psychologin muss er in diesem Fall eng zusammenarbeiten.
Immer wieder führen die Ermittlungen in eine Sackgasse. Kommissar Rikhardur, seine Kollegin Erla, die Haldur sehr zugetan ist, und Haldur arbeiten rund um die Uhr, kommen aber nicht weiter.
Da geschieht ein zweiter grausamer Mord..... .

Dieser Thriller lebt von einem äußerst skurrilen Mordfall. Von so einer Tötungsart habe ich noch nie gehört. Der Leser bekommt in diesem Fall alle Informationen, die auch die Ermittler haben und muss schnell erkennen, dass es keine Zusammenhänge oder Lösungsansätze gibt.
Ich habe zwar von Anfang an, den Prolog, von dem die Ermittler keine Kenntnis haben, in meine Überlegungen mit einbezogen, aber trotzdem keinen Zusammenhang mit den Taten oder den Opfern finden können.
Gegen Mitte des Buches waren einige Längen. Die genauen Lebensumstände, das Ausmisten seines Hauses sowie das ausführliche Gefühlsleben von Karl erscheinen mir zu ausführlich.
Die Idee das Periodensystem als Basis für einen Geheimcode zu nutzen fand ich genial, aber eigentlich hätten die Ermittler, insbesondere Interpol, den Code knacken müssen.
Die Figuren des Kommissars Huldar und der Psychologin Freyja wurden stark ausgearbeitet und die Vielschichtigkeit ihrer Lebensläufe aufgezeigt. Vielleicht kann man demnächst mehr von diesen Charakteren lesen. Der Kommissar und die Psychologin waren trotz ihrer amourösen Beziehung ein gutes Gespann, besser als die Kommissare unter einander.
Die Lösung des Falls hat mich erst sehr überrascht und geschockt, wollte mir erst nicht gefallen, aber gegen Ende passte doch jedes Puzzleteilchen ins Bild, sehr gut durchdacht und logisch gefolgert.

Veröffentlicht am 27.09.2016

Was geschah in der Mittsommernacht?

Das Geheimnis der Mittsommernacht
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Norwegen im Jahre 1895, das Bergbaudorf Roros ist Schauplatz mehrerer Schicksalsschläge. Die Deutsche, Clara Ordal verliert durch einen tragischen Unfall ihren Mann, den sie mit ihrem Sohn Paul nach Norwegen ...

Norwegen im Jahre 1895, das Bergbaudorf Roros ist Schauplatz mehrerer Schicksalsschläge. Die Deutsche, Clara Ordal verliert durch einen tragischen Unfall ihren Mann, den sie mit ihrem Sohn Paul nach Norwegen begleitet hat. Er wollte sich am Sterbebett der Mutter mit seinen Eltern aussöhnen, bevor er mit seiner kleinen Familie nach Samoa auswandert. Clara und ihr Sohn werden von ihren Schwiegereltern abgelehnt. Bei Olafs Beerdigung wird sie von der gesamten Dorfgemeinschaft angefeindet, weil sie im protestantischen Norwegen als Katholikin eine Außenseiterin ist.
Sofie Svartstein, Tochter des Direktors des Kupferwerks, verliert ihre Mutter bei der Geburt ihres kleinen Bruders, der kurz nach der Geburt ebenfalls stirbt. Sie steht nun allein gegenüber ihrem für sie unnahbaren Vater und ihrer älteren Schwester Silje, die nur Mode, eines standesmäße Hochzeit und gesellschaftliche Anerkennung im Sinn hat.

Die Deutsche, Clara, und die Norwegerin, Sofie, müssen sich ihren eigenen Weg erkämpfen.

Mir hat das Buch richtig gut gefallen. Die beiden Erzählstränge, zum einen die Erlebnisse der Außenseiterin Clara Ordal, zum anderen das Leben der Norwegerin Sofie, geben einen guten Einblick in die verschiedenen Gesellschaftsschichten dieser Zeit. Der Alltag und die Moralvorstellungen der Norweger dieser Zeit werden anschaulich dargestellt. Die stets zwischen den beiden Protagonistinnen wechselnden Kapitel lassen den Roman zu einem Page Turner werden. Neben den beiden Lebensgeschichten lernen wir sehr viel über die Arbeitswelt, die politischen Gegebenheiten und die gesellschaftlichen Schichten des 19. Jahrhunderts in Norwegen.

Das ist ein historischer Roman, der dem Leser neben einer spannenden Familiengeschichte auch die Zeitspanne in der er spielt nahe bringt.