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Veröffentlicht am 01.12.2019

Volksnah

Bülent Rambichler und der störrische Karpfen
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Zum Inhalt:
So kann es gehen. Kaum hat es sich Bülent in der Großstadt wieder so richtig bequem gemacht, ereilt ihn ein Hilferuf seiner Mama aus der ländlichen Pampa. Ein wichtiges Mitglied der Gemeinde ...

Zum Inhalt:
So kann es gehen. Kaum hat es sich Bülent in der Großstadt wieder so richtig bequem gemacht, ereilt ihn ein Hilferuf seiner Mama aus der ländlichen Pampa. Ein wichtiges Mitglied der Gemeinde wurde tot aufgefunden – augenscheinlich ermordet – und sein Papa Erkan hatte mit dem Opfer Streit… und kein Alibi…
Und so macht sich Bülent gemeinsam mit Kollegin Astrid auf, die Hintergründe des Todesfalles aufzuklären und tritt dabei zwar manchem Strunzheimer in die Haxen, rettet dafür aber einige Leben – menschliche wie tierische.

Mein Eindruck:
Zefix und aus ist’s mit der Bülentschen Gemütlichkeit. Ein zweites Mal schickt die Autorin Anja Bogner ihren deutschtürkischen Kommissar Bülent Rambichler gemeinsam mit seiner rechten Hand Astrid (Veganerin und Esoterikerin) in heimatliche Gefilde. Und wie der geneigten Leserschaft das Cover dieses Krimis überdeutlich vermittelt: Eine ernsthafte, zielgerichtete und vor allen Dingen irgendwie glaubwürdige Polizeiarbeit zu erwarten, wäre bar jeder Vernunft. Nein, was man sieht ist was man bekommt, - und das ist eher etwas für das Zwerchfell als für das Hirn. Schadet aber nicht, denn auch für die bewusstseinserweiternden Substanzen bietet die Geschichte sehr viel Raum. Dabei gefällt insbesondere, dass sich die beiden Kommissare gut ergänzen, der Part des Heißsporns jedoch – gegen jede Regel – weiblich und der des abwartenden Schöngeists (in jeder Beziehung) männlich besetzt ist, obwohl beide Charaktere heterosexuell angelegt sind.
Leider hat die Geschichte auch einige Schwachpunkte. Einerseits ist die Landbevölkerung etwas arg hinterwäldlerisch deftig dargestellt (Räusche mannigfaltiger Art und lockerer Umgang mit gutem Benehmen), andererseits hätte ich mir ein anderes Endszenario gewünscht (das ist allerdings persönlicher Geschmack und fließt nicht in die Wertung ein).

Mein Fazit:
Sympathische Hauptcharaktere, ein bisschen zu ungepflegtes Restpersonal

Veröffentlicht am 17.11.2019

Schlachtgetümmel en gros

Das Imperium aus Asche
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Zum Inhalt:
Getrieben von Zerstörungswut und mit Unterstützung eines Drachenheeres hat der weiße Drache auch viele Menschen unter seinen Willen gezwungen und zu „Verderbten“ gemacht. Diese Armee soll ihm ...

Zum Inhalt:
Getrieben von Zerstörungswut und mit Unterstützung eines Drachenheeres hat der weiße Drache auch viele Menschen unter seinen Willen gezwungen und zu „Verderbten“ gemacht. Diese Armee soll ihm dabei helfen, auch den Rest der Welt zu unterjochen. Doch er sieht sich einigen Gegnern gegenüber, die sich nicht klaglos in ihr Schicksal ergeben wollen. Und so kommt es zu einer großen Schlacht….

Mein Eindruck:
… und mit dem letzten Satz ist eigentlich schon alles gesagt. Denn außer immer neuen Waffen, immer neuem Kampfgetümmel, immer neuen Toten, immer neuen Ortsnamen gibt es eigentlich nicht viel Neues. Das ist unendlich schade, denn in den beiden ersten Bänden seiner Trilogie hat Ryan bewiesen, dass er nicht nur zerstören, sondern auch erschaffen kann. Doch im letzten Band führt er zwar noch ein paar neue Charaktere ein bzw. holt ein paar alte auf die Bühne zurück, großartige charakterliche Tiefe oder auch nur eine Beschreibung der äußerlichen Erscheinung gönnt er ihnen jedoch nicht mehr. Zu sehr schwelgt er in Waffen und Blut, in Gemetzel und Todesschreien. Unterweisung in Kriegsführung statt Landschaftsbeschreibung, Mordlust statt Diplomatie. Ja, bestimmt alles sehr wohlüberlegt und absolut gut recherchiert, aber letztendlich zum Querlesen verleitend.
Doch an einer Stelle blitzt doch die alte Kunst Ryans bravourös hervor: Die Umbenennungen der eroberten Schiffe durch die verdorbenen Generäle glänzen durch einen gewissen boshaften Charme.
Trotzdem: Ryan schreibt bildhaft, seine Charaktere sind (über alle drei Bücher gesehen) gut und vielschichtig angelegt und bieten deshalb – bei allen fantastischen Möglichkeiten – genügend Projektionsfläche für die Leser. Außerdem beherrscht der Autor die Kunst, eine groß angelegte Geschichte zu einem vollständigen Ende zu bringen. Etwas, das andere Schriftsteller von Fantasy-Epen noch beweisen müssen.

Mein Fazit:
Viel Kampf, viel zu viel Kampf

Veröffentlicht am 10.11.2019

Tragisch

Winteraustern
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Zum Inhalt:
Luc Verlain ist zufällig auf einem Boot der Polizeieinheit, die die Austernbänke überwachen und vor Dieben schützen soll, als ein Notruf eines Fischers eintrifft. Dieser wurde hilflos auf einer ...

Zum Inhalt:
Luc Verlain ist zufällig auf einem Boot der Polizeieinheit, die die Austernbänke überwachen und vor Dieben schützen soll, als ein Notruf eines Fischers eintrifft. Dieser wurde hilflos auf einer Sandbank nach einem Überfall zurückgelassen, als die Flut beginnt. Doch das ist nicht das einzige Verbrechen in dieser Nacht, - kurze Zeit später finden die Polizisten zwei weitere Austernfischer, die tot an Pfählen angebunden sind. Luc beginnt in einer Welt zu ermitteln, die vom Klimawandel und Existenzängsten geprägt ist, - denn auch in der Austernfischerei fressen die großen Fische die kleinen.

Mein Eindruck:
Der dritte Fall Luc Verlains spielt in Aquitanien zur Weihnachtszeit und man meint Kälte, Wind und Wasser, die den Austernfischern bei ihrer schweren Arbeit zusetzen, am eigenen Leib zu spüren. Die Landschaftsbeschreibungen von Alexander Oetker sind ein großes Pfund in diesem Kriminalroman, das andere zeigt sich in den Beziehungen im Kollegium. Über Probleme wird geredet und die Zusammenarbeit gestaltet sich zielgerichtet, ein Kompetenzgerangel fehlt glücklicherweise. Auch die sonstigen Charaktere wirken lebensecht, insbesondere dann, wenn sie nicht aus ihrer eigenen Haut können und von selbst verursachten Vorkommnissen überwältigt werden. Die Schauplätze sind schön gewählt: Provinz, in der jeder jeden kennt und quirlige Hauptstadt, wo die Anonymität der Großstadt ihre Kinder frisst. Sprachlich ist dieser Kriminalroman eher einfach gehalten. Schnörkellos und mit einer Wortwahl, die auch bei leichter Müdigkeit am Abend gut intellektuell zu verkraften ist.
Der Fall an sich mutet fast wie eine griechische Tragödie an, die alle Beteiligten unter einer tiefschwarzen Decke begräbt. Nur Luc und seine Partnerin Anouk schweben auf einer Wolke des Glücks, die durch einen geschickten Cliffhanger im Epilog jedoch vom Schäfchentyp in den Gewittermodus wechselt.

Mein Fazit:
Ein gut ausgearbeiteter Krimi in schöner, kalter Kulisse

Veröffentlicht am 31.05.2019

Hast Du Driss am Schuh, hast Du Driss am Schuh...

Hinterhaus
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Zum Inhalt:
Carolin sitzt vor dem Scherbenhaufen ihres bis dato gemütlichen Lebens. Ihr langjähriger Lebenspartner ist verschwunden, hat nur sieben Umzugskartons mit persönlicher Habe zurückgelassen und ...

Zum Inhalt:
Carolin sitzt vor dem Scherbenhaufen ihres bis dato gemütlichen Lebens. Ihr langjähriger Lebenspartner ist verschwunden, hat nur sieben Umzugskartons mit persönlicher Habe zurückgelassen und die gemeinsame Wohnung zum gleichen Tag gekündigt. Glücklicherweise nimmt ihre Nachbarin Mandy aus dem Hinterhaus sie unbürokratisch auf, da Caro zusätzlich zu Mann und Wohnung den Job verliert. Doch auch dieses Arrangement ist nicht von langer Dauer, als die Leiche von Mandys Bruder, der vor vielen Jahren verschwunden ist, plötzlich hübsch verpackt auftaucht und Mandy deshalb verhaftet wird.

Mein Eindruck:
Wie schon Poldi sagte: „Hast Du Driss am Schuh, hast Du Driss am Schuh!“. Ein Motto, welches Werrelmann in aller epischen Breite für ihre Protagonistin wählt. Der Umgang Caros mit all dem Unglück entbehrt nicht einer gewissen Komik, - sie hat nämlich keinen und fällt deshalb von einem Ungemach in die nächste Katastrophe. Leider sind dabei einige Szenen überspitzt bis absolut unglaubwürdig und insbesondere die vielen Szenen mit Lebensmitteln, die auf mannigfache Art und Weise Körper verlassen, führen zu einem gewissen Grad des Ekels. Anzumerken ist dabei, dass die Autorin in einzigartiger Güte schildern kann – hier ist diese Gabe leider eher unglücklich. Ganz im Gegensatz dazu die Geschichte: Wunderbar schlüssig, das Ende klärt über fast alle Begebenheiten auf, die mordende Person ergibt sich folgerichtig, ohne zu früh bekannt zu sein. Eine Entwicklung der Figuren (insbesondere der Hauptperson) findet statt, das Ende befriedigt auf weiter Strecke und bietet einen rosa Streifen am Horizont für diejenigen, die es verdient haben. Das skurrile Personal ist dabei für den einen oder anderen Schmunzler gut. Das macht Leser glücklich und froh (wenigstens die meisten davon) und sorgt für eine letztendlich doch noch gute Wertung.

Mein Fazit:
Geschichte top, sehr gute Beschreibungsqualität, leider manchmal für die falschen Vorgänge genutzt

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Atmosphäre
  • Figuren
Veröffentlicht am 26.05.2019

Ein sehr kalter Fall

Unbarmherzig (Ein Gina-Angelucci-Krimi 2)
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Die Rezension behandelt das Hörbuch

Zum Inhalt:
Nach dem Fund von Knochen eines Paares, welches schon vor mehr als 70 Jahren den Tod fand, darf Gina Angelucci erst nach einigen Finten ihrerseits ermitteln. ...

Die Rezension behandelt das Hörbuch

Zum Inhalt:
Nach dem Fund von Knochen eines Paares, welches schon vor mehr als 70 Jahren den Tod fand, darf Gina Angelucci erst nach einigen Finten ihrerseits ermitteln. Denn ein Täter kann nur solange belangt werden, wie er selber lebt, - andererseits wird das Verfahren eingestellt und bei diesem Doppelmord scheint das höchst wahrscheinlich. Doch Gina sieht sich in der Pflicht, die Identität der beiden Leichen festzustellen und ihre Angehörigen zu finden, um diesen Gewissheit zu verschaffen. Bald wird klar, dass die Vorgänge mit der in Altbruck von Zwangsarbeitern betriebenen Munitionsfabrik zusammenhängen, denn die weibliche Tote kommt aus Osteuropa.

Mein Eindruck:
„Unbarmherzig“ ist eine von Vera Teltz sehr gut interpretierte Geschichte, die sich intensiv mit dem Leben von Zwangsarbeitern in der NS-Geschichte beschäftigt und den Bogen in die heutige Zeit spannt. Sehr interessant und fein recherchiert sind dabei die Blicke in die Vergangenheit, in der Löhnig in gewohnt guter Manier von Ängsten, Hoffnungen und Schicksalsgemeinschaften inner- und außerhalb der Munitionsfabrik schreibt. Alles ist spürbar und perfekt nachzuvollziehen, und obwohl viel Zeit vergangen ist, fühlt man sich den Figuren sehr nah und realisiert das Ausmaß des Schreckens, den die NS-Diktatur über weite Teile Europas gebracht hat. Dagegen fällt der „heutige“ Teil stark ab. Zuallererst stört massiv, dass die größte Unstimmigkeit – ein Toter an der Front mit den Papieren des Erschossenen von Altbruck – nicht geklärt wird. Desweiteren sind die Probleme, die die Autorin hier ihren Charakteren aufzwängt, zu sehr an den Haaren herbeigezogen. Es gibt eine Familienfehde, die fast affig in ihren Ausmaßen erscheint und – damit auch privat bei Angelucci/Dühnfort nicht nur alles rosarot ist – hat die Familie ein Kind mit Down-Syndrom, welches von dämlichen Rechtsextremen beleidigt und einer psychisch kranken Frau bedroht wird. Das ist dann doch eine Spur zu viel Privatgedöns mit brauner Soße (der Begutachter der Stalkerin ist zusätzlich ein Anhänger der identitären Bewegung). Aber vor allen Dingen fragt sich der geneigte Leser – und auch die Leserin – wie eine Kommissarin, die eine seit Jahren spurlos verschwundene, enge Freundin hat, erst jetzt auf die Idee kommt, nach dieser zu suchen. Schließlich ist Gina Mitglied einer Einheit für Cold Cases, selbst wenn es diese offiziell gar nicht gibt. Da auch hier der Hinweis auf rechte Verstrickungen nicht fehlt – im Moment der Burner bei Krimi-Autoren – wird sich das nächste Buch wohl mit diesem Verschwinden befassen.

Mein Fazit:
Sehr gut in der Vergangenheit, leider zu gewollt in der Gegenwart