Die 26jährige Kommisarin im Kriminaldauerdienst in München, Sabine Nemez, wird von ihrem Vater vor der Haustür abgefangen. Die von ihm geschiedene Mutter sei entführt worden, der Entführer habe ihn kontaktiert und ihm die Aufgabe gestellt, innerhalb von 48 Stunden herauszufinden, warum. Sonst müsse Hanna Nemez sterben. Als Indiz erhält der Vater ein Tintenfässchen. Doch die Frist ist vor einer Stunde abgelaufen.
In Wien wird einer Krankenschwester in der Tiefgarage von einem Unbekannten eine Nadel in den Nacken gestochen. Sie erwacht und kann sich nicht rühren. Als ein Unbekannter ihr mit einem Spiegel zeigt, warum das so ist, wird sie panisch.
Sabine Nemez hat einen Verdacht, den sie in eine BKA-Datenbank eingibt und damit in eine Lawine von Ereignissen gerät. Aus der Suche nach Hannah Nemez wird die Suche nach einem gestörten Täter, der Frauen entführt und ihren Nächsten Aufgaben stellt, um sie lebend wiederzusehen - anscheinend zusammenhanglos.
Dieses ist der erste Band der inzwischen vierbändigen Reihe um Sabine Nemez und den niederländischen Profiler Maarten S. Sneijder, der im Dienst des BKA steht. Ich hatte mit Band 4 zufällig begonnen und mir danach sofort den ersten Band bestellt – und eben gerade den zweiten. Das ist keine Reihe für Sensible – zwar geht es nicht um sexuellen Sadismus oder einen Täter, der Kindern oder Tieren etwas antut (das wäre für mich noch die Steigerung), aber das Leid der Wiener Krankenschwester wird so unmittelbar, so atemlos und so realistisch beschrieben, dass ich ganz froh war, das Hörbuch „nur“ im Wald begonnen zu haben, nicht beim Autofahren, womöglich auf dem Weg zu einer Tiefgarage. Diese Beschreibungen sind eines der ganz großen Talente von Autor Andreas Gruber, man ist direkt dabei. Was den Opfern hier widerfährt, ist hart, nicht nur durch die physische Komponente, vor alle der psychische Anteil verstört – ich konnte das Hörbuch kaum unterbrechen (was nachts vorm Einschlafen zu seltsamen Träumen danach führte).
Die tolle Wiedergabe beim Hörbuch durch Achim Buch verstärkt den Effekt – der Mann ist genial. Er bewältigt nicht nur den Niederländer, auch einen Wien-Sachsen-Sprachmix bekommt er glaubhaft hin. Nur bei Sabines kleinen Nichten fand ich ihn etwas gestellt, was aber wirklich Meckern auf hohem Niveau ist. Er liest zum Glück noch sehr viele weitere Titel aus dem Bereich Krimi/Thriller.
Der Aufbau ist wie bei Band 4 komplex, es gibt Zeitsprünge, die keinem „geordneten Schema“ folgen (also nicht zwei Zeitstränge im Heute und Damals, die schrittweise geordnet aufeinander zu laufen); das hält das Tempo hoch, das passt zur Atemlosigkeit des Falls. Die Auflösung der Stränge mit diversen Nebenhandlungen ist top und enthielt noch so einiges an größeren und kleineren Twists und Erkenntnissen.
Man kann die Reihe anscheinend beliebig „belesen/behören“ – aber in diesem ersten Band der Reihe erfährt man, warum Sneijder „Eichkätzchen“ zu Sabine sagt, was das „S“ in seinem Namen bedeutet, und warum er regelmäßig die Filialen einer bestimmten Kette von Buchhandlungen aufsucht. Was für eine Type!
5 Sterne