Wer nicht hören kann, muss sehen
Mit einer großen Liebe zum Detail und daraus resultierenden, bildhaften Beschreibungen der Personen, der Handlung und des Ortes fühlt man sich als Leser direkt so als wäre man Teil der Handlung, würde ...
Mit einer großen Liebe zum Detail und daraus resultierenden, bildhaften Beschreibungen der Personen, der Handlung und des Ortes fühlt man sich als Leser direkt so als wäre man Teil der Handlung, würde mit den Charakteren tatsächlich mitgehen, dabei sein und alles miterleben. Dies gab dem Buch seinen ganz eigenen Charme, auch wenn es dadurch leider inhaltlich an Spannung verlor.
Dunkel, kalt, verlassen. So lernen wir Gavrik, der Ort, an dem die gehörlose Protagonistin Tuva Moddyson lebt, kennen.
Das kleine Städtchen ist der letzte Ort, an dem die Reporterin gerne sein würde, doch um ihrer todkranken Mutter näher zu sein akzeptiert sie den unheimlichen Ort und die ungewohnte Umgebung. Dabei hofft sie allerdings dennoch auf eine Story, die sie aus diesem Kaff heraus direkt in eine bekannte Redaktion befördert. Die scheint sie auch zu bekommen als eine Leiche in der Nähe von dem winzigen Dorf Mossen entdeckt wird.
Der Mord wird direkt mit den früheren Medusa-Morden in Verbindung gebracht und die Suche nach dem Mörder beginnt. Doch wie weit ist Tuva bereit zu gehen um ihre Star-Story zu bekommen? Und wer kann wohl der Mörder sein?
„Totenstille“ von Will Dean hat in 426 Seiten und 52 Kapiteln eine neue Welt an skurrilen Charakteren, dunklen Geheimnissen und gruseligen Landschaften geschaffen, in die der Leser sofort eintauchen kann. Gerade durch einen spannenden Anfang sowie durch ein atemberaubendes, überraschendes Ende wird man dabei durch die Story geleitet.
Dabei führen Tuvas eigenständige Ermittlungen zu ominösen Personen, verwirrenden Verbindungen und letztendlich natürlich zu dem Mörder.
Es gibt einen großen Verdächtigenkreis, der besonders durch kleine Anmerkungen, seltsame Situationen und verwirrende Aussagen belebt wird. Dabei hilft auch hier der Detailreichtum, den Leser immer wieder sich selbst hinterfragen zu lassen. Ist mein Verdacht richtig? Wer kann der Mörder sein?
Gerade dadurch war auch die Auflösung, wer der Mörder ist, letztendlich doch sehr überraschend und spannend aufgebaut.
Zu den Charakteren: Keiner war mir wirklich sympathisch. Tuva mochte ich zu Beginn ganz gerne, doch im Verlauf des Buches schien sich ihr Charakter etwas zu verändern, wurde unangebracht furchtlos, unerschrocken, aber vor allem auch unhöflich, tabulos, unangenehm.
Der Rest war entweder zu skurril um sie wirklich einschätzen zu können, im Verdächtigenkreis und damit unmöglich sympathisch oder teilnahmslos und unangebracht urteilend.
Diese negativen Gefühle verstärkten jedoch lediglich das Gefühl im Buch, dass jeder verdächtig und zu allem fähig ist.
Fazit: Das Buch hat mir recht gut gefallen. Es war sehr detailreich und dadurch teilweise weniger spannend als es hätte sein können oder sein sollen.
Dafür hat es den Leser allerdings sehr gut Teil des Geschehens werden lassen. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich würde das Ganze tatsächlich mit den eigenen Augen sehen weil es einfach so gut beschrieben wurde.
Ich mochte auch gerne, wie man durch das Buch diese wenig besiedelten Gegenden Schwedens besser kennenlernen konnte und wie die unterschiedlichen Charaktere alle seltsam und mal etwas anderes waren.
Leider blieben einige andere Fragen offen. Zum Beispiel wurde Tuva bei ihren Recherchen bedroht, doch so wirklich wurde nie aufgelöst, von wem. Das war etwas ärgerlich, auch wenn das Ende durch seine phänomenalen Schlussszenen in den letzten 40 Seiten nochmal wunderbare Überzeugungsarbeit geleistet hat.
Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, doch ist es auch kein Lieblingsbuch oder ähnliches geworden. Daher von mir 3,5 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung an solche, die gerne Mal ein wenig vom Leben in Schweden verbunden mit der Spannung einiger verzweigter Morde erfahren würden.