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Veröffentlicht am 11.12.2019

Berührend und wundervoller Erzählstil

Schokoladentage
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Auf den neuen Roman von Gabriele Diechler habe ich schon sehnsüchtig gewartet und war etwas enttäuscht, dass ich ihn nicht für die Leserunde bei Lovelybooks gewonnen habe. Das liegt aber vorallem daran, ...

Auf den neuen Roman von Gabriele Diechler habe ich schon sehnsüchtig gewartet und war etwas enttäuscht, dass ich ihn nicht für die Leserunde bei Lovelybooks gewonnen habe. Das liegt aber vorallem daran, dass ich von meiner letzten Leserunde mit der Autorin so begeistert war, dass ich unbedingt wieder dabei sein wollte. Deshalb habe ich mir auch sofort das Buch gekauft, um wieder in den Genuss von Gabriele Diechlers wahnsinnig netter und wundervoll persönlicher Begleitung zu kommen.

In "Schokoladentage" lernen wir Alwy kennen, eine begnadete Patissière. Gemeinsam mit ihrem langjährigen Freund Harald arbeitet sie in der ganzen Welt in den nobelsten Hotels. Doch langsam wünscht sich Alway sesshaft zu werden. Sie wird bald Vierzig und träumt von einem eigenen Heim, doch Harald nimmt neuerlich einen noch fordernden Job für sie beide an. Alwy hat genug davon und trennt sich. Sie kehrt zurück nach Salzburg und beteiligt sich am Tortenatelier "Cake Couture" ihrer besten Freundin Tina. Diese ist froh Hilfe zu erhalten, denn sie ist restlos überfordert und benötigt auch finanzielle Hilfe. Gemeinsam arbeiten sie an neuen innovativen Ideen und der Erfolg beginnt sich langsam einzustellen. Doch dann erfähren die beiden Frauen, dass ein Großinvestor das Wohnhaus gekauft hat, um es zu renovieren und zu überhöhten Preisen zu vermieten. Tina und Alwy können sich keine höhere Miete leisten und wollen ihren einzigartigen Standort in der Steingasse, der sich endlich bezahlt macht, nicht verlassen. Doch wie sollen die beiden Frauen das Problem lösen?

Der Roman ist in sechs Teile aufgeteilt. Über jedem dieser Abschnitte gibt es kleine Lebensweisheiten und Gedanken von Helene, Alwys verstorbener Großmutter. Diese hat ihr die Liebe zum Backen vererbt. Danach wird in der Gegenwart erzählt und wir erfahren, dass sich Alwy bei Leon im Krankenhaus befindet, der im Koma liegt. Danach wird ungefähr acht Monate zurückgeblendet. Dies wiederholt sich bei jedem Leseabschnitt. Damit wird die Spannung hoch gehalten und das Interesse geweckt, wie sich Alwy und Leon kennen- und lieben lernten. Und man will natürlich wissen, was hier eigentlich passiert ist und wie es ausgeht. Und so lernt der Leser Leon kennen, dem Alwy nach ihrer Ankunft beim Joggen über dem Weg läuft und der ihr aus der Patsche hilft. Obwohl sie erst eine Trennung hinter sich, ist sich Alwy bald sicher, dass Leon ihr Traummann ist. Auch Tina macht Bekanntschaft mit dem berühmten Dirigenten Pino de Lucas. Die beiden beginnen eine ungezwungene Affäre, die jedoch noch für Überraschungen sorgt. Doch die Liebe steht nicht alleine im Vordergrund, sondern ist Beiwerk. Es geht vorallem um echte Freundschaft und um Kreativität, Kunst und den Mut Neues zu wagen. Auch dem sehr aktuellen Mietproblemen der überteuerten Wohnungen und die damit verbundenen Zukunftssorgen hat sich Gabriele Diechler gewidmet. Überraschende Wendungen geben der Geschichte noch das gewisse Etwas und lassen auf ein Happy End hoffen.

Gabriele Diechler hat ihre liebevollen und facettenreichen Charaktere zum Leben erweckt. Alwy ist eine aufgeweckte Frau, die voller Ideen sprüht und wundervolle Torten und Pralinen kreiert. Dabei wird einem beim Lesen der Mund wässrig und ich habe in dieser Zeit meinen Schokoladevorrat deutlich aufgefüllt. Tina ist eine wundervolle Freundin, die leicht verplant ist und die Liebe zur Oper findet.
Leon ist ein charmanter und warmherziger Mann, der jedoch noch immer unter seiner Vergangenheit leidet. Mit Rick, seinem besten Freund aus Kindertagen, hat er einen Freund fürs Leben gefunden.

Ebenso fängt die Autorin den besonderen Charme der Mozartstadt gekonnt ein. Man merkt mit jeder Zeile, wie sie diese Stadt liebt. Ich ging mit Alwy und Tina durch die kleinen engen Gassen, warf einen Blick über die Dächer von Salzburg oder wandelte im Garten von Schloss Leopoldskron.

Schreibstil:
Ich bin auch diesmal wieder vom intensiven und gefühlvollen Schreibsil, der sprachlichen Schönheit der Worte und der Poesie der Autorin fasziniert. In meiner Rezension zu ihrem letzten Roman habe ich Gabriele Diechler als "Magierin der Worte" bezeichnet und das kann ich diesmal wieder betsätigen. Die feinfühlige und liebevolle Art ihrer Erzählweise findet man selten.
Am Ende gibt es einige leckere Rezepte, die zum Nachmachen verführen.

Fazit:
Ein emotionaler, tiefgründiger und gefühlvoller Roman, der nicht nur Schokoladentage bereithält, sondern auch zartbitter schmecken kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.12.2019

Mord oder Selbstmord?

Seelentot
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"Seelentot" ist der zweite Band rund um die Gefängnisärztin Eva Hansen (der Nachnahme aus Band 1 musste von Korell auf Hansen geändert werden), die noch nicht allzulange in der JVA München-Wiesheim arbeitet. ...

"Seelentot" ist der zweite Band rund um die Gefängnisärztin Eva Hansen (der Nachnahme aus Band 1 musste von Korell auf Hansen geändert werden), die noch nicht allzulange in der JVA München-Wiesheim arbeitet. Der kurz vor seiner Entlassung stehende Harald Winkler wird stranguliert in der Gemeinschaftsdusche des Männertraktes gefunden. Als Eva zum Toten gerufen wird, sagt ihr ihr Bauchgefühl, dass es sich hier womöglich um keinen Selbstmord handelt. Irgendetwas am Gesamtbild irritiert sie. Außerdem ist er einer der wenigen Inhaftierten, dessen Ehefrau hinter ihm steht und der bereits ein Job nach seiner Entlassung in Aussicht hat. Eva informiert Hauptkommissar Lars Brüggemann und bittet ihn um Hilfe. Sowohl Eva, als auch Brüggemann und seine Kollegin Aleksandra Jovic stehen vor einer Mauer aus Schweigen. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig und die Kriminalpolizei kommt nur sehr mühsam voran. Selbst die Direktorin der JVA möchte einen Skandal vermeiden und versucht einen Mord auszuschließen. Sie verhält sich mitsamt den Wachmännern eher behindernd, als hilfreich. Zusätzliche persönliche Botschaften für Eva, die ihr Angst einflößen, zeigen dass sie sich wohl auf der richtigen Spur befindet. ..

Eva hat es noch immer nicht wirklich leicht an ihrem neuen Arbeitsplatz. Durch ihre direkte Art und ihr Engagement hat sie sich allerdings nicht nur Freunde geschaffen, sondern wird von einigen Mitarbeitern/Kollegen mit großer Skepsis beobachtet. Ihr Job als Gefängnisärztin liegt ihr trotzdem am Herzen und sie versucht den Inhaftierten ohne Vorurteile zu begegnen.
Ihre persönlichen "Ermittlungen" bringen Eva immer wieder in Gefahr, denn sie teilt ihre Wahrnehmungen und Gedanken nicht oder viel zu spät. Alleingänge sind jedoch in keinem Kriminalfall die beste Lösung!

Das Motiv für den Tod des Inhaftierten ist lange nicht klar und konnte mich am Ende überraschen. Sehr interessant ist auch wieder der Blick hinter die Türen der Justizvollzugsanstalt München-Weinheim. Die bildhaften Beschreibungen des außergewöhnlichen Schauplatzes und die Örtlichkeiten haben mein Kopfkino immer am Laufen gehalten.
Die Autorin flicht neben dem Fall und dessen Aufklärung auch einige persönlichen Probleme der Hauptprotagonistin, ihrer Freundin Ann-Kathrin und ebenfalls die von Kommissar Lars Brüggemann mit ein. Dies macht die Figuren umso menschlicher.

Der Spannungsbogen fällt in der Mitte ein kleines bisschen ab um zum Ende hin aber wieder rasant anzusteigen. Besonders eine Szene hat mir das Blut in den Adern stocken lassen. Trotzdem hat mir Band 1 "Verborgen" einen Tick besser gefallen. Ich bin schon sehr gespannt auf Band 3 und wer es noch immer auf Eva abgesehen hat....

Schreibstil:
Der einnehmende Schreibstil der Autorin hat mich auch diesmal wieder ans Buch gefesselt. Mit Eva Hansen hat sie eine sehr sympathische Figur erschaffen, die noch immer an ihrem neuen Job zweifelt. Sie hat Ecken und Kanten und macht sie zu einem Menschen, wie du und ich.
Erzählt wird großteils aus der Sicht von Eva, sowie auch aus der Perspektive von Kommissar Brüggemann. Zwischendurch gibt es immer wieder die Gedanken einer uns fremden Person in kursiver Schrift, die Eva nicht freundlich gesinnt ist. Die Identität dieser Figur bleibt auch noch nach Band 2 offen.

Fazit:
Auch der zweite Teil rund um Gefängnisärztin Eva Hansen und dem Ermittlerduo Lars Brüggemann und Aleksandra Jovic konnte mich wieder überzeugen. Der Krimi hat ein ungewöhnliche Setting, einen gut durchdachter Plot, facettenreiche Charaktere und bietet einen undurchsichtiger Mordfall. Was will man mehr? Ich freue mich schon auf die weitere Fortsetzung der Reihe!

Veröffentlicht am 24.11.2019

Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte

Swinging Bells
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Der neue Roman von René Freund erzählt über ein ganz besonderes und ungewöhnliches Weihnachtsfest. Sandra und Thomas freuen sich endlich den Heiligen Abend zu Zweit feiern zu können. Jedes Jahr verbringen ...

Der neue Roman von René Freund erzählt über ein ganz besonderes und ungewöhnliches Weihnachtsfest. Sandra und Thomas freuen sich endlich den Heiligen Abend zu Zweit feiern zu können. Jedes Jahr verbringen sie den 24. und 25. Dezember bei den Eltern von Thomas in Wien und den zweiten Feiertag in Niederösterreich auf dem Lande bei Sandras Eltern. Das ungewollt kinderlose Ehepaar fühlt sich dabei unvollständig. Außerdem artet das Weihnachtsfest schlussendlich immer wieder in Streit aus. Doch diesmal sind die Eltern von Thomas verreist und die Beiden planen endlich alleine zu feiern.
Ausgerechnet für diesen Tag haben sich Interessierte für das inserierte Doppelbett angesagt, das Sandra und Thomas verkaufen möchten. Als es klingelt bittet Sandra das Pärchen herein. Doch Elisabeth und Leo fragen nicht nach dem Bett, sondern nehmen im Wohnzimmer auf der Couch Platz und packen eine Flasche Prosecco aus. Auch sie wollen den Heiligen Abend ganz besonders verbringen und haben sich bei einer Swinger-Plattform im Internet gemeldet. Durch einen Ziffernsturz der Hausnummern und Etagen sind sie bei Sandra und Thomas gelandet. Die Beiden wollen nicht unhöflich sein und lassen die den Besuch verweilen, obwohl sie sich wundern, warum Elisabeth und Leo nicht ihr Doppelbett ansehen wollen....

Was habe ich anfangs gelacht! Herrlich pointiert schreibt René Freund wie Elisabeth und Leo bei Thomas und Sandra mit unterschiedlichen Erwartungen auf der Couch sitzen. Eine humorvolle Geschichte mit einer gelungenen Situationskomik, eine Art Kammerspiel, das harmlos beginnt und sich dramaturgisch immer mehr zuspitzt. Mit der Zeit wird der Ton dann alleridngs ernster, als Sandra und Thomas herausfinden, dass ihre Besucher sich im Haus geirrt haben und ein Swingerpärchen sind, die sich zu ihrem Treffen aufgemacht haben. Vorurteile kommen zur Sprache und erst mit der Zeit, als sich die Bewohner überreden lassen ein Kerzenspiel zum besser kennenlernen mitzuspielen, kommt so manche Wahrheit ans Tageslicht. Bei Thomas und Sandra hat sich in den Jahren der Alltag breit gemacht und die Probleme, die sich leise angeschlichen haben, wurden totgeschwiegen. Das nach außen eher spießige jüngere Paar wirkt gegen das ältere, aber noch frisch verliebte Pärchen, eher konservativ. Doch wenn man genauer hinsieht und umso mehr man in der Geschichte versinkt, umso deutlicher wird klar, was Fassade und was Wahrheit ist. Während des Lesens ändert man öfters die Meinung über die Charaktere der vier Protagonisten, um am Ende doch wieder überrascht zu werden.

René Freunds Romane sind nicht allzu dick, aber auf den wenigen Seiten gelingt es ihm immer mühelos eine vielschichtige Geschichte mit vielen kleinen Zwischentönen zu erzählen. Die Geschichte ist in drei Teile mit den Überschriften Kommen, Advent und Nachspiel geteilt. Man macht sich auch nach dem Lesen noch seine Gedanken darüber und der Inhalt hallt noch länger nach.
Es ist bereits mein fünfter Roman des Autors und ich bin immer wieder überrascht, welchen Themen er sich annimmt und wie er auf knappen 200 Seiten so viel Inhalt und Botschaften vermitteln kann.

Fazit:
Nicht unbedingt eine typische Weihnachtsgeschichte, die auch an jedem anderen Tag spielen könnte, bei der jedoch das Fest der Liebe eine völlig neue Interpretation bekommt. Tiefgründig, aber auch humorvoll.

Veröffentlicht am 17.11.2019

Fesselnder historischer Roman in exotischer Kulisse

Der Zwilling von Siam
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Bereits in der Vergangenheit reiste ich mit Tara Haigh in exotische Gefilde. Diesmal geht es mit ihrem neuen Roman nach Siam, den heutigen Thailand.
Wir schreiben das Jahr 1892. Die Hamburgerin Emilie ...

Bereits in der Vergangenheit reiste ich mit Tara Haigh in exotische Gefilde. Diesmal geht es mit ihrem neuen Roman nach Siam, den heutigen Thailand.
Wir schreiben das Jahr 1892. Die Hamburgerin Emilie Kolbe reist gemeinsam mit ihrem Vater nach Bangkok, wo sich ihr Vater vor einigen Jahren niedergelassen hat. Emilie soll an der königlichen Schule unterrichten und freut sich ihre Zwillingsschwester Marie endlich wiederzusehen. Marie ist mit einem Deutschen, der beim Eisenbahnbau tätig ist, verheiratet. Doch bei Emilies Ankunft warten schlechte Neuigkeiten auf sie und ihren Vater. Ihre Zwillingsschwester ist bei einem Kutschenunglück ums Leben gekommen. Ihre Leiche wurde nie gefunden. Emilie kann nicht glauben, dass Marie tot ist. Sie versucht mehr über das Leben ihrer Schwester in letzter Zeit zu erfahren, denn in ihren Briefen blieb sie zuletzt sehr vage. Je mehr Emilie sich umhört, umso geheimnisvoller scheint Maries Leben in Bangkok gewesen zu sein. Emilie erkennt das Verhalten ihrer Zwillingssschwester kaum wieder. Gemeinsam mit Johannes, dem Bruder von Maries Mann Franz, versucht sie herauszufinden, was passiert sein könnte....

In ihrem neuen Roman hat Tara Haigh einen Landscape Roman mit Spannungselementen geschrieben. Die Autorin führt den Leser in die Pionierzeit des Eisenbahnbaus. Der siamische König ist ein sehr aufgeschlossener Mann und setzt sich für Bildung seines Volkes ein. In der königlichen Schule an der Emilie unterrichten soll, setzt er den Schwerpunkt auf Fremdsprachen. Auch der Fortschritt in seinem Land ist ihm ein Anliegen. Deswegen bittet er sowohl die Engländer, als auch die Deutschen zu Hilfe und versucht eine Übernahme als Kolonie zu vermeiden. Der Einsatz der beiden Großmächte bietet viel Zündstoff, ebenso wie die Arbeitsbedingungen der Einheimischen beim Eisenbahnbau.
Sehr interessant fand ich König Chulalongkorn, der sehr fortschrittlich ist und sich für das Wohlergehen seiner Untertanen und seines Landes einsetzt. Hier habe ich dann gleich ein bisschen gegoogelt, um mehr über ihn zu erfahren.
Die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe zu dieser Zeit wurden von der Autorin akribisch recherchiert und zeitgemäß umgesetzt. Einige historische Begebenheiten fließen ebenso in die fiktive Handlung ein.

Die Charaktere sind facettenreich und Emilie ist eine starke junge Frau, die sich auch über Konventionen hinwegsetzt. Durch ihre Neugierde und ihrem Sinn nach Gerechtigkeit setzt sich sich so einiger Gefahr aus. Die Figur der Marie bleibt dabei im Roman der rote Faden, um den sich schlussendlich alles dreht.
Geschickte Wendungen überraschten mich und gaben der Geschichte eine neue Richtung. Der Spannungsbogen beginnt kontinuierlich anzusteigen. Das Ende ist stimmig und es bleiben keine Fragen offen. Für mich der bisher beste Roman der Autorin.

Schreibstil:
Tara Haigh schreibt sehr flüssig und bildhaft. Man hat die Bilder des exotischen Landes immer vor Augen und auch die vielschichtigen Figuren sind alles andere als schwarz-weiß gemalt.
Die Sprache ist der Zeit angepasst und lässt sich gut lesen.

Fazit:
Ein fesselnder historischer Roman, der den Leser ins Siam des späten 19. Jahrhunderts führt. Eine wendungsreiche und spannende Geschichte, die wunderbar in ein exotisches Setting verpackt und mit einem Hauch Gefühl und Drama garniert wurde - wirklich perfekt umgesetzt!

Veröffentlicht am 13.11.2019

Krönender Abschluss der Trilogie

Das Weingut. Tage des Schicksals
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Mit einem lachenden und einem weinenden Auge habe ich die letzten Seiten des dritten und finalen Band der Trilogie rund um die Famiie Gerban gelesen.
Im lezten Teil der Weingut Trilogie von Maria Lacrosse/Marita ...

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge habe ich die letzten Seiten des dritten und finalen Band der Trilogie rund um die Famiie Gerban gelesen.
Im lezten Teil der Weingut Trilogie von Maria Lacrosse/Marita Spang wird der Untertitel "Tage des Schicksals" zum Grundthema. Doch zuerst erleben Irene und Franz ein paar glückliche und erfolgreiche Jahre auf ihrem Weingut in Schweighofen, wo ihre Kinder heranwachsen und die Geschäfte nicht besser laufen könnten.
Irene, das ehemalige Dienstmädchen, hat sich noch immer nicht ganz in ihre Rolle als Gutsfrau eingefunden. Fränzel, der mittlerweile die Schule besucht, und ihre Zwillingsmädchen Sophie und Klara, erfordern nicht mehr ihre ganze Aufmerksamkeit und Irene beginnt sich zu langweilen. Sie ist weder gewohnt nicht für sich zu sorgen, noch nicht zu arbeiten. Deswegen möchte Irene den Kampf für die Rechte der Arbeiterinnen wieder aufnehmen, wobei sie Franz anfangs unterstützt. Doch als er die Chance bekommt, sich auf politischer Ebene für die Bevölkerung aus Elsass-Lothringen einzubringen, wird ihm der Einsatz von Irene bald zum politischen Hindenriss. Die Beiden geraten immer öfters in Streit und beginnen sich langsam zu entfremden. Sehr einfühlsam und vorallem sehr authentisch werden die Streitgespräche von Irene und Franz von der Autorin wiedergegeben. Sie haben mir aber vorallem aufgezeigt, wie unterschiedlich ein Satz/eine Aussage, von Mann und Frau wahrgenommen werden kann. Und genauso ist es! Deswegen waren auch größtenteils für mich alle Handlungen der beiden Sturköpfe nachzuvollziehen, obwohl man oftmals einen der beiden am liebsten schütteln möchte.

Waren es im 1. Teil vorallem die Schrecken des deutsch-französischen Krieges und im 2. Teil die Arbeitsverhältnisse der Textilarbeiterinnen, so werden im 3. Teil die Lebensbedingungen der einfachen Arbeiter ins Visier genommen. Irene bleibt ihrem Einsatz für faire Arbeitsverhältnisse und für die Rechte der Frauen treu und schließt sich den Sozialdemokraten an, während Franz sich ebenfalls politisch einzubringen versucht. Er möchte dieselben Rechte und Bedingungen für Elsass-Lothringen erreichen, wie sie im restlichen Deutschen Reich herrschen. Ihre beiden unterschiedlichen politischen Wege bringen Probleme mit sich, vorallem nachdem öffentliche Auftritte der Sozialdemokraten verboten werden.

Die historischen Fakten sind wieder exzellent recherchiert, was bei der Autorin wirklich ein absoluter Pluspunkt ist. In ihren Büchern lernt man ganz nebenbei so viel aus der deutschen Geschichte und dies auf absolut faszinierende Weise. Sie schafft außerdem ein beeindruckendes Bild der damaligen Wohnverhältnisse der einfachen Arbeiter. Die Einblicke in das Leben jeder Bevölkerungsschicht wird sehr gelungen dargestellt. Dabei führen Irenes Wege auch nach Wien, wo die Kluft zwischen dem Adel und dem Volk noch größer zu sein scheint. Die tiefen Einblicke in das Leben der Adeligen, ihre Arroganz und der Hochmut anderen gegenüber, wird hier sehr deutlich dargestellt.
Aber auch auf dem Weingut bleibt nicht alles, wie gewohnt. Die Reblaus wird aus den USA nach Europa eingeschleppt und macht auch vor dem Weingut der Gerbans nicht Halt. Und Mathilde und Ottilie lassen ebenfalls ihre Ränkespiele nicht sein. Franz Mutter Pauline findet hingegen die Liebe, die die Gerbans nach Wien führt und Franz für einige Zeit in einem persönlichen Konflikt stürzt...

Die Charaktere sind wie gewohnt sehr lebendig beschrieben und entwickeln sich weiter. Vorallem Pauline, Franz Mutter, die in den ersten beiden Teilen viel persönliches Leid erfahren musste, wird zu einer starken und endlich glücklichen Frau. Mathilde findet zu ihrem "alten Ich" zurück und macht Franz erneut das Leben schwer, während Fränzel langsam zu einem jungen Mann heranreift und die Ideen seiner Mutter unterstützt.

Schreibstil:
Was soll ich hier anderes sagen, als bereits in meinen anderen Rezensionen? Marita Spang/Marie Lacrosse überzeugt mich mit ihren Romanen immer wieder aus Neue. Ihre lebendigen Geschichten, die sie mit viel Historie schmückt, lassen mich immer wieder völlig in die damalige Zeit eintauchen. Sie hat erneut großartig recherchiert und erzählt fesselnd und detailliert.
Am Ende gibt es wieder ein Glossar und einen Abschnitt über Wahrheit und Fiktion im Roman.

Fazit:
Mit einem traurigen Seufzer blicke ich nun zurück auf das Ende der Trilogie und finde es schade, dass ich diese wunderbare Reihe nun bereits zu Ende gelesen habe. Gerne hätte ich noch mehr von dieser Art Geschichtslehre, die lebendig und bildhaft erzählt wird und uns die Vergangenheit näher bringt.
Ein gelungener Abschluss der Familiensaga. Ich kann die gesamte Trilogie einfach nur weiterempfehlen!