Der historische Liebesroman „Im Reich des Zuckerrohrs“ von Tereza Vanek ist am 01. August 2019 im Edel Elements-Verlag erschienen und spielt die meiste Zeit auf Jamaika.
Mareike studiert Geschichte. Um eine herausragende Abschlussarbeit zum Thema „Sklaverei“ zu schreiben, fährt sie zur Recherche direkt dorthin. Kurz nach ihrer Ankunft lernt sie den Musiker David kennen, der ihr gehörig den Kopf verdreht und der sie mitnimmt in seine Welt. Reggae, Konzerte und ganz viel Spaß. Doch er bringt ihr auch die Geschichte dieser Insel näher und so entdeckt Mareike einen längst vergriffenen Text eines Missionars, der den größten Sklavenaufstand der Insel miterlebte. Vor Mareike liegt eine aufregende Zeit voller Abenteuer und neuer Erfahrungen, aber auch ihrem inneren Konflikt, ob sie David vertrauen kann oder ob er ein typischer Jamaikaner ist, der nur mal seinen Spaß haben möchte.
Emily reist 1830 nach dem Tod ihrer Eltern von London nach Jamaika, um ab jetzt bei ihrem Ehemann zu leben, der als Baptist tätig ist. Doch Jeremiah scheint sich bereits anderweitig orientiert zu haben. Dafür lernt sie Christopher Hindley kennen und fühlt sich sofort zu ihm hingezogen. Das Problem ist nur, der Vater von Christopher ist einer der reichen Plantagenbesitzer und Emily eine absolute Gegnerin der Sklaverei. Vor ihr liegt eine schwierige Zeit, die geprägt ist von ihrem inneren Konflikt, ob Christopher mit der Lebensweise seiner Familie der Richtige für sie sein kann.
Drei Abende habe ich für dieses Buch gebraucht, das mich zufrieden, aber zum Teil auch erschüttert zurücklässt.
Das Cover gefällt mir sehr. Ich finde, es passt sehr gut zu diesem Roman und auch zum Genre.
Auch der Klappentext sprach mich sofort an. Er führt die Hauptfiguren und den Hauptkonflikt ein, vermittelt eine erste Stimmung und macht neugierig.
Mareike ist ein junge Frau, die nur für ihr Geschichtsstudium lebt. Um im Ansehen der Professorin zu steigen möchte sie eine herausragende Abschlussarbeit schreiben. Dazu reist sie nach Jamaika und recherchiert dort zum Thema „Sklaverei“. Damit ist ihr Ziel klar. Doch dann kommt ihr David, ein Reggae-Musiker in die Quere und lehrt sie das Leben zu genießen. Trotzdem besinnt sie sich immer wieder auf ihr Ziel, gerät dadurch aber in Konflikte, d.h. sie muss auf ihrem Weg, Hürden überwinden. Mareike ist sehr aktiv und lässt sich nicht entmutigen. Sie ist eine starke Hauptfigur, die eine nachvollziehbare Entwicklung durchmacht.
Noch mehr beeindruckt hat mich aber Emily, eine junge Frau die im Jahr 1830 plötzlich ganz allein dasteht und deren Notlage von einem Mann ausgenutzt werden soll. Er möchte sie in das typische Rollenmuster der Frau zwängen und versucht sie zu erpressen. Emily lässt sich das aber nicht gefallen und flüchtet, und zwar nach Jamaika. Auch auf dem Schiff können wir sie als starke Persönlichkeit beobachten, die sehr mutig ist. So rettet sie einem Mann das Leben, weil sie doch recht forsch dazwischen geht, als andere seine Notlage ausnutzen wollen. Auch Emilys Ziel ist klar und als Leser/in weiß man zu jeder Zeit, wo sie gerade steht. Emily ist sehr aktiv, macht eine sehr gelungene Entwicklung durch und sie ist mir total ans Herz gewachsen. Einfach sympathisch.
Auch alle anderen Figuren fand ich sehr gelungen. Jeremiah war für mich mal eine ganz neuartige Figur in diesem Genre. Christopher hat mir auch sehr gefallen. Erst habe ich angenommen, er fügt sich den Vorstellungen seines Vaters, aber so einfach hat es mir Tereza Vanek nicht gemacht. Alle Figuren haben ein eigenes Ziel/eine eigene Motivation und sind meines Erachtens weit entfernt von Klischees. Selbst Christopher’s Vater, der auf den ersten Blick ein typischer Plantagenbesitzer ist, sorgt im Verlaufe des Buches für Überraschungen.
Mein Highlight in diesem Figurenensemble war aber Emily. Sie ist wirklich etwas Besonderes.
Auch die Handlung fand ich sehr gelungen, obwohl ich ehrlich gestehen muss, dass mir Emily’s Geschichte etwas mehr gefallen hat. Es wird stetig eine Spannung aufgebaut, mit vielen kleinen und großen Konflikten, als auch überraschenden Wendungen. Ich konnte kaum aufhören zu lesen und habe die ganze Zeit mit Emily mitgefiebert und immer gehofft, dass es für sie ein gutes Ende nimmt. Auch Mareikes Part hatte aus meiner Sicht einen guten Spannungsaufbau mit Konflikten und überraschenden Twists. Für sie stand aus meiner Sicht aber nicht so viel auf dem Spiel, so dass mich die Handlung um Mareike nicht ganz so gepackt hat. Ein paar Szenen in diesem Buch haben mich aber auch sehr erschüttert. Natürlich weiß ich um das Thema „Sklaverei“, aber wenn man darüber liest, also wie zum Teil mit Sklaven umgegangen wurde, ist das immer wieder erschütternd. Das Ende hat mir auch sehr gut gefallen. Es hat mich mit einem guten Gefühl zurückgelassen und war für meinen Geschmack genau richtig, also nicht „over the top“.
Die Settings fand ich ebenfalls toll. Es war insgesamt abwechslungsreich und die Orte haben sehr gut zur Geschichte gepasst, sowohl bei Mareike, als auch bei Emily.
Aber wie liest sich das Buch nun?
Das Buch wird in zwei Zeitebenen erzählt, in der Gegenwart und in der Vergangenheit um 1830. Es sind 27 längere Kapitel, die in der 3. Person Singular in der personalen Erzählform aus Mareike’s und Emily’s Sicht geschrieben sind. Mir hat das sehr gut gefallen, weil ich immer wusste, was in den beiden vorgeht und man dadurch auch das Handeln und Denken immer nachvollziehen konnte.
Den Schreibstil fand ich großartig. Er ist locker, flüssig und sehr bildreich. Die Dialoge fand ich sehr gelungen. Sie waren realistisch und passten in den verschiedenen Zeitebenen prima zu der jeweiligen Zeit. Auch die Beschreibungen der Settings und die atmosphärischen Beschreibungen haben mir sehr gefallen und ich konnte mir alles wirklich gut vorstellen und mich gut in die Situationen hineindenken. Gerade bei Mareike’s Beschreibungen war es, als erkunde man die Insel mit ihr gemeinsam. Die emotionale Ebene war für meinen Geschmack auch sehr gelungen und hat vor allem dem Part um Emily viel Tiefe verliehen.
Mein Fazit nach 382 Seiten:
„Im Reich des Zuckerrohrs“ zeigt, dass man sich seinem Schicksal nie ergeben und immer für sein Ziel/seinen Traum kämpfen sollte. Trotzdem darf man sich an seiner Zielerreichung nicht derart festbeißen, dass das Leben an einem vorbeizieht und man es dadurch nicht genießen kann.
Wer einen spannenden, Roman sucht, der in zwei Zeitebenen (19.Jh. und Gegenwart) auf Jamaika spielt und der die Themen „Sklaverei“ und „die Rolle der Frau“ verarbeitet, der dürfte mit diesem Roman gut beraten sein.
Von mir erhält dieses Buch eine Kaufempfehlung (4,5/5 Sternen), weil die Figuren sehr authentisch und einzigartig sind. Emily ist wundervoll! Aber auch die Handlung und der Schreibstil machen das Buch wirklich lesenswert. Ein halbes Sternchen ziehe ich für die Handlung um Mareike ab. Da hätte ich mir gewünscht, dass für sie noch mehr auf dem Spiel steht, um auch von dem Part noch mehr gefesselt zu sein.
Trotzdem ist ein sehr gelungener Roman, den ich nur weiterempfehlen kann.
Vielen Dank an Tereza Vanek für diese Geschichte.