Ein Ausflug in eine virtuelle Welt
Ready Player OneDas Leben im Jahr 2044 ist kein schönes Leben mehr. Armut und Hungersnöte bedrohen die Menschheit, Missgunst, Neid und der Konsum von harten und weichen Drogen bestimmen den Alltag. Die Menschen leben ...
Das Leben im Jahr 2044 ist kein schönes Leben mehr. Armut und Hungersnöte bedrohen die Menschheit, Missgunst, Neid und der Konsum von harten und weichen Drogen bestimmen den Alltag. Die Menschen leben in Trailer-Parks, in dem die Wohnwagen übereinander gestapelt sind, weil einfach nicht mehr freier Platz auf dem Boden vorhanden ist. Da ist es kein Wunder, dass sich die meisten Menschen in die virtuelle Welt flüchten. Denn was die Technik betrifft, ist die Entwicklung vorangeschritten. 3-D-Brillen, haptische Anzüge und Handschuhe, eine winzige Konsole – mehr braucht es nicht, um völlig in die OASIS, eine virtuelle Welt, abzutauchen. Hier trifft man Freunde, geht einkaufen oder zur Schule – die OASIS ist grenzenlos, man kann sogar fremde Galaxien und Planeten besuchen, wenn man über das entsprechende virtuelle Transportmittel und das nötige Kleingeld verfügt.
Der Schöpfer der OASIS, James Halliday, hat kurz vor seinem Ableben in seinem Testament verfügt, dass sein gesamtes Vermögen im Umfang von mehreren hunderten Milliarden an denjenigen übergehen soll, der in der Lage ist, drei Schlüssel zu finden und damit drei Tore zu öffnen, um schließlich das goldene Ei – das EasterEgg - zu finden. Diese drei Schlüssel sind irgendwo in der OASIS versteckt und mit dem Lösen von Rätseln verknüpft. Dem besten Spieler allein gebührt die Ehre, das Vermögen von Halliday zu erben.
Natürlich stürzt sich die halbe Menschheit auf diese Aufgabe, die OASIS wird Stück für Stück durchsucht und doch soll es fünf Jahre dauern, bis der erste Hinweis entdeckt, das erste Rätsel gelöst, der erste Schlüssel gefunden wird. Wade Watts, ein Teenager, der nicht mehr viel vom Leben zu erwarten hat, verbringt jede Minute seiner Freizeit – und teilweise auch die seiner Schulzeit – damit, nach Hinweisen zu suchen. Dabei orientiert er sich vor allem an der Lebensgeschichte von Halliday, die viel über seine Lieblingsfilme, -serien, -lieder und –spiele verrät. Geschickt kombiniert Wade Hinweise und Andeutungen und gelangt so schließlich in den Besitz des ersten Schlüssels. In einer Rangliste, die den Fortschritt eines jeden Spielers auf der Suche nach dem Goldenen Ei aufzeichnet, erscheint Wades Name plötzlich auf dem ersten Platz und nun weiß die ganze Welt, dass der erste Schlüssel gefunden wurde und von wem. Es dauert nicht lange, und schon wird Wade von anderen Spielern verfolgt. Und das nicht nur in der virtuellen Welt. Es drohen auch Gefahren im echten Leben und die Konkurrenz schreckt vor nichts zurück. Wade lebt in ständiger Bedrohung und kennt doch nur ein Ziel: Auch noch die anderen beiden Schlüssel so schnell wie möglich zu finden.
Ernest Cline hat mit „Ready Player One“ ein Buch geschaffen, das an Ideenreichtum kaum noch zu überbieten ist. Es ist wirklich erstaunlich, wie viele Rätsel er sich ausgedacht hat und um wie viele Ecken gedacht und wie viele Verbindungen hergestellt werden müssen, um sie zu lösen. Als Leser macht es unheimlichen Spaß, zusammen mit dem Hauptcharakter Wade auf eine Reise durch die OASIS zu gehen und dem EasterEgg dabei immer näher zu kommen. Die Handlung ist einfach großartig konstruiert und es macht enormen Spaß, das Buch zu lesen. Manchmal hat man zwar den Eindruck, dass es Wade stellenweise zu leicht gelingt, Rätsel zu lösen und Aufgaben zu erfüllen. Aber es sei ihm vergönnt.
Auch wenn man selbst nicht so viel von den Achtzigern mitbekommen hat, bereitet es doch großes Vergnügen, in die Zeiten von „Star Wars“ und der Atari-Konsole abzutauchen. Im Buch werden viele TV-Serien, Bands, Filme und Spiele erwähnt. Es macht aber überhaupt nichts, wenn man sie persönlich nicht kennt. Die wichtigsten Informationen werden dem Leser vom Autor an die Hand gegeben und so kann man der Handlung trotzdem problemlos folgen. Leser, die sich mit der Popkultur der 80er Jahre auskennen, werden natürlich zusätzlichen Spaß haben, auf bekannte Titel von Filmen oder Spielen zu stoßen. Das sorgt für zusätzliches Lesevergnügen – aber wie gesagt: Das Buch lässt sich auch problemlos lesen und verstehen, wenn man mit Spielen wie „Dungeons & Dragons“, Filmen wie „Der Tag des Falken“ oder Liedern wie „Schoolhouse Rock“ nicht viel anfangen kann.
Da das Buch ungefähr 30 Jahre in der Zukunft spielt, enthält es auch einige Fachbegriffe, die mit Computern oder Technik zu tun haben. Aber auch hier wird der Leser nicht überfordert, sondern wichtige Begriffe werden erklärt und so fällt es überhaupt nicht schwer, der Handlung zu folgen und die Zusammenhänge zu verstehen.
Schön ist, dass sich das Buch nicht allein mit Computerspielen und der Suche nach dem Goldenen Ei beschäftigt. Es ist auch ein kritisches Buch, dass sich mit den Nachteilen einer virtuellen Realität beschäftigt. Unter anderem wird dies wieder durch die Hauptfigur Wade dargestellt, der im realen Leben keine Freunde hat, dem es im Gegensatz dazu aber leicht fällt, in der virtuellen Welt Freunde zu finden. Hier ist er total entspannt und locker und versteckt sich hinter seinem Avatar, der seiner menschlichen Gestalt nur entfernt entspricht. Auf zwischenmenschliche Beziehungen wird sehr ausführlich eingegangen und es macht Spaß zu beobachten, wie sich das Verhältnis zwischen Wade und seinen „Freunden“ entwickelt. Die Figuren sind allesamt sehr detailliert beschrieben und werden dem Leser schnell sympathisch.
Ernest Cline gibt sich sehr viel Mühe damit, die Handlungsumgebung und das Verhalten der Figuren zu beschreiben. Teilweise vergisst man als Leser sogar, dass man sich in einer virtuellen Welt befindet, so realistisch sind die Beschreibungen des Autors. Teilweise waren sie allerdings auch etwas zu ausführlich und stellenweise wird der Leser mit Informationen etwas überschlagen.
Das Buch endet mit einem großen Showdown, bei dem die Seiten nur so dahinfliegen. Das Buch ist in sich abgeschlossen, bietet aber durchaus Potential für eine Fortsetzung.
Mein Fazit:
Ein unterhaltsames und spannendes Buch, das den Leser nicht nur in eine virtuelle Welt, sondern gleichzeitig in die Welt der 80er Jahre entführt.