Das traurige Schicksal der einst so majestätischen Drachen
DrachenhüterObwohl „Drachenhüter“ der erste Teil eines eigenständigen Zyklus ist, ist es doch hilfreich, wenn man sich als Leser bereits ein wenig in der Welt der Autorin Robin Hobb auskennt. Denn Drachenhüter spielt ...
Obwohl „Drachenhüter“ der erste Teil eines eigenständigen Zyklus ist, ist es doch hilfreich, wenn man sich als Leser bereits ein wenig in der Welt der Autorin Robin Hobb auskennt. Denn Drachenhüter spielt in derselben Welt wie andere ihrer Zyklen, „Die Zauberschiffe“ und „Die Weitseher“-Bücher. Man kann die Handlung sicherlich auch nachvollziehen, wenn „Drachenhüter“ das erste Werk der Autorin ist, das man liest. Wichtige Zusammenhänge werden von Robin Hobb hergestellt und der Leser erhält genügend Hintergrundinformationen, um der Handlung folgen zu können. Aber es macht einfach mehr Spaß, Zusammenhänge selbst herzustellen und an Ereignisse aus älteren Büchern erinnert zu werden. Und letztlich kann man dadurch auch viel tiefer in die Welt von Robin Hobb eintauchen.
Der Autorin ist es gelungen, eine tolle fantastische Welt zu gestalten. Diese entspricht zum größten Teil den gängigen fantastischen Welten mit mystischen Wesen und magischen Figuren, enthält aber auch einige Besonderheiten. Da ist zum Beispiel die Tatsache, dass sehr begehrtes magisches Holz in den Wäldern zu finden ist, aus dem fahrende Händler ihre Schiffe bauen, die unter ganz bestimmten Umständen dann sogar lebendig werden können. Die Grundlage dieses Holzes hängt mit der Entwicklung der Drachen zusammen, die aus diesem Holz schlüpfen.
Diese Informationen bilden die Grundlage des Buches und mit entsprechenden Szenen wird der Leser gleich zu Beginn des Buches konfrontiert. Aber er erlebt auch, dass die Drachen schon längst nicht mehr die majestätischen und prachtvollen Tiere sind, die sie einst waren. Sie werden gejagt und haben natürliche Feinde bekommen. Die Entwicklung von einer Schlange zu einem Drachen wird erheblich von Natureinflüssen beeinträchtigt und es gibt nur noch wenige Drachen, die stark genug sind, den Geburtsprozess zu überstehen. Den Leser erwarten hier sehr eindrucksvolle, aber auch sehr verzweifelte Szenen im Kampf um das Leben und Überleben der Drachen. Ihr Leid wird förmlich greifbar und ebenso wird deutlich, dass sie auf Hilfe angewiesen sind, um ihr Überleben zu sichern.
Das Buch enthält eine Handvoll Handlungsstränge mit vielen Charakteren, die abwechselnd verfolgt werden, sich im Verlauf des Buches berühren und verbinden. Dadurch, dass die Kapitel so umfangreich sind, erfolgen Sprünge zwischen den Handlungssträngen nicht zu oft und es fällt leicht, den Überblick zu behalten. Am Anfang ergeben die Handlungsstränge noch kein rundes Bild, da der Leser nicht nur von Figur zu Figur springt, sondern auch Ort und Zeit wechseln. Aber im Verlauf des Buches legt sich dieses kleine Durcheinander, wenn sich die Handlungsstränge nach und nach verbinden. Gleichzeitig bleibt die Handlung durch die unterschiedlichen Stränge sehr abwechslungsreich – im Prinzip passiert ständig etwas, wenn auch nicht in jedem Handlungsstrang.
Dafür wird jeder von ihnen ausgiebig verfolgt und dem Leser werden die Figuren, die Einzelschicksale und die Handlungsumgebung bildhaft nahegebracht. Robin Hobb versteht es, ihre Charaktere lebendig zu zeichnen und sie dem Leser nahezubringen. Freud und Leid der Figuren werden greifbar, sie werden umfassend beschrieben und wirken allesamt authentisch. Selbst der griesgrämigste Schiffskapitän wirkt durch die tolle Zeichnung der Autorin sympathisch.
Die erste Hälfte des Buches nimmt ungefähr die Vorgeschichte auf, in der zweiten Hälfte des Buches haben sich dann die meisten Handlungsstränge miteinander verbunden und die Handlung nimmt richtig an Fahrt auf. Robin Hobb hat ein Auge für Details, dennoch wirkt die Handlung nicht überladen. Alles, was für die Geschichte wichtig ist, wird umfangreich erklärt, aber auch mit Nebeninformationen wird der Leser versorgt. Dadurch kann man als Leser richtig schön in die Welt von Robin Hobb eintauchen. Man erfährt Vieles über die Eigenheiten der Menschen, ihre Kultur und Lebensweise. Aber auch ihr Verhältnis zu den Drachen und die Probleme dieser Kreaturen werden verdeutlicht. Über die Handlung lässt sich nicht viel mehr sagen, als im Klappentext steht, ohne zu viel zu verraten. Am besten lasst ihr euch einfach auf die Geschichte ein und erlebt sie selbst.
Der Stil der Autorin ist sehr bildhaft und anschaulich. Robin Hobb beschreibt die Handlungsumgebung und die Figuren sehr lebendig und detailliert, sodass es leicht fällt, ein Kopfkino vor dem geistigen Auge ablaufen zu lassen. Kurzweilige Dialoge erleichtern zudem den Lesefluss und treiben die Handlung voran.
Das Ende des Buches ist kein echter Cliffhanger, aber es ist definitiv ein offenes Ende, das gespannt auf die Fortsetzung macht, die voraussichtlich im Juli 2012 im Heyne Verlag erscheinen wird.
Mein Fazit:
Robin Hobb entführt ihre Leser mit „Drachenhüter“ in ihre eigene, besondere fantastische Welt und berichtet ihnen vom traurigen Schicksal der einst so majestätischen Drachen.