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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.10.2019

Aufwühlend und dramatisch

Klopf an dein Herz
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Klopf an dein Herz ist ein Roman der erfolgreichen Schriftstellerin Amélie Nothomb. Erschienen ist das Buch im August 2019 im Diogenes Verlag. Die Autorin erzählt die Geschichte der kleinen Diane, die ...

Klopf an dein Herz ist ein Roman der erfolgreichen Schriftstellerin Amélie Nothomb. Erschienen ist das Buch im August 2019 im Diogenes Verlag. Die Autorin erzählt die Geschichte der kleinen Diane, die von ihrer Mutter nie geliebt wurde und darunter jahrelang litt. Aus ihr geht dennoch eine starke Persönlichkeit hervor, die Herzen heilen möchte.

Diane wird von ihrer Mutter zeit ihrer Geburt abgelehnt. Der nach ihr geborene Bruder bekommt dagegen schon mehr Aufmerksamkeit, ihre jüngere Schwester aber wird von der Mutter nahezu vergöttert. Diane ruft sich deshalb immer wieder einen kurzen Moment ihrer frühen Kindheit in Erinnerung, indem sie glaubte, ihre Mutter habe sich ernsthaft Sorgen um sie gemacht. Diesen Augenblick trägt sie lange im Herzen und er scheint ihr zu helfen, die Kälte ihrer Mutter zu ertragen. Zuneigung und Liebe erfährt sie von ihrer Mutter aber nie. Nur bei ihren Großeltern erlebt sie ein liebevolles Zuhause.

Als junge Erwachsene beschließt Diane Kardiologin zu werden und sich fortan um kranke Herzen zu kümmern. An der Universität begegnet sie zum ersten Mal Olivia, einer Dozentin in Kardiologie. Die beiden Frauen verstehen sich auf Anhieb und verbringen viel Zeit miteinander. Diane bewundert Olivias Intellekt und ihren beruflichen Werdegang. Nach und nach muss Diane jedoch feststellen, das der erste Schein auch trügen kann. Zu Besuch bei Olivias Familie, wo sie deren Mann und Tochter kennen lernt, wird sie schmerzvoll an ihr eigenes liebloses Elternhaus erinnert.

Mich hat die Geschichte sehr berührt und tief bewegt. Das einem Kind die Liebe seiner Mutter verwehrt bleibt, ist schwer zu ertragen und nicht nachvollziehbar. So habe ich mit Diane mitgelitten. Sprachlich ist Klopf an dein Herz sehr gelungen. Die radikale Ablehnung, die Diane durch ihre Mutter erfährt, bringt sie eindringlich auf den Punkt. Durch ihre interessanten und vielseitigen Figuren gelingt es der Autorin schnell, beim Leser Wohlgefühl und auch Antipathien für diese zu entwickeln.

Die Handlung kommt ganz ohne große Überraschungen aus, kann aber dennoch durch ihre Tiefe überzeugen. Auch nach der Geschichte hallte das Schicksal von Diane noch in mir nach.

Veröffentlicht am 27.10.2019

Schockierende Biografie

Ein deutsches Mädchen
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Die Biografie Ein deutsches Mädchen – Mein Leben in einer Neonazi-Familie schildert das Leben der Autorin Heidi Benneckenstein, die in einer Neonazi-Familie aufwächst und als junge Erwachsene den Mut hat, ...

Die Biografie Ein deutsches Mädchen – Mein Leben in einer Neonazi-Familie schildert das Leben der Autorin Heidi Benneckenstein, die in einer Neonazi-Familie aufwächst und als junge Erwachsene den Mut hat, auszusteigen. Das Buch erschien erstmals 2017 als Hardcover und im September 2019 im Tropen-Verlag (Klett-Cotta) als Taschenbuch.

Ende der Neunzigerjahre, ein beschauliches Dorf bei München. Heidrun Redeker, genannt Heidi, wird in einer konservativen Familie groß, in welcher der Nationalsozialismus in erschreckender Realität weiter existiert. Schon als Kind muss sie an Ferienlagern der Heimattreuen Deutschen Jugend teilnehmen, die nationalsozialistische Werte vermitteln. Besonders der Vater ist es, der ihren Einstieg in die Neonazi-Szene fördert.

Von Beginn an war Heidi mit nationalsozialistischem Gedankengut konfrontiert. Die familiäre Seite des Vaters verfolgte Ideologien fernab von Menschlichkeit und Toleranz. Mit fünfzehn Jahren nimmt die Autorin das erste Mal an rechten Aufmärschen teil. Sie spürt immer öfter Aggressivität in sich auflodern und so prügelt sie einmal auf einen Fotografen ein, bis dieser schwer verletzt am Boden liegt.

Nach und nach aber bröckelt das Weltbild der jungen Frau. Als sie den rechten Liedermacher Flex kennen lernt, der so anders ist als die geistlosen Kameraden in der Partei, überdenkt sie immer öfter die eigene Haltung. Mit zwanzig Jahren bricht sie mit ihrer Familie, lässt die dunkelste Zeit ihres Lebens hinter sich und taucht unter. Sie begibt sich gemeinsam mit Felix Benneckenstein, ehemals Flex, in ein Aussteigerprogramm und schafft den Schritt in ein neues Leben.

Inzwischen ist Heidi mit Felix Benneckenstein, der seine aktive Neonazi-Zeit auch hinter sich lassen konnte, verheiratet. Beide engagieren sich gegen rechts. Er hält Vorträge an verschiedenen Institutionen, um anderen Betroffenen, potenziellen Aussteigern Mut zu machen, sie arbeitet als Erzieherin in einer Kindertagesstätte. 2016 kam das gemeinsame Kind zur Welt. Die Familie lebt in München.

Ich habe mich dem Buch mit viel Neugier, aber auch Respekt genähert. Besonders hat mir die Reflektionsbereitschaft von Heidi Benneckenstein imponiert. Die Einblicke in ihr vergangenes Leben machen betroffen, schockieren und machen durchaus auch wütend. Gerade in aktuellen Zeiten, in denen Rechte wieder auf dem Vormarsch sind, macht das Geschehene fassungslos und ängstlich. Gleichzeitig finde ich es lobenswert, dass es zwei Menschen gelingt, dem braunen Sumpf zu entkommen und sich anschließend aktiv gegen diesen zu richten.

Der Schreibstil ist nüchtern und macht deutlich, wie gefährlich nah junge Menschen in Findungsphasen in rechte Milieus abgleiten können. Heidi Benneckenstein selbst ist nicht durch falschen Umgang oder tiefe Identitätskrisen vom richtigen Weg abgekommen, sie wurde hineingeboren. Die Kindheit und Jugend wurde ihr durch Drillinstrumente, Befehle und Lieblosigkeiten genommen. Mich hat der Weg nach ihrem Ausstieg beeindruckt und neugierig auf weitere Aussteigergeschichten gemacht.

Eine strenge, autoritäre und wenig liebevolle Erziehung in Verbindung mit einer menschenverachtenden Ideologie machten ein kleines Mädchen zu einer überzeugten Nationalsozialistin. Ein deutsches Mädchen ist die schonungslose Biografie einer Aussteigerin.

Veröffentlicht am 19.03.2020

Mehr Liebesleid als Liebesfreud

Wir Beide
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Hey ihr Lieben, aufgrund der aktuellen Situation, die uns alle betrifft, wurde es in den letzten Tagen sehr ruhig auf meinem Blog. Ich habe auch lange überlegt, ob ich einen Beitrag mit meinen Gedanken ...

Hey ihr Lieben, aufgrund der aktuellen Situation, die uns alle betrifft, wurde es in den letzten Tagen sehr ruhig auf meinem Blog. Ich habe auch lange überlegt, ob ich einen Beitrag mit meinen Gedanken zur Corona-Lage schreibe, habe mich aber dagegen entschieden, weil ich denke, dass wir gerade zwangsläufig genug von dieser Thematik umgeben sind und unsere Blogs vielleicht nich für ein wenig Normalität sorgen. Dementsprechend habe ich wieder einmal eine Literaturbesprechung für euch. Im Februar habe ich den Lyrikband »Wir beide« von Else Lasker-Schüler gelesen, der im Insel-Verlag im Jahr 2019 veröffentlicht wurde. Herausgegeben wurde die Sammlung von Eva Demski.

In diesem Band vereinen sich 100 bekannte Liebesgedichte der bekannten deutschen Schriftstellerin Else Lasker-Schüler, die 1869 in Elberfeld geboren ist und 1945 in Jerusalem starb. Sie gilt bis heute als eine der herausragendsten Dichterinnen Deutschlands. Lasker-Schüler schreibt von den schönen Momenten der Liebe, aber auch von dem Schmerz, der mit ihr einhergehen kann.

Ich bin etwas zwiegespalten, wenn ich an die Gedichte von Lasker-Schüler denke. Denn zum einen finden sich wunderbare, sehr wahre und nachvollziehbare Texte in der Sammlung, die vor allem durch ihre hohe Authentizität bestechen, andererseits sind mir einige dann doch zu melancholisch und bedrückend – Liebesleid überwiegt hier ganz klar vor Liebesfreud. Allerdings bin ich mir bewusst darüber, dass Lyrik und insbesondere mit dem Inhalt der Liebe nicht gänzlich ohne Melancholie und Dramatik auskommen können. Alles andere wäre ja auch irgendwie langweilig. Sehr gelungen finde ich das Nachwort von Eva Demski, die selbst als Schriftstellerin tätig ist. In ihren Ausführungen über Lasker-Schüler gelingt es ihr, diese allumfassend zu beschreiben. Mir ist aufgefallen, das viele Gedichte den gleichen Titel tragen, was mich hin und wieder verwirrte, aber ja nur authentisch ist.

Ich finde Else Lasker-Schüler als Schriftsteller-Persönlichkeit sehr spannend und auch inspirierend und habe mich daher sehr über diesen kleinen Lyrikband gefreut. Ich kann ihn auch durchaus empfehlen, vor allem was den Tiefgang und die Zerrissenheit anbelangt, die Lasker-Schüler verdeutlicht. Die Masse an Dramatik allerdings hätte es in dem Ausmaß für mich nicht gebraucht.

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Veröffentlicht am 23.01.2022

Auseinandersetzung mit der Pandemie in Tagebuchform

Geschlossene Gesellschaft
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November 2020 in Wien: die Autorin beschreibt den Ausnahmezustand während der Corona-Pandemie. Die Erzählerin läuft während des Lockdowns durch die menschenleeren Straßen der österreichischen Hauptstadt, ...

November 2020 in Wien: die Autorin beschreibt den Ausnahmezustand während der Corona-Pandemie. Die Erzählerin läuft während des Lockdowns durch die menschenleeren Straßen der österreichischen Hauptstadt, erlebt diese völlig neu. Ausgangssperren, hohe Inzidenzzahlen, ein einsames Silvester, eine neue, noch unbekannte Wohnung und Nachrichten von ihrem Partner, der weit weg auf einer Insel weilt.

Für dieses Buch eine Rezension zu verfassen, stellte mich vor größere Schwierigkeiten, als zuvor angenommen. Der Titel bringt den Inhalt gut auf den Punkt: »Geschlossene Gesellschaft« beschreibt den gesellschaftlichen Verfall, aber auch den Zusammenhalt während der Pandemie in Österreich. Geschrieben wie ein Tagebuchroman berichtet Verena Stauffer von Glücksmomenten, Verzweiflung, Einsamkeit, Ängsten und dem Wunsch nach Nähe. Dabei wirken die Schilderungen oft verträumt, nachdenklich und oft traurig. Durchweg spürbar ist das Bedürfnis der Erzählerin, die sich immer wechselnden Ereignisse als großes Ganzes begreifen zu wollen.

Die Tagebucheinträge bauen nicht grundsätzlich aufeinander auf, viel mehr sind es Gedankenfetzen und plötzlich auftretende Emotionen, derer sich die Autorin bedient. Zu Beginn des Buches war ich maximal verwirrt wegen der aus meiner Sicht abstrusen Geschehnisse rund um eine bestellte Matratze, die nicht ausgeliefert werden will und wodurch sich die Protagonistin zu einer äußerst ausgefallenen Alternative gezwungen sieht. Im weiteren Verlauf wird deutlich, wie zerrissen und hilflos sich die Erzählerin fühlt. Verena Stauffer schafft eine stille Atmosphäre der Nachdenklichkeit und untermalt diese mit klangvollen poetischen Aussagen. Trotz hoffnungsvollen Augenblicken ist das Erzählte angesichts der Situation immer wieder auch trübsinnig und schwermütig. Mehr als 160 Seiten hätten es für mich deshalb auch nicht sein dürfen.

Ein sehr leises und poetisches Buch, das den Umgang der Erzählerin mit der Pandemie aufzeigt.

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Veröffentlicht am 16.11.2019

Traumatisches Geheimnis

Unwetter
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In meinem aktuellen Post soll es dann auch schon um das gehen, was auf meinem Blog großen Raum einnehmen wird: Literatur. Die folgende Buchbesprechung handelt von einem Roman, den ich im Oktober gelesen ...

In meinem aktuellen Post soll es dann auch schon um das gehen, was auf meinem Blog großen Raum einnehmen wird: Literatur. Die folgende Buchbesprechung handelt von einem Roman, den ich im Oktober gelesen habe. Diese Rezension fällt mir alles andere als leicht, denn so wirklich identifizieren konnte ich mich mit den Figuren der Geschichte und der Erzählweise der Schriftstellerin nicht. »Unwetter« heißt das Werk von Marijke Schermer, das im Kampa-Verlag im Herbst diesen Jahres erschien.

Inhalt zusammengefasst

Emilia lebt mit ihrem Ehemann und ihren beiden kleinen Söhnen im niederländischen Amsterdam. Das Zusammenleben ist vor allem von Hektik, Einladungen und Arbeiten im Haus geprägt. Die Eheleute scheinen jedoch rundum zufrieden mit ihrem Leben, bis Emilia ein traumatisches Erlebnis erinnert, dass alles auf den Kopf stellt und von dem niemand weiß. Nicht einmal ihr Mann.

Vor über zwölf Jahren hat Emilia eine schlimme sexuelle Erfahrung machen müssen, deren Schmerz und Scham nun immer mehr an die Oberfläche kommen. Durch ihr Schweigen beginnt ihr Mann Misstrauen gegenüber seiner Frau zu entwickeln und die bis dahin harmonische Ehe bekommt Risse.

So war »Unwetter«

In die Geschichte zu finden, fiel mir anfangs sehr schwer. Weder der Schreibstil, noch die Handlungsweisen der Protagonistin waren für mich absehbar oder immer nachvollziehbar. Im Laufe des Buches wird deutlich, dass Emilia gegen eine Erinnerung ankämpft und versucht mit dieser zu leben. Und so wurde für mich das bis dahin undeutliche Bild klarer. Die Art, wie Schermer ihre Figuren zeichnet, erzeugte in mir kein Gefühl der Nähe für die Personen. Das ist natürlich eine rein individuelle Sichtweise, aber auch der Grund, weshalb mich »Unwetter« nicht ganz einfangen konnte.

Ich favorisiere Familien- und Paargeschichten, mag durchaus auch schwere Kost, komplizierte Charaktere und und tiefgründige Geschichten. Hier aber fehlte mir die Identifikation mit Emilia und die Nachvollziehbarkeit ihrer Handlungen. Die Melancholie, von welcher die Story getragen wird, ist durchweg spürbar und lässt kaum andere Stimmungen zu. Die Beziehung, die vordergründig wichtig für den Handlungsverlauf ist, blieb für meinen Geschmack zu sehr im Dunkeln.So konnte das Buch bei mir leider keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

Zitat aus dem Buch

»Sie ließ die innere Verzweiflung hervorbrechen wie eine Woge, der kein Einhalt zu gebieten ist. Für Emilia ist irgendwo an diesem Abend ein Gefühl der Leere aufgeklafft, das sie mit tiefer Bedeutung assoziiert. Es hat sie melancholisch gemacht.« Seite 7

Fazit

Eine langjährige Paarbeziehung, ein großes Geheimnis, tiefe Sehnsüchte, unausgesprochene Worte und die Frage danach, ob wir einander wirklich kennen.

Ich danke dem Kampa-Verlag.